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Online-Partnerbörse – Wirksamkeit einer Kündigungsklausel

LG München I, Az.: 12 O 17874/15, Urteil vom 12.05.2016

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträgen über die Nutzung von Leistungen über einen Telemediendienst (www….) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, zu berufen:

Die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft nach § 3.2 kann vom Nutzer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 8 Wochen zum Vertragsende in gesetzlich geregelter „Elektronischer Form“ z.B. per Email gekündigt werden. Die Kündigung in „Textform“ ist aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen ausgeschlossen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 214,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 03.11.2015 zu bezahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Unterlassungsanspruch nach dem UKlaG.

Der Kläger ist ein nach dem UKlaG klagebefugter Verbraucherverband. Die Beklagte betreibt einen Telemediendienst als sogenanntes Online-Dating-Portal und bietet unter der Internetadresse www… kostenfreie und kostenpflichtige Dienste an. Sie schließt in diesem Rahmen auch Verträge mit Verbrauchern über verschiedene Arten von Mitgliedschaften ab. Unter anderem bietet die Beklagte dem Verbrauchern eine kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft an. Sie verwendet dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen. Zum Inhalt wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Unter § 7 Abs. 2 der genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen des von der Beklagten betriebenen Internet-Kontaktportals … findet sich folgende Klausel:

Online-Partnerbörse - Wirksamkeit einer Kündigungsklausel
Symbolfoto: sam2172/Bigstock

„Die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft nach § 3.2 kann vom Nutzer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 8 Wochen zum Vertragsende in gesetzlich geregelter „Elektronischer Form“ z.B. per Email gekündigt werden. Die Kündigung in Textform ist aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Damit die Kündigung des Nutzers zugeordnet werden kann, wird darum gebeten, zur Identifizierung und zum Schutz von Missbrauch, unter Angabe der Kundennummer, des Benutzernamens und der vom Nutzer bei … hinterlegten Email Adresse zu kündigen. Bei Weiterführung bzw. Nichtkündigung verlängert sich die kostenpflichtige Mitgliedschaft periodisch um die bei Kauf gewählte Laufzeit (z.B. 9 Monate).“

Der Kläger meint, die Klausel sei wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB unwirksam. Die Klausel sei insbesondere nicht klar und verständlich. Sie lasse den Verbraucher nicht erkennen, in welcher Form der Vertrag mit der Beklagten gekündigt werden kann. Zudem sei die Klausel nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam.

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträgen über die Nutzung von Leistungen über einen Telemediendienst (…) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01. April 1977, zu berufen:

Die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft nach § 3.2 kann vom Nutzer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 8 Wochen zum Vertragsende in gesetzlich geregelter „Elektronischer Form“ z.B. per Email gekündigt werden. Die Kündigung in „Textform“ ist aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen ausgeschlossen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, es liege kein Verstoß gegen § 309 Nr. 13 BGB vor. Sie sei berechtigt, im Rahmen des Vertragsabschlusses durch ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dem Vertragspartner Formvorschriften für die Kündigung des Vertrages zu vereinbaren. Sie meint, die streitgegenständliche Klausel bringe eine gewillkürte Schriftform zum Ausdruck, nach der der Kunde den Vertrag mittels einer unterschriebenen und dann eingescannten Kündigungserklärung, die per E-Mail übermittelt wird, kündigen könne. Ein Verstoß gegen § 307 BGB liege ebenfalls nicht vor, weil die Klausel klar gefasst sei. Durch die Klausel werde die Kündigung in Textform ausgeschlossen. Dem Kunden sei damit klar, dass für die Kündigung eine Unterschrift notwendig sei und dass diese zumindest eingescannt per E-Mail vorliegen müsse.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst sämtlichen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel nach § 1 UKlaG.

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Verbraucherverband nach § 3 UKlaG klagebefugt.

II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel aus § 1 UKlaG.

1. Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist der Verwender von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (vgl. BGH, NJW 2010, 3152).

Dem wird die streitgegenständliche Klausel nicht gerecht. Sie sieht vor, dass der Vertragspartner der Beklagten, der bei dieser eine Premium-Mitgliedschaft abgeschlossen hat, den entsprechenden Vertrag in „gesetzlich geregelter elektronischer Form, z.B. per E-Mail“, kündigen könne. Die Kündigung in Textform ist nach den Bedingungen ausgeschlossen.

Unter dem in der Klausel verwendeten Begriff der gesetzlich geregelten elektronischen Form kann der durchschnittliche Verbraucher nichts anderes verstehen als die in § 126a BGB geregelte elektronische Form. Diese sieht vor, dass der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen muss. Eine einfache E-Mail, auf die im weiteren Text der Klausel dann Bezug genommen wird, wahrt die elektronische Form nicht.

Soweit die Beklagte meint, der Verbraucher könne aus dem Text der Klausel erkennen, dass die Beklagte damit meine, der Verbraucher solle eine schriftliche Erklärung verfassen, diese unterschreiben, das Dokument dann einscannen und per E-Mail an die Beklagte schicken, wodurch dann die in der Klausel vereinbarte Form gewahrt sei, folgt das Gericht dem nicht. Das dargestellte Verständnis der streitgegenständlichen Klausel erschließt sich dem durchschnittlichen Verbraucher aus dem Text der allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade nicht. Dieser wird aus dem in der Klausel niedergelegten Ausschluss der Textform, der Möglichkeit der Kündigung „z.B. per E-Mail“ und der gleichzeitig in der Klausel bestimmten „gesetzlich geregelten elektronischen Form“ vielmehr nicht entnehmen können, in welcher Weise er den Vertrag wirksam kündigen kann.

Die Klausel lässt den durchschnittlichen Vertragspartner vollständig darüber im unklaren, wie und in welcher Form er eine wirksame Kündigungserklärung abgeben kann. Für ihn besteht damit die Gefahr, dass er eine Erklärung abgibt, die den Anforderungen, die die Beklagte der streitgegenständlichen Klausel zu entnehmen meint, nicht gerecht wird, wodurch es zu einer automatischen Verlängerung des Vertrages um einen erheblichen Zeitraum – z.B. die in der Klausel genannten 9 Monate – kommen kann.

Die genannte Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ist unwirksam.

2. Die Klausel verstößt ferner gegen § 309 Nr. 13 BGB. Danach ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender der AGB gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Dies ist vorliegend der Fall. Die streitgegenständliche Klausel verweist ausdrücklich auf die „gesetzlich geregelte elektronische Form“. Die Einhaltung der elektronischen Form setzt nach § 126a Abs. 1 BGB eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz vor. Dies ist im Vergleich zur einfachen Schriftform eine strengere Form im Sinne des § 309 Nr. 13 BGB. Dies ergibt sich auch aus § 127 Abs. 2 BGB, wonach zur Wahrung der durch Rechtsgeschäfte bestimmten einfachen Schriftform die telekommunikative Übermittlung der in einfacher Schriftform abgefassten Erklärung ausreicht. Das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz stellt im Vergleich dazu – gerade für den durchschnittlichen Internetnutzer und Vertragspartner eines Online-Portals – eine erheblich höhere Hürde auf.

Die streitgegenständliche Klausel ist danach auch wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 13 BGB unwirksam.

III. Danach besteht der Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Unterlassung aus § 1 UKlaG. Der Kläger hat auch weiter Anspruch auf Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Abmahnpauschale in Höhe von EUR 214,00. Diese war ab Rechtshängigkeit in gesetzlich geregelter Höhe zu verzinsen.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO festzusetzen; die Kammer setzt für derartige Klauseln einen Streitwert in Höhe von 2.500,00 € an.

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