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Organisationsverschulden Bauunternehmer -Auswahl Nachunternehmer

OLG Frankfurt – Az.: 22 U 119/10 – Urteil vom 06.09.2012

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 8. Juli 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags leisten.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 82.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1), der Bauunternehmerin, und den Beklagten zu 2) und 3), ihren Architekten, Schadensersatz wegen Mängeln der Fassade ihres Bürohauses in O1, das 1992 gebaut wurde. Grundlage sind Gewährleistungsansprüche, deren Verjährung nach Auffassung der Klägerin wegen arglistigen Handelns der Beklagten nicht eingetreten ist. Die Klägerin beruft sich, soweit arglistiges Verhalten direkt nicht nachweisbar ist, auf das Vorliegen eines Organisationsverschuldens.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, durch das das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, dass kein Organisationsverschulden vorliege.

Die Klägerin greift das Urteil mit der form- und fristgemäß eingelegten und begründeten Berufung in vollem Umfang an. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte zu 1) gehalten war, die vom Subunternehmer ausgeführten Arbeiten besonders sorgfältig auf Fehler zu überprüfen, weil es sich bereits um Mängelbeseitigungsarbeiten gehandelt habe. Die Beklagte zu 1) habe bisher nicht ausreichend belegt, dass sie (und nicht die ausführende Fa. A) die Herstellerin zu Rate gezogen habe. Die Beklagte hätte sich auch nicht auf die Bekundungen der Herstellerfirma verlassen dürfen. Wenn sie nicht in der Lage war, den Wertgehalt der Äußerungen zu prüfen, dann hätte sie für vertragliche Beziehungen zu ihr sorgen müssen, um einen Regress sicherzustellen.

Die Beklagten zu 2) und 3) hätten arglistig gehandelt, weil sie keine Bauüberwachung vorgenommen hätten, obwohl sie die Notwendigkeit erkannt hätten.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 8. Juli 2010 die Beklagten zu verurteilen, an sie 82.500 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2006 als Gesamtschuldner zu zahlen; hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin alle zur Beseitigung der durch Gutachten des Sachverständigen B vom 30. September 2008 im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Darmstadt zu Az. 13 OH 22/06 festgestellten Mängel an der Fassade des Produktions- und Bürogebäudes auf dem Anwesen Straße1 in O1 erforderlichen Kosten als Gesamtschuldner zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Der Senat hat Beweis durch den Berichterstatter als beauftragten Richter erhoben. Dieser hat die Zeugen Z1, Z2, Z3 und Z4 vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Juli 2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin den Beklagten kein Organisationsverschulden nachweisen kann und deshalb die im Vergleich vom 15. August 1995 vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist bereits mit dem Jahr 2000 abgelaufen war.

1.

Allerdings kann die Klage nicht bereits deshalb abgewiesen werden, weil die Ansprüche auch bei arglistigem Verschweigen bereits verjährt wären.

Falls den Beklagten ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden könnte, hätte die frühere allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren gegolten (§ 195 BGB a.F.). Anstelle dieser Frist, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes noch nicht abgelaufen war, gilt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB jedoch die kürzere Verjährungsfrist nach § 634 a Abs. 3 BGB n.F.

Diese Frist beträgt bei arglistigem Verschweigen eines Mangels gemäß § 634 a Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. § 195 BGB n.F. regelmäßig drei Jahre, bei Arbeiten an einem Bauwerk i.S.d. § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. mindestens fünf Jahre ab Abnahme (§ 634 a Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BGB n.F.). Die fünfjährige Mindestfrist war aber bereits im Jahr 2000 abgelaufen.

Der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB n.F. am 1.1.2002 setzt allerdings voraus, dass zuvor der Anspruch entstanden war und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Die Verjährungsfrist endet in Überleitungsfällen am 31.12.2004, wenn spätestens am 1.1.2002 die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB erfüllt waren (vgl. OLG München, Beschluss vom 7.2.2007 – 34 Wx 129/06 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.12.2006 – 12 U 198/06 -; Heß NJW 2002, 253, 259).

Mögliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind im Jahre 1995 mit der Abnahme entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.).

Die neue regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB am 1.1.2002 beginnt allerdings erst, wenn auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB bereits vor oder spätestens am 1.1.2002 vorlagen (vgl. BGH, Urteil vom 23.1.2007 – XI ZR 44/06; OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.12.2006 – 12 U 198/06; Urteil vom 18.7.2006 – 17 U 320/05, in: ZIP 2006, 1855 ff.).

Die Kenntnis von der Person des Schuldners und den anspruchsbegründenden Umständen i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, die danach auch auf vor dem 1.1.2002 eingetretenen Umständen beruhen kann, ist anzunehmen, wenn der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage – zumindest eine Feststellungsklage – erheben kann (vgl. Palandt/Heinrichs § 199 BGB Rn 27, 33). Positiver Kenntnis steht die Möglichkeit des Gläubigers gleich, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe zu verschaffen (ständige Rechtsprechung bereits zu § 852 BGB a.F.: vgl. etwa BGH, Urteil vom 9.7.1996 – VI ZR 5/95 -), er somit vor einer sich aufdrängenden Kenntnis gleichsam die Augen verschließt.

Nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. reicht für den Verjährungsbeginn nunmehr auch grob fahrlässige Unkenntnis aus, die vorliegt, wenn der Gläubiger sich der Kenntnis missbräuchlich verschließt oder auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt, obwohl er sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen kann (vgl. Palandt/Heinrichs § 199 BGB Rn 37; Rohlfing MDR 2006, 721, 723).

Diese Voraussetzungen sind allerdings nicht erfüllt.

Die Beklagte zu 1) bezieht sich darauf, dass Mängel der Fassade bereits 1994 bekannt waren. Dabei handelte es sich aber optische Mängel, nicht solche, die die Verarbeitung an sich betrafen. Diese waren auch Grundlage des dann 1995 abgeschlossenen Vergleichs. Die vorliegend fraglichen Mängel waren der Klägerin damals sicherlich nicht bekannt, weil der Vergleich auf der Basis der Berechnungen der Sachverständigen C in ihrem Gutachten aus dem Jahr 1995 abgeschlossen wurde.

Zwar hat der Sachverständige B festgestellt, dass die Risse schon älteren Datums sein müssen (BK 25, Bl. 15 und 22 des Gutachtens), näher wird dies allerdings nicht eingegrenzt. Ohne nähere Anhaltspunkte kann deshalb vor dem 19. September 2006, der Bedenkenanmeldung durch die Malerfirma D, keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin angenommen werden. Es kommt im Ergebnis deshalb nicht auf die Fehleinschätzung des Landgerichts an, dass eine Verjährung erst 2007 hätte eintreten können. Damit konnte die Verjährung durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens und anschließende Klageerhebung gehemmt werden.

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Die Ultimo-Regel des § 199 Abs. 3 BGB greift vorliegend auch nicht ein, da Beginn für die 10 Jahres-Frist die Entstehung des Anspruchs ist, die vorliegend erst mit Schadenseintritt angenommen werden kann.

2.

Der Vergleichsabschluss führt ebenfalls nicht dazu, dass Mängel nicht mehr geltend gemacht werden können.

Zwar hatte der Vergleich auch die Wirkung, dass unbekannte Mängel der fünfjährigen Verjährungsfrist unterfielen. Allerdings geht es vorliegend nicht um die Frage versteckter Mängel, sondern die Voraussetzungen eines Organisationsverschuldens, das der arglistigen Täuschung gleich steht.

Gewährleistungsrechte sind nach dem Wortlaut vom Vergleich gerade ausgenommen. Deshalb gilt die salvatorische Klausel im Vergleich dafür nicht. Ein Verjährungsende ist allgemein nicht festgesetzt worden, vielmehr wurde nur die Gewährleistungsdauer erwähnt und der Beginn mit Abnahmezeitpunkten festgelegt.

Eine Vereinbarung des Inhalts, dass die Parteien den Fall des § 638 a.F. BGB, nämlich des arglistigen Verschweigens, auch der Fünfjahresfrist unterwerfen wollten, wäre im Übrigen gemäß § 637 a.F. BGB unwirksam gewesen.

3.

Dass ein Sachmangel an der Fassade vorliegt, ist durch das Sachverständigen-Gutachten festgestellt worden. Die Beklagten zu 2) und 3) berufen sich allerdings darauf, dass der Sachverständige spätere Richtlinien zugrunde gelegt und nur geringe Stichproben genommen habe. Dennoch ist die Einholung eines weiteren Gutachtens entbehrlich, weil der Klägerin nicht der Beweis eines Organisationsverschuldens der Beklagten gelungen ist.

Ein Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen lässt, muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob dieses bei Ablieferung mangelfrei ist. Unterlässt er dies und wäre der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden, verjähren Gewährleistungsansprüche des Bestellers in gleicher Weise wie in dem Fall, in dem der Unternehmer den Mangel bei der Abnahme arglistig verschweigt. Denn der Besteller ist dann so zu stellen, als wäre der Mangel dem Unternehmer bei Ablieferung des Werks bekannt gewesen.

Anknüpfungspunkt für die verlängerte Verjährung ist allein die Verletzung der Organisationspflicht des mit der Herstellung beauftragten Unternehmers. Dieser kann sich seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Erfüllung dieser Pflicht bedient. Er ist daher gehalten, den Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor Abnahme auf Mangelfreiheit zu überprüfen. Er muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung den vertraglichen Vereinbarungen entspricht und keine Fehler aufweist.

Diese Organisationspflicht ist keine vertragliche Verbindlichkeit gegenüber dem Besteller. Sie ist vielmehr eine Obliegenheit, deren Verletzung zu einer für den Unternehmer nachteiligen Verjährung führt. Es liegt in seinem eigenen Interesse, seinen Betrieb so zu organisieren, dass er sich nicht dem Vorwurf aussetzt, er habe durch Arbeitsteilung von vornherein verhindert, arglistig zu werden (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 – VII ZR 99/06 – BGHZ 174, 32).

Der Besteller trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Organisationsfehlers. Dabei können ihm Beweiserleichterungen zu Gute kommen. Die Art des Mangels kann ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder fehlerhafte Organisation sein, dass es weiterer Darlegung hierzu nicht bedarf mit der Folge, dass sich der Unternehmer nunmehr zur Vermeidung des Arglistvorwurfs entlasten muss (BGH, Urteil vom 12. März 1992 – VII ZR 5/91, BGHZ 117, 318, 321, 322). Grundsätzlich können schwerwiegende Mängel den Beweis des ersten Anscheins dafür erbringen, dass der Unternehmer seine Bauüberwachungspflicht verletzt hat. Der BGH hat im Urteil vom 16. Mai 2002 (VII ZR 81/00, BauR 2002, 1423) entschieden, dass in Hinblick auf Art, Schwere und Erkennbarkeit der Mängel ein typischer Geschehensablauf angenommen werden kann, der dafür spricht, dass die Überwachung mangelhaft gewesen ist (BGH 27.11.08 – VII ZR 206/06 -). Entscheidend ist, ob der Mangel nach seiner Art und Erscheinungsform bis zur Abnahme nach aller Lebenserfahrung bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre (vgl. Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 3. Juni 2008, § 634 a BGB Rdn. 75; BGH 27.11.08 – VII ZR 206/06 -). Für die Annahme des Anscheins einer mangelhaften Organisation bedarf es aber mehr als des Vorliegens eines Baumangels, der bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre. Denn selbst bei fehlerhafter Bauüberwachung gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen, die nicht auf fehlerhafter Organisation der Bauüberwachung beruhen, etwa die Fehleinschätzung des Bauleiters über die Notwendigkeit weiterer Kontrollen. Ein einmaliges Versagen wird deshalb in der Regel nicht den Schluss auf eine fehlerhafte Bauüberwachung zulassen (OLG Hamm 29.1.10 – 26 U 37/06 -).

4.

Die Klägerin stützt die Annahme einer Obliegenheitsverletzung auch nicht darauf, dass die Beklagte sich überhaupt keiner Gehilfen zur Erfüllung der Offenbarungspflicht bedient habe, sondern will sie deshalb bejahen, weil die Beklagte zu 1) eine nicht ausreichend kompetente Baufirma ausgesucht habe.

Es ist zwar richtig, dass eine der Arglist gleichstehende Obliegenheitsverletzung im Grundsatz auch dann vorliegen kann, wenn ein Unternehmer die Erfüllungsgehilfen, deren er sich zur Erfüllung der Offenbarungspflicht bedient, unsorgfältig aussucht oder ihnen keine ausreichende Möglichkeit gibt, Mängel wahrzunehmen, so dass sie auch nicht in der Lage sind, diese zu offenbaren. Eine Verletzung der Organisationsobliegenheit liegt aber nicht vor, wenn der Unternehmer den Nachunternehmer sorgfältig aussucht (BGH 11.10.2007 – VII ZR 99/06 -).

Die Gleichsetzung mit einem arglistigen Verhalten, das zu einer entsprechenden Verjährung führt, kommt allerdings nicht bei jedem Fehler des Unternehmers bei der Auswahl seines Personals oder bei der Einsetzung auf der Baustelle in Betracht. Der Fehler muss vielmehr ein solches Gewicht haben, dass es gerechtfertigt ist, den Unternehmer demjenigen Unternehmer gleichzustellen, der einen Mangel arglistig verschweigt. Den Unternehmer muss der Vorwurf treffen, er habe mit seiner Organisation die Arglisthaftung vermeiden wollen (BGH aaO). Dieser Vorwurf ist gerechtfertigt, wenn der Unternehmer Personal zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht einsetzt, von dem er weiß, dass es dieser Pflicht nicht nachkommen wird oder nicht nachkommen kann. Gleiches gilt, wenn er zwar ein entsprechendes Wissen nicht hat, er aber die Augen vor dieser Erkenntnis verschließt (BGH 27.11.08 – VII ZR 206/06 -).

Diese Voraussetzungen haben sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Klägerin hat deshalb nicht beweisen können, dass sich die Beklagte zu 1) nicht ausreichend um eine Überprüfung der Baumaßnahme gekümmert, die ausführende Firma unsorgfältig ausgesucht oder sich auf Gefälligkeitsaussagen der Systemherstellerin verlassen habe.

Die vernommenen Zeugen haben entsprechendes nicht bestätigen können. So hat der Zeuge Z1 glaubhaft bekundet, dass es sich bei der Firma A um ein namhaftes Unternehmen gehandelt habe, mit dem die Firma E bereits seit vielen Jahren zusammengearbeitet habe. Der Zeuge Z1 und der Zeuge Z4 haben übereinstimmend bekundet, dass die Firma A bereits zuvor Vollwärmeschutzmaßnahmen durchgeführt hatte. Nach Angaben des Zeugen Z4 war der Firmeninhaber selbst als Bausachverständiger tätig.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Firma A aus unsachgemäßen Gründen einem anderen besser geeigneten Unternehmen vorgezogen worden wäre. Aus der Gesprächsnotiz vom 21.10.1992, deren Richtigkeit der Zeuge Z2 nicht in Zweifel gezogen hat, ergibt sich, dass die von der Klägerin bevorzugte Firma F frühestens erst ab dem 1. Dezember 1992 und damit zu spät mit den Arbeiten hätte beginnen können.

Die Beweisaufnahme hat auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte zu 1) ihrer Aufsichtspflicht hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung durch den Subunternehmer nicht nachgekommen ist. Die Zeugen Z1, Z4 und Z3 haben mit unterschiedlichen Details übereinstimmend bekundet, dass die Systemherstellerin G GmbH in ausreichender Art und Weise vorher gezeigt und später überprüft hat, in welcher Weise ihr Wärmedämmsystem am Objekt der Klägerin angebracht wurde. Danach wurde die Baustelle nicht nur von Fachberatern der Herstellerin aufgesucht, die der ausführenden Firma und auch den Architekten zeigten, wie das Dämmsystem aufzubringen war; Vertreter der Firma nahmen auch an Baubesprechungen und Ortsbesichtigungen teil. Der Zeuge Z4 war regelmäßig auf der Baustelle, um die Lieferung von Material zu überwachen. Er war zwar nicht als Fachberater tätig, war aber als Fachmann in der Lage zu beurteilen, ob das System fachgerecht angewandt wurde, und hat auch mehrfach gesehen, wie die Arbeiten ausgeführt wurden, ohne dass ihm Beanstandungen aufgefallen wären.

Dies deckt sich auch mit der Aktenlage. Die Herstellerfirma hat mehrfach während und nach der Anbringung der Wärmedämmung bestätigt, dass die Verarbeitungsrichtlinien eingehalten wurden. Mit Schreiben vom 6.1.1993 hat sie der ausführenden Firma bestätigt, dass der Zeuge Z4 bei einigen Objektbegehungen eine Abweichung von den Verarbeitungsrichtlinien nicht habe feststellen können. Das gleiche wiederholte sie im Schreiben vom 4.2.1993. Bei der Baubesprechung vom 15.4.1993 waren zwei Vertreter der Herstellerin anwesend, die im Detail den ausgeführten Vollwärmeschutz als den Verarbeitungsrichtlinien entsprechend bewertet haben. Unter dem 8.7.1993 hat die Herstellerin der ausführenden Firma bescheinigt, dass bei einer Besichtigung am 23.6.1993 eine gute saubere Arbeit am Wärmedämmverbund-System entsprechend den Verarbeitungsrichtlinien der G GmbH festgestellt worden sei.

Es gibt und gab angesichts der Aussagen der Herstellerin zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte für die Beklagte zu 1), dass es sich um unrichtige Gefälligkeitsangaben gehandelt haben könnte. Die Beklagte zu 1) durfte grundsätzlich davon ausgehen, dass die Herstellerin keine falschen Feststellungen treffen, sondern schon ihres Rufes willen auf die Ordnungsgemäßheit der Arbeiten achten würde. Dies hat der Zeuge Z4 bestätigt und die Frage einer Gefälligkeitserklärung dahingehend relativiert, dass er zwar nicht zur Bewertung der Arbeiten zuständig gewesen ist, eine solche aber vornehmen konnte und dies auch gemacht hat.

Damit hat die Beklagte zu 1) sich so verhalten, wie es von ihr als sorgfältiger Unternehmerin verlangt werden konnte. Sie hat eine fachkundige Subunternehmerin eingeschaltet und auch dafür Sorge getragen, dass diese nach den Richtlinien der Herstellerfirma gearbeitet hat. Das ist von besonderer Bedeutung, da auch der Sachverständige B feststellt, dass die Herstellervorgaben für die Verwendung des Systems maßgeblich sind.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1) selbst die Herstellerin eingeschaltet hat, da sie jeweils von deren Tätigkeit informiert war und deshalb Möglichkeiten hatte, notfalls einzugreifen. Der Ansatz der Berufung, die Beklagte zu 1) habe vertragliche Beziehungen zur Herstellerin aufbauen müssen, um eine Regressmöglichkeit zu haben, ist verfehlt. Es geht vorliegend nur darum, ob die Beklagte zu 1) arglistig gehandelt hat, nicht darum, welche Möglichkeiten zur Regresssicherung sie hätte aufbauen können.

Die Beklagte zu 1) hat sich auch ausreichend davon vergewissert, dass die Aufbringung des Wärmedämmsystems ordnungsgemäß erfolgte. Da sie selbst dazu nicht in der Lage war, reichte es aus, wenn eine regelmäßige Überprüfung durch die Herstellerin erfolgte. Dies ist, wie sich aus den schriftlichen Unterlagen und der Beweisaufnahme ergeben hat, nach den Äußerungen der Herstellerin der Fall gewesen.

Es kommt dabei, wie dargelegt, nicht darauf an, ob sich die Herstellerin tatsächlich ordnungsgemäß verhalten hat, sondern dass sich die Beklagte zu 1) auf ein fachlich richtiges Vorgehen verlassen durfte.

5.

Die oben dargelegten Grundsätze finden auch beim Architektenvertrag Anwendung (Korbion/Mantscheff/Vygen/Wirth, HOAI, 6. Aufl., Einleitung Rdn. 297; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., Einleitung Rdn. 120; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 2333 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. November 2004 – X ZR 43/03 -, BauR 2005, 550; BGH 27.11.08 – VII ZR 206/06 -). Dies gilt aber nur, wenn der Architekt die Herbeiführung des von ihm geschuldeten Werkerfolgs arbeitsteilig organisiert hat (BGH 22.9.2005 – VII ZR 310/04 -).

Die Voraussetzungen eines Organisationsverschuldens sind allerdings für die Beklagten zu 2) und 3) durch die Beweisaufnahme nicht festgestellt worden. Da beide gemeinsam als Architekten beauftragt worden waren, könnte ein Organisationsverschulden nur angenommen werden, wenn sie sich bewusst aus der Bauüberwachung hinsichtlich des Wärmedämmverbundsystems herausgehalten und stattdessen einen unerfahrenen Mitarbeiter damit beauftragt hätten.

Dafür fehlen allerdings jegliche Anhaltspunkte. Der Zeuge Z3 hat glaubhaft bekundet, dass er bereits einige Erfahrung als Architekt hatte, wenn er auch noch nicht die Anbringung des vorliegenden Systems überwacht hatte. Er hat weiter bekundet, dass er sich fachlich eingearbeitet und ein Fachberater der Herstellerfirma ihn angeleitet habe. Er sei nahezu jeden Tag auf der Baustelle gewesen. Aus seinem Schreiben vom 26.4.1993 ergibt sich außerdem, dass er sich mit der Anbringung des Systems konkret auseinandergesetzt und um Aufklärung gebeten hat, warum zusätzliche Dübel zum Einsatz kamen.

Der Zeuge Z3 hat darüber hinaus bekundet, dass der Beklagte zu 2) keineswegs die Bauleitung komplett auf ihn übertragen habe, sondern bei Notwendigkeit und bei wichtigen Besprechungen auf der Baustelle gewesen sei. Dies zeigt eine zulässige und sinnvolle Form der Zusammenarbeit, die jedenfalls nicht darauf angelegt war, die Beklagten zu 2) und 3) hinsichtlich der Ausführung des Wärmedämmverbundsystems in Unkenntnis zu halten.

Der Senat ist angesichts der glaubhaften und durch Unterlagen (Protokoll über die Baubesprechung vom 15.4.1993 mit Anwesenheit des Beklagten zu 2)) bestätigten Aussage des Zeugen davon überzeugt, dass vorliegend keine Aufgabendelegation im Sinne der von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen eines Organisationsverschuldens stattgefunden hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sind nicht ersichtlich, da es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne allgemeine Relevanz handelt.

 

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