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Parkplatzunfall – Kollision bei Ausparkvorgang

LG Bochum – Az.: I-11 T 29/14 – Beschluss vom 10.07.2014

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Recklinghausen vom 06.03.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragssteller tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragsteller keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO.

I.

Soweit der Antragsteller zu 2 Ansprüche auf Ersatz der Schäden geltend macht, die infolge der Beschädigung seines PKW entstanden sind, stehen ihm über die bereits außergerichtlich von der Antragsgegnerin zu 3 gezahlten Beträge keine weiteren Ansprüche zu.

Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsgegner für die Folgen des Verkehrsunfalls vom 25.02.2013 lediglich zur Hälfte haften.

Da höhere Gewalt und eine Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens für einen der beteiligten Fahrzeugführer nicht vorliegen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, hängt im Verhältnis der Parteien zueinander gemäß § 17 Abs. 1 StVG die Verpflichtung zum Schadensersatz von den Umständen, dem Grad des Verschuldens und insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Parkplatzunfall - Kollision bei Ausparkvorgang
Symbolfoto: Von Sina Ettmer Photography /Shutterstock.com

Sowohl dem Antragsteller zu 2 als auch der Antragsgegnerin zu 2 ist im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen §§ 1, 9 Abs. 5 StVO anzulasten.

Auf Parkplätzen gilt in besonderer Weise das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme, weil stets mit ausparkenden und rückwärts fahrenden Fahrzeugen zu rechnen ist.

Beim Rückwärtsfahren gilt zudem – zumindest dem Rechtsgedanken nach – die Regelung in § 9 Abs. 5 StVO. Der aus einer Parkbox rückwärts in den Fahrbahnbereich zwischen den Fahrboxen hinein Fahrende oder der in einer Parkgasse rückwärts Fahrende hat besondere Vorsicht, insbesondere durch stetige Umschau nach rückwärts und seitwärts, walten zu lassen, um zu gewährleisten, dass der hinter ihm bei weiterem Zurückfahren liegende Gefahrraum während des gesamten Rückfahrmanövers von hinten wie auch von den Seiten her frei bleibt. Ist die Sicht durch andere Fahrzeuge behindert, ist ein besonders vorsichtiges Hineintasten in den Gefahrraum, ggf. ein Einweisen, geboten.

Dass der Antragsgegnerin zu 2 gegen die ihr hiernach obliegenden Pflicht verstoßen hat, steht nicht im Streit. Allerdings trifft sie entgegen der Auffassung des Antragstellers kein Alleinverschulden. Letzteres lässt sich insbesondere nicht daraus herleiten, dass sich die Antragsgegnerin zu 2 nach dem Unfall bei dem Antragsteller entschuldigt hat und erklärt hat, sie habe ihn übersehen. Mit dieser Bemerkung hat die Antragsgegnerin zu 2 allenfalls eine Mitverursachung eingeräumt, nicht jedoch die volle Haftung für das Unfallgeschehen übernommen.

Für einen Verstoß des Antragstellers zu 2 gegen die Pflichten aus §§ 1, 9 StVO spricht der Beweis des ersten Anscheins, weil die Kollision noch in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Zurücksetzen des Fahrzeugs des Antragsstellers aus der Parkbox gestanden hat. Dass das Fahrzeug noch vor der Kollision zum Stehen gekommen ist, vermag den Antragsteller zu 2 nicht zu entlasten und den Anscheinsbeweis nicht zu erschüttern. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das Fahrzeug des Antragstellers zu 2 so lange gestanden hätte, dass sich die Antragsgegnerin zu 2 hierauf hätte einstellen können. Mit dem Amtsgericht ist auch das Beschwerdegericht der Auffassung, dass sich dies nicht feststellen lässt, insbesondere ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage nicht einzuholen ist, weil ein Sachverständiger allenfalls feststellen kann, ob das Fahrzeug des Antragstellers im Zeitpunkt der Kollision gestanden hat, nicht jedoch wie lange. Ebenso wenig kann ein Sachverständiger Angaben dazu machen, wo genau sich das von der Antragsgegnerin geführte Fahrzeug befand, als das Fahrzeug des Antragstellers zum Stillstand gekommen war.

Auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50/50 hat die Antragsgegnerin zu 2 die Ansprüche des Antragstellers durch die vorgerichtlichen Zahlungen erfüllt.

II.

Was die Ansprüche beider Antragsteller auf Schmerzensgeld und Ersatz verletzungsbedingter Kosten betrifft, hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Eine Beweisantizipation ist in eng begrenztem Rahmen zulässig. Zweck des Prozesskostenhilfeverfahrens ist es, Bemittelte und Unbemittelte bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gleich zu behandeln. Maßstab für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist also auch im Zusammenhang der vorwegzunehmenden Beweiswürdigung, ob eine vernünftig denkende Partei einen Rechtsstreit noch führen würde, wenn sie diesen selbst bezahlen müsste. Prozesskostenhilfe ist deshalb zu versagen, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (OLG München, Beschluss vom 01. September 2010 – 5 W 1810/10 -, juris).

So liegt der Fall hier.

Die Frage, ob sich die Antragsteller die behaupteten Verletzungen zugezogen haben, betrifft den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität, der den strengen Anforderungen des § 286 ZPO unterliegt. Dass die Antragsteller diesen Nachweis führen können, erscheint äußerst unwahrscheinlich.

Beide Antragsteller machen eine Verletzung der Halswirbelsäule geltend. Es ist allgemein bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verletzung proportional zum Ausmaß der durch die Kollision bedingten Geschwindigkeitsänderung ist. Je geringer das Ausmaß der Veränderung ist, desto kleiner ist auch die Wahrscheinlichkeit des unfallbedingten Eintritts einer Distorsionsschädigung der Halswirbelsäule und umgekehrt (vgl.OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2011 – 1 U 151/10).

Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass angesichts der Unfallumstände und der durch Bilder belegten Beschädigungen der Fahrzeuge von einer geringen Geschwindigkeitsänderung von unter 10 km/h auszugehen ist. Da sich die die Antragstellerin zu 2 mit ihrem Fahrzeug aus kurzer Entfernung rückwärts auf das Fahrzeug des Antragstellers zu 2 zu bewegt hat, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich der Schrittgeschwindigkeit gelegen hat, so dass die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung noch darunter gelegen hat und die biomechanischen Belastungen, denen die Antragsteller ausgesetzt waren, nur gering waren.

Um gleichwohl den Nachweis unfallbedingter Verletzungen erbringen zu können, müssten weitere Indizien vorliegen, welche den Rückschluss auf die behaupteten HWS-Distorsionen zulassen. Solche Indizien gibt es hier jedoch nicht. Die bei den Antragstellern attestierten Beschwerden und Befunde (Muskeldruckschmerz, Verspannung, Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule) sind nicht verletzungsspezifisch, da es sich um Beschwerden und Befunde handelt, die auch unfallunabhängig auftreten können. Hinzu kommt, dass die Befunde auf den Angaben der Antragsteller beruhen und medizinisch nicht objektivierbar sind. Auch sind die Befunde nicht zeitnah nach dem Unfallereignis erhoben worden. Beide Antragsteller haben sich erst 3 Tage nach dem Unfallgeschehen, nämlich am 28.02.2013, zum Arzt begeben.

Die von der Antragstellerin behauptete Verletzung der oberen Brustwirbelsäule lässt sich zudem durch das Unfallereignis überhaupt nicht erklären. Prellungen oder sog. Gurtmarken sind nicht festgestellt worden.

Für verletzungsfördernde Besonderheiten fehlen jegliche Anhaltspunkte.

Es ist deshalb von auszugehen, dass eine etwaige Beweisaufnahme zum Nachteil der Antragsteller ausgehen wird.

III.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 127 Abs. 4 ZPO, §§ 1, 3 Abs. 2, Nr. 1812 KV GKG.

Von Amts wegen ist eine Wertfestsetzung nicht veranlasst.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten, da die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen.

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