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Parabolantenne – Anspruch auf Beseitigung verjährt in 3 Jahren


LG München I

Az.: 15 S 4624/13

Urteil vom 19.02.2014


 

In dem Rechtsstreit wegen Forderung erlässt das Landgericht München I am 19.02.2014 auf Grund des Sachstands vom 22.01.2014 folgendes Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 29.01.2013, Az. 415 C 21816/12, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, die Beseitigung der von ihr an der Fassade ihrer Wohnung im zweiten Geschoss rechts des Anwesens ###Straße ### ###, angebrachte Parabolantenne durch die Klägerin zu dulden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin.

4. Das Urteil ist für die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen und auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, §§ 540 II, 313a I Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO in Verbindung mit Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des § 522 der ZPO vom 21.10.2011.

Der Klägerin wurde das Urteil des Amtsgerichts am 1.2.2013 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 28.2.2013, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, legte die Klägerin Berufung ein und begründete diese nach Fristverlängerung (fristgerecht) mit Schriftsatz vom 2.5.2013, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Beseitigung der streitgegenständlichen Parabolantenne an der von der Beklagten angemieteten Wohnung weiter und erweitert ihren Antrag hilfsweise um einen Antrag auf Duldung der Beseitigung.

Sie ist der Auffassung, dass eine Verjährung ihres Beseitigungsanspruches nicht gegeben sein könne, da in der Beeinträchtigung ihres Eigentums durch die Parabolantenne eine Dauerhandlung liege und zudem, erst seit 2010 die Möglichkeit für die Beklagte bestünde, über das Internet über 100 ### Sender zu empfangen. Das Informationsinteresse der Beklagten könne damit ausreichend gedeckt werden.

Zu dem Hilfsantrag trägt die Klägerin vor, dieser sei gemäß § 263 ZPO zulässig und der Duldungsanspruch würde nicht verjähren.

Die Klägerin beantragt in der Berufung,

I. Das Endurteil des Amtsgerichts München vom 29.1.2013, Aktenzeichen 415 C 21816/12 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr an der Fassade ihrer Wohnung im zweiten Geschoss rechts des Anwesens ###-Straße ### ###, angebrachte Parabolantenne zu entfernen und die Beschädigungen an der Fassade fachgerecht zu beseitigen.

III. Der Beklagten wird unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 20.000,00 Euro bzw. Ordnungshaft von maximal sechs Monaten, ersatzweise einen Tag Ordnungshaft je 250,00 Euro Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die zukünftige Anbringung einer Parabolantenne an dem Anwesen ###-Straße ### ###, untersagt.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, 97,46 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der ### ###bank seit dem 31.7.2012 an die Klägerin zu bezahlen.

V. Hilfsweise wird die Beklagte verurteilt, die Beseitigung der von ihr an der Fassade ihrer Wohnung im zweiten Geschoss rechts des Anwesens ### ### ###, angebrachte Parabolantenne durch die Klägerin zu dulden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Den Hilfsantrag der Klägerin rügt die Beklagte als verspätet und hält ihn in 2. Instanz für unzulässig.

Zur Ergänzung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2.10.2013, den Hinweisbeschluss der Kammer und die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die Berufung lediglich mit ihrem Hilfsantrag Erfolg.

1) Bezüglich der Hauptanträge auf Beseitigung der Parabolantenne und Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat das Amtsgericht zutreffend die Klage abgewiesen, da der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt war: Auch die Kammer geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH vom 23.2.1973 (V ZR 109/71) davon aus, dass der Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 I BGB grundsätzlich der Verjährung unterliegt und diese mit dem Beginn der Beeinträchtigung durch Anbringung der Parabolantenne beginnt (vgl. Palandt, 73. Auflage, § 1004 BGB, Rdnr. 45). Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass das Anbringen einer Parabolantenne eine einmalige Verletzungshandlung darstellt und es sich somit nicht um eine Dauerhandlung handelt. Auf den genauen Zeitpunkt der Anbringung der Parabolantenne kommt es für die Entscheidung nicht an, da diese jedenfalls unstreitig zum Zeitpunkt der ausreichenden Versorgung mit ### Sendern über das Breitbandkabelnetz ab 1.2.2007 vorhanden war (Näheres hierzu siehe unter Ziff. 2) und ab diesem Zeitpunkt aufgrund der ausreichenden Informationsmöglichkeiten der Beklagten keine Duldungspflicht der Klägerin mehr bestand.

Zu ergänzen ist, dass auch ein – grundsätzlich gegenüber dem Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache vorrangiger – Unterlassungsanspruch aus § 541 BGB (vgl. Palandt, 73. Auflage, § 541 BGB, Rdnr. 1), ebenfalls verjährt ist. Die Verjährung des Anspruches aus § 541 BGB richtet sich ebenfalls nach den Vorschriften der §§ 195, 199 BGB und nicht nach § 548 BGB (Palandt, 73. Auflage, § 541 BGB, Rdnr. 4, § 548 BGB, Rdnr. 10; Emmerich/Sonnenschein, 9. Auflage, § 541 BGB, Rdnr. 7). Bezüglich des Beginns der Verjährung gilt dasselbe wie für den Anspruch aus § 1004 BGB.

Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22.8.2012 war deshalb die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen.

2) Die Kammer erachtet jedoch den Hilfsantrag als sachdienlich und damit auch in zweiter Instanz gemäß §§ 263, 533 ZPO für zulässig, da der zugrunde liegende Sachverhalt identisch ist, eine Verzögerung nicht eintritt und der Antrag damit aus prozesswirtschaftlichen Gründen zuzulassen ist.

Der Hilfsantrag ist auch begründet, da keine Pflicht der Klägerin besteht, die von der Beklagten angebrachte Parabolantenne dauerhaft zu dulden und sich deshalb ein Recht des Eigentümers zur Beseitigung der Antenne auf eigene Kosten aus § 903 BGB ergibt (BGH V ZR 141/10).

Für die Frage der Duldungspflicht ist eine Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Klägerin nach Art. 14 I GG und dem Recht der Beklagten auf freie Information nach Art. 5 I GG sowie auf freie Religionsausübung nach Art. 4 GG vorzunehmen (vgl. BVerfG vom 24.1.2005, 1 BvR 1953/00).

Im Rahmen des Eigentumsrechtes der Klägerin als Vermieterin war zu berücksichtigen, dass anhand der vorgelegten Lichtbilder (Anlage zu Schriftsatz der Klägerin vom 20.11.2012, Bl. 35f) von einer deutlich erkennbaren optischen Beeinträchtigung des Gesamtbildes der Wohnanlage auszugehen ist, da sich die von der Beklagten angebrachte Parabolantenne mit ihrer gesamten Größe oberhalb der Balkonbrüstung befindet und damit von außen deutlich sichtbar ist.

Demgegenüber muss das Recht der Beklagten auf freie Information zurücktreten, da diese bereits seit der Inbetriebnahme des Breitbandkabelnetzes spätestens ab 1.2.2007 ausreichende Möglichkeiten zum Empfang ausländischer Sender in ihrer Heimatsprache hatte. Über das Breitbandkabelnetz stehen der Beklagten zumindest 8 Sender in ### Sprache zur Verfügung. Ob darüber hinaus weitere ### Sender über das Internet empfangen werden können oder die Internet-Verbindung hierfür in der Wohnanlage nicht ausreichend ist, kann deshalb dahingestellt bleiben, da dem Informationsbedürfnis der Beklagten bereits durch die über das Breitbandkabelnetz unstreitig zu empfangenden ### Sender Genüge getan ist.

Dass die Beklagte über diese zur Verfügung stehenden Sender hinaus als Angehörige der ### Glaubensrichtung des ### ein erhöhtes Informationsinteresse hat bzw. diese zur Religionsausübung benötigt, wurde trotz des Hinweises der Kammer vom 30.10.2013 nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere wurde zum genauen Inhalt der von der Beklagten gewünschten Sender im Vergleich zu den über das Breitbandkabelnetz vorhandenen Sendern nicht konkret vorgetragen. Die Beklagte trägt lediglich vor, die von ihr gewünschten Sender zeigten Bilder aus ihrer Herkunftsregion, regionale Nachrichten und Gebetssendungen. Ob die über das Breitbandkabelnetz zu empfangenden Sender vergleichbare Sendungen zeigen oder dem Informationsinteresse der Beklagten nicht auch z.B. durch Bücher mit Landschaftsaufnahmen oder Zeitschriften mit regionalen Produkten Genüge getan werden kann, wird durch die Beklagte nicht vorgetragen. Die Behauptung, für Frauen mit ### Glaubensrichtung gebe es in ### keine anderweitige Möglichkeit der Religionsausübung wurde von der Klägerin substantiiert bestritten und von der Beklagten nicht unter Beweis gestellt.

Mit Beschluss vom 30.10.2013 wurde bereits darauf hingewiesen, dass das grundrechtlich geschützte Informationsinteresse keinen Anspruch auf bestimmte, von der Beklagten gewünschte Sender, begründet, sondern lediglich einen Anspruch darauf, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (vgl. BVerfGE 103, 44).

Dass die Beklagte an einer psychischen Erkrankung leidet und deshalb auf die über die Parabolantenne zu empfangenden Sender aus Therapiegründen angewiesen sei, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen, insbesondere ist unklar, warum andere ### Sender diesen Zweck nicht erfüllen können. Auch die technische Unbeholfenheit der Beklagten begründet keinen Anspruch auf einen Fernsehempfang über eine Parabolantenne, da der Empfang ### Sender über das Breitbandkabelnetz technisch mindestens genauso einfach zu vollziehen ist wie der Empfang über die Parabolantenne.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Beseitigung der Parabolantenne nicht verjährt, auch wenn der Anspruch auf (eigene) Beseitigung der Antenne verjährt ist (siehe Ziffer 1.). Da der Beklagten kein Recht auf Anbringung der Parabolantenne zusteht, bleibt der von ihr durch die Anbringung verursachte Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin rechtswidrig und muss deshalb von der Klägerin als Eigentümerin nicht geduldet werden (vgl. BGH vom 28.1.2011, V ZR 141/10). Damit steht der Klägerin zwar kein Anspruch auf Beseitigung durch die Beklagte zu, die Beklagte muss jedoch ihrerseits die Beseitigung auf eigene Kosten durch die Grundstückseigentümerin dulden.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin erst mit ihrem in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Antrag auf Duldung der Beseitigung Erfolg hatte.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

 

IV. Die Revision wird gemäß § 543 II ZPO nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Rechtsfortbildung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 3 ZPO auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

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