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Online-Reisevertrag – Widerrufsrecht

AG Köln

Az.: 142 C 431/11

Urteil vom 27.02.2012


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3819,25 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung angesparter Reisewerte.

Die Beklagte ist ein Online-Reisebüro, das auf ihrer Internetseite www.deutschreise.de Beförderungsleistungen, Pauschalreisen, Hotelbuchungen, Mietwagen und sonstige touristische Leistungen vermittelt. Darüber hinaus bietet sie auch Mitgliedschaften in einem so genannten „Reiseclub“ an, die als Reiseservicevertrag bezeichnet werden. Im Rahmen dieser Mitgliedschaft fallen monatliche Entgelte an. Im Gegenzug wird der gezahlte Betrag als „Reisewert“ im Verhältnis 1:1 auf einem sogenannten Reisewertkonto gutgeschrieben. Die darauf angesparten Werte können auf den Reisepreis einer über die Beklagte vermittelten Reise angerechnet werden. Daneben werden so genannte Reiseserviceleistungen durch die Beklagte bereitgestellt: eine Best-Preis-Garantie, eine 11-prozentige Sofortrabattierung auf das Entgelt, eine bereitgehaltene Auslandskrankenversicherung sowie Reisenotrufversicherung, ein monatlich an den Kunden übersendeter Newsletter „Deutsche Reise Kompakt“, ein monatlich übersendeter Auszug einer aktualisierten Saldenaufstellung mit einer aktuellen Aufstellung zu den erworbenen „Reisewerten“, die Bereithaltung eines Callcenters mit Reiseberatern, eine Rabattierung auf Mietwagenkosten und eine Reisevermittlungstätigkeit auf einen konkreten Buchungsauftrag des Kunden hin.

Die Klägerin schloss mit der Beklagten am 02.11.2005 telefonisch eine Mitgliedschaft ab. Der Vertrag wurde von der Beklagten unter der Kundennummer 1051765 geführt. Daraufhin buchte die Beklagte von Dezember 2005 bis März 2006 monatlich 66,75 €, von April 2006 bis Oktober 2010 monatlich 69,75 Euro, insgesamt 4103,25 Euro, von dem Konto der Klägerin ab. Die Zahlungen wurden der Klägerin auf ihrem Konto als Reisewerte gutgeschrieben. Anstelle der vom Kläger monatlichen gezahlten 66,75 Euro bzw. 69,75 Euro wurde der Klägerin durch die Beklagte nach Sofortrabattierung ein Wert von 75,00 Euro gutgeschrieben.

Die Klägerin erhielt eine monatliche Saldenabrechnung über ihre Zahlungen. Im Juni 2009 buchte sie über die Beklagte eine Mallorca-Reise im Wert von 284 Euro, auf die 284 der angesparten Reisewerte angerechnet wurden. Im September 2009 wurde auf das Konto der Klägerin durch die Beklagte ein Verfall von Reisewerten angerechnet. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.10.10 erklärte die Klägerin, dass sie den Vertrag widerrufe, hilfsweise zum 31.12.2010 kündige. Sie forderte die Zahlung von 4.103,25 Euro abzüglich für die Mallorca Reise in Anspruch genommener Reisewerte in Höhe von 284,00 Euro, insgesamt 3.819,25 Euro bis zum 09.11.10. Am 02.11.10 stellte die Beklagte der Klägerin gegenüber klar, dass die von ihr angesparten Reisewerte keinem Verfall unterliegen, und verweigerte eine Rückzahlung des geforderten Geldbetrags.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Vertrag durch den Widerruf wirksam beendet worden sei. Bei dem geschlossenen Vertrag handele es sich um einen auf Reisevermittlung ausgerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag. Ziel sei es, durch die monatlichen Zahlungen den Reisepreis bereits vor dem Aussuchen und Buchen der Reise zu entrichten. Die weiter vorgehaltenen Serviceleistungen der Beklagten hätten im Monat nur einen Gegenwert von ca. 12,75 Euro.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3819,25 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011, sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 407,32 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass sie der Klägerin ihre AGB mit dem Begrüßungsschreiben vom 11.11.2005 zusammen mit einem Prospekt zugesandt habe. Sie ist weiter der Ansicht, dass Widerrufsrecht der Klägerin sei erloschen, da die Klägerin sie veranlasst habe, mit der Ausführung der Dienstleistung zu beginnen. Bei dem Vertrag handele es sich um einen Servicevertrag. Der Klägerin seien die Serviceleistungen zur Verfügung gestellt worden. So sei ein Callcenter mit qualifizierten Mitarbeitern zum Zwecke der Beratung und Information zur Verfügung gestellt und der Klägerin der monatliche Newsletter zugesandt worden. Bei diesen Leistungen handele es sich um Hauptleistungen. Weiter habe die Beklagte mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen bzw. habe die Klägerin die Dienstleistung selbst veranlasst, indem sie die Mallorca Reise buchte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gemäß §§ 357 Abs. 1, 312d, i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund des Vertrags erbrachten Beiträge i.H.v. 3.819,25 Euro zu. Infolge des wirksamen Widerrufs der Klägerin ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.

I.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 26.10.2010 wirksam den Widerruf des am 02.11.2005 telefonisch geschlossenen Vertrages mit der Beklagten erklärt. Da der Vertrag 2005 geschlossen wurde sind auf ihn gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die §§ 312, 355 in der vom 08.12.2004 (Änderung durch das FernAbs.ÄndG) bis zum 04.08.2009 (Änderung durch das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung) geltenden Fassung anwendbar. Der Klägerin stand ein Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB in der vom 08.12.2004 bis zum 04.08.2009 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) zu, welches auch nicht nach den §§ 312 d, 355 BGB a.F. erloschen ist.

Der während des Akquisetelefonats am 2.11.2005 zwischen der Beklagten, als Unternehmerin, und der Klägerin, als Verbraucherin, geschlossene Vertrag stellt sich als ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312 Abs. 1 BGB (a.F.) dar. Ein Fernabsatzvertrag ist gemäß § 312 b Abs. 1 BGB (a.F.) ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurde. Das ist vorliegend unstreitig der Fall. Eine Ausnahme des § 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB a.F. – Fernabsatzverträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Unterbringung, Beförderung usw. – liegt nicht vor, da die Beklagte selbst keine Pauschalreisen anbietet, sondern solche nur vermittelt.

Der Widerruf ist fristgerecht erfolgt, da im zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung vom 26.10.2010 die Frist noch nicht zu laufen begonnen hat. Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB (a.F.) beginnt die Frist für die Erklärung des Widerrufs mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Darüber hinaus beginnt die Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB (a.F.) erst mit Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGB (a.F.) zu laufen. Vorliegend behauptet die Beklagte, dass der Klägerin mit der Zusendung des Begrüßungsschreibens vom 11.11.2005 auch die AGB der Beklagten zugesandt worden seien, die in Ziffer 17 das Widerrufsrecht regeln. Abgesehen davon, dass diese von den übrigen Klauseln nicht abgehobenen Klausel die Anforderungen an eine deutlich gestaltete Widerrufsbelehrung nicht erfüllt, ist der Zugang der AGB durch die Klägerin auch bestritten und hat die Beklagten den Zugang nicht unter Beweis gestellt. Dass die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt in gehöriger Form belehrt worden wäre, wird von der Beklagten nicht behauptet. Mangels wirksamer Widerrufsbelehrung war die Klägerin daher auch im Oktober 2010 zu einem Widerruf berechtigt.

Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht gemäß § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB (a.F.) vollständig erloschen. Gemäß dieser Vorschrift in ihrem damaligen Wortlaut erlischt das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher die Ausführung selbst veranlasst hat. Weder das eine noch das andere ist vorliegend gegeben. Weder durch die gebuchte Reise nach Mallorca nicht durch die übrigen Serviceleistungen der Beklagten ist zu einem vollständigem Erlöschen des Widerrufsrechtes nach dieser Vorschrift gekommen.

Die unstreitig erfolgte Buchung einer Mallorca Reise über die Beklagte führte lediglich dazu, dass die Klägerin in dieser Höhe und hierauf beschränkt ihr Widerrufsrecht verloren hat, weil sie insoweit die Ausführung der Dienstleistung durch die Beklagte veranlasste. Im Hinblick auf den übrigen Vertragsteil besteht das Widerrufsrecht jedoch fort.

Im Anschluss an die wohl vorherrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB (a.F) in der Art und Weise auszulegen, dass das Widerrufsrecht nur soweit erloschen ist, wie mit der Dienstleistung begonnen wurde. Im Falle einer teilbaren Dienstleistung ist demnach auch das Widerrufsrecht teilbar, was aus einer teleologischen Reduktion des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB (a.F) folgt (LG Kiel, Urt. v. 25.03.2009 – 5 O 206/08 Rn 43 f. (zitiert nach juris); AG Mitte, MMR 2009, 280, 281; AG Montabaur, Urt. 15.01.2008 – 15 C 195/07 Rn. 25 f. (zitiert nach juris); AG Elmshorn NJW 2005, 2404; MüKo/Wendehorst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 312d Rn. 56; Staudinger/Thüsing, BGB, Neubearb. 2005 § 312 d Rn. 36; a.A. wohl Palandt/Grüneberg, 68. Aufl. 2009, § 312 d Rn. 7a). Ein vollständiger Ausschluss des Widerrufsrechtes ist nur bei einer unteilbaren Dienstleistung gerechtfertigt. Die erkennende Abteilung des Gerichtes schließt sich dieser Auffassung an. Allgemeiner Schutzzweck des § 312d BGB ist, dass dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben wird, sich von dem Vertrag zu lösen, weil er vor der Erfüllung des Vertrags nicht die Chance hat, die Qualität der Vertragserfüllung zu überprüfen (LG Kiel, a.a.O.; AG Mitte, a.a.O. AG Montabaur, a.a.O.; AG Elmshorn a.a.O.; MüKo/Wendehorst, a.a.O.; Staudinger/Thüsing, a.a.O.). Dieser Schutz wird versagt, wenn dem Verbraucher die Möglichkeit genommen wird, den Vertrag bei einer teilbaren Dienstleistung für die noch nicht erbrachten Teile der Dienstleistung zu widerrufen (LG Kiel, a.a.O.; AG Mitte, a.a.O.; AG Montabaur, a.a.O.; AG Elmshorn a.a.O.). Eine vollständige Versagung des Widerrufsrechts ist aus Gründen der Wirksamkeit des Verbraucherschutzes nicht geboten. Ein Anbieter von Dienstleistungen könnte die Pflichten zur Belehrung des Verbrauchers praktisch umgehen, wenn er überhaupt nicht belehrt und mit der Ausführung der Dienstleistung mit Zustimmung des nicht über sein Widerrufsrecht belehrten Verbrauchers beginnt. Auch hat der Unternehmer nur ein berechtigtes Interesse an der Vergütung der bereits erbrachten Leistungen. Dies widerspricht auch nicht dem Zweck des § 312d Abs. 3 BGB (a.F.). Die Regelung des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB (a.F.) verfolgt den Zweck, den Unternehmer davor zu schützen, dass er eine Dienstleistung erbringt und diese im Falle des Widerrufs nicht zurückerhält, sondern auf eine Entschädigung in Geld angewiesen ist, da der Verbraucher eine Dienstleistung im Gegensatz zu einer Ware nicht zurückgeben kann. Im Falle einer teilbaren Dienstleistung ist aber dieser Zweck gewahrt, wenn man das Erlöschen des Widerrufsrechts auf den bereits erbrachten Teil beschränkt. Der Unternehmer kann sich dann hinsichtlich der erbrachten Teilleistung ohne weiteres auf den abgeschlossenen Vertrag berufen. Eine derartige teleologische Reduktion entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Im Anschluss an die Diskussion wurde § 312 d Abs. 3 BGB dahingehend geändert, dass das Widerrufsrecht nunmehr erst mit der vollständigen Erbringung der Leistung erlischt. Zur Begründung führte der Gesetzgeber aus, dass das Erlöschen des Widerrufsrechts zu einem früheren Zeitpunkt sich in der Praxis als zu weitgehend erwiesen und kritikwürdige Geschäftsmodelle erleichtert hat (BT-Drs. 16/10734, S. 9, 10).

Die vorliegende Vertragskonstellation zeichnet sich dadurch aus, dass der Kunde durch seine monatlichen Zahlungen Reisewerte ansammelt, die er zu den von ihm gewünschten Zeitpunkten in eine oder mehrere von der Beklagten vermittelte Reisen umsetzt. Dieser Vertragstyp ähnelt am ehesten einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen „Bezugsvertrag“ mit einer auf den Bedarf des Kunden ausgerichteten und von diesem bestimmten „Liefermenge“. Vorliegend sammelt der Kunde bei der Beklagten eine von ihm bestimmte „Liefermenge“ in Gestalt von Reisewerten an. Diese Werte ruft er dann zu unterschiedlichen von ihm bestimmten Zeiten ab, indem er bei der Beklagten einzelne voneinander unabhängige Dienstleistungen in Gestalt von Reisevermittlungen bezieht. Diese durch Einlösung von Reisewerten in Anspruch genommenen Reisevermittlungen stellen sich bezogen auf den gesamten Vertrag als teilbare Dienstleistungen dar. So hatte die Klägerin vorliegend durch die Buchung der Mallorca Reise über die Beklagte nur 284 Reiswerte verbraucht, der Rest stand ihr weiter für andere Reisen zu anderen Zeitpunkten zur Verfügung. Auf der anderen Seite ist bei der Beklagten nicht erkennbar, dass sie Dispositionen getroffen hätte, die sowohl einer Teilbarkeit der Dienstleistung entgegenstehen als auch eine Rückabwicklung der nicht abgerufenen Werte unmöglich mache würde; denn die angesammelten Reisewerte lassen sich 1: 1 in Euro umrechnen. Die weiteren Serviceleistungen haben keinen ausschließlichen Bezug zu der konkret durch Einsatz von Reisewerten gebuchten Reise, vielmehr werden sie von der Beklagten unabhängig von den Vermittlungsleistungen im Einzelfall allgemein für alle Kunden vorgehalten.

Handelt es sich aber – wie dargelegt – im vorliegenden Fall um eine teilbare Dienstleistung führt die über die Beklagte gebuchte Reise der Klägerin nach Mallorca nur zu einem Erlöschen des Widerrufsrechtes in Höhe der verbrauchten 284 Reiswerte, die 284,00 Euro entsprechen, der Rest ist einer Rückabwicklung nach Widerruf zugänglich.

Der Widerruf ist auch nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte mit einer der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat, indem sie die übrigen Serviceleistungen vorhielt. Denn Beginnen i.S.d. § 312 d Abs.3 Nr.2 (a.F.) BGB liegt nur dann vor, wenn der Unternehmer bereits vertraglich geschuldete Tätigkeiten vorgenommen hat, die dem Verbraucher bereits unmittelbar zugute kommen (Staudinger a.a.O. Rn 37, a.a.O.MüKo/Wendehorst, a.a.O. Rn. 57). Hiervon zu trennen sind Vorbereitungshandlungen des Unternehmers, mit denen die Leistungserbringung noch nicht begonnen wird.

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Die Klägerin ist nur in den Genuss derjenigen Serviceleistungen gekommen, die im Zusammenhang mit der konkreten Reise nach Mallorca standen. Denn die versprochenen Leistungen wie die telefonische Reiseberatung, die Best-Price-Garantie, die Anrechnung der Reisewerte, eine Auslandkrankenversicherung und eine Reisenotrufversicherung hat sie nur im Zusammenhang mit dieser Reise in Anspruch genommen. Das Vorhalten dieser Leistungen im übrigen Zeitraum reicht für ein Beginnen i.S.d. § 312 d Abs.3 Nr.2 (a.F.) BGB nicht aus, sondern dient alleine der Vorbereitung auf konkrete Reisevermittlungen, da den weiteren Serviceleistungen außerhalb der konkreten Reisevermittlung kein eigenständiger Charakter zukommt. Wie bereits festgestellt, handelt es sich bei dem vorliegenden Vertrag im Kern und hinsichtlich der Hauptleistungspflichten um einen unter Einsatz von Reisewerten auf die Inanspruchnahme von konkreten Reisevermittlungen abzielenden „Sukzessivlieferungs“ – vertrag. Mit der Bindung des Kunden über die Reisewerte wird die spätere Buchung über die Beklagte sichergestellt. Konsequenterweise bezeichnet sich die Beklagte auch selbst als „Online-Reisebüro“ und macht damit deutlich, dass ihr Geschäft die konkrete Reisevermittlung ist. Nur hieran verdient die Beklagte durch Provisionen auch Geld. Die weiteren Dienstleistungen der Beklagten spielen im Verhältnis zum Ansparen der Reisewerte für die Buchung einer konkreten Reise eine nur untergeordnete Rolle bzw. kommen überwiegend soweit ihnen Geldwert zukommt überhaupt erst bei einem konkreten Vermittlungsauftrag zum Tragen. Dies gilt zum einen für den Newsletter, der auf der Internetseite der Beklagten von jedermann per email kostenlos abonniert werden kann, so dass im konkreten Fall auch dahinstehen kann, ob die Klägerin ihn erhalten hat oder nicht. Das gilt weiter für die Telefonhotlinie, die auf der Internetseite für jedermann für Anrufe aus dem Festnetz kostenlos angeboten wird und für das Übersenden von Saldenmitteilungen, das zudem alleine von der Beklagten veranlasst wurde. Die weiter aufgeführten Leistungen Best-Preis-Garantie, die Rabattierung auf das Entgelt, die Auslandskrankenversicherung sowie Reisenotrufversicherung werden erst dann abgerufen, wenn ein konkret bestimmter Vermittlungsauftrag bestellt wird. Hieraus ergibt sich aber, dass nicht schon eine bloße Reiseberatung über die Hotline zu einem Beginn mit der Ausführung der Dienstleistung im Sinne von § 312 d BGB führen kann ( so bereits die erkennende Abteilung in 142 C 280/10 – Urteil vom 24.01.2010, dem folgend auf Berufung der Beklagten LG Köln – Urteil vom 05.01.2012 – 6 S 63/11; anders wohl das LG Köln aber ohne nähere Begründung in seinem Urteil vom 10.02.2011 – 1 S 232/09 für den Fall einer telefonische Reiseberatung bei der es aber zu keiner Buchung unter Einsatz von Reisewerten kam).

Weitere Gründe, aus denen sich ein Ausschluss des Widerrufsrechtes ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Der Zeitablauf von nahezu 5 Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerruf hindert den Widerruf nicht, ein schützenswertes Vertrauen etwa unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung darauf, dass die Klägerin einen Widerruf nicht ausübt, steht der Beklagten nicht zu. Im Gegenteil war es die Beklagte die durch einen unberechtigten monatlichen Verfall der Reiswerte das Vertrauen der Klägerin in die Vertragstreue der Beklagten erschütterte. Dass die Klägerin nach dem Widerruf erklärte, dass der Verfall keinen Bestand hat, vermag die Wirksamkeit des unbedingt erklärten Widerrufes nicht zu beeinträchtigen. Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf die Ausübung des Widerrufsrechtes verzichtet hätte.

Soweit die Beklagte sich schließlich noch auf das Urteil des AG Köln vom 10.06.2010 – 134 C 57/09 nebst Hinweisbeschluss des LG Köln vom 13.08.2010 – 9 S 174/10 – bezieht ist festzustellen, dass in der dortigen Fallgestaltung der Kunde der Beklagten lediglich eine Kündigung und keinen Widerruf ausgesprochen hat. Die Ausführungen lassen sich daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragen.

Der Vertrag ist folglich – soweit der Widerruf reicht – rückabzuwickeln.

Die Zahlungen, die der Kläger erbracht hat, belaufen sich der Höhe nach unstreitig auf 4.103,25 Euro. Hiervon in Abzug zu bringen sind 284,00 Euro. Dieser Betrag entspricht den 284 von der Klägerin verbrauchten Reisewerten. Diesbezüglich war das Widerrufsrecht erloschen. Die Klägerin hat dies bei ihrer Berechnung berücksichtigt.

Wertersatzansprüche, die die Beklagte dem Anspruch der Klägerin entgegenhalten könnte, sind nicht gegeben. Wie bereits dargestellt, kommt den weiteren allgemeinen Serviceleistungen der Beklagten im Verhältnis zu dem Hauptgegenstand der Reisevermittlung und außerhalb einer konkreten Buchung keine ins Gewicht fallende Bedeutung zu. Ein eigenständiger objektiver (Geld-)Wert lässt sich diesem Serviceangebot nicht beimessen und wird von der Beklagten auch nicht konkret dargelegt. Die Situation stellt sich insoweit nicht anders dar als bei anderen Dienstleistungen z.B. beim Bezug eines privaten Fernsehprogrammes, bei dem um den eigentlichen Vertragsgegenstand herum – Programmangebot dort / Reisevermittlung hier – verschiedene unselbständige weiter Serviceangebote wie Hotline, Online Rechnung, Newsletter per E-Mail oder als Hardcover usw. angeboten werden. Derartige Zusatzleistungen dienen der Werbung und der Kundenpflege, stellen aber keinen vertraglichen Gegenwert für die monatliche Zahlungen – hier zur Schaffung von Reisewerten – dar.

II.

Der Zinsanspruch beruht auf Verzug gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten besteht nicht. Die Klägerin hat ihren jetzigen Bevollmächtigten ausweislich des anwaltlichen Schreibens vom 26.10.2010 bereits zu einem Zeitpunkt beauftragt, als Verzug noch nicht vorlag, so dass ein Anspruch aus § 286 BGB ausscheidet.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 711 ZPO

Streitwert: 3.819,25 Euro

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