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Parkplatzunfall – Haftungsverteilung beim Herausfahren aus Parklücke

Das Amtsgericht Rostock entschied in einem Parkplatzunfall teilweise zugunsten der Klägerin und erkannte eine Haftung der Beklagten zu 70 % an. Obwohl auf Parkplätzen eine erhöhte Sorgfaltspflicht für alle Verkehrsteilnehmer gilt, wurde die besondere Rücksichtnahmepflicht des Beklagten beim Herausfahren aus der Parkbucht als ausschlaggebend für die Haftungsverteilung angesehen. Das anfängliche Schuldeingeständnis des Beklagten vor Ort stellte kein bindendes Anerkenntnis dar, sondern diente lediglich als Indiz für eine mögliche Mitschuld.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 46 C 68/23

✔ Kurz und knapp


  • Der Beklagte trug als Herausfahrender aus der Parklücke die Hauptschuld mit 70 % am Unfall, da er seine Rücksichtnahmepflicht verletzte.
  • Auf Parkplätzen gilt zwar nicht die StVO, aber eine erhöhte Sorgfaltspflicht beim Herausfahren aus Parklücken.
  • Das unterschriebene Schuldbekenntnis des Beklagten wurde zu seinen Lasten bei der Haftungsabwägung berücksichtigt.
  • Die Klägerin trug eine Mitverschuldensquote von 30 %, da sie beim Ausfahren vom Parkplatz nicht auf möglichen Querverkehr achtete.
  • Die Sachverständigenkosten waren grundsätzlich erstattungsfähig, wurden aber aufgrund überhöhter Nebenkosten gekürzt.
  • Die Reparaturkosten und Nutzungsausfallentschädigung wurden teilweise zugesprochen.
  • Die Kostenquote spiegelt die Haftungsverteilung wider (60/40). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Haftungsfrage bei Parkplatzunfällen: Wer zahlt, wenn’s kracht?

Parkplatz Unfall
(Symbolfoto: J.AMPHON /Shutterstock.com)

Parkplatzunfälle gehören leider zum Alltag auf deutschen Straßen. Wenn Fahrzeuge beim Ein- oder Ausparken zusammenstoßen, kann dies oft zu Streit um die Haftungsfrage führen. Grundsätzlich gilt auf Parkplätzen zwar nicht die Straßenverkehrsordnung (StVO), allerdings haben Autofahrer trotzdem eine erhöhte Sorgfaltspflicht beim Manövrieren. Wer aus einer Parklücke herausfährt, muss besonders aufmerksam sein und den Verkehr um sich herum genau beobachten, bevor er losfährt. Kommt es dennoch zu einem Unfall, ist in der Regel derjenige, der rückwärts oder seitlich ausparkend aus einer Lücke fährt, stärker in der Verantwortung. Doch die genaue Haftungsverteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wie ein Gericht diese Frage in einem konkreten Fall bewertet, zeigt das folgende Urteil zum Thema Parkplatzunfall.

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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Rostock


Haftungsverteilung bei einem Parkplatzunfall

Am 26.06.2022 ereignete sich auf einem Parkplatz ein Verkehrsunfall zwischen dem Fahrzeug der Klägerin, gefahren von einem Zeugen, und dem Fahrzeug des Beklagten, der aus einer Parkbucht herausfuhr. Der Unfall führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, bei der die Klägerin Schadensersatz für die Beschädigung ihres Fahrzeugs, Sachverständigenkosten, Nutzungsausfall und vorgerichtliche Anwaltskosten forderte. Der Beklagte räumte vor Ort schriftlich seine Schuld ein, bestritt dies jedoch später und argumentierte, dass die StVO auf dem Parkplatz nicht anwendbar sei und lediglich das Gebot der Rücksichtnahme gegolten habe. Zudem zweifelten die Beklagten die Höhe der Sachverständigenkosten und die Dauer der Eigenreparatur an.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Amtsgericht Rostock entschied teilweise zugunsten der Klägerin. Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 519,70 € nebst Zinsen, weitere Sachverständigenkosten in Höhe von 210,70 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 367,23 € zu zahlen. Das Gericht erkannte die Haftung der Beklagten zu 70 % an und wies die restlichen Ansprüche der Klägerin ab. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass der Beklagte seine Rücksichtnahmepflicht verletzte, indem er ohne ausreichende Sicht aus der Parkbucht herausfuhr. Obwohl der Beklagte seine Schuld vor Ort schriftlich anerkannte, stellte das Gericht klar, dass dies kein bindendes Schuldanerkenntnis darstellte, sondern lediglich als Indiz für eine mögliche Mitschuld gewertet wurde.

Abwägung der Verursachungsbeiträge

Das Gericht betonte, dass auf einem Parkplatz beide Verkehrsteilnehmer eine erhöhte Sorgfaltspflicht haben und eine hälftige Schadensteilung üblich sei. Aufgrund der besonderen Rücksichtnahmepflicht des Beklagten, der aus der Parkbucht herausfuhr, wurde seine Haftungsquote auf 70 % festgelegt. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Beklagte vor Ort seine Schuld einräumte und die unklaren Sichtverhältnisse zu

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil zeigt, dass bei Parkplatzunfällen eine erhöhte Sorgfaltspflicht für alle Verkehrsteilnehmer gilt, wobei derjenige, der aus einer Parkbucht herausfährt, eine besondere Rücksichtnahmepflicht hat. Die Haftungsverteilung richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen der Beteiligten. Ein anfängliches Schuldeingeständnis stellt dabei kein bindendes Anerkenntnis dar, sondern dient lediglich als Indiz für eine mögliche Mithaftung.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Haftungsverteilung bei Parkplatzunfällen


Wer haftet bei einem Unfall auf einem Parkplatz?

Bei einem Unfall auf einem Parkplatz hängt die Haftungsfrage stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich gilt, dass auf Parkplätzen eine erhöhte Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflicht besteht. Dies bedeutet, dass jeder Verkehrsteilnehmer besonders vorsichtig sein muss, um Unfälle zu vermeiden.

Versicherungen neigen dazu, eine 50:50-Haftung anzunehmen, da sie davon ausgehen, dass beide Parteien gleichermaßen zur Betriebsgefahr beitragen. Diese Annahme basiert auf der Rechtsprechung, die auf Parkplätzen eine gesteigerte gegenseitige Rücksichtnahme fordert, wobei allgemeine Verkehrsregeln oft nicht maßgeblich sind.

Die Realität sieht jedoch anders aus, da jeder Unfall individuell betrachtet werden muss. Beispielsweise haftet der Rückwärtsfahrende in der Regel allein, wenn er gegen ein wartendes Fahrzeug fährt, da er besonders gut aufpassen muss. Auch wenn ein Fahrzeug vorwärts in der Fahrgasse fährt und ein anderes rückwärts ausparkt, trifft die überwiegende Haftung den Rückwärtsfahrenden, sofern der Vorwärtsfahrende kein Mitverschulden trägt, etwa durch zu schnelles Fahren.

Gerichtsentscheidungen bestätigen diese differenzierte Betrachtung. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass bei einer Kollision zweier rückwärts ausparkender Fahrzeuge nicht automatisch eine 50:50-Haftung gilt. Entscheidend ist, ob ein Fahrzeug bereits stand, als das andere rückwärts fuhr. Auch das Landgericht München hat in einem Fall die Betriebsgefahr des einparkenden Fahrzeugs mit einer Haftungsquote von 25 Prozent berücksichtigt, da der rückwärts ausparkende Fahrer den Unfall hätte vermeiden können.

Wichtig ist, Beweise zu sichern, etwa durch Fotos vom Unfallort, um die genaue Situation zu dokumentieren. Dies kann helfen, die Haftungsfrage im Einzelfall besser zu klären.

Die Haftungsverteilung bei Parkplatzunfällen hängt stark von den spezifischen Umständen ab und kann nicht pauschal mit einer 50:50-Quote beantwortet werden. Eine genaue Prüfung des Einzelfalls ist unerlässlich, um eine gerechte Haftungsverteilung zu erreichen.

Welche Sorgfaltspflichten gelten für Autofahrer auf Parkplätzen?

Autofahrer auf Parkplätzen unterliegen besonderen Sorgfaltspflichten, die über die allgemeinen Verkehrsregeln hinausgehen. Diese Pflichten sind darauf ausgerichtet, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, da Parkplätze oft unübersichtlich sind und viele verschiedene Verkehrsteilnehmer, einschließlich Fußgänger, auf engem Raum agieren.

Die wichtigste Regel auf Parkplätzen ist das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 StVO. Dies bedeutet, dass Autofahrer stets defensiv und bremsbereit fahren müssen, um Unfälle zu vermeiden. Auf Parkplätzen gilt in der Regel keine Vorfahrtsregel wie „rechts vor links“, es sei denn, die Fahrspuren sind eindeutig als Straßen markiert und beschildert. In den meisten Fällen müssen die Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt untereinander regeln, beispielsweise durch Augenkontakt oder Handzeichen.

Eine besondere Sorgfaltspflicht besteht beim Rückwärtsfahren und Ausparken. Autofahrer, die rückwärts aus einer Parklücke ausparken, müssen sich vergewissern, dass sie niemanden gefährden. Dies kann durch einen Blick über die Schulter oder die Nutzung von Rückfahrkameras geschehen. Wenn es zu einem Unfall kommt, trägt der rückwärts ausparkende Fahrer oft die Hauptschuld, da von ihm eine erhöhte Sorgfalt erwartet wird. Gerichte haben wiederholt entschieden, dass der Rückwärtsfahrende in der Regel haftet, wenn er nicht nachweisen kann, dass der Unfall für ihn unvermeidbar war.

Die Geschwindigkeit auf Parkplätzen sollte Schrittgeschwindigkeit nicht überschreiten. Dies entspricht etwa 10 km/h. Eine höhere Geschwindigkeit kann zu einer Mithaftung führen, selbst wenn der Fahrer nicht der Hauptverursacher des Unfalls ist. Schrittgeschwindigkeit ist notwendig, um jederzeit anhalten zu können, falls plötzlich ein Fußgänger oder ein anderes Fahrzeug auftaucht.

Fußgänger haben auf Parkplätzen Vorrang. Autofahrer müssen besonders auf Fußgänger achten und ihnen den Vorrang gewähren. Dies gilt insbesondere in Bereichen, in denen Fußgänger die Fahrgassen überqueren oder sich zwischen den parkenden Autos bewegen.

Zusammenstöße zwischen zwei rückwärts ausparkenden Fahrzeugen führen oft zu einer geteilten Haftung. In solchen Fällen wird häufig eine Haftungsquote von 50:50 angewendet, es sei denn, einer der Fahrer kann nachweisen, dass sein Fahrzeug bereits stand, als der Unfall passierte. Dies zeigt, dass beide Fahrer ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.

Auf privaten Parkplätzen oder Firmengeländen können abweichende Regeln gelten. Wenn der Parkplatz durch eine Schranke abgesperrt ist und nicht öffentlich zugänglich, kann der Eigentümer eigene Regeln aufstellen. Diese müssen jedoch klar kommuniziert und durch entsprechende Beschilderung kenntlich gemacht werden.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass auf Parkplätzen eine erhöhte Sorgfaltspflicht besteht, die sich in defensivem Fahrverhalten, Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit und besonderer Rücksichtnahme beim Rückwärtsfahren ausdrückt. Fußgänger haben Vorrang, und die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gilt nur unter bestimmten Bedingungen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 249 BGB: Regelt den Schadensersatzanspruch. Im vorliegenden Fall wurde § 249 BGB herangezogen, um zu beurteilen, welche Kosten der Klägerin als erforderlich und somit erstattungsfähig anzusehen sind, z.B. Wiederbeschaffungskosten, Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten.
  • § 17 StVG: Besagt, dass bei einem Verkehrsunfall mehrere Beteiligte gemeinsam haften, wenn sie den Unfall gemeinsam verursacht haben. Das Gericht verwendet diesen Paragraphen zur Bestimmung der Haftungsquote des Beklagten in Höhe von 70% im vorliegenden Fall.
  • § 7 StVG: Regelt die grundsätzliche Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs für Schäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs verursacht werden. In diesem Fall diente § 7 StVG als Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Kläger


⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Rostock

AG Rostock – Az.: 46 C 68/23 – Urteil vom 15.06.2023

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 519,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2022 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von Sachverständigenkosten des Kfz-Sachverständigenbüro … vom 28.06.2022 mit der Rechnungsnummer … in Höhe von 210,70 € freizustellen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 367,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2022 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 40 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 60 % zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis zu 2.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, welcher sich zwischen ihnen am 26.06.2022 auf dem … ereignete. Der bei der Beklagten zu 2.) versicherte Beklagte zu 1.) war der Fahrer eines der Fahrzeuge.

Das Fahrzeug der Klägerin, …, geführt durch den Zeugen …, fuhr auf dem als Ausfahrt bestimmten Wegstreifen des Parkplatzes, Fahrbahnmarkierungen waren nicht vorhanden, auf die Anlage B1 wird Bezug genommen. Der Fahrer des klägerischen PKW fuhr wenige Meter vor der Kollision an. Der Beklagte fuhr kurz vor dem Zusammenstoß mit seinem PKW, amtliches Kennzeichen … zwischen zwei parkenden PKW aus einer in der zweiten Reihe liegenden Parkbucht heraus. Es kam zur Kollision zwischen den PKW. Vor Ort sprachen die Parteien miteinander über den Unfallhergang, die Polizei wurde nicht hinzugezogen. Der Beklagte räumte vor Ort schriftlich seine Schuld ein, auf die Anlage K1 wird Bezug genommen.

Der PKW der Klägerin wurde am rechten Vorderrad beschädigt. Ausweislich des am 27.06.2022 erstellten Haftpflichtgutachtens handelte es sich um einen Totalschaden. Die Reparaturkosten wurden mit 7.828,65 € brutto beziffert, der Wiederbeschaffungswert mit 2.800,00 €, die Mietwagenklasse mit 05, auf den weiteren Inhalt der Anlage K2 wird Bezug genommen. Für die Erstellung des Gutachtens berechnete der Sachverständige 729,47 €, auf die Anlage K4 wird Bezug genommen. Die Beklagte zu 2.) übermittelte der Klägerin ein verbindliches Restwertangebot zu 209,00 €. Die Klägerin reparierte das beschädigte Fahrzeug in Eigenregie. Die Reparatur nahm 7 Tage in Anspruch, in dieser Zeit war das Fahrzeug nicht nutzbar.

Die Klägerin machte gegenüber den Beklagten vorgerichtlich Ansprüche geltend von 2.591,00 € für den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes, von 301,00 € für die Nutzungsausfallentschädigung für 7 Tage sowie eine Unfallnebenkostenpauschale von 20,00 €. Die Beklagte zu 2.) erkannte die Haftung zu 50% an und zahlte einen Betrag von 1.295,50 € auf den Fahrzeugschaden, 236,60 € auf die Sachverständigenkosten sowie 12,50 auf die Unfallnebenkostenpauschale an die Klägerin. Der geltend gemachte Nutzungsausfall wurde nicht ausgeglichen. Die Klägerin macht nunmehr weiter 1.295,50 € für den Fahrzeugschaden, 492,87 € für die Sachverständigenkosten, 7,50 € Unfallnebenkostenpauschale sowie 301,00 € Nutzungsausfall für 7 Tage geltend.

Die Klägerin behauptet, der Fahrer ihres Fahrzeuges sei nicht schneller als 10 km/h gefahren. Der Beklagte habe seine Sorgfalt beim Parken nicht beachtet und den Unfall allein verursacht. Er sei unvermittelt angefahren. Der Beklagte habe am Unfallort erklärt, er sei in Eile gewesen und habe nicht auf den seitlichen Verkehr geachtet. Der Unfall sei für den klägerischen Fahrer unabwendbar gewesen.

Der Zeuge … habe das Fahrzeug in einer befreundeten Kfz-Werkstatt repariert und dabei eine übliche Zeit in Anspruch genommen. Das Fahrzeug habe die Klägerin 2018 von dem Zeugen … schenkungsweise erworben. Das Sachverständigengutachten sei notwendig und zweckmäßig gewesen, der Gutachter sei qualifiziert und die Abrechnung entspreche der BVSK-Tabelle.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.604,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2022 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von Sachverständigenkosten des Kfz-Sachverständigenbüro … vom 28.06.2022 mit der Rechnungsnummer … in Höhe von 492,87 € freizustellen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 453,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2022 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe lediglich aus dem Schock heraus und weil er noch zwei minderjährige Kinder im Wagen hatte das Schuldbekenntnis unterzeichnet, obwohl er sich nicht sicher gewesen sei, dass dieses gestimmt habe. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges sei plötzlich gegen sein Fahrzeug geprallt. Durch die Kollision sei sein Fahrzeug nach rechts geschoben worden, fast in das danebenstehende Fahrzeug hinein.

Die Beklagten meinen, auf dem Parkplatz sei die StVO nicht anwendbar, es habe lediglich beiderseits das Rücksichtnahmegebot gegolten. Die Sachverständigenkosten seien überhöht und die BVSK-Tabelle stelle keine geeignete Schätzungsgrundlage dar. Die Nebenkosten würden deutlich über den üblichen Preisen liegen. Auch die Reparaturdauer in Eigenregie werde bestritten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernahme der Zeugen … sowie …. Auf den Inhalt des Protokolls vom 11.05.2023 wird ausdrücklich Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gegenseitig ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten einen Anspruch gemäß § 7 Abs. 2 StVG, § 115 VVG, §§ 249ff. BGB in dem tenorierten Umfang.

I.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der Wagen wurde gem. § 929 BGB übereignet. Nach Überzeugung des Gerichts hat die Klägerin den Wagen von dem Zeugen … schenkungsweise übereignet bekommen. Der Zeuge … war unstreitig der vorherige Eigentümer. Für eine spricht insbesondere die Aussage des Zeugen … welcher ausdrückliche erklärte, er habe den Wagen seiner Schwiegertochter übereignet und diese könne ihn nunmehr für den Enkel nutzen. Insoweit der Zeuge sich zunächst unklar über seine eigenen Rechte an dem Wagen ausdrückte, so revidierte er dies nach Erläuterung der Begrifflichkeiten von Eigentum und Eigentumsübergang. Die Einwände der Beklagten stehen insoweit hinter der glaubhaften Zeugenaussage zurück.

II.

Die Klägerin hat grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz aus dem Unfallereignis gem. §§ 7 Abs. 2, 18 StVG, 115 VVG, 249ff. BGB.

Die Beteiligten haften aus einem Verkehrsunfall. Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht grundsätzlich anerkannt. Lediglich klärungsbedürftig ist, mit welcher Haftungsquote die Parteien für den Schaden einstehen. Die Beklagten haben mit einer Quote von 70 % für den Unfallschaden einzustehen. Diese Quote ergibt sich aus den jeweiligen Verursachungsbeiträgen der Parteien, 17 StVG.

Der Beklagte verletzte seine Rücksichtnahmepflichten, indem er aus dem Parkplatz ausfuhr ohne sicherzustellen, dass auf dem vor ihm liegenden, den Parkplatz kreuzenden Weg kein weiteres Fahrzeug fuhr. Insoweit erklärte der Beklagte ausdrücklich, er habe keine entsprechenden Sichtverhältnisse herbeiführen können.

Beim Herausfahren aus einer Parkbucht eines Parkplatzes gilt in der Regel weder § 8 Abs. 1 StVO noch § 10 StVO. Vielmehr trifft beide Verkehrsteilnehmer die Pflicht zu gesteigerter Rücksichtnahme, die bei einem Zusammenstoß von beiden verletzt worden sein dürfte, sodass in diesen Fällen in der Regel eine Schadensteilung vorzunehmen sein wird, wobei im Grundsatz das aus der Parklücke herausfahrende Kfz den höheren Haftungsanteil zu tragen hat. (Grüneberg Haftungsquoten, Rn. 272, beck-online) Ergebnis der besonderen Rücksichtnahmepflicht ist, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen zumeist kein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers bzw. keine völlige Verdrängung der Betriebsgefahr gegeben sein wird. In die Haftungsabwägung sind unabhängig von der wechselseitigen bzw. ggf. nur einseitigen Anwendung des Beweises des ersten Anscheins die Betriebsgefahr und sonstige feststehende Unfallumstände einzubeziehen. (BeckOGK/Walter, 1.1.2022, StVG § 17 Rn. 112) Analog § 10 StVO trifft den aus einer Parklücke eines Parkplatzes herausfahrenden Fahrzeugführer eine erhöhte Sorgfaltspflicht, nach der er den Verkehr auf dem Parkplatz beobachten und sein Fahrverhalten darauf einstellen muss; jedoch darf ein herannahender Fahrzeugführer nicht auf ein – seiner Ansicht nach bestehendes – Vorrecht „pochen“ (LG Bochum, Urteil vom 24. Mai 1991 – 5 S 482/89 –, juris) oder sich „blind“ auf dieses verlassen.

Der Zeuge … fuhr seiner glaubhaften und detaillierten Aussage folgend zum Ausgang des Parkplatzes mit dem klägerischen Wagen entlang der seitlich rechts parkenden PKW, ohne den von rechts kommenden PKW des Beklagten zu erkennen. Der Beklagte erklärte hingegen, er habe während des Abbiegevorganges keine Sicht auf die kreuzende Straße gehabt. Es konnte im Rahmen der mündlichen Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden, ob der Beklagte in den Wagen der Klägerin fuhr oder ob der Anstoß von diesem ausging. Der Beklagte hatte keine Vorfahrt nach den oben genannten Grundsätzen, auch wenn der Wagen der Klägerin von links auf ihn zukam, doch auch der Zeuge durfte nicht darauf vertrauen, dass sich ihm kein Wagen nähern würde, denn er befand sich auf einem Parkplatz auf der Ausfahrtsstraße. Die unklaren Sichtverhältnisse sind für den Beklagten jedoch quotenerhöhend zu berücksichtigen.

Insoweit kann die Geschwindigkeit der Parteien dahinstehen, denn jedenfalls ist die örtliche Situation zwischen den Parteien unstreitig. Aufgrund der unstreitigen Ausgangssituationen, der jeweils sehr kurzen Fahrtwege sowie der örtlichen Begebenheiten kann bereits denklogisch ausgeschlossen werden, dass eine der Parteien mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Die Aussage der Zeugin … hinsichtlich der Wucht des Aufpralls des klägerischen PKW erscheint insoweit dem Schreck geschuldet und unglaubwürdig. Die Zeugin erklärte, sie habe nicht auf die Sichtverhältnisse geachtet, doch der Wagen der Klägerin habe das Auto des Beklagten bewegt. Zwischen dem Wagen des Beklagten und dem seitlich nächsten Auto sei ein normaler Parkabstand gewesen. Sie habe geglaubt, sie werde in den Wagen hineingedrückt. Insoweit erscheint es bereits ausgeschlossen, dass der Wagen des Beklagten tatsächlich mit einer derartigen Wucht getroffen wurde, denn in diesem Fall wäre der Wagen wohl unweigerlich in das nur wenige Zentimeter entfernte benachbarte Auto gedrückt worden. Auch spricht das Schadensbild nicht für eine derartige Wucht. Im Schriftsatz vom 07.12.2022 erklärte der Beklagte, das Auto sei nach rechts geschoben worden, die Zeugin erklärte jedoch, es habe „geruckelt“ und das Auto sei bewegt worden. Wie das Auto bewegt wurde vermochte die Zeugin nicht zu erklären. Insoweit wurde im Rahmen der Vernahme deutlich, dass sich die Zeugin vorrangig über die Kollision erschreckt und den Unfall nicht vollständig wahrgenommen hatte.

Der Aussage, der klägerische Wagen sei mit einer derartigen Wucht/Geschwindigkeit auf den Beklagten getroffen, dass dieser verschoben wurde, stehen auch die Aussagen der Zeugen … und … entgegen. Diese erklärten insoweit übereinstimmend, der Zeuge sei erst wenige Meter vor dem Zusammenprall angefahren. Zudem erklärte der Zeuge … der Beklagte sei in ihn hineingefahren. Die Aussagen waren detailliert und stimmten überein. Auch wenn es sich bei dem Zeugen … um den Fahrer des PKW handelte, so sagte dieser dennoch ohne erkennbare Voreingenommenheit aus und erklärte sich auch zu Details glaubhaft. Insoweit kann zwar nicht unvoreingenommen seiner Einschätzung gefolgt werden, dass der Beklagten in den wagen der Klägerin gefahren sei, doch ist dies dennoch ein Indiz dafür, dass der Unfall jedenfalls mit einer derart geringfügigen Geschwindigkeit zu Stande kam, dass eine genaue Beurteilung, wer in wen fuhr nicht direkt möglich war. Auch der Ort des Unfalls und der jeweils geringe Fahrtweg sprechen hierfür. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Beklagte unterschrieb vor Ort ein Schuldbekenntnis, dies ist in der Abwägung der Verursachungsbeiträge zu beachten. Die Anlage K1 stellt kein Schuldanerkenntnis dar, ist insoweit jedoch in die Abwägung miteinzubeziehen. Man muss in der Regel davon ausgehen, dass der Unfallbeteiligte an Ort und Stelle weder die Zeit noch die Möglichkeit hat, die Frage der Schuld abschließend zu beurteilen und dass auch für den Verletzten erkennbar eine solche Absicht nicht vorliegt. In der Erklärung, an einem Verkehrsunfall alleinschuldig zu sein, kann nur dann ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesehen werden, wenn festgestellt wird, dass der Erklärung ein Gespräch der Beteiligten über Haftpflichtansprüche vorausgegangen ist. Wenn der Schädiger/Versicherungsnehmer unmittelbar nach einem Verkehrsunfall seine Verantwortung einräumt, Zahlung verspricht und diese Angaben in Gegenwart des Geschädigten gegenüber der Kraftfahrzeugwerkstatt wiederholt, liegt zumindest ein Schuldbekenntnis vor. (vgl. Rebler, MDR 2018, 1345, 1347) Insoweit stellt die Anlage K1 kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB dar, zwar sprachen die Parteien über die Schuldfrage, doch erklärte der Beklagte ausdrücklich, er habe noch unter dem Schreck des Unfalles gestanden und sei sich der Richtigkeit seiner Angabe nicht sicher gewesen. Rechtsbindungswille liegt insoweit nicht vor. Trotzdem spricht dieses Bekenntnis dafür, dass der Beklagte es nach erster Einschätzung zumindest für möglich hielt an dem Unfall schuldig gewesen zu sein. Insoweit ist es gerechtfertigt, seine Haftungsquote leicht zu erhöhen.

Die nach den oben genannten Grundsätzen üblicherweise sachgerechte hälftige Teilung der Verschuldensbeiträge verschiebt sich mithin leicht zu Lasten des Beklagten. Insoweit wiegt eine Fahrt aus einer Parklücke heraus auf eine kreuzende Straße, auch wenn diese ebenfalls noch Teil des Parkplatzes ist, ohne dabei die erforderlichen Sichtverhältnisse herzustellen schwerer, als eine Fahrt, bei der lediglich der kreuzende Verkehr nicht wahrgenommen wurde. Dieser Verstoß wiegt jedoch nicht so schwer, als dass er die Betriebsgefahr der Klägerin aufheben würde. Hiernach erscheint eine Haftungsquote für die Beklagten von 70 % sachgerecht.

Grundsätzlich kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Kosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung).

a.

Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Wiederbeschaffungskosten i.H.v. weiteren 518,20 € nach den oben genannten Grundsätzen. Zwischen den Parteien ist die Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes für den beschädigten Wagen der Klägerin unstreitig. Die Beklagte leistete hierauf bereits einen Betrag von 1295,50 €. Hieraus ergibt sich ein verbleibender ersatzfähiger Schaden von 518,20 €. Insoweit ist bei einem Totalschaden der Wiederbeschaffungsaufwand ersatzfähig, auch wenn tatsächlich kein Ersatzwagen beschafft wurde.

b.

Die Klägerin hat einen weiteren Anspruch auf Ersatz der Unfallnebenkostenpauschale i.H.v. 1,50 € nach dem oben genannten Grundsätzen. Insoweit ist eine Pauschale von 20,00 € üblich, diese ist wiederum der oben genannten Quote anzupassen. Ein Betrag von 12,50 € wurde bereits durch die Beklagte geleistet.

c.

Hinsichtlich der Sachverständigenkosten ist dabei folgendes zu beachten:

Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Dabei verbleibt für ihn allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergibt sich auch eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gem. § 287 ZPO zu bemessen hat. Bei der Frage, wann von erkennbar überhöhten Preisen auszugehen ist, ist keine Gesamtbetrachtung, sondern auf die jeweiligen Einzelpositionen abzustellen, die der Sachverständige veranschlagt hat (vgl. zur gebotenen Einzelbetrachtung BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17; vom 22.07.2014, Az.: IV ZR 357/13).

An der Schätzung der Sachverständigenkosten mit Hilfe der BVSK-Tabelle bestehen keine rechtlichen Bedenken, insoweit vermögen die Einwände der Beklagten hiergegen nicht zu überzeugen. Die BVSK-Tabelle stellt eine geeignete Schätzungsgrundlage dar. An der Qualifikation des Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Insoweit haben die Beklagten diese lediglich pauschal bestritten, jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein Fehlen dieser Qualifikation vorgelegt, nachdem die Klägerin diese substantiiert darlegte.

1.

Die Klägerin hat Anspruch auf den Ersatz des Grundhonorars i.H.v. 532,00 €. Die notwendigen Kosten werden insoweit gem. § 287 ZPO anhand der BVSK-Tablle 2022 geschätzt. Die Anwendbarkeit der BVSK-Tabelle ist in der Rechtsprechung anerkannt und stellt einen Schnitt der Sachverständigenkosten aus verschiedenen Regionen dar.

Unabhängig vom Vorliegen einer etwaigen Vergütungsvereinbarung schuldet die Beklagte die nach der BVSK-Tabelle 2022 üblichen Kosten.

Ausgehend von dem im Privatgutachten ermittelten unstreitigen Schaden in Höhe von 7.828,65 € liegt der insoweit in Rechnung gestellte Betrag von 532,00 € für den Geschädigten nicht erkennbar deutlich über den (Vergleichs-) Beträgen, die sich nach dem HB-V-Korridor der BVSK-Honorarbefragung 2022 ergeben (872,00 € bis 965,00 €) und die das Gericht in Ausübung seines ihm nach § 287 ZPO zukommenden Schätzungsermessens zugrunde legt. Vielmehr liegt der Betrag sogar unter dem HB I, nach welchem 95 % der Befragten über diesem Betrag liquidieren.

2.

Die geforderten Nebenkosten sind teilweise überhöht.

Zur Schätzung der Höhe der erforderlichen Nebenkosten, die der Geschädigte nach der gebotenen Plausibilitätskontrolle als angemessen bewerten kann, sind grundsätzlich – ungeachtet der Unterschiede zwischen der privatrechtlichen Beauftragung und der gerichtlichen Bestellung eines Sachverständigen – die Regelungen des JVEG als Schätzungsgrundlage nach § 287 ZPO heranzuziehen. § 287 ZPO gibt die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Soweit es sich um typische Fälle handelt, ist bei der Schadensbemessung das Interesse gleichmäßiger Handhabung mit in den Blick zu nehmen. Dementsprechend ist es anerkannt, dass sich der Tatrichter in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung im Rahmen der Schadensschätzung gesetzlich geregelter oder in anerkannten Tabellen enthaltener Erfahrungswerte bedienen kann. (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17) Die BVSK-Tabelle verhält sich lediglich pauschal zu den veranschlagten Nebenkosten, nach eigenen Angaben wird nur ein üblicher Nebenkostensatz angegeben, da üblicherweise unter analoger Anwendung des JVEG die Nebenkosten bestimmt werden. Derartig pauschale Angaben ohne Erklärungen zur Häufigkeit dieser Berechnung oder ihren regionalen Unterschieden erscheinen zur Schätzung jedoch weniger geeignet, so dass vorrangig das JVEG zur Schätzung herangezogen wird.

Die Heranziehung des JVEG ist auch sachgerecht. Die hier in Rede stehenden Nebenkosten wie Foto-, Schreib- und Kommunikationskosten fallen nicht nur bei der Arbeit von Kfz-Sachverständigen, sondern auch als Kosten für Nebentätigkeiten bei anderen Betrieben und Selbständigen an, beispielsweise bei Sachverständigen jeder Fachrichtung, bei Rechtsanwälten, Notaren, Detekteien, Übersetzern, Architekten und Ingenieuren. Sie sind daher nicht ausschließlich einer bestimmten Branche zuzuordnen mit der Folge, dass es für die Schätzung der objektiv erforderlichen Nebenkosten auch nicht zwingend einer Grundlage bedarf, die sich alleine auf Angaben aus dem Bereich der Kfz-Sachverständigen stützt (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 24.10.2017, Az.: VI ZR 61/17). Dies gilt insbesondere auch für die Kostenposition Fahrtkosten, deren nach § 287 ZPO erstattungsfähige Höhe sich ebenfalls nach dem JVEG bemisst. (LG Hamburg Urt. v. 21.8.2020 – 306 S 6/20, BeckRS 2020, 21042 Rn. 48, beck-online)

A) Die von der Klägerin tatsächlich berechneten Kosten für die Fertigung von 15 Lichtbildern sind auch nicht deutlich erkennbar überhöht. Nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 JVEG können für den Erstsatz ein Betrag von 2,00 € pro Lichtbild (im Streitfall: 2,00 € / gesamt: 30,00 €) verlangt werden.

B) Die berechneten Fahrtkosten von 0,70 €/km bei 18 km Strecke für insgesamt 12,60 € sind nach § 5 JVEG leicht überhöht. Hiernach sind lediglich 0,30 €/km ersatzfähig. Bei einer Strecke von 18 km sind gemäß § 5 JVEG lediglich 5,40 € ersatzfähig.

C) Weiter ist die in Ansatz gebrachte Pauschale für Schreibkosten / Kopien in Höhe von 23,40 EUR in vollem Umfang erstattungsfähig: bei diesen Aufwendungen handelt es sich – obschon sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Gemein- und Mühewaltungskosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Leben konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann. Der Geschädigte konnte allein deshalb jedoch vorliegend nicht erkennen, dass die vom Sachverständigen berechneten Beträge den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich übersteigen. Unter Heranziehung der JVEG Abrechnungssätze ergibt eine Schätzung im Anwendungsbereich von § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 JVEG (0,90 Euro je angefangene 1.000 Anschläge) bei gemittelten 1.200 Anschlägen pro Seite im Streitfall für 13 Textseiten einen erstattungsfähigen Betrag für Schreibkosten / Kopien in Höhe von 14,04 EUR. (vgl. LG Hamburg Urt. v. 21.8.2020 – 306 S 6/20, BeckRS 2020, 21042 Rn. 56, beck-online) Hinzu kommen Kosten für Kopien gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG von 0,50€ pro Seite. Bei 13 Seiten und 2 Kopien ergibt sich ein Betrag von 13,00 €. Mithin liegen die von der Klägerin geltend gemachten Kosten unter denen des JVEG und waren nicht erkennbar überhöht.

D) Die Pauschale von 15,00 € für Porto- und Telefonkosten ist nicht erkennbar überhöht, denn eine vergleichbare Pauschale wird im JVEG nicht aufgeführt und ist nach der lediglich nachrangig zu beachtenden BVSK-Tabelle üblich. Sie ist damit im Rahmen der Vergütungsvereinbarung ersatzfähig.

Die Kosten waren nach den oben genannten Grundsätzen geringfügig erkennbar überhöht. Hieraus ergeben sich ersatzfähige Kosten von 605,80 € zzgl. MwSt. Dieser Betrag ist durch die Beklagten zu 70 % zu ersetzen. Die Beklagte leistete bereits einen Betrag von 236,60 € auf die Sachverständigenkosten, mithin verbleibt ein zu leistender Restbetrag von 268,03 €.

V.

Die Klägerin hat nach den oben genannten Grundsätzen Anspruch auf Ersatz für Nutzungsausfall von 7 Tagen. Insoweit die Beklagten die Gruppierung des klägerischen Fahrzeuges bestreiten, so wurde dies nicht substantiiert dargelegt. Insoweit wird der von Gutachter herangezogene Wert von 43,00 € pro Tag für die Mietwagengruppe 4 herangezogen.

Richtschnur für den vom Schädiger nach § 249 S. 2 BGB zu leistenden Ersatz sind nicht die vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten, sondern der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag. Dieser ist unbeschadet der auf die individuellen Möglichkeiten und Belange des Geschädigten Rücksicht nehmenden subjektbezogenen Schadensbetrachtung nach objektiven Kriterien, d.h. losgelöst von den für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen, zu bestimmen. Deshalb kann auch ein Geschädigter, der nach einem Unfall sein Kfz nicht in eine Kundendienstwerkstatt gibt, sondern es im Wege der Eigenreparatur selbst wieder instand setzt, vom Schädiger nicht nur die verauslagten Ersatzteilkosten und eine Entschädigung für etwa aufgewendete Freizeit, sondern denjenigen Geldbetrag verlangen, der ihm bei der Reparatur in einer Fachwerkstatt in Rechnung gestellt worden wäre. (vgl. BGH, NZV 1992, 273, beck-online, m.w.N.)

Der Nutzungsaufall ist für 7 Tage ersatzfähig. Insoweit steht nach der Zeugenvernahme des sachkundigen Zeugen … zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch eine Reparatur durch eine Kundendienstwerkstatt mindestens 5 Tage in Anspruch genommen hätte. Hierfür spricht insbesondere die fachkundige Aussage des Zeugen … zudem haben die Beklagten den Zeitraum von 5 Tagen nicht bestritten, nachdem die Klägerin sich diesen zu eigen machte. Auch bei einer notwendigen Reparaturdauer von 5 Tagen wären jedoch 7 Tage Nutzungsausfall ersatzfähig, da auch der Zeitraum zur Einholung des Gutachtens bei einem fahrunfähigen Fahrzeug hierzu zählt, welcher 1-2 Tage in Anspruch nehmen darf. Insoweit kann dahinstehen, ob eine Reparatur in einer Fachwerkstatt weniger Zeit als 7 Tage in Anspruch genommen hätte, denn auch bei einer unstreitigen Dauer von 5 Tagen liegt ein ersatzfähiger Zeitraum von 7 Tagen vor.

Insoweit verbleibt bei einer Haftungsquote von 70 % ein ersatzfähiger Schaden von 210,70 €.

VI.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280, 286 BGB. Die Beklagte befand sich mit einem Teil der Zahlung in Verzug, aufgrund der teilweise unbegründeten Forderung ist den vorgerichtlichen Gebühren lediglich ein Gebührenwert von bis zu 3.000,00 € zu Grunde zu legen. Hiermit ergibt sich ein ersatzfähiger Schaden i.H.v. 367,23 €.

VII.

Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagten befanden sich jeweils seit Rechtshängigkeit im Verzug.

VIII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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