LG Ingolstadt, Az.: 21 S 652/14, Urteil vom 16.09.2014
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Amtsgerichts Neuburg a. d. Donau vom 13.03.2014 wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.219,80 € festgesetzt.
Gründe
Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagten für die Folgen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls allein verantwortlich seien, weil sein Fahrzeug im Zeitpunkt des Anstoßes gestanden sei, während die Zweitbeklagte unstreitig zum Zeitpunkt der Kollision in Rückwärtsfahrt war.
Der Kläger stellt folgenden Antrag:
Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils werden die Beklagten gesamtverbindlich verurteilt, an die Klagepartei 2.219,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszins der EZB ab 03.10.2013 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 157,79 € zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht ist bei der Abwägung der Verursachungsbeitrage nach § 17 StVG zu Recht davon ausgegangen, dass beide Unfallbeteiligte eine hälftige Haftung trifft. Der Kläger hat nämlich nicht nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar war (§ 17 Abs. 3 StVG). Der Kläger ist mit seinem Fahrzeug wie die Zweitbeklagte rückwärts aus der Parkbucht herausgefahren. Wie lange er im Zeitpunkt der Kollision bereits stand, ist ungeklärt, es ist nicht auszuschließen, dass er erst unmittelbar vor der Kollision zum Stehen gekommen ist. Der Kläger hat eingeräumt, dass er jedenfalls nicht bemerkt hat, wie die Zweitbeklagte ihrerseits mit dem Ausparkvorgang begonnen hat. Als Idealfahrer hätte er in diesem Augenblick sein Fahrzeug abbremsen müssen. Der Kläger hat jedoch sein Fahrzeug nicht zum Stehen gebracht, weil er bemerkt hatte, dass aus der Parkbucht gegenüber ebenfalls ein Fahrzeug ausparkt, sondern weil er die von ihm angestrebte Position beim Rückwärtsfahren erreicht hatte. Er ist damit jedenfalls in den von der Zweitbeklagten geplanten Fahrweg hineingefahren und hat damit zur Kollision beigetragen. Eine alleinige Haftung der Beklagten käme nur dann in Betracht, wenn unstreitig oder bewiesen wäre, dass der Kläger vor der Zweitbeklagten mit dem Ausparkvorgang begonnen und sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hat, als erkennbar war, dass die Zweitbeklagte ihrerseits ausparkt oder wenn das Fahrzeug des Klägers bereits an der Kollisionsstelle stand, als Zweitbeklagte mit dem Ausparkvorgang begann. Keine dieser beiden Varianten ist bewiesen.

Da auch die Geschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge beim Ausparken nicht bekannt sind, kann allein aus der Tatsache, dass das Klägerfahrzeug bis zur Kollision eine weitere Strecke zurückgelegt hatte, als das Beklagtenfahrzeug nicht auf einen höheren Verursachungsbeitrag der Beklagten geschlossen werden. Entgegen der Argumentation in der Berufungsbegründung hat der Kläger sein Fahrzeug auch nicht deshalb angehalten, weil er das rückwärtsfahrende Fahrzeug der Zweitbeklagten wahrgenommen hatte, sondern weil er den von ihm angestrebten Endstand erreicht hatte. Eine für den Kläger günstigere Haftungsverteilung käme in diesem Fall nur in Betracht, wenn Zeitpunkt des Stillstands seines Fahrzeugs noch ein so großer Abstand zwischen beiden Fahrzeugen bestand, dass die Zweitbeklagte das stehende Fahrzeug hätte erkennen müssen und zu diesem Zeitpunkt noch ausreichend Zeit zum Anhalten gehabt hätte. Da beim Rückwärtsfahren aus einer Parkbucht der Verkehr aus beiden Richtung und der rückwärtige Verkehrsraum beobachtet werden muss, was dem Fahrer gleichzeitig nicht möglich ist, wäre ein zu einer höheren Haftung der Beklagten führendes höheres Verschulden der Zweitbeklagten nur anzunehmen, wenn der Zweitbeklagten nach Erreichen der Endposition des Klägerfahrzeugs deutlich mehr Zeit zur Verfügung gestanden hätte als die übliche Reaktionszeit beim Vorwärtsfahren.
Dies ist nicht bewiesen, sodass es bei der hälftigen Haftungsverteilung verbleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.