Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Gericht bestätigt Umfang des Wegerechts: Gewerbliche Nutzung durch Familienangehörige zulässig
- Grunddienstbarkeit unstrittig: Wegerecht zugunsten Nachbargrundstücks rechtskräftig festgestellt
- Streitpunkt Gewerbliche Nutzung: Anwohner klagen gegen Nutzung des Wegerechts für Geschäftsbetrieb
- Umfassendes Wegerecht: Familiäre und geschäftliche Nutzung durch Berechtigte gedeckt
- Vorinstanzen bestätigen Wegerecht: Langjähriger Rechtsstreit um Flurstücksbezeichnung beigelegt
- Nutzung durch Dritte gestattet: Wegerecht umfasst Besucher und Geschäftspartner des Gewerbebetreibenden
- Berufung erfolglos: Kläger tragen Kosten des Rechtsstreits
- Bedeutung für Betroffene: Klarstellung zur Auslegung von Wegerechten und deren Nutzungsumfang
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie weit reicht ein dingliches Wegerecht bei gewerblicher Nutzung?
- Dürfen Familienangehörige ein bestehendes Wegerecht für ihr Gewerbe nutzen?
- Welche Rechte haben Kunden und Geschäftspartner bei einem gewerblich genutzten Wegerecht?
- Ab wann gilt eine gewerbliche Nutzung eines Wegerechts als übermäßig?
- Welche Änderungsmöglichkeiten gibt es bei der Nutzungsart eines bestehenden Wegerechts?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
- Datum: 09.10.2023
- Aktenzeichen: 12 U 15/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Immobilienrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Erhob die Berufung und machte geltend, dass das Betreten und Befahren ihres Flurstücks 194 unzulässig sei, um den Zugang zu Flurstück 186 zu verhindern. Ihr Anspruch beruhte auf § 1004 Abs. 1 BGB.
- Beklagter: Nutzt das Flurstück 194 zur Erreichung von Flurstück 186 unter Berufung auf eine rechtlich festgestellte Grunddienstbarkeit und bestritt, dass sein Handeln unzulässig sei.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Es ging um das Wege- und Überfahrtsrecht, da Flurstück 194 zugunsten des Eigentümers von Flurstück 186 mit einer Grunddienstbarkeit belastet ist. Die Kläger wollten verhindern, dass der Beklagte oder Dritte das belastete Grundstück zur Erreichung oder zum Verlassen des benachbarten Flurstücks nutzen.
- Kern des Rechtsstreits: Ob ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB besteht, der den Beklagten verpflichtet, das Betreten bzw. Befahren des belasteten Flurstücks 194 zu unterlassen.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Kläger wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass Flurstück 194 rechtskräftig mit einer Grunddienstbarkeit zugunsten von Flurstück 186 belastet ist, wodurch ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht besteht.
- Folgen: Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens, und das Urteil ist vorläufig Vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Gericht bestätigt Umfang des Wegerechts: Gewerbliche Nutzung durch Familienangehörige zulässig

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 12 U 15/23) die Rechte von Nutzern eines dinglichen Wegerechts präzisiert und klargestellt, dass dieses Recht nicht nur dem direkten Grundstückseigentümer, sondern unter Umständen auch dessen Familienangehörigen und deren gewerblichen Aktivitäten zugutekommen kann. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob der Sohn der Grundstückseigentümer, der auf dem begünstigten Grundstück ein Gewerbe betreibt, das Wegerecht nutzen darf, um sein Geschäft zu erreichen und Kundenverkehr zu ermöglichen. Das Gericht entschied zugunsten des Sohnes und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz.
Grunddienstbarkeit unstrittig: Wegerecht zugunsten Nachbargrundstücks rechtskräftig festgestellt
Dem Rechtsstreit liegt eine bereits länger bestehende Grunddienstbarkeit zugrunde. Das Flurstück der Kläger ist zugunsten des Nachbargrundstücks, Flurstück 186, mit einem Wegerecht belastet. Dieses Recht erlaubt es dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 186, das Grundstück der Kläger zu betreten und zu befahren, um das eigene Grundstück zu erreichen. Die Existenz und der Umfang dieses Wegerechts waren in früheren Verfahren bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, wobei die Rechtsbeständigkeit des Wegerechts letztlich durch verschiedene Beschlüsse des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt bestätigt wurde. Insbesondere wurde klargestellt, dass sich die Grunddienstbarkeit auf das Flurstück 186 bezieht, auch wenn in ursprünglichen Dokumenten fälschlicherweise eine andere Flurstücksnummer genannt wurde. Diese Berichtigung der Flurstücksbezeichnung im Grundbuch wurde ebenfalls gerichtlich bestätigt und ist nun unanfechtbar.
Streitpunkt Gewerbliche Nutzung: Anwohner klagen gegen Nutzung des Wegerechts für Geschäftsbetrieb
Im vorliegenden Fall ging es nicht um die grundsätzliche Existenz des Wegerechts, sondern um dessen konkrete Ausübung durch den Sohn der Eigentümer des begünstigten Grundstücks. Der Beklagte, Sohn der Eigentümer E. und W. L. des Flurstücks 186, betreibt unter dem Namen P. ein Gewerbe als freier Journalist und unterhält eine Webseite. Er nutzt das Wegerecht, um zu dem Grundstück seiner Eltern zu gelangen, wo er – nach Angaben der Kläger nahezu täglich – seiner gewerblichen Tätigkeit nachgeht. Die Kläger sahen in dieser gewerblichen Nutzung eine Überschreitung des Wegerechts und beantragten vor Gericht, dem Beklagten zu untersagen, ihr Grundstück zu betreten und zu befahren, um sein Gewerbe auszuüben und dies auch seinen Kunden und Geschäftspartnern zu gestatten. Sie argumentierten, dass das Wegerecht ursprünglich nicht für eine solche intensive gewerbliche Nutzung gedacht sei und die Nutzung durch Dritte, insbesondere Kunden, eine unzumutbare Belästigung darstelle.
Umfassendes Wegerecht: Familiäre und geschäftliche Nutzung durch Berechtigte gedeckt
Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Kläger jedoch zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts Stendal. Das Gericht stellte klar, dass ein Dingliches Wegerecht grundsätzlich nicht nur dem Grundstückseigentümer persönlich zusteht, sondern dem Interesse des herrschenden Grundstücks dient. Daraus folge, dass – sofern im Bestellungsakt keine einschränkenden Regelungen getroffen wurden – das Wegerecht auch von Dritten ausgeübt werden kann, die in einer besonderen Beziehung zum Eigentümer stehen. Zu diesen Dritten zählen laut Gericht nicht nur Hausgenossen und Besucher, sondern explizit auch Mieter, Pächter und Kunden des Eigentümers.
Im konkreten Fall sah das Gericht die Nutzung durch den Sohn als Inhaber eines Gewerbes, das er mit Billigung seiner Eltern auf deren Grundstück betreibt, als zulässige Ausübung des Wegerechts an. Es wurde betont, dass der Bestellungsakt des Wegerechts, das ursprüngliche Urteil des Landgerichts Stendal aus dem Jahr 2006, keine Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung durch Familienangehörige oder für gewerbliche Zwecke enthalte. Auch die Art der gewerblichen Tätigkeit des Sohnes, die als Schreibtischtätigkeit auf dem Grundstück der Eltern ausgeübt wird, wurde vom Gericht berücksichtigt und als nicht die Grenzen des Wegerechts überschreitend bewertet.
Vorinstanzen bestätigen Wegerecht: Langjähriger Rechtsstreit um Flurstücksbezeichnung beigelegt
Das Gericht verwies in seiner Begründung ausdrücklich auf die vorangegangenen Gerichtsverfahren, in denen die Existenz und der Umfang des Wegerechts bereits ausführlich geprüft und bestätigt wurden. Die Kläger hatten in der Vergangenheit mehrfach versucht, die Grunddienstbarkeit in Frage zu stellen oder einzuschränken, scheiterten jedoch in allen Instanzen. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die wesentlichen Fragen rund um das Wegerecht bereits rechtskräftig entschieden seien und es im vorliegenden Verfahren lediglich um die Auslegung und Anwendung dieser bestehenden Rechte ging. Die wiederholten Versuche der Kläger, das Wegerecht zu beschneiden, wurden somit erneut abgewiesen.
Nutzung durch Dritte gestattet: Wegerecht umfasst Besucher und Geschäftspartner des Gewerbebetreibenden
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Urteils betrifft die Frage, ob das Wegerecht auch die Gestattung der Nutzung durch Dritte, insbesondere Kunden und Geschäftspartner des Beklagten, umfasst. Auch hier entschied das Oberlandesgericht zugunsten des Beklagten. Das Gericht bestätigte, dass das Wegerecht nicht auf die persönliche Nutzung durch den Eigentümer beschränkt ist, sondern sich auch auf Personen erstreckt, die in einem sozialen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem begünstigten Grundstück stehen. Dazu gehören ausdrücklich auch Kunden und Geschäftspartner eines Gewerbebetriebes, der auf dem begünstigten Grundstück ansässig ist. Die Befürchtung der Kläger, durch einen vermehrten Kundenverkehr unzumutbar belastet zu werden, wurde vom Gericht nicht als ausreichend begründet angesehen, um die grundsätzliche Zulässigkeit der Nutzung durch Dritte in Frage zu stellen.
Berufung erfolglos: Kläger tragen Kosten des Rechtsstreits
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt wies die Berufung der Kläger in vollem Umfang zurück. Damit bleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts Stendal, das die Klage ebenfalls abgewiesen hatte. Die Kläger müssen nun die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass der Beklagte seine Rechte aus dem Urteil grundsätzlich sofort durchsetzen kann, auch wenn die Kläger noch Rechtsmittel einlegen sollten. Ob die Kläger gegen das Urteil Revision einlegen werden, bleibt abzuwarten.
Bedeutung für Betroffene: Klarstellung zur Auslegung von Wegerechten und deren Nutzungsumfang
Das Urteil des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt hat eine erhebliche Bedeutung für Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte von Wegerechten. Es verdeutlicht, dass dingliche Wegerechte umfassend auszulegen sind und nicht auf die rein private Nutzung durch den Grundstückseigentümer beschränkt werden dürfen. Insbesondere stellt das Urteil klar, dass die Nutzung durch Familienangehörige des Eigentümers, auch im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten, grundsätzlich vom Wegerecht gedeckt sein kann, solange diese Tätigkeiten auf dem begünstigten Grundstück ausgeübt werden und der Bestellungsakt des Wegerechts keine einschränkenden Bestimmungen enthält. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Eigentümern begünstigter Grundstücke und gibt Rechtssicherheit hinsichtlich des Umfangs der Nutzung von Wegerechten, insbesondere in Fällen, in denen Familienangehörige oder Dritte in die Nutzung des Grundstücks eingebunden sind oder dort gewerbliche Aktivitäten entfalten. Für Grundstückseigentümer, deren Grundstücke mit Wegerechten belastet sind, bedeutet das Urteil, dass sie eine umfassendere Nutzung des Wegerechts durch die Berechtigten und deren Umfeld hinnehmen müssen, als möglicherweise ursprünglich angenommen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Wege- und Überfahrtsrecht als Grunddienstbarkeit kann nicht nur vom Eigentümer des begünstigten Grundstücks, sondern auch von allen Personen genutzt werden, die mit diesem in Beziehung stehen – wie Familienangehörige, Besucher oder Gewerbetreibende. Das gilt auch dann, wenn ein Familienangehöriger auf dem Grundstück ein Gewerbe betreibt, solange dadurch kein erheblicher zusätzlicher Besucherverkehr entsteht. Die Berechtigten müssen sich dabei nicht auf alternative Zugangsmöglichkeiten verweisen lassen, solange die Grunddienstbarkeit besteht. Das Urteil stellt damit klar, dass Wegerechte umfassend auch für private und gewerbliche Zwecke der Berechtigten und ihrer Angehörigen genutzt werden können.
Benötigen Sie Hilfe?
Rechtliche Klarheit im Wegerecht bei gewerblicher Nutzung?
Die Erweiterung des Wegerechts, insbesondere im Hinblick auf gewerbliche Tätigkeiten und familiäre Beziehungen, kann schnell zu komplexen Fragestellungen führen. Unterschiedliche Nutzungsaspekte und die Überschneidung privater und geschäftlicher Interessen bedürfen einer sorgfältigen Prüfung, um den gängigen Rechtsrahmen richtig zu interpretieren.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, die spezifischen Gegebenheiten Ihres Falls eingehend zu analysieren. Mit einer strukturierten und transparenten Beratung erhalten Sie fundierte Orientierung bei der Bewertung Ihres Sachverhalts und der Entwicklung möglicher Strategien. Vertrauen Sie auf unsere Expertise, um eine sachliche Einschätzung Ihrer rechtlichen Situation zu gewinnen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie weit reicht ein dingliches Wegerecht bei gewerblicher Nutzung?
Ein dingliches Wegerecht ist bei gewerblicher Nutzung grundsätzlich auf den im Grundbuch eingetragenen Nutzungsumfang beschränkt. Die Art und Intensität der gewerblichen Nutzung muss dabei im Einzelfall genau geprüft werden.
Grundsätzliche Nutzungsgrenzen
Die Nutzung eines Wegerechts für gewerbliche Zwecke ist nur zulässig, wenn dies ausdrücklich in der Grunddienstbarkeit vereinbart wurde. Wenn Sie beispielsweise ein Wegerecht für ein Wohngrundstück besitzen und später ein Gewerbe einrichten möchten, entspricht dies nicht mehr der ursprünglichen Vereinbarung.
Anpassungsmöglichkeiten
Eine nachträgliche Erweiterung des Wegerechts für gewerbliche Zwecke ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Nicht zulässig sind Erweiterungen, die:
- zu einer unzumutbaren Mehrbelastung des dienenden Grundstücks führen
- den ursprünglich vereinbarten Nutzungszweck grundlegend ändern
- gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen
Praktische Auswirkungen
Wenn Sie ein Wegerecht gewerblich nutzen möchten, müssen Sie besonders auf die Intensität der Nutzung achten. Eine erhöhte Frequentierung durch Lieferfahrzeuge oder Kundenverkehr kann zu Konflikten führen. Der Umfang der gewerblichen Nutzung muss sich dabei immer im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarung bewegen.
Rechtliche Absicherung
Stellen Sie sich vor, Sie planen eine gewerbliche Nutzung Ihres Grundstücks: In diesem Fall sollten Sie bereits bei der Eintragung des Wegerechts die gewerbliche Komponente berücksichtigen lassen. Die notarielle Vereinbarung muss dann präzise festlegen, welche Art von gewerblicher Nutzung erlaubt ist und in welchem Umfang diese erfolgen darf.
Dürfen Familienangehörige ein bestehendes Wegerecht für ihr Gewerbe nutzen?
Die gewerbliche Nutzung eines bestehenden Wegerechts durch Familienangehörige ist grundsätzlich nicht ohne weiteres zulässig.
Grundsätzliche Nutzungsrechte
Zwar dürfen Familienangehörige ein bestehendes Wegerecht im Rahmen der normalen privaten Nutzung in Anspruch nehmen. Dies umfasst den regulären Zugang zum Grundstück als Besucher oder Hausgenosse.
Einschränkungen bei gewerblicher Nutzung
Die gewerbliche Nutzung eines Wegerechts bedarf jedoch einer gesonderten Betrachtung und Regelung. Wenn Sie als Familienangehöriger das Wegerecht für gewerbliche Zwecke nutzen möchten, müssen folgende Aspekte beachtet werden:
- Die Art und Intensität der gewerblichen Nutzung muss im Einzelfall geprüft werden
- Eine klare Regelung in der Grunddienstbarkeit ist erforderlich
- Bei fehlendem Eintrag kann dies zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen
Notwendige Voraussetzungen
Für eine zulässige gewerbliche Nutzung durch Familienangehörige ist zwingend erforderlich:
Eine ausdrückliche Vereinbarung zur gewerblichen Nutzung muss im Grundbuch eingetragen sein. Die Eintragung sollte präzise festlegen, welche Art von gewerblicher Nutzung erlaubt ist und in welchem Umfang diese erfolgen darf.
Wenn die gewerbliche Nutzung zu einer deutlichen Mehrbelastung führt, etwa durch verstärkten Lieferverkehr oder Kundenverkehr, kann der Eigentümer des dienenden Grundstücks dies ablehnen.
Welche Rechte haben Kunden und Geschäftspartner bei einem gewerblich genutzten Wegerecht?
Bei gewerblich genutzten Grundstücken erstreckt sich das Wegerecht automatisch auch auf Kunden und Geschäftspartner. Dies bedeutet, dass Sie als Gewerbetreibender Ihren Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern die Nutzung des Wegerechts ermöglichen können.
Umfang der Nutzungsrechte
Die Nutzung durch Dritte ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der Weg darf nur im Rahmen der gewerblichen Zweckbestimmung genutzt werden. Dies bedeutet konkret, dass Kunden und Geschäftspartner das Wegerecht nur zur direkten An- und Abfahrt nutzen dürfen.
Einschränkungen der Nutzung
Auch bei gewerblicher Nutzung gelten wichtige Einschränkungen:
- Das Parken oder unnötiges Verweilen auf dem Weg ist nicht gestattet
- Die Nutzung muss schonend erfolgen und darf den Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht übermäßig belasten
- Eine reine Zustellung von Paketen, die auch getragen werden können, rechtfertigt noch kein Zufahrtsrecht für Paketdienste
Besonderheiten bei gewerblicher Nutzung
Die Art und das Ausmaß der Wegenutzung müssen für den Gewerbebetrieb notwendig sein. Wenn Sie ein Geschäftsgrundstück betreiben, richtet sich der Umfang des Wegerechts nach der individuellen gewerblichen Nutzung. Das bedeutet: Die Intensität der Nutzung durch Kunden und Geschäftspartner muss dem üblichen Geschäftsbetrieb entsprechen.
Ab wann gilt eine gewerbliche Nutzung eines Wegerechts als übermäßig?
Die gewerbliche Nutzung eines Wegerechts gilt als übermäßig, wenn sie über den ursprünglich vorgesehenen oder vereinbarten Umfang deutlich hinausgeht. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Bestellung des Wegerechts im Grundbuch.
Beurteilungskriterien für übermäßige Nutzung
Art der Nutzung: Wenn Sie ein Wegerecht gewerblich nutzen möchten, kommt es darauf an, ob zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch eine gewerbliche Nutzung baurechtlich bereits zulässig war. Falls die gewerbliche Nutzung erst später genehmigt wurde, kann diese untersagt werden.
Nutzungsintensität: Eine übermäßige Belastung liegt vor, wenn der Weg plötzlich intensiver genutzt wird als ursprünglich vorgesehen. Dies kann durch verstärkten Lieferverkehr oder häufige Kundenbesuche entstehen.
Konkrete Beispiele für übermäßige Nutzung
Unzulässige Nutzungsarten können sein:
- Befahrung mit schweren Fahrzeugen ohne ausdrückliche Erlaubnis
- Übermäßiger Kundenverkehr, der das dienende Grundstück unverhältnismäßig belastet
- Nutzung des Weges für andere Zwecke als den vereinbarten Zugang
Rechtliche Folgen
Bei wiederholter Missachtung der Nutzungsgrenzen können Sie mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Das Wegerecht kann in Frage gestellt werden, wenn Sie die festgelegten Grenzen und Bedingungen nicht einhalten. Die Nutzung muss stets schonend erfolgen, das bedeutet, Sie dürfen den Weg nicht unnötig befahren oder dort grundlos verweilen.
Welche Änderungsmöglichkeiten gibt es bei der Nutzungsart eines bestehenden Wegerechts?
Ein bestehendes Wegerecht kann nur in bestimmten Grenzen an neue Nutzungsarten angepasst werden. Die Grundregel lautet: Eine Änderung der Nutzungsart erfordert grundsätzlich die Einwilligung aller beteiligten Parteien und muss notariell beurkundet werden.
Grenzen der Nutzungsänderung
Wenn Sie ein Wegerecht für eine bestimmte Nutzungsart vereinbart haben, erlaubt es keine davon abweichende Nutzung. Stellen Sie sich vor, Ihr Wegerecht ist auf land- und forstwirtschaftliche Zwecke beschränkt – dann können Sie es nicht einfach für eine Wohnnutzung umwidmen.
Zulässige Anpassungen
Bei unbebautem Grundstück gestattet das Wegerecht nur Nutzungen infolge einer Bebauung, die zum Zeitpunkt der Bestellung vorhersehbar war. Wenn Ihr Grundstück beispielsweise in einem Gebiet liegt, in dem langfristig mit einer baulichen Erschließung zu rechnen ist, nimmt das Wegerecht an dieser Entwicklung teil.
Formelle Anforderungen
Für eine rechtswirksame Änderung der Nutzungsart müssen Sie folgende Schritte beachten:
- Die Änderung muss notariell beurkundet werden
- Eine Eintragung im Grundbuch ist zwingend erforderlich
- Die genauen Maße und der Umfang der Änderung müssen präzise festgelegt werden
Nicht zulässig sind Änderungen, die zu einer unzumutbaren Mehrbelastung des dienenden Grundstücks führen oder den ursprünglich vereinbarten Nutzungszweck grundlegend ändern.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Grunddienstbarkeit
Eine Grunddienstbarkeit ist ein beschränktes dingliches Recht, das einem Grundstück (herrschendes Grundstück) bestimmte Nutzungsrechte an einem anderen Grundstück (dienendes Grundstück) gewährt. Sie ist im § 1018 BGB geregelt und wird ins Grundbuch eingetragen. Die Grunddienstbarkeit ist mit dem Eigentum am begünstigten Grundstück verbunden und geht automatisch auf jeden neuen Eigentümer über.
Beispiel: Ein Grundstückseigentümer erhält das Recht, über das Nachbargrundstück zu fahren, um zu seinem Grundstück zu gelangen.
Dingliches Wegerecht
Ein dingliches Wegerecht ist eine spezielle Form der Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB. Es berechtigt den Eigentümer eines Grundstücks, über ein fremdes Grundstück zu gehen oder zu fahren. Das Recht ist an das Grundstück gebunden und nicht an eine bestimmte Person. Es gilt auch für Besucher, Familienangehörige und Gewerbetreibende des berechtigten Grundstücks.
Beispiel: Ein Hinterliegergrundstück erhält ein Wegerecht über das Vordergrundstück, um die öffentliche Straße zu erreichen.
Berufungsverfahren
Ein Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittel gegen Urteile der ersten Instanz gemäß §§ 511-541 ZPO. Es ermöglicht eine erneute Überprüfung des Falls durch ein höheres Gericht. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Urteilszustellung eingelegt werden und kann sich gegen rechtliche und tatsächliche Fehler des Urteils richten.
Beispiel: Nach Verlieren eines Prozesses am Landgericht legt eine Partei Berufung zum Oberlandesgericht ein, um das Urteil überprüfen zu lassen.
Vollstreckbar
Vollstreckbar bedeutet, dass ein Urteil oder eine andere gerichtliche Entscheidung zwangsweise durchgesetzt werden kann, auch gegen den Willen des Unterlegenen. Geregelt in §§ 704 ff. ZPO. Bei vorläufiger Vollstreckbarkeit kann das Urteil bereits vor Rechtskraft durchgesetzt werden, allerdings meist nur gegen Sicherheitsleistung.
Unterlassungsanspruch
Ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB ist das Recht, von einem anderen zu verlangen, eine bestimmte Handlung zu unterlassen, die das Eigentum beeinträchtigt. Der Anspruch dient dem Schutz des Eigentums vor gegenwärtigen und zukünftigen Störungen.
Beispiel: Ein Grundstückseigentümer verlangt von seinem Nachbarn, das unberechtigte Überqueren seines Grundstücks zu unterlassen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1004 Abs. 1 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Der Eigentümer kann vom Störer die Beseitigung einer Beeinträchtigung seines Eigentums verlangen und weitere Beeinträchtigungen untersagen lassen. Die Vorschrift schützt das Eigentumsrecht gegen rechtswidrige Eingriffe. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger berufen sich auf diesen Anspruch, um dem Beklagten das Betreten und Befahren ihres Grundstücks zu untersagen.
- § 1018 BGB (Grunddienstbarkeit): Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks mit einem Nutzungsrecht belastet werden. Die Grunddienstbarkeit muss für die Benutzung des begünstigten Grundstücks Vorteile bieten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Flurstück der Kläger ist mit einem Wege- und Überfahrtsrecht zugunsten des Flurstücks 186 belastet.
- § 1090 BGB (Nutzungsumfang der Grunddienstbarkeit): Der Umfang einer Grunddienstbarkeit erstreckt sich bei einem Wegerecht auch auf die Nutzung durch Dritte, die in Beziehung zum Eigentümer des herrschenden Grundstücks stehen. Dies umfasst Hausgenossen, Besucher und Geschäftspartner. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte darf als Sohn der Eigentümer des begünstigten Grundstücks das Wegerecht ausüben und auch seinen Kunden die Nutzung gestatten.
- § 894 ZPO (Berichtigung des Grundbuchs): Bei Unstimmigkeiten zwischen Grundbucheintrag und tatsächlicher Rechtslage kann eine Berichtigung erfolgen. Dies dient der Herstellung der Übereinstimmung zwischen Grundbuch und wirklicher Rechtslage. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die fehlerhafte Flurstücksnummer im Grundbuch wurde von 231/4 auf 231/24 (jetzt 186) berichtigt, wodurch das begünstigte Grundstück eindeutig identifiziert ist.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 U 15/23 – Urteil vom 09.10.2023
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz