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Parkplatzunfall beim Ausparken

 Landgericht Braunschweig

Az: 7 S 490/09

Urteil vom 29.06.2010


Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.11.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Braunschweig – 111 C 2190/09 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.103,53 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.776,74 € seit dem 26.5.2009 und auf weitere 326,79 € seit dem 3.6.2009 abzüglich am 26.6.2009 gezahlter 1.184,50 € und abzüglich am 29.6.2009 gezahlter 218,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 237,14 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.7.2009 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird (bleibt) abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 25% und die Beklagte 75%, §§ 91, 97 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision in dieser Einzelfallentscheidung sind nicht gegeben, § 543 ZPO. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Rechtsfortbildung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Zugleich wird beschlossen:

Bei der erstinstanzlichen Wertfestsetzung in dem im Urteil v. 19.11.2009 enthaltenen Beschluss (Bl. 50. d. A.). verbleibt es.

Der Wert für das Berufungsverfahren wird auf die Stufe bis 1.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes im Einzelnen wird abgesehen (§§ 540, 313 a ZPO, § 26 EGZPO).

Wegen der tatsächlichen Feststellungen zum Vorgang am 26.3.2009 auf dem ….-Parkplatz in ….., nachdem die unfallbeteiligten Fahrzeuge jeweils senkrecht zum Fahrstreifen (das eine Fahrzeug rechts, das andere Fahrzeug links, direkt gegenüber, vorwärts eingeparkt) ihre Parkposition verlassen gehabt haben, wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen. Zweitinstanzlich (Ver-) Änderungen und Ergänzungen zu den dortigen Feststellungen gibt es nicht.

Der Kläger macht geltend, er sei (rückwärts) aus der von ihm auf dem Parkplatz des Supermarkts genutzten Parkbucht herausgefahren und – schon – in der Mitte der Fahrspur gewesen, als er bemerkt habe, dass die Erstbeklagte rückwärts auf ihn zugefahren komme, die dann gegen sein stehendes Fahrzeug gefahren sei.

Die Beklagte zu 1) lässt vertreten, es sei erst zum Zusammenstoß gekommen, als ihr rückwärtiger Ausparkvorgang „bereits nahezu vollständig beendet“ (so auch in der Berufungserwiderung, Bl. 68) gewesen sei. Eine andere als die hälftige Schadensteilung komme nur in Betracht, wenn der Kläger nachgewiesen hätte, dass das von ihm geführte Fahrzeug bereits „längere Zeit“ gestanden habe, wobei diese Zeit so zu bemessen sei, dass der verstrichene Zeitraum ausreichend für die Annahme gewesen sei, das Beklagtenfahrzeug habe sich erst dann rückwärts in Bewegung gesetzt, als das klägerische Fahrzeug bereits nach dem Ausparkvorgang zum Stillstand gekommen war. Ansonsten sei beiden Beteiligten zum Vorwurf zu machen, sie hätten es beim Rückwärtsfahren an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen.

Das Amtsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil es zur hälftigen Haftungsquote gekommen ist und angesichts der Zahlungen von Beklagtenseite nach Rechtshängigkeit einen erstattungsfähigen restlichen Schaden des Klägers verneint hat. Es stellt – gestützt (auch) auf die Aufnahmen von den zusammengestoßenen Fahrzeugen (Bl. 6 ff.) – den Zusammenstoß dahin fest (AGU 2, Bl. 45), dass die Anstoßstelle am PKW Peugeot des Klägers im hinteren Bereich der linken Fahrzeugseite (bei etwas nach rechts eingeschlagenen Vorderrädern) und am VW Passat der Erstbeklagten am Heck hinten rechts lag (bei etwas nach links eingeschlagenen Vorderrädern). Bei den Erwägungen zur Unabwendbarkeit äußert sich das Amtsgericht dahin, dass es nicht festzustellen vermöge, dass der Kläger bereits vollständig aus der Parkbucht herausgefahren und auf der Fahrbahn gestanden habe, als die Erstbeklagte ihren Ausparkvorgang begonnen habe. Im Kontext der Abwägung von Verursachungsanteilen heißt es in der angefochtenen Entscheidung: … (es) sei in keiner Form nachweisbar, wie lange der Kläger mit seinem Fahrzeug stand, bevor es zu der Kollision kam. Zwar lasse sich aus der Unfallstellung der beteiligten Fahrzeuge schließen, dass letztlich die Erstbeklagte gegen das klägerische Fahrzeug gefahren sei…Es lasse sich aber aufgrund der Nichtfeststellbarkeit der genauen zeitlichen Abläufe nicht ausschließen, dass der Kläger sein Fahrzeug gleichsam „in letzter Sekunde“ vor das Heck der Beklagten fuhr und erst dort zum Stehen kam, so dass ihr eine Reaktion zeitlich nicht mehr in dem Sinne möglich war, dass es gerechtfertigt wäre, sie so zu behandeln, als sei sie gegen ein stehendes Hindernis gefahren.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er beantragt das angefochtene Urteil abzuändern und 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.804,1 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2.378,99 € (gemeint 2.368,99) für die Zeit vom 26.5.2009 und auf weitere 435,72 € seit dem 3.6.2009 zu zahlen abzüglich am 26.6.2009 gezahlter 1.184,50 € und abzüglich am 29.6.2009 gezahlter 218,00 € sowie 2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 316,18 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.7.2009 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen, wobei sie das amtsgerichtliche Erkenntnis verteidigen.

Wegen aller Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.

Der Rechtsstreit ist durch Beschluss der Kammer auf den zuständigen Berichterstatter als streitentscheidendem Einzelrichter übertragen worden.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Entgegen der Schlusserkenntnis des Amtsgerichts haften die Beklagten für den Schaden des Klägers zu 75% – und nicht nur zu 50%. Die Anwaltskosten sind erstattungsfähige Folgekosten, stehen der Berechnung nach nicht in Frage und setzen sich zu der Quote durch, die für die unstreitigen Schadenspositionen (Reparaturkosten, Wertminderung, Pauschale) gilt. Der Zinsanspruch und -ausspruch folgt den Verzugsnormen. Die (hälftige) Zahlung nach Rechtshängigkeit führt zur Verrechnung wie antragsgemäß tenoriert.

Die Haftung der Beklagten folgt daraus, dass die Erstbeklagte – nach der eigenen Sachdarstellung – während des Rückwärtsfahrens gegen die hintere linke Seite des klägerischen Fahrzeugs gefahren ist. Beim Rückwärtsfahren hat sie den Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 2 StVO zu entsprechen gehabt, also sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Erforderlichenfalls hatte sie sich einweisen zu lassen gehabt. Wie sie sich tatsächlich nach dem Einsteigen und dann dem Starten des Fahrzeugs vor Beginn des Rückwärtsfahrens verhalten hat, schildert sie weder in erster noch in zweiter Instanz. Die anwaltliche Äußerung, der rückwärtige Ausparkvorgang sei „bereits nahezu vollständig beendet“ gewesen, ist eine im Rechtsstreit vorgetragene Schlussfolgerung ohne präzise tatsächliche – nachvollziehbare – Schilderung. Die Bilder vom Zusammenstoß „sprechen eine andere Sprache“. Danach befand sich das Fahrzeug der Erstbeklagten im Moment des Zusammenstoßes – der mit geringster Geschwindigkeit erfolgt ist, weil es sonst zu ganz anderen Schadensfolgen gekommen wäre, als tatsächlich gegeben – im Rückwärtsfahren mit Beginn eines seitlichen Einschlagens, um von der geraden Position rückwärts zur Fahrerseite hin das Fahrzeug in eine andere Fahrtrichtung bringen zu können.

Das Verschulden der Erstbeklagten ist zwischen den Parteien dabei nicht umstritten.

Dass der Unfall für den Kläger nicht unabwendbar gewesen ist, legt das Amtsgericht treffend dar. Den amtsgerichtlichen Ausführungen ist insofern nichts hinzuzusetzen.

Die mitwirkende Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges führt indessen – nur – zu einer Haftungsminderung um 25% (und nicht um 50%). Einen Grundsatz „Haftung zur Hälfte“ mit Abweichung nach oben oder Veränderung nach unten kennt das Gesetz entgegen gelegentlicher Äußerungen in Entscheidungen oder im Schrifttum nicht.

Insofern kann mit dem Amtsgericht noch zugrunde gelegt werden, dass die Erstbeklagte hinsichtlich Beginn und Durchführung des Ausparkversuchs nicht den Vorwurf eines grob verkehrswidrigen Verhaltens – gerade wegen der Rückschaupflicht- trifft, hinter dem eine mitwirkende Betriebsgefahr auf Klägerseite ganz zurücktreten müsste bzw. würde.

Eine von einem Verschuldensvorwurf getragene relevante Mitschuld des Klägers haben die Beklagten nicht vereinzelt und präzise vorgetragen, weil sie den gesamten realen Ablauf nicht geschildert haben.

Beruft sich ein Unfallbeteiligter zu seinen Gunsten auf eine Sorgfaltspflichtverletzung des Gegners, muss er diese beweisen. Dies verkennt die Berufungserwiderung – nicht anders als gelegentlich zu findende Judikate – insofern, als die Berufungserwiderung einen Beweis des Klägers dahin verlangt, er habe längere Zeit gestanden. Denn ein solcher Aspekt ist nur insofern relevant, als es auf Aspekte eines Anscheins wegen der Gebote des § 9 Abs. 5 StVO zweifelsfrei nicht ankommen kann, wenn die Rückwärtsfahrt beendet ist. Stand der (geschädigte) Anspruchsteller im Kollisionszeitpunkt in diesem Sinn bereits „längere Zeit“ wirkt sich nicht (mehr) unfallursächlich aus, dass der Betroffene früher ebenfalls (rückwärts) aus einer Parkbox ausgefahren ist. Eine Mitbeteiligungsquote kann deshalb darauf nicht gestützt werden. So verhält es sich z.B., wenn der Anspruchsteller im Moment des Zusammenstoßes bereist angehalten (gehabt) hat, um einen Mitfahrer einsteigen zu lassen (KG MDR 2010, 503). Dann ist das Mitverschulden dieses Unfallbeteiligten nicht bewiesen.

Diese Aspekte gelten aber nicht umgekehrt dahin, dass ohne einen solchen (Gegen-) Beweis die Schadensteilung angezeigt ist.

Es geht in diesem Prozess ebenso wie in vielen vergleichbaren Fällen allerdings zunächst um die Frage und den Geltungsbereich des Anscheinsbeweises zu Lasten desjenigen, der wie der Kläger rückwärts gefahren ist oder fährt. Insofern spricht bei und zu der Kollision der aus gegenüberliegenden Parkbuchten (-taschen) rückwärts ausfahrenden Kraftfahrzeugen der Anscheinsbeweis für ein Verschulden der (beiden) Rückwärtsfahrer, solange der Vorgang des Rückwärtsfahrens noch andauert. Diesen Anschein kann ein Beteiligter ggf. erschüttern – z.B. durch Zeugenbeweis oder mittels Sachverständigengutachtens – mit dem Ziel des Nachweises, dass alle Sorgfaltsgebote zur Rückschau und weiteren Beobachtung des betroffenen Verkehrsraums und zu der Verkehrsbewegung des anderen Beteiligten erfüllt worden sind.

Bezogen auf solche Aspekte wäre dem Kläger vorzuhalten, dass er einen solchen Nachweis (zur Erschütterung des Anscheins) nicht geführt hat. – Freilich hat er diesen Beweis mit dem erstinstanzlichen Beweisangebot „Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens“ angetreten, ohne dass das Amtsgericht darauf eingegangen ist. Zweitinstanzlich ist diesem Beweisantritt nicht nachzugehen, weil es darauf nicht entscheidend ankommt, weil es – wie stets zu § 17 StVG – auf das Gewicht der Kausalverläufe und zur Quotierung nicht direkt auf ein Verschulden oder gar das Maß eines Verschuldens – zu dem sich hier das Amtsgericht freilich (auch) nicht geäußert hat – ankommt.

Auch ohne einen (vom Kläger geführten) Nachweis des vorbezeichneten Inhalts ist die Annahme des Amtsgerichts, wegen der Rückwärtsbewegung komme es zur Schadensteilung, nicht tragfähig. Vielmehr kommt es zu der Gewichtung der Kausalbeiträge mit 3:1, ohne dass ein unfallanalytisches Gutachten darauf Einfluss nehmen könnte.

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Jede Abwägung von Verursachungsbeiträgen hat den jeweils im Einzelfall konkreten Ablauf zu reflektieren und darf nicht wegen „praktischer Anforderungen“ (bei der Regulierung eines Vorgangs, der neben anderen als Massenphänomen verstanden wird) auf die im Gesetz angelegte und dort geforderte Vereinzelung verzichten, wie freilich Schadensregulierer oder andere Tatrichter verschiedentlich zugrunde legen.

Lässt sich wegen zweier in Bewegung aufeinander zu befindlichen Fahrzeugen keine Aussage treffen, welches Fahrzeug auf das andere in Fahrbewegung gestoßen ist, spricht alles für eine Schadensteilung. Denn die Sorgfaltspflichten beim Rückwärtsfahren dienen dem Schutz des Verkehrsraums, in den das Fahrzeug fahren soll und den der Fahrer nicht so gut einsehen kann wie beim Vorwärtsfahren. Vor allem gibt es dann keine (nachgewiesenermaßen) unterschiedlich gewichtigen Kausalbeiträge.

Hier verhält es sich jedoch anders, wobei für diesen Fall zur Vermeidung möglicher Missverständnisse in Abgrenzung zu anderen Fällen zugleich zu betonen ist, dass die Gewichtung der konkreten Verursachungsbeiträge davon bestimmt wird, dass das klägerische Fahrzeug stand (wie bereits treffend vom Amtsgericht festgestellt) und zwar so, dass die rückwärts fahrende Erstbeklagte mit dem rechten Fahrzeugheck gegen die linke hintere Seite des Klägerfahrzeugs gestoßen ist, das sich schon fast in der Vorwärtsbewegung auf dem von beiden ausgesuchten Fahrstreifen befunden hat. Der Zeitablauf spricht aus sich heraus nicht dafür, dass „der Kläger quasi“ in die Richtung des sich bewegenden Fahrzeugs der Erstbeklagten schnell hingefahren sei. Dann wäre es vielmehr zu ganz anderen Unfallspuren gekommen, z.B. längs am Fahrzeug verlaufen Kratzspuren.

Nach den Bildern ist das klägerische Fahrzeug eindeutig bereits deutlich aus der Parkbox herausgekommen (gewesen) und hat fast schon die Geradeausrichtung eingenommen, in die dann von dort aus gesehen von links kommend und rückwärts fahrend die Erstbeklagte überhaupt erst hinein gelangen wollte. Die von der Erstbeklagten nach dem Anfahren zurückgelegte Fahrstrecke ist relativ kurz gewesen. Sie hat aber nicht mehr weiter fahren dürfen, als sie (über die rechte Schulter blickend) im Gefahrraum auf der Geradeausspur hinter ihrem Fahrzeug (von dort aus gesehen rechts) hat sehen können, dass sich dort etwas nähert – also der Verkehrsraum nicht frei ist – und hat sich nicht auf das links von ihrem Fahrzeug stehende Fahrzeug konzentrieren dürfen und auch nicht auf den Verkehrsraum von ihrem Fahrzeug aus gesehen nach links als Fahrerseite ausrichten dürfen. Jedenfalls ist bei der zugrunde zu legenden niedrigen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge, wie sie sich aus den Unfallspuren ableitet, und dem offensichtlich im Moment des Zusammenstoßes stehenden klägerischen Fahrzeug der höhere Verursachungsbeitrag der Erstbeklagten anzulasten, die nicht stehen geblieben, sondern in das Fahrzeug des Klägers hineingefahren ist.

Wenn es der Erstbeklagten wegen Sichtbehinderung durch Fahrzeugteile oder aus körperlichen oder aus sonstigen Gründen oder technisch bedingt von vornherein nicht möglich gewesen ist oder nicht möglich erschienen ist, während des Zurückfahrens darauf zu achten, dass kein anderer von der Seite oder direkt von hinten in den Gefahrenraum gelangt, hätte sie so wie geschehen überhaupt nicht fahren dürfen. Jedenfalls hätte sie so langsam fahren müssen, dass sie jederzeit sofort zum Stillstand kommt. Dies ist erkennbar nicht geschehen, ohne dass es darauf ankommt, dass die Erstbeklagte einen Abstellort hätte wählen können, von dem aus sie vorwärts hätte ausfahren können.

Wie der Kläger überhaupt anders als durch Anhalten unfallverhütend hat reagieren können bzw. sollen, haben die darlegungsbelasteten Beklagte zudem nicht veranschaulicht. Wenn der Kläger aber unmittelbar vor der Kollision gar nicht mehr anders als durch Anhalten unfallverhütend hat reagieren können, um der sich konkret abzeichnenden Gefahr in letzter Phase noch zu begegnen, kann ihm nicht mehr als die (allenfalls leicht von 20% wegen des konkreten Ausparkvorgangs auf 25% erhöhte) Betriebsgefahr angelastet werden. Die kritische Verkehrssituation so vorzuverlagern, dass der Kläger die von ihm genutzte Parkbucht nicht auf die Fahrspur für den sich auf dem Parkplatz bewegenden Verkehr hin hätte einfahren dürfen, wäre nur statthaft, wenn die Beklagte (zunächst) dargelegt (bzw. bewiesen) hätte, dass sie schon dann mit gleichbleibender Geschwindigkeit losgefahren ist, als der Kläger den Fahrstreifen erreicht hat. Dies ist aber nicht geschehen. Den Umständen nach spricht alles dagegen.

Soweit die Beklagten bestreiten dass der Kläger sein Fahrzeug vor dem Zusammenstoß zum Stillstand gebracht hat, übergehen sie die vom Akteninhalt getragenen erstinstanzlichen Feststellungen.

Dass der Kläger die ausparkende Erstbeklagte so rechtzeitig bemerkt hat, dass er ausreichend Zeit gehabt hätte, sie durch ein (Warn-,) Hupsignal auf die Gefahr aufmerksam zu machen, haben die darlegungsbelasteten Beklagten nicht vorgetragen.

§ 9 Abs. 5 StVO schützt im Übrigen den fließenden Verkehr und zielt jedenfalls nicht direkt auf andere parkende Fahrzeuge (vgl. OLG Stuttgart NJW 2004, 2255: Der in einer Parkbucht rückwärts rangierende Pkw-Fahrer hat gegenüber seitlich parkenden Fahrzeugen nur die jedem Verkehrsteilnehmer obliegende allgemeine Rücksichtnahmepflicht des § 1 Abs. 2 StVO zu beachten; OLG Jena NZV 2005, 432: § 9 Abs. 5 StVO ist i.V.m § 49 Abs. 1 Nr. 9 StVO, 24 StVG nicht verletzt, wenn beim Rückwärtsfahren auf der Fahrbahn ein am Fahrbahnrand geparktes Fahrzeug beschädigt wird; s. freilich auch OLG Köln VersR 1992, 332: § 9 Abs. 5 StVO schützt in Anbetracht der durch das Rückwärtsfahren geschaffenen besonderen Gefahrenlage den aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Verkehrsteilnehmer).

Ob die von der Berufungserwiderung zitierten amtsgerichtlichen Entscheidungen all dies ausreichend berücksichtigen, ist hier nicht zu beurteilen.

Mit gutem Grund kommt freilich das LG Saarbrücken im Urteil v. 7.05.2010, 13 S 14/10, zu dem Ergebnis, dass derjenige nur aufgrund mitwirkender Betriebsgefahr zu 20% (mit-) haftet, der sein Fahrzeug ein bis zwei Sekunden vor dem Zusammenstoß zum Stehen gebracht hat.

 

 

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