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Parabolantenne – Beseitigungsanspruch Vermieter

AG Bielefeld

Az.: 15 C 318/08

Urteil vom 10.03.2009


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Beklagten mieteten seit dem 01.10.2007 eine Wohnung der Klägerin im Hause R, … B. Gemäß § 7 Ziffer 3 des Mietvertrages ist geregelt, dass das Anbringen von Parabolantennen untersagt ist. Auf den Mietvertrag selbst wird Bezug genommen.

Zuvor war die Wohnung vermietet an die Eheleute … . Diese brachten eine Satellitenschüssel mit einem Durchmesser von ca. 80 cm an einer weit über die Balkonbrüstung hinausragenden Halterung an. Hierfür hatten sie eine Genehmigung der Klägerin. Auf die schriftliche Genehmigungsvereinbarung vom 04.03.2007 wird Bezug genommen.

Unter dem 09.08.2007 schlossen die Parteien eine Übernahmevereinbarung als Ergänzung zu dem Mietvertrag. Auf diese Vereinbarung wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.01.2008 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die Satellitenantenne bis spätestens zum 28.01.2008 zu demontieren.

An dem Wohnobjekt sind zahlreiche weitere Satellitenschüsseln angebracht.

Die Wohnung der Beklagten verfügt seit 2007 über einen Kabelanschluss seit Anfang 2008 über einen Multimediaanschluss, über den sowohl analoge als auch digitale Fernsehprogramme empfangen werden können. Gegen Mehrkosten von 6,00 Euro monatlich kann ein Programmpaket mit drei polnischen Programmen gebucht werden. Die Wohnung verfügt außerdem über einen Internetanschluss.

Über die Satellitenschüssel sind z.Zt. 34 polnische Programme empfangbar.

Die Beklagte zu 1) ist polnische Staatsangehörige.

Die Klägerin hat zunächst behauptet, die Beklagten hätten eigenmächtig die Satellitenschüssel angebracht. Sie hat ihren Vortrag insoweit revidiert.

Die Klägerin behauptet, die Beklagten seien deutsche Staatsangehörige. Ihr Informationsanspruch beschränke sich daher zunächst auf deutschsprachige Programme. Zumindest über das Kabelfernsehen sei das Informationsbedürfnis der Beklagten abgedeckt. Über das Internet könnten Informationen über ein früheres Heimatland in nahezu unbegrenztem Umfang eingeholt werden.

Das Interesse der Klägerin, ihre Häuser vor der Verunstaltung durch Antennenanlage zu bewahren, überwiege das Informationsinteresse der Beklagten.

Die Klägerin behauptet, sie sei gegen andere Mitmieter vorgegangen, zum Teil im Klagewege, mit dem Ziel, bereits errichtete Satellitenschüsseln abbauen zu lassen. Mit den Mitmietern … und … habe sie Genehmigungsvereinbarungen geschlossen, da deren Heimatprogramme nicht über den Kabelanschluss zu empfangen seien.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Vereinbarung mit den Vormietern um eine personenbezogene Vereinbarung gehandelt habe. Mit Beendigung des Mietverhältnisses der Vormieter habe daher auch die Ausnahmevereinbarung für die Parabolantenne geendet. In der Übernahmevereinbarung hätten die Beklagten lediglich Pflichten übernommen. Hätte die Übernahmevereinbarung Relevanz für die Beklagten, so sei auf die Empfangsmöglichkeiten bei Abschluss 1997 abzustellen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die am Balkon der Wohnung im 1. Obergeschoss links des Hauses R, … B, angebrachte Parabolantenne einschließlich der über den Balkon hinausragenden Halterung und des zum Fenster geführten Kabels zu entfernen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Auffassung, dass ihr Informationsinteresse das klägerische Interesse überwiege. Insbesondere auch deshalb, weil ihre Kinder polnisches Fernsehen sehen sollen. Die Sprachfähigkeiten der Eltern und der Kinder würden so erhalten bleiben.

Dadurch, dass die Klägerin den Abbau der Satellitenschüssel bei Auszug der Vormieter nicht verlangt habe, habe sie erkennen lassen, dass sie mit der aufgestellten Parabolantenne einverstanden sei.

Die Beklagten seien in die Vereinbarung vom 04.03.1997 eingetreten. Nach dieser Vereinbarung könne ein Rückbau nur dann verlangt werden, wenn über eine Gemeinschaftssatellitenanlage und auf andere Weise vergleichbare Empfangsmöglichkeiten zumutbar sichergestellt werden könnten. Bei der Frage der Vergleichbarkeit sei abzustellen auf das Datum der Übernahmevereinbarung, zumindest aber das Datum des Einzugs.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagen keinen Anspruch auf Entfernung der Parabolantenne gemäß § 541 1 BGB.

Gemäß § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung fortsetzt; der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes.

Die Anbringung einer Parabolantenne an der Balkonbrüstung der gemieteten Wohnung war nicht vertragswidrig. Denn die Beklagten sind insoweit eingetreten in die mit den Vormietern … geschlossene Genehmigungsvereinbarung. Die Klägerin hat es insoweit unterlassen, bei Auszug der Vormieter den Abbau der Satellitenschüssel zu verlangen. Die Beklagten haben die Wohnung mit bereits installierter Satellitenschüssel angemietet. Sie durften zu Recht darauf vertrauen, dass die mit den Vormietern geschlossene Genehmigungsvereinbarung auch zu ihren Gunsten gilt, wenn die Klägerin es unterlässt, insoweit den Abbau zu verlangen. Der Zustand der Wohnung einschließlich der angebrachten Satellitenschüssel war der vertragsgerechte Zustand der Mietsache. Hinzu kommt, dass die Beklagten eine Übernahmevereinbarung schlossen, hinsichtlich derer sie in Verpflichtungen der Vormieter … eintraten. Auch hierdurch wurde ein Vertrauenstatbestand gesetzt. Das Gericht verkennt nicht, dass im Mietvertrag die Anbringung von Parabolantennen untersagt ist. Das Gericht geht davon aus, dass dies ebenso bei den Vormietern … der Fall war, mit denen eine zusätzliche schriftliche Genehmigungsvereinbarung betr. die Parabolantenne getroffen wurde. Allein der Umstand des Verbots im schriftlichen Mietvertrag schließt mithin das Vorliegen von Genehmigungsvereinbarungen nicht aus und vermag daher auch einen Vertrauenstatbestand nicht auszuschließen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Entfernung der Parabolantenne gemäß Ziffer 9 der Genehmigungsvereinbarung vom 04.03.1997.

Nach dieser Vereinbarung kann die Beseitigung der Parabolantenne dann verlangt werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Gemeinschaftssatellitenantenne für das gesamte Haus installiert werden sollte und auf andere Weise, als über die Parabolantenne des Mieters vergleichbare Empfangsmöglichkeiten zumutbar sichergestellt werden können.

Das Gericht hält die Empfangsmöglichkeiten zwischen Parabolantenne und Multimediaanschluss nicht für vergleichbar.

Abzustellen bei der Frage der Vergleichbarkeit ist auf die aktuellen Verhältnisse und nicht auf die Verhältnisse im Jahr 1997. Ziffer 9 der Genehmigungsvereinbarung trifft ersichtlich eine zukünftige Regelung. Es ist nicht ersichtlich, warum die Frage der Vergleichbarkeit rückwirken sollte auf den Zeitpunkt der Genehmigung.

Über die Parabolantenne können die Beklagten nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Parteien 34 Fernsehprogramme empfangen, über Digital TV International nur 3, mithin weniger als 10% der Programme des Satellitenfernsehens. Die Klägerin trägt darüber hinaus vor, dass über das Internet Informationen in nahezu unbegrenztem Umfang eingeholt werden könnten. Grundsätzlich hält das Gericht eine Nutzung des Internets insoweit für zumutbar, allerdings nicht für vergleichbar. Es ist dem Gericht nicht bekannt, ob die von den Beklagten bevorzugten Programme auch über das Internet „live“ in geeigneter Programmqualität (d.h. „ruckelfrei“, ohne ständiges „Nachladen“) empfangbar sind. Ein konkreter Vortrag der Klägerin hierzu fehlt. Zwischen allgemein zugänglichen Informationen über das Internet und dem Verfolgen bestimmter Fernsehprogramme, um die sprachliche und kulturelle Verbundenheit zum Heimatland zu halten, besteht jedoch nach Auffassung des Gerichts ein qualitativer Unterschied, der bei der Vergleichbarkeitsprüfung zu berücksichtigen ist.

Angesichts der konkreten Parteivereinbarungen kommt es auf die allgemeinere Frage, ob die Klägerin aufgrund einer aus § 242 BGB herzuleitenden Nebenpflicht aus dem Mietvertrag verpflichtet ist, die Parabolantenne zu dulden, nicht an. Die insoweit vorzunehmende einzelfallbezogene Interessenabwägung braucht nach Auffassung des Gerichts aufgrund des Vorrangs der Parteivereinbarungen daher nicht vorgenommen zu werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

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