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Ordnungsgeld gegen nicht erschienen Zeugen – ordnungsgemäße Ladung

LG Paderborn – Az.: 1 T 56/19n – Beschluss vom 26.07.2019

Die sofortige Beschwerde der Zeugin T gegen den Beschluss des Amtsgerichts Warburg vom 02.07.2019 (1 C 102/18) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Zeugin zu tragen.

Gründe

I.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ein Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Warburg vom 29.05.2019, mit dem die Beschwerdeführerin, welche als Zeugin zum zugehörigen Rechtsstreit geladen war, zur Zahlung eines Ordnungsgeldes von 150,00 EUR verpflichtet worden ist.

Mit Verfügung vom 22.11.2018 hatte das Amtsgericht Warburg erstmals Beweistermin bestimmt und die Beschwerdeführerin, welche von der Beklagtenseite zuvor schriftsätzlich benannt worden war, formlos als Zeugin geladen.

Infolge Verhinderung beider Prozessparteien hat das Amtsgericht Warburg unter dem 04.12.2018 sodann eine Umladung verfügt, auf eine weitere Verhinderungsmitteilung sodann erneut unter dem 18.12.2018. Die Umladung wurde erneut formlos an die Beschwerdeführerin abgesandt; Termin war nun bestimmt auf den 19.02.2019.

Im Vorfeld des Termins teilte eine weitere geladene Zeugin mit, sie sei krankheitsbedingt verhandlungsunfähig. Das Amtsgericht Warburg wies insoweit darauf hin, dass ein ärztlicher Nachweis der Verhandlungsunfähigkeit erforderlich sei (Bl. 90 d.A.), welchen diese Zeugin dann beibrachte (Bl. 91 d.A.).

Zum Termin am 19.02.2019 erschien (auch) die Beschwerdeführerin nicht. Eine Entschuldigung wurde nicht beigebracht. Daraufhin beraumte das Amtsgericht Warburg mit Verfügung vom 19.02.2019 einen weiteren Termin unter erneuter Ladung der Beschwerdeführerin und der weiteren Zeugin für den 16.04.2019 an. Die Ladungen ergingen erneut formlos.

Dieser Termin wurde sodann zunächst auf den 14.05.2019 und sodann auf den 28.05.2019 verlegt; die Umladungen ergingen jeweils formlos.

Ordnungsgeld gegen nicht erschienen Zeugen – ordnungsgemäße Ladung
(Symbolfoto: aerogondo2/Shutterstock.com)

Unter dem 23.05.2019 teilte die Beschwerdeführerin telefonisch mit, dass sie am Terminstag 28.05.2019 verhindert sei durch einen unaufschiebbaren Augenarzttermin. Ihr wurde mitgeteilt, dass eine Entscheidung hierüber vorbehalten bleibe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vermerk der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Warburg (Bl. 128 d.A.) Bezug genommen, mit dem die Akte sodann der zuständigen Dezernentin vorgelegt worden ist. Diese verfügte noch am selben Tage, dass die Beschwerdeführerin nicht abgeladen werden solle.

Zum Termin am 28.05.2019 erschien die Beschwerdeführerin nicht. Eine Entschuldigung wurde nicht beigebracht. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls ist ein Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln nicht gestellt worden. Das Amtsgericht hat als Terminsergebnis insgesamt Veranlassungen von Amts wegen beschlossen.

Sodann erließ das Amtsgericht Warburg den eingangs bezeichneten Beschluss vom 29.05.2019 und verhängte gegen die Beschwerdeführerin ein Ordnungsgeld von 150,00 Euro. Zugleich bestimmte es erneuten Beweistermin für den 23.07.2019, welcher später wiederum verlegt wurde auf ein Datum nach der heutigen Beschlussfassung der Kammer. Der Beschluss nebst Rechtsmittelbelehrung wurde der Beschwerdeführerin am 01.06.2019 zugestellt. Mit Verfügung vom 31.05.2019 versandte das Amtsgericht eine entsprechende Zahlungsaufforderung.

Hierauf meldete sich die Beschwerdeführerin erstmals mit Anwaltsschreiben vom 24.06.2019 und beantragte die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses unter Hinweis auf ein augenärztliches Attest (Bl. 10 d. Ordnungsgeldheftes). Diesen Antrag wies das Amtsgericht Warburg mit dem hier angefochtenen Beschluss zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass eine akute Erkrankung, die zur Verhandlungsunfähigkeit geführt habe, nicht dargelegt sei. Der angefochtene Beschluss enthielt keine Rechtsmittelbelehrung und wurde der Beschwerdeführerin am 03.07.2019 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss richtete die Beschwerdeführerin sodann einen als „Erinnerung“ bezeichneten Anwaltsschriftsatz vom 10.07.2019 unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens. Dem hat das Amtsgericht Warburg nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 11.07.2019 schließlich der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Der sofortigen Beschwerde der Zeugin T war im Ergebnis der Erfolg zu versagen.

Der Rechtsbehelf der Zeugin ist jedenfalls als sofortige Beschwerde zulässig.

Gegen den Beschluss, mit dem das Gericht gemäß § 380 Abs. 1 S. 2 ZPO ein Ordnungsgeld festsetzt, ist zum einen gemäß § 380 Abs. 3 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. Gemäß § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO muss diese insoweit binnen einer zweiwöchigen Notfrist bei dem Ausgangsgericht oder dem Beschwerdegericht eingereicht werden. Daneben kann gemäß § 381 Abs. 1 S. 3 ZPO in den Fällen, in denen ein entsprechender Ordnungsgeldbeschluss bereits ergangen, aber eine nachträgliche Entschuldigung anzubringen ist, ein Antrag auf Aufhebung des Ordnungsmittels gestellt werden.

Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Ordnungsgeldbeschluss vom 29.05.2019 der Zeugin am 01.06.2019 zugestellt worden. Die erstmalige Eingabe der Zeugin durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 24.06.2019, welche lediglich den Antrag enthielt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, wäre vor diesem Hintergrund als sofortige Beschwerde bereits verfristet gewesen.

Richtigerweise hat das Amtsgericht Warburg indes die erneute Sachbehandlung gemäß § 381 Abs. 1 S. 3 ZPO zugelassen und sich mit dem Vorbringen der Zeugin in seinem Zurückweisungsbeschluss vom 02.07.2019 auseinandergesetzt. Ob gegen diesen Zurückweisungsbeschluss, der im konkreten Fall eine Rechtsmittelbelehrung nicht enthielt, erneut die sofortige Beschwerde analog § 380 Abs. 3 ZPO iVm § 567 Abs. 1 Nr. 2 statthaft ist (so BeckOK-ZPO/Scheuch, 32. Edition 2019, § 381 Rn. 8; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 381 Rn. 12; a.A. MüKo-ZPO/Damrau, 5. Aufl. 2016, § 381 Rn. 16; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 381 Rn. 6), entscheidet die Kammer im vorliegenden Fall zu Gunsten der Beschwerdeführerin.

Sie hat sich dabei von der gesetzgeberischen Wertung leiten lassen, wonach die rechtzeitige genügende Entschuldigung des Ausbleibens gemäß § 380 Abs. 1 ZPO in ihren tatsächlichen Wirkungen – der Vermeidung eines Ordnungsmittels – der nachträglichen genügenden Entschuldigung gemäß § 381 Abs. 1 S. 3 ZPO gleichkommt. Es erscheint daher sachgerecht, dem betroffenen Zeugen insoweit auch für beide Fälle die Befugnis zuzuerkennen, den Instanzenzug auszuschöpfen. Anderenfalls würde demjenigen, der allein aufgrund einer zeitlichen Verzögerung, welche möglicherweise erst nach Ablauf der Beschwerdefrist beseitigt wird, eine auch ebenso genügende Entschuldigung beizubringen vermag, im Wege des § 381 Abs. 1 S. 3 ZPO die Möglichkeit genommen, dieses Genügen auch in der Sache von einem Beschwerdegericht prüfen zu lassen, wie es einem Zeugen, dessen Entschuldigung frühzeitiger beigebracht worden ist, über § 380 Abs. 3 ZPO ausdrücklich zugebilligt wird.

Gemessen an diesen Anforderungen ist die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht Warburg in verfahrensfehlerfreier Weise erfolgt; die fehlerhafte Bezeichnung der Eingabe der Zeugin vom 10.07.2019 als Erinnerung schadet insoweit nicht, da das Amtsgericht Warburg diesem als sofortige Beschwerde auszulegenden Rechtsbehelf der Zeugin mit Beschluss vom 11.07.2019 letztlich ordnungsgemäß nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde ist indes in der Sache unbegründet.

1.

Soweit die Beschwerde insbesondere einwendet, die Zeugin T sei schon nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur mündlichen Verhandlung geladen worden, teilt die Kammer die von der Beschwerde vorgetragenen Bedenken im Ergebnis nicht.

Die vom Amtsgericht Warburg im gegenständlichen Verfahren an die Zeugin T gesandte Ladungsverfügung vom 29.05.2019 – welche im Übrigen aufgrund der Zentralisierung der elektronischen Datenverarbeitung in der Justiz im gesamten Land Nordrhein Westfalen als Textvorlage Verwendung findet – ist insbesondere auch in Ansehung des mitgeteilten Kurzrubrums ordnungsgemäß.

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a)

Zuzugeben ist der Beschwerde, dass in Rechtsprechung und Literatur einhellig vertreten wird, dass eine nicht im Sinne des § 377 ZPO ordnungsgemäße Zeugenladung die Verhängung von Ordnungsmitteln im Sinne des § 380 ZPO grundsätzlich ausschließt. Ebenso verkennt die Kammer nicht die von der Beschwerde in Bezug genommene Literaturmeinung, wonach die Bezeichnung der Parteien in der Zeugenladung im Sinne des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sinngemäß den Umfang des vollen Rubrums im Sinne der §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, 130 Nr. 1 ZPO einnehmen müsse (Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, § 377 Rn. 24). Die zitierte Auffassung, welcher die Beschwerde sich ausdrücklich anschließt, begründet dies mit dem Erfordernis, dass einem Zeugen ermöglicht werden müsse, sich über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts in Bezug auf eine der beteiligten Parteien klar werden und vor diesem Hintergrund Verwechslungen in den Personen der Parteien ausschließen zu können.

b)

Die Kammer tritt dieser Auffassung, welche sie für zu weitgehend hält, aus verschiedenen Erwägungen nicht bei.

aa)

Insoweit ist zunächst zu bemerken, dass das mit der Beschwerde aufgezeigte Auslegungsproblem der Bezeichnung der Parteien im Sinne des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur bislang ausführlichen Eingang gefunden zu haben scheint. Zahlreiche Literaturvertreter thematisieren diese Frage überhaupt nicht (vgl. BeckOK-ZPO/Scheuch, 32. Edition 2019, § 380 Rn. 2; Musielak, pp.).

bb)

Weitergehend wird zwar insbesondere seitens einer Literaturmeinung (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 377 Rn. 2; MüKo-ZPO/Damrau, 5. Aufl. 2016, § 377 Rn. 6) vertreten, dass die Bezeichnung der Parteien gemäß § 377 Abs. 2 S. 1 ZPO grundsätzlich mit der Parteibezeichnung gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Einklang zu bringen sein soll, was – wie auch die Beschwerde vorträgt – im Ergebnis eine Orientierung an den Kriterien des § 130 Nr. 1 ZPO zur Folge hätte (vgl. MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 57). Zum Teil wird zur Begründung ebenfalls vertreten, dass das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts erkennbar sein müsse (vgl. MüKo-ZPO/Damrau, a.a.O.; i. E. auch Musielak/Voit/Huber, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 377 Rn. 3), zum Teil erfolgt indes keine vertiefte Begründung (vgl. Zöller/Greger, a.a.O.).

cc)

In der Rechtsprechung finden sich zur Auslegung des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Hinblick auf die Bezeichnung der Parteien regelmäßig keine Ausführungen, da dort lediglich Erfordernisse in Bezug auf die Bezeichnung des Beweisthemas im Sinne des § 377 Abs. 2 Nr. 2 ZPO thematisiert werden, was auch grundsätzlich nach den Recherchen der Kammer ein bedeutenderes Rechtsproblem darzustellen scheint (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 18.08.1994, Az. 7 W 45/94; Reinecke, MDR 1990, 1061). Vor diesem Hintergrund lassen insbesondere die zahlreichen zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. nur Beschl. v. 01.08.2016, Az. L 11 SB 126/16 B; Beschl. v. 13,05.2015, Az. L 27 R 65/15 B) die Frage nach der Parteibezeichnung regelmäßig offen.

dd)

Eine weitere Literaturmeinung legt die Erfordernisse des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insgesamt weniger restriktiv aus, indem sie ausreichen lässt, dass der durch die Ladung adressierte Zeuge sich anhand der Kriterien des § 377 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ZPO lediglich in die Lage versetzt sehen müsse, in der Gesamtschau der Parteibezeichnung und des Beweisthemas zu erkennen, inwieweit er einen Bezug zu dem Verfahren herstellen kann (Prütting/Gehrlein/Trautwein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 377 Rn. 2).

c)

Die letztgenannte Auffassung hält auch die Kammer für im Ergebnis vorzugswürdig. Hierfür sprechen insbesondere auch folgende Erwägungen:

aa)

Wollte man der auch mit der Beschwerde vertretenen Auffassung folgen, so wäre regelmäßig, das heißt bei jeder beliebigen Zeugenladung in jedem beliebigen Rechtsstreit, die Mitteilung eines vollen Rubrums, also auch Vornamen, vollständige Anschriften und ggf. sogar weitergehender personenbezogener Daten der Parteien an Zeugen, welche zumindest teilweise rein zufällig über den Rechtsstreit mit ihnen ansonsten völlig fremden Parteien in Berührung kommen, zu machen. Dies hält die Kammer insbesondere in datenschutzrechtlicher Hinsicht für bedenklich. So ist umgekehrt der Zeuge selbst etwa in öffentlicher Sitzung nur gehalten, Vornamen und Wohnort anzugeben (§ 395 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Von dem durch die Ladung adressierten Zeugen, dessen Erscheinenspflicht an sich im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit nach § 377 Abs. 2 ZPO ohnehin nicht im Streit steht, kann vielmehr erwartet werden, dass er bei Erhalt der Ladung – wie hier – mit bloßem Kurzrubrum eine entsprechende Transferleistung dahingehend vornimmt, dass er selbst hinterfragt, ob und inwieweit ihm die Parteien oder der Gegenstand der Beweiserhebung bereits bekannt sind. Es steht nach dem Dafürhalten der Kammer außer Frage, dass jeder Zeuge insoweit selbständig in der Lage sein dürfte, zu erkennen, ob ihm die mit der Ladung mitgeteilten Namen der Parteien im Kurzrubrum geläufig sind oder nicht. In der Gesamtschau mit dem mitgeteilten Beweisthema ist es ihm insoweit möglich, eine hinreichende gedankliche Vorbereitung auf den Verhandlungstermin durchzuführen (vgl. Prütting/Gehrlein/Trautwein, a.a.O.).

bb)

Diese Interpretation des § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO steht auch entgegen der mit der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht im Widerspruch dazu, dass einem Zeugen mittels der Ladung ermöglicht werden solle, über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts zu befinden. Denn regelmäßig wird, wie aufgezeigt, dem Zeugen bereits bei der Lektüre der mitgeteilten Parteibezeichnung klar werden, ob und ggf. inwieweit er mit einer oder beiden der Parteien in einem Bekanntschafts- oder sogar familiären Verhältnis steht. Umgekehrt aber wird ein verständiger Zeuge, der bereits mit dem Kurzrubrum der Parteien nichts im Sinne einer möglichen persönlichen Beziehung anzufangen weiß, sich insoweit über genau diesen Umstand klar werden können.

cc)

Im Übrigen rekurriert die Kammer insoweit auf die auch von der Beschwerde nicht in Abrede gestellte Auffassung, dass auch die möglicherweise nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 377 Abs. 2 ZPO ergangene Ladung den Zeugen grundsätzlich nicht von seiner Erscheinenspflicht entbindet. Vor diesem Hintergrund ist dem Zeugen ohnehin erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst die Möglichkeit eröffnet, zum Bestehen eines möglichen Zeugnisverweigerungsrechts Stellung zu nehmen. Daher kann eine entsprechende Vorüberlegung des Zeugen, welche er eventuell auf Grundlage der erhaltenen Ladung anstellen könnte, nie abschließend sein. Auch ist das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung jedenfalls gehalten, dem Zeugen gemäß § 383 Abs. 2 ZPO über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts – ggf. nach entsprechender weiterer Nachforschung im Freibeweisverfahren – eine umfassende Belehrung zu erteilen und den Zeugen ausdrücklich danach zu fragen, ob er eine Aussage zur Sache trotz des bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts vornehmen wolle. Eine frühestens zu diesem Zeitpunkt verbindliche Entschließung des Zeugen über Existenz und Gebrauch eines Zeugnisverweigerungsrechts kann daher keinesfalls dazu führen, dass eine hierauf ergehende Entscheidung oder auch nur die bloße Würdigung des Gerichts noch auf dem eventuellen Mangel der Ladung beruht. Es ist insoweit nur konsequent, den vorbezeichneten Hinweis- und Belehrungspflichten des Gerichts im Rahmen der Zeugenvernehmung eine derart hohe Bedeutung beizumessen, dass allein deshalb eine Ordnungsgeldbewehrung der – wie hier – im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung gerechtfertigt ist.

2.

Keinen Erfolg hat die Beschwerde auch mit dem ergänzenden Vorbringen zu der vermeintlich genügenden Entschuldigung der Zeugin für ihr Fernbleiben im gegenständlichen Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Warburg vom 29.05.2019.

Gemäß § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO ist der Zeuge im Falle seines Ausbleibens verpflichtet, eine genügende und rechtzeitige Entschuldigung für sein Ausbleiben anzubringen. Ein tragfähiger Entschuldigungsgrund kann hierbei insbesondere in einer Krankheit des Zeugen liegen (BeckOK-ZPO/Scheuch, 32. Edition 2019, § 381 Rn. 1.2; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 381 Rn. 6).

Die Kammer kann hier zunächst vollumfänglich Bezug nehmen auf die fundierten und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Warburg in den Beschlüssen vom 02.07.2019 und 11.07.2019. Sie schließt sich den vorgenannten Erwägungen in eigener Überzeugung ausdrücklich an. Sie verkennt dabei nicht, dass die vorgetragene Erkrankung der Zeugin T bzw. ihr bestehender diesbezüglicher Fortbehandlungsbedarf durchaus gewichtig sind, auch, soweit vorgebracht worden ist, dass es entscheidend auch auf die Regelmäßigkeit der augenärztlichen Nachbehandlung ankomme. Indes sieht auch die Kammer, wie bereits das Amtsgericht, eine den Anforderungen des § 381 ZPO genügende Entschuldigung vor diesem Hintergrund nicht. Denn für die Frage, ob ein Zeuge krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, an einem gerichtlichen Verhandlungstermin teilzunehmen, ist nicht allein das Ausmaß der Erkrankung entscheidend. Vielmehr ist insoweit einzelfallorientiert zu differenzieren; so genügt insbesondere auch eine bloße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ohne weiteres den Voraussetzungen der genügenden Entschuldigung (BeckOK-ZPO/Scheuch, a.a.O.). Im vorliegenden Fall wird gerügt, dass ein Arzttermin der Zeugin T zur regelmäßigen vierwöchigen augenärztlichen Nachbehandlung mit dem Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Warburg am 29.05.2019 zusammengefallen und dies gegenüber dem Gericht auch telefonisch angezeigt worden sei. Die Entschuldigung ist insoweit bereits nicht genügend, als die Zeugin die Gründe hierfür erst am 28.05.2019 – mithin am Vortag – telefonisch dem Gericht mitgeteilt hat, obwohl sie, wie sich aus dem eigenen Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 10.07.2019 ergibt, bereits seit dem 02.05.2019 Kenntnis über den Arzttermin vom 29.05.2019 hatte. Wie sich aus dem weiteren Akteninhalt ergibt, hatte die Zeugin aber bereits seit dem 21.03.2019 Kenntnis vom Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Warburg. Insoweit wäre sie gehalten gewesen, da eine akute Erkrankung bzw. eine nachhaltige Einschränkung ihrer Verhandlungsfähigkeit in der vorgetragenen Erkrankung nicht zu erkennen ist, bereits bei der Terminabsprache vom 02.05.2019 darauf hinzuwirken, dass – wie das Amtsgericht Warburg bereits aufgezeigt hat, auch unter Wahrung des gebotenen vierwöchigen Terminsabstandes – eine Terminkollision zu vermeiden.

3.

Die Kammer hat gegen diese Entscheidung insbesondere aufgrund ihrer Ausführungen zur Frage der Ordnungsmäßigkeit der Parteibezeichnung gemäß § 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen. Da, wie die Kammer vorstehend ausgeführt hat, eine vertiefte Auswertung dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur derzeit noch nicht festzustellen ist, sieht die Kammer insoweit gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Bedarf einer eventuellen höchstrichterlichen Klärung.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 150,00 EUR

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