Landgericht Bonn
Az: 31 T 1398/09
Beschluss vom 20.01.2010
Die sofortige Beschwerde vom 19.11.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EURO wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen zum Stichtag 30.06.2008 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 15.07.2009, zugestellt am 18.07.2009, angedroht.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 21.07.2009 (Eingang) Einspruch eingelegt.
Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 05.11.2009 das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt.
Gegen die ihr am 10.11.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 23.11.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. 7II.8Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.Das Bundesamt für Justiz hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Einspruch gegen die Androhung des Ordnungsgeldes verworfen und das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung des Ordnungsgeldes nach § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB lagen vor. Die Beschwerdeführerin war zur Erstellung eines Jahresabschlusses zum Stichtag 30.06.2008 und dessen Offenlegung im elektronischen Bundesanzeiger bis spätestens zum 30.06.2009 gemäß §§ 242, 264 Abs. 1, 325 Abs. 1 und 2 HGB verpflichtet. Mit der Einspruchsschrift hat sie das abweichende Geschäftsjahr selbst vorgetragen. Sie räumt ein, die Jahresabschlussunterlagen weder innerhalb der mit dem 30.06.2009 ablaufenden gesetzlichen Frist des § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB, noch innerhalb der von dem Bundesamt für Justiz gemäß § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB gesetzten, mit Zustellung der Androhungsverfügung am 18.07.2009 beginnenden und mit Ablauf des 31.08.2009 endenden 6-wöchigen Nachfrist, sondern erst am 20.11.2009 beim elektronischen Bundesanzeiger eingereicht zu haben. Das für die Festsetzung des Ordnungsgeldes erforderliche Verschulden (§ 276 BGB) der Beschwerdeführerin an der Verletzung der Offenlegungspflicht und insbesondere der Versäumung der Nachfrist liegt schon nach ihrem eigenen Vortrag vor. Die Beschwerdeführerin kann sich insbesondere nicht dadurch entlasten, dass die Fristversäumnis durch den von ihr mit der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen beauftragten Steuerberater verschuldet wurde. Sie trifft vielmehr ein eigenes Organisationsverschulden an der Versäumung der vom Bundesamt für Justiz gesetzten Nachfrist. Denn die Beschwerdeführerin hat nicht bereits mit der Beauftragung eines Steuerberaters mit der Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen alles Erforderliche zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 325 Abs. 1 und 2 HGB getan. Vielmehr haben Kapitalgesellschaften durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen (vgl. LG Bonn, Beschl. v. 06.12.2007 – 11 T 11/07 – juris-Dokument Rn. 5; Stollenwerk/Krieg, GmbHR 2008, 575, 580 unter V.). Die vollständige und rechtzeitige Übermittlung der zur Veröffentlichung vorgesehenen Unterlagen in elektronischer Form an den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers fällt nach § 325 Abs.1 HGB in diesen Pflichtenkreis. Innerhalb der vom Bundesamt für Justiz gesetzten Nachfrist hat die Gesellschaft dabei angesichts der bereits zuvor versäumten Jahresfrist des § 325 Abs. 1 HGB gesteigerte Sorgfaltspflichten. Die mit Erhalt der unmissverständlichen Androhungsverfügung vorgewarnte Gesellschaft hat danach alle denkbaren Maßnahmen zur Fristwahrung auszuschöpfen und den Eingang der versandten Unterlagen beim Bundesanzeiger zu kontrollieren. Zwar kann sie – wie bei anderen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen auch – eine außenstehende Person, etwa einen Steuerberater, mit der Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses beauftragen. Ihrer Kontrollpflicht für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten der Gesellschaft, zu denen die Offenlegungspflicht des § 325 Abs. 1 und 2 HGB gehört, können sich die Gesellschaft und ihr Geschäftsführer aber nicht durch Delegation auf andere Personen entledigen (BGHZ 133, 370, 377, BGH NJW 2001, 969, 971). Beauftragt die Gesellschaft daher einen Steuerberater mit der Einreichung der Unterlagen innerhalb der Nachfrist, muss sie wie bei der Übermittlung durch einen eigenen Mitarbeiter überprüfen, ob die Unterlagen rechtzeitig an den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers übersandt wurden und dort auch eingehen (vgl. zur Überwachungspflicht des GmbH-Geschäftsführers: BGH aaO; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 18. Aufl., § 41 Rn. 36f.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 41 Rn. 5 und § 43 Rn. 12ff.; Scholz/Crezelius, GmbHG, 10. Aufl., § 41 Rn. 5f. jeweils m.w.N.). Dies gilt hier umso mehr, als die Beschwerdeführerin ihre gesamten kaufmännischen Angelegenheiten an ihre Verfahrensbevollmächtigten übertragen hat. In diesem Fall muss sie organisatorische Vorkehrungen treffen, dass die übertragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt werden. Insbesondere kann sie die Beurteilung rechtlicher Fragen, soweit es sich nicht um steuerrechtliche Fragen handelt, nicht ohne weitere Kontrolle einem Steuerberater überlassen. Bei der Offenlegungspflicht des § 325 Abs. 1 HGB und der Festlegung eines Geschäftsjahres handelt es sich indes um handelsrechtliche und nicht um steuerrechtliche Fragen, für deren Fachberatung einem Steuerberater ohne Zusatzqualifikation regelmäßig die Sachkunde fehlt.
Das Bundesamt für Justiz hatte daher nach Ablauf der Nachfrist gemäß § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB den Einspruch zu verwerfen und das angedrohte Ordnungsgeld festzusetzen. Hiervon durfte es nicht im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Einreichung des Jahresabschlusses beim elektronischen Bundesanzeiger absehen. Denn anders als ein reines Zwangsgeld hat das gemäß § 335 HGB festzusetzende Ordnungsgeld nicht allein den Zweck, eine konkrete Handlungspflicht durchzusetzen, sondern soll auch den Verstoß gegen die Offenlegungspflicht sanktionieren, um auf diese Weise auf eine zukünftig fristgemäße Erfüllung der Offenlegungspflicht hinzuwirken. Dementsprechend kann gemäß § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB bei nur geringfügiger Fristüberschreitung das Ordnungsgeld herabgesetzt, aber nicht von der Festsetzung eines Ordnungsgeldes abgesehen werden (vgl. auch Stollenwerk/Krieg, GmbHR 2008, 575, 577).
Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Das Bundesamt für Justiz hat den gesetzlich in § 335 Abs. 1 S. 4 HGB vorgesehenen Mindestbetrag von 2.500,- € festgesetzt. Das Ordnungsgeld berücksichtigt damit sowohl das Maß des Verschuldens der Beschwerdeführerin, den Umstand, dass es in einem neu geregelten Verfahren auf Grund einer Gesetzesänderung festgesetzt worden ist, als auch die Tatsache, dass Unternehmen in schwieriger finanzieller Situation betroffen sein können, zutreffend. Eine Unterschreitung des Mindestsatzes ist nur bei geringfügiger Überschreitung der vom Bundesamt für Justiz gesetzten Nachfrist gemäß § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB möglich. Dessen Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Eine geringfügige Überschreitung ist nur bei einer solchen von höchstens zwei Wochen anzunehmen. Hier erfolgte die Veröffentlichung jedoch erst mehrere Monate nach Fristablauf.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 7 HGB).
Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig (§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).
Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 Euro.