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Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde zur Revision

BUNDESFINANZHOF

Az.: IV B 118/01

Beschluss vom 21.09.2001

Vorinstanz: Hessisches FG


Leitsatz:

Die zweimonatige Frist zur Begründung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann nur einmal um einen Monat verlängert werden.

Norm: § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO n.F.


Gründe

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, gegen die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) unter dem 2. September 1997 eine Betriebsprüfungsanordnung erlassen hat. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ in seinem am 9. Mai 2001 zugestellten Urteil die Revision nicht zu.

Mit am 11. Juni 2001 beim Bundesfinanzhof (BFH) per Fax eingegangenem Schriftsatz legte die Klägerin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein, ohne diese näher zu begründen. Mit weiterem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2001 beantragte die Klägerin, die Begründungsfrist für die Beschwerde bis zum 9. August 2001 zu verlängern. Diesem Antrag gab der Senatsvorsitzende am 2. Juli 2001 statt.

Am 9. August 2001 erkundigte sich der Prozessbevollmächtigte telefonisch bei der Geschäftsstelle des beschließenden Senats unter Hinweis auf die Kommentierung von Seer (in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Tz. 23) nach der Möglichkeit einer weiteren Fristverlängerung. Ihm wurde mitgeteilt, der Senat werde darüber befinden; sicherer sei aber eine kurze Begründung.

Daraufhin ging am 9. August 2001 per Fax ein erneuter Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 9. September 2001 ein. Zur Begründung führte der Prozessbevollmächtigte aus, durch den kompletten Ausfall seiner EDV-Anlage sei es ihm nicht möglich, den Begründungsschriftsatz innerhalb der am gleichen Tag ablaufenden Frist einzureichen. Die bisher gesammelten Daten seien verloren gegangen. Die Datensicherung habe noch nicht in Betrieb genommen werden können. Das Schreibprogramm lasse sich derzeit nicht aufrufen. Seit dem 6. August arbeite das Software-Haus an einer Beseitigung des Schadens. Eine Reparatur werde voraussichtlich erst am Ende der kommenden Woche möglich sein. Anschließend werde die Wiederherstellung der Daten 1 bis 2 Tage in Anspruch nehmen. Zur umfassenden und sachgerechten Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssten die letzten mit der Klägerin abgesprochenen und teilweise umfangreichen Änderungen in den nur elektronisch vorhandenen Schriftsatzentwurf eingearbeitet werden. Die Begründungsfrist sei grundsätzlich mehrfach verlängerbar (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O.). Die Fristverlängerung erhalte ihren gesetzlichen Rückhalt in § 54 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 225 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO).

Unter Hinweis auf § 56 FGO antwortete der Senatsvorsitzende, er könne dem Antrag nach seinem Verständnis von § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO nicht entsprechen. Der Senat werde sich mit der Frage im Zusammenhang mit der Prüfung des rechtzeitigen Eingangs der Beschwerdebegründung befassen. Das Schreiben des Vorsitzenden wurde dem Prozessbevollmächtigten am 17. August 2001 zugestellt.

Das FA hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen. Sie ist nicht fristgemäß begründet worden.

1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO in der hier anzuwendenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann nach Satz 4 der Vorschrift vom Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

Vorliegend wurde das angefochtene Urteil am 9. Mai 2001 zugestellt. Die Begründungsfrist lief damit nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) planmäßig am 9. Juli 2001 ab. Da der Vorsitzende dem rechtzeitig gestellten ersten Fristverlängerungsantrag stattgegeben hatte, verlängerte sich die Frist zur Begründung der Beschwerde um einen weiteren Monat bis zum 9. August 2001.

Eine weitere Verlängerung entsprechend dem an diesem Tag gestellten zweiten Fristverlängerungsantrag kam nicht in Betracht. Die Frist kann nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO nur einmalig um einen Monat verlängert werden. Danach steht die Entscheidung, ob eine Verlängerung gewährt wird, im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Die Dauer der Verlängerung ist demgegenüber gesetzlich genau bestimmt, denn sie darf nur einmal einen Monat betragen. Eine mehrfache Verlängerung kommt nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.

Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats bereits unmissverständlich aus der Formulierung „um einen weiteren Monat“. Bestätigt wird diese Auslegung des § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Regelung zur Revisionsbegründungsfrist in § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO. Dort heißt es, die Frist könne auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Eine Begrenzung ist mithin im Unterschied zur Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgesehen. Die Revisionsbegründungsfrist kann deshalb –ebenso wie nach der bis Ende des Jahres 2000 geltenden und insoweit gleich lautenden Fassung des § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO a.F.– unbegrenzt verlängert werden. Die abweichende Formulierung in § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO soll demgegenüber eine Begrenzung der Verlängerungsmöglichkeit zum Ausdruck bringen.

Dafür spricht auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das 2.FGOÄndG. Sie weist auf den verbesserten Rechtsschutz durch Einführung der zweimonatigen Begründungsfrist hin. Zu der heutigen Regelung in § 116 Abs. 3 Satz 4 heißt es, die Vorschrift sehe „zusätzlich … die Möglichkeit vor, die Begründungsfrist um einen Monat zu verlängern“ (BTDrucks 14/4061, 10). Diese Formulierung kann nur dahin verstanden werden, dass es sich um eine einmalige Verlängerung um einen Monat handeln soll.

Das Schrifttum folgt dieser Auslegung weitgehend (Beermann, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2000, 773, 777; ders., DStZ 2001, 312, 313; ders. in: Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 116 FGO Rz. 52; Dürr, Die Information über Steuer und Wirtschaft 2001, 65, 68; ders. in: Schwarz, Finanzgerichtsordnung, § 116 Rz. 19; Heißenberg, Kölner Steuerdialog 2001, 12768, 12774; Suhrbier-Hahn, Deutsches Steuerrecht 2001, 467, 472). Für die entgegengesetzte Annahme von Seer (in Tipke/ Kruse, a.a.O., und in Steuer und Wirtschaft 2001, 3, 12), die Fristen zur Begründung der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde stimmten nach der Neuregelung nunmehr überein, gibt es weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesmaterialien einen Anhaltspunkt.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kann nicht gewährt werden. Die Klägerin hat weder einen entsprechenden Antrag gestellt noch die versäumte Rechtshandlung, nämlich die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, innerhalb der Frist von zwei Wochen seit Wegfall des von ihr bezeichneten Hindernisses nachgeholt (§ 56 Abs. 2 FGO). Es kann deshalb dahinstehen, ob der Prozessbevollmächtigte tatsächlich ohne Verschulden verhindert war, die Begründungsfrist einzuhalten.

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