Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Fahrerhaftung bei Parkplatzunfällen: Wer trägt die Verantwortung?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird die Haftung bei einem Parkplatzunfall zwischen einem rückwärts und einem vorwärts fahrenden Fahrzeug verteilt?
- Welche besonderen Sorgfaltspflichten gelten für Autofahrer auf Parkplätzen?
- Was bedeutet ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag und welche Vor- und Nachteile hat er für die Beteiligten?
- Wie berechnet sich die Höhe des Schadensersatzes bei einem Parkplatzunfall?
- Welche rechtlichen Schritte sollten Unfallbeteiligte nach einem Parkplatzunfall unternehmen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Ein Verkehrsunfall ereignete sich beim Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz, bei dem beide Fahrzeuge beteiligt waren.
- Nach der Unfallanalyse ist die Beklagte überwiegend für den Unfall verantwortlich und trägt 75 % der Haftung.
- Die Rückwärtsfahrerin überschritt die Schrittgeschwindigkeit und missachtete ihre erhöhte Sorgfaltspflicht aufgrund einer eingeschränkten Sicht.
- Auf Parkplätzen gilt das allgemeine Rücksichtnahmegebot, da § 9 Abs. 5 StVO dort nicht direkt anwendbar ist.
- Die Klägerin trägt eine Mitverantwortung von 25 %, da trotz der plötzlichen Kollision gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich war.
- Das Gericht schlug eine Einigung vor, bei der die Bekte eine Zahlung für Schäden und vorgerichtliche Anwaltskosten leistet.
- Die Kosten für den Rechtsstreit und den Vergleich sollen zwischen beiden Parteien geteilt werden.
- Der Vergleichsvorschlag bietet beiden Parteien eine Möglichkeit, den Streit ohne weiteres Gerichtsverfahren zu beenden. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Haftungsverteilung bei Parkplatzunfällen, indem sie die Bedeutung der gegenseitigen Rücksichtnahme betont.
- Eine Stellungnahme der beteiligten Parteien zum Vergleichsvorschlag wird binnen drei Wochen erwartet.
Fahrerhaftung bei Parkplatzunfällen: Wer trägt die Verantwortung?
Parkplatzunfälle sind im modernen Straßenverkehr leider häufig anzutreffen. Besonders in Parkhäusern, wo enge Fahrgassen und Parkboxen die Manövrierfähigkeit einschränken, kommt es oft zu Kollisionen zwischen Fahrzeugen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Fahrerhaftung, die in solchen Fällen oft zur Diskussion steht. Wer ist in einem solchen Schadensfall verantwortlich? Ist der Fahrer, der rückwärts in die Fahrgasse fährt, oder derjenige, der vorwärts aus der Parkbox fährt, der Schuldige? Diese Fragen sind im Verkehrsrecht von großer Bedeutung, da sie nicht nur die Unfallursache klären, sondern auch die Grundlage für den Versicherungsanspruch bilden.
Gerade das Rückwärtsfahren birgt immer ein gewisses Risiko, da die Sicht eingeschränkt sein kann und Gefahrenquellen wie andere Fahrzeuge oder Fußgänger schwerer erfasst werden. Umso wichtiger ist es, sorgfältig zu prüfen, wie die beiden Beteiligten in der jeweiligen Situation gehandelt haben. Hierbei spielen auch Aspekte der Parkplatzsicherheit und Verkehrssicherheit eine entscheidende Rolle, da sie in vielen Fällen präventiv wirken können. Das Verständnis dieser grundlegenden Prinzipien hilft, die Verantwortlichkeiten bei KFZ-Kollisionen besser einordnen zu können, bevor wir uns einem konkreten Fall widmen, der diese Fragestellungen beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Verkehrsunfall auf Parkplatz: Gericht schlägt Vergleich vor

Ein Verkehrsunfall auf einem Parkplatz führte zu einem Rechtsstreit, der nun vor dem Landgericht Kiel verhandelt wurde. Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 29. Juni 2023 (Az.: 1 S 119/21) einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, um den Fall zwischen dem Kläger und den Beklagten beizulegen.
Unfallhergang und Haftungsfrage
Der Unfall ereignete sich beim Betrieb zweier Kraftfahrzeuge auf einem Parkplatz. Das Fahrzeug der Beklagten fuhr rückwärts über eine längere Strecke mit einer Geschwindigkeit oberhalb der Schrittgeschwindigkeit und kollidierte dabei mit dem stehenden Fahrzeug des Klägers. Beide Parteien haften grundsätzlich nach § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG).
Gerichtliche Bewertung der Schuldfrage
Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Beklagten einen überwiegenden Verursachungsbeitrag leisteten. Das Gericht schlug eine Haftungsquote von 75% zulasten der Beklagten vor.
Die Kammer berücksichtigte dabei, dass den rückwärts Fahrenden aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft. Das Gericht verwies auf einen Erfahrungssatz, wonach bei Kollisionen während des Rückwärtsfahrens der Rückwärtsfahrende in der Regel seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist.
Mitverantwortung des Klägers
Trotz des überwiegenden Verschuldens der Beklagten sah das Gericht auch eine Mitverantwortung des Klägers. Dieser hätte beim Herausfahren aus der Parkbox ebenfalls das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme beachten müssen. Das Gericht betonte, dass auf Parkplätzen jeder Verkehrsteilnehmer jederzeit mit rückwärtsfahrenden oder ein- und ausparkenden Fahrzeugen rechnen muss. Der Verursachungsbeitrag des klägerischen Fahrzeugs wurde daher mit 25% angesetzt.
Vorgeschlagene Vergleichsregelung
Das Landgericht Kiel schlug folgenden Vergleich vor:
- Die Beklagten sollen als Gesamtschuldner an den Kläger 816,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2019 sowie 159,94 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zahlen.
- Mit dieser Zahlung sollen sämtliche streitgegenständliche Ansprüche abgegolten sein.
- Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollen gegeneinander aufgehoben werden.
Das Gericht gab beiden Parteien eine Frist von drei Wochen zur Stellungnahme zu diesem Vergleichsvorschlag. Falls dem Vorschlag nicht zugestimmt wird, bat das Gericht um Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung unterstreicht die besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren auf Parkplätzen, betont aber gleichzeitig die Mitverantwortung aller Verkehrsteilnehmer. Sie verdeutlicht, dass selbst bei überwiegendem Verschulden einer Partei eine Mithaftung des Geschädigten bestehen kann. Der vorgeschlagene Vergleich mit einer 75:25 Haftungsverteilung spiegelt die differenzierte Betrachtung der Verantwortlichkeiten wider und fördert eine pragmatische Streitbeilegung.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für alle Autofahrer, besonders auf Parkplätzen. Es zeigt, dass bei Unfällen dort oft beide Parteien eine Mitschuld tragen. Als rückwärts Fahrender müssen Sie besonders vorsichtig sein und Schrittgeschwindigkeit einhalten, da Sie sonst den Großteil der Haftung tragen könnten – in diesem Fall 75%. Aber auch wenn Sie vorwärts aus einer Parkbox fahren, müssen Sie aufmerksam sein. Eine Mitschuld von 25% kann Sie trotzdem treffen. Bei einem Unfall sollten Sie einen Vergleich in Betracht ziehen, da dies oft schneller und kostengünstiger ist als ein langwieriger Prozess. Bedenken Sie: Auf Parkplätzen gilt immer erhöhte Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird die Haftung bei einem Parkplatzunfall zwischen einem rückwärts und einem vorwärts fahrenden Fahrzeug verteilt?
Bei einem Parkplatzunfall zwischen einem rückwärts und einem vorwärts fahrenden Fahrzeug wird die Haftung in der Regel nicht gleichmäßig verteilt. Stattdessen trifft den rückwärts fahrenden Verkehrsteilnehmer meist eine höhere Haftungsquote, die je nach Einzelfall zwischen 70% und 100% liegen kann.
Erhöhte Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren
Wenn Sie rückwärts aus einer Parklücke fahren, müssen Sie besonders vorsichtig sein. Gemäß § 9 Abs. 5 StVO haben Sie sich beim Rückwärtsfahren so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies bedeutet konkret:
- Sie müssen sich vor und während des Rückwärtsfahrens vergewissern, dass der Weg frei ist.
- Sie müssen so langsam fahren, dass Sie jederzeit anhalten können.
- Bei eingeschränkter Sicht müssen Sie sich einweisen lassen.
Haftungsverteilung in der Praxis
In der Praxis sieht die Haftungsverteilung bei einem solchen Unfall typischerweise wie folgt aus:
- Rückwärtsfahrender: 70% bis 100% Haftung
- Vorwärtsfahrender: 0% bis 30% Haftung
Die genaue Verteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn Sie vorwärts fahren, müssen Sie zwar auch vorsichtig sein, Ihre Sorgfaltspflicht ist jedoch geringer als die des Rückwärtsfahrenden.
Faktoren für die Haftungsverteilung
Folgende Faktoren beeinflussen die Haftungsverteilung:
- Geschwindigkeit: Fuhr einer der Beteiligten zu schnell für die Parkplatzsituation?
- Aufmerksamkeit: Hat einer der Fahrer nicht ausreichend auf den Verkehr geachtet?
- Sichtverhältnisse: War die Sicht eingeschränkt und wurde dies berücksichtigt?
- Reaktionszeit: Hätte einer der Beteiligten den Unfall durch rechtzeitiges Bremsen verhindern können?
Stellen Sie sich vor, Sie fahren rückwärts aus einer Parklücke und kollidieren mit einem vorbeifahrenden Auto. Wenn Sie nicht nachweisen können, dass Sie alle Sorgfaltspflichten erfüllt haben, werden Sie wahrscheinlich den Großteil der Haftung tragen müssen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Bewertung basiert auf § 1 Abs. 2 StVO (allgemeine Sorgfaltspflicht) in Verbindung mit § 9 Abs. 5 StVO (besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren). Zusätzlich spielt § 7 StVG (Halterhaftung) eine Rolle bei der Verteilung der Haftung.
Gerichte berücksichtigen bei ihrer Entscheidung auch den sogenannten Anscheinsbeweis. Dieser spricht zunächst für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden, kann aber durch den Nachweis eines atypischen Geschehensablaufs entkräftet werden.
Welche besonderen Sorgfaltspflichten gelten für Autofahrer auf Parkplätzen?
Auf Parkplätzen gelten für Autofahrer erhöhte Sorgfaltspflichten, die über die üblichen Verhaltensregeln im Straßenverkehr hinausgehen. Diese besonderen Pflichten ergeben sich aus der spezifischen Situation auf Parkplätzen, wo mit unerwarteten Bewegungen von Fahrzeugen und Fußgängern zu rechnen ist.
Angepasste Geschwindigkeit und ständige Bremsbereitschaft
Als Autofahrer müssen Sie auf Parkplätzen jederzeit mit Schrittgeschwindigkeit fahren und ständig bremsbereit sein. Dies gilt insbesondere, da Sie jederzeit damit rechnen müssen, dass andere Fahrzeuge rückwärts ausparken oder Fußgänger plötzlich zwischen geparkten Autos auftauchen.
Erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht
Auf Parkplätzen müssen Sie als Fahrer eine besonders hohe Aufmerksamkeit an den Tag legen. Sie müssen stets damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer Sie übersehen könnten oder sich nicht an die üblichen Verkehrsregeln halten. Wenn Sie beispielsweise an einer Kreuzung auf dem Parkplatz Vorfahrt haben, dürfen Sie sich nicht blind darauf verlassen, dass andere Fahrer diese auch gewähren.
Rücksichtnahme und defensive Fahrweise
Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme hat auf Parkplätzen besonderes Gewicht. Sie sollten eine defensive Fahrweise praktizieren und im Zweifel lieber einmal mehr anhalten oder anderen Verkehrsteilnehmern den Vortritt lassen, auch wenn Sie eigentlich Vorfahrt hätten.
Besondere Sorgfalt beim Rückwärtsfahren
Wenn Sie rückwärts aus einer Parklücke fahren, trifft Sie eine besonders hohe Sorgfaltspflicht. Sie müssen sich dabei vergewissern, dass Sie keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden. Notfalls müssen Sie sich einweisen lassen, wie es § 9 Abs. 5 StVO vorschreibt.
Beachtung von Parkplatzmarkierungen und Beschilderungen
Achten Sie auf dem Parkplatz besonders auf vorhandene Markierungen und Beschilderungen. Diese können von den üblichen Verkehrsregeln abweichen und spezielle Vorschriften für den jeweiligen Parkplatz festlegen.
Wenn Sie diese besonderen Sorgfaltspflichten beachten, reduzieren Sie nicht nur das Risiko eines Unfalls erheblich, sondern verbessern auch Ihre rechtliche Position im Falle eines dennoch eintretenden Schadensereignisses.
Was bedeutet ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag und welche Vor- und Nachteile hat er für die Beteiligten?
Ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag ist ein vom Gericht unterbreiteter Lösungsvorschlag zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Bei einem Parkplatzunfall zwischen einem rückwärts in die Fahrgasse fahrenden PKW und einem vorwärts aus der Parkbox fahrenden Fahrzeug könnte das Gericht beispielsweise eine Teilung der Haftung vorschlagen.
Bedeutung und Zustandekommen
Der Vergleichsvorschlag zielt darauf ab, den Konflikt ohne ein förmliches Gerichtsurteil zu beenden. Das Gericht unterbreitet den Vorschlag meist in der mündlichen Verhandlung, nachdem es den Sachverhalt und die Rechtslage mit den Parteien erörtert hat. Der Vorschlag kann mündlich oder schriftlich erfolgen.
Vorteile für die Beteiligten
Zeitersparnis: Ein Vergleich beendet den Rechtsstreit sofort, ohne langwierige Beweisaufnahmen oder weitere Verhandlungen. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn Sie eine schnelle Lösung anstreben.
Kosteneinsparung: Durch die vorzeitige Beendigung des Verfahrens können Sie Gerichts- und Anwaltskosten sparen, die bei einer Fortsetzung des Prozesses anfallen würden.
Planungssicherheit: Mit einem Vergleich wissen Sie sofort, woran Sie sind. Sie müssen nicht auf ein möglicherweise ungünstiges Urteil warten.
Flexibilität: Ein Vergleich ermöglicht Lösungen, die über den eigentlichen Streitgegenstand hinausgehen. Bei Ihrem Parkplatzunfall könnten Sie beispielsweise nicht nur die Schadensregulierung, sondern auch zukünftige Verhaltensweisen vereinbaren.
Beziehungserhalt: Gerade bei Unfällen zwischen Nachbarn oder Bekannten kann ein Vergleich helfen, den sozialen Frieden zu wahren.
Nachteile und Risiken
Kompromiss erforderlich: Ein Vergleich bedeutet in der Regel, dass beide Seiten Zugeständnisse machen müssen. Wenn Sie der Überzeugung sind, dass Sie im Recht sind, könnte ein Vergleich für Sie nachteilig sein.
Vollstreckbarkeit: Der gerichtliche Vergleich ist ein Vollstreckungstitel. Wenn Sie die vereinbarten Leistungen nicht erbringen, kann die Gegenseite direkt die Zwangsvollstreckung einleiten.
Bindungswirkung: Nach Abschluss des Vergleichs können Sie in der Regel nicht mehr von der Vereinbarung zurücktreten, selbst wenn sich später herausstellt, dass die Rechtslage für Sie günstiger gewesen wäre.
Anwaltskosten: Trotz Vergleich fallen Anwaltskosten an, die möglicherweise höher sind als bei einer einfachen Klagerücknahme.
Rechtliche Grundlagen und Wirkung
Der gerichtliche Vergleich ist in § 278 Abs. 6 ZPO geregelt. Er beendet den Rechtsstreit und hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Wenn Sie einen Vergleichsvorschlag erhalten, sollten Sie ihn sorgfältig prüfen und die möglichen Konsequenzen abwägen. Bedenken Sie, dass die Annahme oder Ablehnung weitreichende Folgen für den weiteren Verlauf Ihres Falles haben kann.
Wie berechnet sich die Höhe des Schadensersatzes bei einem Parkplatzunfall?
Die Höhe des Schadensersatzes bei einem Parkplatzunfall wird anhand mehrerer Faktoren berechnet:
Haftungsquote
Bei Parkplatzunfällen wird oft eine Haftungsteilung vorgenommen, da beide Parteien eine erhöhte Sorgfaltspflicht haben. Wenn Sie rückwärts aus einer Parklücke fahren und mit einem vorwärts fahrenden Fahrzeug kollidieren, könnte die Haftung beispielsweise 70:30 zu Ihren Lasten aufgeteilt werden. Diese Quote bestimmt, welchen Anteil des Gesamtschadens Sie erstattet bekommen.
Reparaturkosten
Die tatsächlichen Reparaturkosten bilden die Grundlage für die Schadensberechnung. Wenn Ihr Fahrzeug beschädigt wurde, haben Sie Anspruch auf die Kosten, die für die Wiederherstellung des Zustands vor dem Unfall notwendig sind. Diese werden in der Regel durch ein Gutachten oder einen Kostenvoranschlag ermittelt.
Wertminderung
Bei neueren Fahrzeugen kann eine merkantile Wertminderung geltend gemacht werden. Dies ist ein Ausgleich dafür, dass Ihr repariertes Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt möglicherweise einen geringeren Wert hat als vor dem Unfall.
Nutzungsausfall
Wenn Sie Ihr Fahrzeug während der Reparatur nicht nutzen können, steht Ihnen unter Umständen eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach Fahrzeugtyp und Ausfalldauer.
Nebenforderungen
Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören auch:
- Abschleppkosten
- Gutachterkosten (bei Schäden über 1.000 Euro)
- Anwaltskosten (wenn die Einschaltung eines Anwalts notwendig war)
Berechnung des Gesamtschadens
Um den Ihnen zustehenden Schadensersatz zu ermitteln, werden alle oben genannten Positionen addiert und dann mit Ihrer Haftungsquote multipliziert. Wenn der Gesamtschaden beispielsweise 5.000 Euro beträgt und Sie zu 30% haften, erhalten Sie 3.500 Euro Schadensersatz.
Besonderheiten bei Parkplatzunfällen
Bei Unfällen auf Parkplätzen gilt oft die Betriebsgefahr nach § 7 StVG. Dies bedeutet, dass selbst wenn Sie keine direkte Schuld am Unfall tragen, eine gewisse Mithaftung bestehen kann, einfach weil Sie Ihr Fahrzeug in Betrieb hatten. Dies kann die Schadensersatzhöhe beeinflussen.
Wenn Sie in einen Parkplatzunfall verwickelt werden, ist es ratsam, den Schaden genau zu dokumentieren und alle relevanten Unterlagen zu sammeln. Dies erleichtert die spätere Berechnung des Schadensersatzes und hilft Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.
Welche rechtlichen Schritte sollten Unfallbeteiligte nach einem Parkplatzunfall unternehmen?
Nach einem Parkplatzunfall sollten Sie unverzüglich folgende rechtliche Schritte einleiten:
Unfallstelle sichern und Beweise sammeln
Sichern Sie zunächst die Unfallstelle, um weitere Schäden zu vermeiden. Dokumentieren Sie den Unfallhergang und die Schäden ausführlich mit Fotos und Videos. Achten Sie besonders auf Spuren wie Kratzer, Dellen oder Glasscherben. Notieren Sie sich das Kennzeichen, Marke und Modell des anderen Fahrzeugs sowie die Kontaktdaten des Unfallgegners und eventueller Zeugen.
Polizei verständigen
Bei Parkplatzunfällen mit erheblichem Sachschaden oder wenn der Unfallgegner nicht auffindbar ist, sollten Sie die Polizei rufen. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie den Verdacht haben, dass der andere Beteiligte Fahrerflucht begehen könnte. Die polizeiliche Unfallaufnahme dient als wichtiges Beweismittel.
Unfallbericht erstellen
Füllen Sie gemeinsam mit dem Unfallgegner einen Europäischen Unfallbericht aus. Dieses standardisierte Formular erfasst alle relevanten Informationen zum Unfall und erleichtert die spätere Schadensregulierung. Unterschreiben Sie den Bericht erst, wenn Sie mit allen Angaben einverstanden sind.
Versicherung informieren
Melden Sie den Unfall umgehend Ihrer Kfz-Versicherung. Dies gilt auch, wenn Sie den Schaden selbst regulieren möchten. Viele Versicherungen haben Fristen für die Schadensmeldung, deren Nichteinhaltung zum Verlust des Versicherungsschutzes führen kann.
Schadensregulierung einleiten
Wenn Sie den Unfall nicht selbst verschuldet haben, können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen. Dazu gehören Reparaturkosten, Wertminderung und gegebenenfalls Mietwagenkosten. Lassen Sie den Schaden von einer Fachwerkstatt begutachten und dokumentieren.
Beachten Sie, dass bei Parkplatzunfällen oft eine Mithaftung beider Beteiligten angenommen wird. Die genaue Haftungsverteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Durch sorgfältige Dokumentation und Beweissicherung können Sie Ihre Position in der Schadensregulierung stärken.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Fahrerhaftung
Fahrerhaftung beschreibt die Verantwortung eines Fahrzeugführers für Schäden, die durch das Führen des Fahrzeugs verursacht werden. Im Straßenverkehrsgesetz (§ 7 StVG) ist festgehalten, dass Fahrzeughalter für Unfälle haften, die während des Betriebs ihres Fahrzeugs passieren. Beispiel: Wenn jemand beim Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz ein anderes Auto beschädigt, kann der Fahrzeughalter haftbar gemacht werden, auch wenn er nicht selbst gefahren ist.
Sorgfaltspflicht
Sorgfaltspflicht bedeutet, dass jeder Verkehrsteilnehmer die Sicherheit und das Wohl anderer im Straßenverkehr berücksichtigen muss. Besonders erhöhte Sorgfaltspflichten bestehen beim Rückwärtsfahren (vgl. Urteil zum Parkplatzunfall), weil hier die Sicht eingeschränkt ist und potenziell mehr Gefahren durch andere Verkehrsteilnehmer bestehen. Beispiel: Ein Autofahrer muss beim Rückwärtsfahren über eine längere Strecke darauf achten, dass er keine Fußgänger oder anderen Fahrzeuge gefährdet.
Mitschuld
Mitschuld liegt vor, wenn mehrere Personen zu einem Schadensereignis beigetragen haben und deshalb auch jeweils eine teilweise Verantwortung tragen. Nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG wird bei Verkehrsunfällen die Schadensverantwortung im Verhältnis ihrer Beteiligung aufgeteilt. Beispiel: Wenn beide Fahrer bei einem Parkplatzunfall zu schnell oder unaufmerksam waren, tragen beide eine Mitschuld und haften anteilig.
Vergleich
Ein Vergleich ist eine außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien, um einen Rechtsstreit ohne abschließendes Urteil zu beenden. Dabei verständigen sich beide Seiten auf Kompromisse, wie im Beschluss des Landgerichts Kiel, der vorschlug, dass der Beklagte einen Teil des Schadens übernimmt. Der Vorteil ist eine schnellere und kostengünstigere Beilegung des Streits, jedoch kann der Vergleich auch Nachteile bringen, wenn die Ansprüche nicht vollständig abgedeckt werden.
Haftungsquote
Haftungsquote ist der prozentuale Anteil, den eine Partei an der Schuld oder Verantwortung für einen Unfall trägt. Sie wird nach der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge (§ 17 Abs. 1 und 2 StVG) festgelegt. Beispiel: Bei einem Parkplatzunfall kann das Gericht entscheiden, dass der Beklagte 75% und der Kläger 25% der Verantwortung trägt, was sich auf die Schadenersatzforderungen auswirkt.
Rücksichtnahmegebot
Das Rücksichtnahmegebot ist in § 1 StVO verankert und fordert von jedem Verkehrsteilnehmer, auf die Verkehrssicherheit und das Wohl anderer zu achten. Dies ist besonders wichtig auf Parkplätzen, wo enge Manöver möglich sind. Beispiel: Beim Ein- und Ausparken müssen Autofahrer auf Fußgänger und andere Fahrzeuge achten, um Unfälle zu vermeiden. Das Rücksichtnahmegebot wird auch bei der Störung des Verkehrsflusses berücksichtigt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 StVG: Dieser Paragraph regelt die Haftung im Straßenverkehr und stellt fest, dass Fahrzeughalter für Schäden haften, die durch den Betrieb ihres Fahrzeugs entstehen. Im vorliegenden Fall haften beide Verkehrsteilnehmer grundsätzlich, da der Unfall im Rahmen des Betriebs beider Fahrzeuge geschah. Dies ist entscheidend für die Festlegung der Haftungsquote zwischen den Parteien.
- § 17 Abs. 1 und 2 StVG: Diese Bestimmungen befassen sich mit der Haftung im Falle von Verkehrsverletzungen und der Abwägung der jeweiligen Verschuldensbeiträge. Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass der Beklagte zu 1) eine höhere Verantwortung trägt, was zu einer Haftungsquote von 75 % zulasten der Beklagten führt. Dies ist eine direkte Konsequenz der Abwägung der Umstände des Unfalls und der Feststellung der Verursachung.
- § 1 StVO: Dieser Paragraph enthält das allgemeine Rücksichtnahmegebot im Straßenverkehr, welches von allen Verkehrsteilnehmern verlangt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ebenfalls eine Verantwortung, da sie beim Herausfahren aus der Parklücke ebenfalls sorgfaltspflichtig ist. Das Fehlen der gebotenen Aufmerksamkeit wird als Teil der Haftungsbewertung berücksichtigt.
- § 9 Abs. 5 StVO: Obwohl dieser Paragraph für Parkplätze ohne eindeutigen Straßencharakter nicht direkt anwendbar ist, erlangt er dennoch Bedeutung über das Rücksichtnahmegebot aus § 1 StVO. Im konkreten Fall hat dies Auswirkungen auf die Beurteilung des Verschuldens und der Betriebsgefahr, da bei Parkplatzunfällen selten ein alleiniges Verschulden festgestellt wird.
- § 254 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Mitverursachung von Schäden und deren Auswirkungen auf den Schadensersatzanspruch. Er ist wichtig für die Festlegung der Haftungsquoten, insbesondere wenn beide Parteien zur Entstehung des Schadens beigetragen haben. Im zugrunde liegenden Fall wurde festgestellt, dass die Klägerin eine Mitverantwortung von 25 % trägt, was sich auf den Gesamtbetrag des Schadens auswirkt.
Das vorliegende Urteil
LG Kiel – Az.: 1 S 119/21 – Beschluss vom 29.06.2023
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