OLG Koblenz – Az.: 5 U 528/14 – Beschluss vom 13.06.2014
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich ohne Erfolgsaussicht ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
Gründe
1. Der Kläger und sein Bruder verkauften mit notariellem Vertrag vom 14.04.2011 eine noch zu vermessende Teilfläche eines ihnen gehörenden Grundstücks, die im straßennahen Bereich lag. Das straßenferne Gelände sollte bei ihnen verbleiben. Um dessen Verkehrsanbindung zu gewährleisten, wollte man eine Zuwegung herstellen, die seitlich an der auszugliedernden Parzelle vorbeiführte. Insofern sollte deren Grenze nicht an das Nachbargrundstück heranreichen, sondern, wie kaufvertraglich geregelt war, „in einem Abstand von 4 m parallel“ dazu verlaufen. Ergänzend wurde vereinbart: „Die Vermessung wird vom Käufer innerhalb 14 Tagen veranlasst werden. Die Vermessungskosten tragen Verkäufer und Käufer zu gleichen Teilen“.

Der Vermessungsauftrag wurde dem Beklagten als öffentlich bestelltem Vermessungsingenieur erteilt. Nach dessen Vorbringen geschah dies am 18.04.2011 durch den Käufer unter Übergabe einer Kopie des Kaufvertrages und einer darin enthaltenen Skizze, die eine Wegführung in durchgängig gleicher Breite vorsah. Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte sei von ihm und seinem Bruder mit der Vorgabe beauftragt worden, einen auch für Großfahrzeuge nutzbaren Weg auszumessen, der sich an der Straßeneinmündung über deutlich mehr als vier Meter ausdehne.
Der Beklagte begab sich am 4.05.2011 vor Ort und maß einen Weg von einheitlich 4 m Breite aus. Seinem Vorbringen nach informierte er den Kläger davon zunächst am 17.05.2011 telefonisch und dann am 19.05.2011 per E-Mail unter Überlassung einer Zeichnung. Die offizielle Grenzfeststellung (Grenzniederschrift gemäß § 17 Abs. 2 LGVerm), die dem folgte, nahm er am 21.05.2011 in Anwesenheit des Käufers und eines kommunalen Vertreters vor. Der Kläger und sein Bruder verzichteten unter dem 25.05.2011 in ihnen dazu überlassenen Vordrucken „auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die in der Grenzniederschrift … getroffenen Entscheidungen“.
Mit der Behauptung, sich der Bedeutung dieser Erklärungen nicht bewusst gewesen zu sein, hat der Kläger den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit auf eine Schadensersatzleistung von 25.000 € an sich und seinen Bruder in Anspruch genommen und hilfsweise die Feststellung von dessen Haftung begehrt. Er hat ihm vorgeworfen, den Weg auftragswidrig zu schmal vermessen zu haben, so dass er nicht durch große Fahrzeuge genutzt werden könne. Dadurch sei eine Bebauung der nicht mitverkauften Hinterliegerparzelle unmöglich; es sei dort zu einer Werteinbuße von 25.000 € gekommen. Der Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, einer Vorgabe des Käufers gefolgt zu sein; denn er habe ihn, den Kläger, nicht in das Vermessungsverfahren einbezogen und auch nicht auf Bedenken wegen der geringen Wegbreite aufmerksam gemacht.
Das Landgericht hat den Bruder des Klägers sowie den Käufer als Zeugen befragt und die Parteien angehört. Sodann hat es die Klage abgewiesen. Seiner Ansicht nach ist der Kläger den Beweis für die von ihm behauptete Auftragserteilung schuldig geblieben. Der Beklagte habe auch keine Hinweispflichten verletzt, weil nicht zu ersehen sei, dass die Erschließung des Hinterliegergrundstücks vereitelt werde. Unabhängig davon treffe den Kläger und seinen Bruder im Hinblick auf ihren Rechtsbehelfsverzicht ein haftungsausschließendes Mitverschulden. Sie hätten versäumt, sich einen Einblick zu verschaffen.
Dem tritt der Kläger in Erneuerung seines erstinstanzlichen Begehrens mit der Berufung entgegen. Er hält daran fest, dass der von den Beklagten vermessene Weg zur Erschließung untauglich sei. Insofern habe der Beklagte eine Informationspflicht gehabt. Für ein Mitverschulden sieht er keinen Raum. Zum Grenztermin seien er und sein Bruder nicht ordnungsgemäß geladen worden, und die Bedeutung des Rechtsbehelfsverzichts sei undurchsichtig gewesen.
2. Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Die angefochtene klageabweisende Entscheidung hat im Ergebnis Bestand.
Freilich hat das Landgericht ebenso wie die Parteien gemeint, dass der Beklagte auf einer privatvertraglichen Grundlage tätig geworden sei und demgemäß – sei es unmittelbar oder sei es mittelbar unter Berücksichtigung der Grundsätze eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, wie ihn der Kläger hilfsweise reklamiert – eine Haftung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB im Raum stehe.
Das verkennt jedoch die Stellung des Beklagten, der als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur hoheitlich tätig wurde und deshalb nur nach § 839 BGB einstandspflichtig sein kann (OLG Dresden LKV 2007, 191; OLG Zweibrücken VersR 1975, 842). Die Grenzniederschrift, durch die die Grundstückssituation gegen den im hiesigen Prozess verlautbarten Willen des Klägers gestaltet wurde, stellt einen Verwaltungsakt dar. Der Beklagte hatte ihn in Ausübung seines Amts vorbereitet und erließ ihm dann unter Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung.
Ob die Amtshaftung des Beklagten gemäß Art. 34 GG auf die Vermessungs- und Katasterverwaltung übergeleitet ist, kann dahinstehen (vgl. dazu BayVGH, Urteil vom 6.04.2009 – 19 B 09.90; OLG Zweibrücken VersR 1975, 842 und VersR 1977, 45). Ist das der Fall, ist der Beklagte von vornherein nicht passivlegitimiert.
Der Beklagte kann aber auch dann nicht vom Kläger in Anspruch genommen werden, wenn er abweichend vom Grundsatz des Art. 34 GG persönlich verantwortlich sein sollte. Das ergibt sich aus § 839 Abs. 3 BGB. Denn der Kläger und sein Bruder haben die Grenzniederschrift ungeprüft hingenommen und darauf verzichtet, unter Einlegung eines Widerspruchs eine Korrektur herbeizuführen. Ob sie dabei gutgläubig waren, ist ohne Belang. Es gab nämlich für sie keinen verlässlichen Anhalt dahin, dass die Grenzniederschrift so geartet war, wie sie der Kläger nunmehr einfordert. Die Regelungen des Grundstückskaufvertrages wiesen jedenfalls in eine andere Richtung. Sollte der Kläger – wie er behauptet – dem Beklagten andere, auf eine breitere Zuwegung gerichtete Vorgaben gemacht haben, hätte ihm oblegen zu hinterfragen, ob sie eingehalten wurden. Entsprechende Erkundigungen hat der Kläger jedoch nicht vorgenommen. Dass sie entbehrlich gewesen wären, weil ihm der Beklagte zugesichert hätte, die gewünschte Wegbreite sei – unter Abweichung von den kaufvertraglichen Regelungen und den Maßangaben des Käufers – gewährleistet, ist weder vorgetragen worden noch sonst zu ersehen.
3. Mithin sollte der Kläger erwägen, sein Rechtsmittel aus Kostengründen zurückzunehmen. Bis zum 9.07.2014 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.