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Nutzungsausfallentschädigung nach Verkehrsunfall – Voraussetzungen


LG Saarbrücken

Az: 13 S 123/13

Urteil vom 15.11.2013


1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 26.06.2013 – 3 C 541/12 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am … in … ereignet hat. …

Die Klägerin brachte ihr Fahrzeug am 16.08.2012 zur Reparatur. Die Reparatur wurde am 28.08.2012 abgeschlossen. Mit Schreiben vom 17.09.2012 wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Zweitbeklagte darauf hin, dass eine Herausgabe des Fahrzeugs erst nach Zahlung der abgerechneten Reparaturkosten erfolgen könne und die Klägerin nicht in der Lage sei, den Betrag vorzulegen. Die Reparaturkosten wurden durch Rechnung vom 21.09.2012 abgerechnet, die der Beklagten mit Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 25.09.2012 übersandt wurde. Die Beklagte hat den Schaden am 05.10.2012 abgerechnet …

Die Klägerin hat mit ihrer Klage in der Hauptsache ihren restlichen Schaden von 2.690,25 € geltend gemacht, davon u.a. Nutzungsausfall für 47 Tage à 23,- €. … Hinsichtlich der Nutzungsausfalldauer hat sie vorgetragen, das Fahrzeug sei ihr erst herausgegeben worden, nachdem die Zweitbeklagte eine Kostenzusage erteilt hatte.

Die Beklagten haben einen Betrag von 341,24 € nebst Zinsen anerkannt, worauf hin das Amtsgericht ein entsprechendes Teil-Anerkenntnisurteil erlassen hat. Im Übrigen sind sie der Klage entgegengetreten … Hinsichtlich der Schadenshöhe haben die Beklagten u.a. eingewandt, Nutzungsausfall sei lediglich für 14 Tage in Höhe von 26,- € geschuldet, da das Fahrzeug, wie sich aus der Rechnung der Reparaturwerkstatt ergebe, bereits am 28.08.2012 abgeholt worden sei ……

Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme und informatorischer Anhörung der unfallbeteiligten Parteien der Klage lediglich in Höhe eines Betrages von 12,89 € stattgegeben. … Hinsichtlich des Schadensumfangs hat die Erstrichterin – soweit in der Berufung noch von Interesse – die Auffassung vertreten, Nutzungsausfall von mehr als 14 Tagen könne nicht verlangt werden. …

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. …

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

6. Der Klägerin steht – wie das Erstgericht ebenfalls zu Recht erkannt hat – auch kein weiterer Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt auch der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff BGB dar, wenn der Geschädigte sich für die Zeit des Nutzungsausfalls keinen Ersatzwagen beschafft hat (st. Rspr.; vgl. BGHZ 40, 345, 347 ff; 56, 214, 215; BGH, Urteile vom 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198; vom 10. März 2009 – VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663; Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, VersR 2010, 1463, jeweils m.w.N.). Dieser Nutzungsausfall ist nicht notwendiger Teil des am Kfz in Natur eingetretenen Schadens. Es handelt sich vielmehr um einen typischen, aber nicht notwendigen Folgeschaden, der weder überhaupt noch seiner Höhe nach von Anfang an fixiert ist. Er setzt neben dem Verlust der Gebrauchsmöglichkeit voraus, dass der Geschädigte ohne das schädigende Ereignis zur Nutzung des Fahrzeugs willens und fähig gewesen wäre (Nutzungswille und hypothetische Nutzungsmöglichkeit; st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18.12.2007 – VI ZR 62/07, VersR 2008, 370, und vom 14.04.2010 aaO, jeweils m.w.N.), und besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 363/11, VersR 2013, 471). Dies gilt auch, wenn der Geschädigte – wie hier – seinen Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2013 aaO). Der Geschädigte ist aber in jedem Fall gehalten, die Voraussetzungen des Nutzungsausfalls konkret darzulegen (vgl. OLG Karlsruhe, Schaden-Praxis 2001, 176; OLG Frankfurt, NZV 2010, 525; OLG München, Urteil vom 13.09.2013 – 10 U 859/13, juris; für Mietwagenkosten auch Saarl. OLG, OLG-Report 2008, 913). Hiervon ausgehend bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Klägerin ihrer Darlegungslast Genüge getan hat. Denn sie hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt zu behaupten, das Fahrzeug sei erst nach 47 Tagen von der Reparaturwerkstatt herausgegeben worden, nachdem eine Kostenzusage seitens der Zweitbeklagten erfolgt war.

b) Die Frage bedarf indes keiner Entscheidung. Denn die Beklagten haben den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum des reparaturbedingten Ausfalls des Fahrzeugs anerkannt und für den darüber hinausgehenden Zeitraum kann die Klägerin Nutzungsausfallentschädigung nicht beanspruchen, weil sie diese Ausfallzeiten selbst dann zu verantworten hat, wenn ihr eine Finanzierung der Werkstattrechnung nicht möglich gewesen wäre.

aa) Dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners steht ein bestimmter Prüfungszeitraum für seine Regulierungsentscheidung zu (vgl. Kammer, Urteil vom 10.07.2009 – 13 S 157/09 – m.w.N. mit Anm. Nugel, jurisPR-VerkR 22/2009 Anm. 3). Der Geschädigte darf vor Ablauf dieser Prüfungsfrist nicht auf eine vorzeitige Ersatzleistung des Versicherers vertrauen; der Versicherer darf vielmehr davon ausgehen, seine Prüfungsfrist ausschöpfen zu können, ohne dass weitere Nachteile zu befürchten sind. Droht gleichwohl eine Erhöhung des Schadens, weil dem Geschädigten ausreichende Mittel zur Einlösung des Fahrzeuges nicht zur Verfügung stehen, hat der Geschädigte den gegnerischen Haftpflichtversicherer hierauf hinzuweisen (vgl. Kammer, Urteil vom 10.07.2009 aaO m.w.N.). Ansonsten handelt er seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB zuwider (vgl. OLG Celle VersR 1980, 633; OLG Karlsruhe, VersR 2012, 590; OLG Düsseldorf, VersR 2012, 120; Kammer; Urteil vom 10.07.2009 aaO; jeweils m.w.N.). Davon ist hier auszugehen.

bb) Die Klägerin hat es versäumt, die Beklagte bereits bei Erteilung des Reparaturauftrages auf ihre fehlende Liquidität hinzuweisen, obwohl sie damit rechnen musste, dass sie nicht in der Lage sein würde, die durch die Reparatur anfallenden Kosten bezahlen zu können, und die Reparaturwerkstatt bis zur Bezahlung ihrer Kosten das Fahrzeug zurückbehalten würde. Dieser Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht ist auch ursächlich geworden. Hätte die Klägerin nämlich ihrer Hinweispflicht Genüge getan, so ist davon auszugehen, dass die Beklagte – wie deren späteres Regulierungsverhalten belegt – innerhalb der Reparaturzeit den Schaden abgerechnet und die Klägerin damit in die Lage versetzt hätte, das Fahrzeug nach der Reparatur sofort abzuholen.

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