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Fälschung von Parkscheinen durch überkleben und Strafverfahren parallel zu Bußgeldverfahren

OBERLANDESGERICHT KÖLN

Az.: Ss 264/01

Beschluss vom 10.08.2001


In der Strafsache hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. März 2001 und auf den Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 2. Mai 2001 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und teilweise auf deren Antrag einstimmig gemäß § 349 Abs. 2 u. 4 StPO am 10. August 2001 beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts Köln vom 2. Mai 2001 wird aufgehoben.

Unter Verwerfung der weitergehenden Revision wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. März 2001 dahingehend abgeändert, dass

a) die Einstellungsentscheidung mit der daran anknüpfenden Kostenentscheidung zum Nachteil der Staatskasse und

b) im Schuldspruch die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen (versuchten) Betruges in 4 Fällen entfallen,

im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.

Gründe

A. Wegen Parkens im Bereich eines Parkscheinautomaten, ohne den erforderlichen Parkschein am oder im Fahrzeug von außen gut lesbar angebracht zu haben (§§ 13 Abs. 1 S. 1, 49 Abs. 1 Nr. 13 StVO), begangen am 21.03., 22.03. und 24.03.2000, sind gegen die Angeklagte durch Bußgeldbescheide vom 30.05.2000, 13.06. und 27.06.2000 Geldbußen festgesetzt worden. Nachdem die Angeklagte jeweils form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, wurden die Verfahren von der Verwaltungsbehörde an die Staatsanwaltschaft abgegeben und von dort am 4. Oktober 2000 dem Amtsgericht mit dem Antrag vorgelegt, sie mit der bereits anhängigen Strafsache gegen die Angeklagte zu verbinden. Gegenstand des Strafverfahrens war der Vorwurf, die Angeklagte habe sich bei den in den Bußgeldbescheiden erfassten Vorgängen sowie in einem weiteren Fall am 23.03.2000 der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug schuldig gemacht, indem sie mit abgelaufenen, im Bereich des Datums manipulierten Parkscheinen geparkt hatte. In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung sind danach Straf- und Bußgeldverfahren miteinander verbunden worden.

Durch Urteil vom 22.01.2001 hat das Amtsgericht die Angeklagte wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 4 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 80 DM verurteilt und die Bußgeldbescheide vom 30.05.2000, 13.06. und 27.06.2000 aufgehoben. Die Berufung der Angeklagten ist durch Urteil des Landgerichts vom 13.03.2001 mit der Maßgabe verworfen worden, „dass das Verfahren, soweit wegen der Vorfälle vom 21., 22. und 24.03.2000 gesondert Anklage ungeachtet des vorherigen Erlasses von Bußgeldbescheiden erhoben worden ist, eingestellt wird“. In den Urteilsgründen hat die Kammer dabei ausgeführt, die Angeklagte sei in allen Fällen lediglich eines tateinheitlich begangenen versuchten Betruges schuldig; es sei irrtümlich versäumt worden, den amtsgerichtlichen Schuldspruch im Tenor entsprechend abzuändern.

Mit der gegen diese Entscheidung gerichteten Revision strebt die Angeklagte ihren Freispruch, hilfsweise die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht an. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Durch Beschluss vom 02.05.2001 hat das Landgericht die Revision wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Gegen diese, ihr am 05.05.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die Angeklagte mit dem Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts, der am 11.05.2001 bei Gericht eingegangen ist.

B.

I . Der gemäß § 346 Abs. 2 StPO statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts führt zur Aufhebung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses. Denn die Revision begegnet hinsichtlich der Einhaltung ihrer formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 346 Abs. 1 StPO) keinen durchgreifenden Bedenken; insbesondere ist die Revisionsbegründungsfrist von der Angeklagten nichtversäumt worden.

Nachdem das Urteil am 29.03.2001 zugestellt worden war, endete die Frist zur Begründung der Revision (§ 345 Abs. 1 StPO) – unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 43 Abs. 2 StPO – mit Ablauf des 30.04.2001. Die Revisionsbegründungsschrift des Verteidigers ist an diesem Tag bei der „Fernkopierstelle als gemeinsame Briefannahmestelle des Landgerichts und des Amtsgerichts Köln“ eingegangen. Damit ist die Begründungsfrist gewahrt worden. Dem steht nicht entgegen, dass die – zutreffend an das Landgericht adressierte – Schrift zunächst dem Amtsgericht zugeleitet worden ist, weil in der einleitenden Bezeichnung der Sache das Aktenzeichen des Amtsgerichts angegeben war. Selbst eine unrichtige Adressierung ist unschädlich, wenn der wahre Adressat eine der Trägerbehörden der gemeinsamen Briefannahmestelle ist, bei der die Schrift eingeht (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., Vor § 42 Rdnr. 17 m. w. Nachw.; Maul, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 43 Rdnr. 16). Hier ergab sich aus dem Schriftsatz zudem, dass die eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.03.2001 begründet werden sollte.

II. Die zulässige Revision hat insofern teilweise Erfolg, als sie im Schuldspruch gemäß §§ 353, 354 Abs. 1 StPO analog zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils und im Rechtsfolgenausspruch gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zu dessen Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts führt.

1) Die Aburteilung der verfahrensgegenständlichen (prozessualen) Taten begegnet entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere liegen keine Verfahrenshindernisse vor, die an einer Entscheidung in der Sache hindern und die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens veranlassen würden.

a) Das gilt zunächst im Hinblick auf den Gesichtspunkt der anderweitigen Rechtshängigkeit (der gleichen Strafsache; vgl. BGHSt 36, 175 [180] = NJW 1989, 2403 [2404]) und des Verbots der Doppelbestrafung, der bereits aufgrund der Sachrüge zu beachten war (vgl. Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 337 Rdnr. 25 m. w. Nachw.). Dass wegen der selben (prozessualen) Tat bereits Bußgeldbescheide ergangen waren, stand weder der Anklageerhebung noch der strafgerichtlichen Sachentscheidung entgegen.

Die Staatsanwaltschaft kann trotz eines Bußgeldverfahrens, selbst wenn es bei ihr anhängig ist, ein Strafverfahren einleiten und Anklage erheben (Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 69 Rdnr. 54; ders. NStZ 1992, 76; OLG Düsseldorf JMinBI NW 1973, 33). Zweispurige Verfahren zwischen Bußgeld- und Strafverfahren sind durchaus möglich und können zu einer einheitlichen Entscheidung zusammengeführt werden. Dies ergibt sich zwangsläufig aus §§ 84 Abs. 1, 86 Abs. 1 OWiG, wonach selbst ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid die Ahndung der Tat als Straftat nicht hindert. Hat aber ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid diese Wirkung nicht, dann kann sie umso weniger einem nicht rechtskräftigen beigemessen werden (Bohnert, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 2. Aufl., § 69 Rdnr. 107). Daraus folgt weiter, dass die Staatsanwaltschaft weder durch ein eingeleitetes, noch durch ein schwebendes und nicht einmal durch ein beendetes Bußgeldverfahren in ihrer Entschließung, die Tat in strafrechtlicher Hinsicht zu verfolgen, eingeengt ist, dass also das Strafverfahren stets Vorrang vor einem Bußgeldverfahren hat (vgl. BGHSt 35, 290 [293]; Göhler NStZ 1992, 75 [76] m. w. Nachw.). Trotz des bei ihr anhängigen Bußgeldverfahrens ist sie danach nicht gehindert, wegen der selben Tat ein Strafverfahren durchzuführen, also einzuleiten und Anklage zu erheben.

Eine Einstellung des Strafverfahrens war im vorliegenden Fall schon von daher nicht veranlasst, ohne dass auf die vom Amtsgericht vorgenommene Verbindung von Bußgeld- und Strafverfahren noch einzugehen wäre (zur Beseitigung des Verfahrenshindernisses anderweitiger Rechtshängigkeit durch Verbindung mehrerer Strafverfahren: BGHSt 36, 175 = NJW 1989, 2403).

In Einklang damit hat sich auch das Landgericht vorliegend nicht gehindert gesehen, über den Gegenstand der Anklage zu entscheiden, die Angeklagte wegen der darin konkretisierten Straftaten zu verurteilen und deren Berufung für erfolglos zu erachten. Es hat über den Prozessgegenstand in der Sache entschieden, weil es daran nicht durch ein Verfahrenshindernis gehindert war. Soweit es gleichwohl im Tenor die teilweise Einstellung des Verfahrens – mit einer daran anknüpfenden Kostenentscheidung – ausgesprochen hat, steht dies in Widerspruch zu der verfahrensfehlerfrei getroffenen Sachentscheidung. Zur Beseitigung dieser Widersprüchlichkeit war der Urteilsausspruch wie geschehen abzuändern.

b) Auch soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die in den Bußgeldbescheiden vom 30.05.2000 und 13.06.2000 festgesetzten Geldbußen gezahlt zu haben, ist ein Verfahrenshindernis nicht begründet. Die Zahlung der Geldbuße hindert – ebenso wenig wie die Zahlung eines Verwarngeldes gemäß § 56 Abs. 4 OWiG (vgl. dazu Wache, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 2. Aufl., § 56 Rdnr. 39; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 56 Rdnr. 45) – die Verfolgung der Tat als Straftat, da selbst die Rechtskraft des Bußgeldbescheides nicht entgegensteht (§ 84 Abs. 1 OWiG).

2) Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils hält der Überprüfung aufgrund der Sachrüge nicht in jeder Hinsicht stand. Die – rechtsfehlerfrei getroffenen – tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die eine abschließende rechtliche Beurteilung ermöglichen, tragen die Verurteilung wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug nur zum Teil.

Danach parkte die Angeklagte am 21., 22., 23. und 24.03.2000 ihren Pkw auf dem T.-H.-R. in K. jeweils im Bereich eines Parkscheinautomaten, wo das Parken an Werktagen nur gegen die Entrichtung einer Parkgebühr gestattet ist. Der Parkscheinautomat ist auf 24 Stunden eingestellt, wobei die Parkgebühr für diesen Zeitraum 5,– DM beträgt. Der Parkschein zeigt das Ende der zulässigen Parkzeit mit Datum und Uhrzeit an („PARKZEIT ENDET“); darüber hinaus enthält er die Bezeichnung des Standorts („T.-H.-R. 866“). Um die Parkgebühr zu sparen und kontrollierende Politessen über die tatsächlich nichterfolgte Zahlung zu täuschen, legte die Angeklagte jeweils einen abgelaufenen Parkschein hinter die Windschutzscheibe, wobei sie die Datumsangabe jeweils mit Ziffern in dem Druckbild des Parkscheins so überklebt hatte, dass das aktuelle Datum ausgewiesen wurde. Die kontrollierende Politesse erkannte jedoch die Manipulationen und heftete an den ersten drei Tattagen jeweils Verwarnungen unter den Scheibenwischer des Pkw der Angeklagten, am 24.03.2000 wurde die Polizei hinzugezogen, die das Fahrzeug öffnete und den Parkschein sicherstellte.

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a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht darin eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) in 4 Fällen erkannt.

Die Angeklagte hat jeweils von einer unechten Urkunde im Rechtsverkehr Gebraucht, die sie zuvor durch verfälschenden Eingriff in den Erklärungsgehalt hergestellt hatte, als sie einen Parkschein in ihrem Fahrzeug auslegte, an dem sie die Angabe des Parkzeitendes verändert hatte.

Der Parkschein verkörpert allerdings nicht, wie Strafkammer und Generalstaatsanwaltschaft meinen, „die Gedankenerklärung des jeweiligen Autofahrers, er habe an dem durch den Ausdruck ausgewiesenen Tag einen gültigen Parkschein erworben“. Dies müsste zur Annahme einer – straflosen – schriftlichen Lüge führen, weil die Veränderung des Erklärungsinhalts von der Angeklagten vorgenommen wurde, bevor die Urkunde durch Auslegen im Fahrzeug in den Rechtsverkehr gelangte und ein Anspruch anderer auf ihren unversehrten Bestand entstehen konnte (vgl. dazu Gribbohm, in: Leipziger Kommentar, StGB, 11. Aufl., § 267 Rdnr. 161, 204 m. w. Nachw.; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 267 Rdnr. 18a, 19a m. w. Nachw.). Der Parkschein besagt nichts darüber, wie er in den Besitz des Fahrzeugführers gelangt ist; er enthält keine Aussage darüber, ob der Besitzer ihn durch Lösen am Parkscheinautomaten erworben oder auf andere Weise – etwa durch Fund oder Wegnahme – erlangt hat. Der Parkschein bestätigt, dass – durch wen auch immer – eine Parkgebühr entrichtet und damit die Berechtigung zur Benutzung von Parkfläche in einem bestimmten Bereich – nämlich demjenigen des ausgewiesenen Automaten – für eine bestimmte Zeitspanne – nämlich bis zu dem ausgedruckten Parkzeitende – erworben worden ist. Nur dadurch kann er seiner Zweckbestimmung, im Rechtsverkehr – gegenüber dem Parkraumüberwachungspersonal – Beweis zu erbringen, genügen. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 StVO ist der von einem Parkscheinautomaten ausgegebene Parkschein gut lesbar anzubringen. Auf seinen Inhalt und nicht etwa auf eine eigene Erklärung des parkenden Verkehrsteilnehmers stützt die Überwachungskraft ihre Entscheidung, ob ein zulässiges Parken oder eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Denn die Urkunde schöpft ihren Beweiswert aus der Person des Ausstellers (Gribbohm a.a.O. § 267 Rdnr. 44; Cramer, in: Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 267 Rdnr. 16).

Daran anschließend ergeben sich durchgreifende Bedenken gegen die Bewertung des Parkscheins als Urkunde i.S.d. § 267 StGB auch nicht im Hinblick auf das Erfordernis der Erkennbarkeit des Ausstellers der verkörperten Gedankenerklärung. Dem steht weder der Umstand entgegen, dass die schriftliche Erklärung in einem automatisierten Verfahren hergestellt wird, noch die Tatsache, dass der Parkschein keinen konkreten Hinweis auf den Betreiber des Automaten, sondern lediglich die Bezeichnung des Standorts enthält.

Zur Ausstellereigenschaft i.S.d. § 267 StGB gehört nicht, dass der menschliche Gedanke, der in der Urkunde verkörpert wird, ein geistiges Produkt des Erklärenden ist. Der Aussteller kann sich als eigene Erklärung auch das Ergebnis einer Datenverarbeitung zu eigen machen, selbst wenn er sie nicht überprüft und (wegen der Art der maschinellen Verarbeitung) auch nicht selbst überprüfen könnte. Er kann das Ergebnis im voraus autorisieren (Gribbohm a.a.O. § 267 Rdnr. 136; Tröndle/Fischer a.a.O. § 267 Rdnr. 3). Dass der Einrichter und Betreiber des Parkscheinautomaten den Inhalt des ordnungsgemäß gelösten Parkscheins als seine Erklärung im Rechtsverkehr gelten lassen will, begegnet keinem Zweifel.

Mit der Bezeichnung des Standorts des Parkscheinautomaten ist auch der Aussteller hinreichend bezeichnet. Denn es genügt, dass die Erkennbarkeit für Beteiligte und Eingeweihte gegeben ist (Tröndle/Fischer a.a.O. § 267 Rdnr. 7). Sie kann sich dabei aus den begleitenden Umständen ergeben (Gribbohm a.a.O. § 267 Rdnr. 49). Diese wiederum können aus rechtlichen Beziehungen, aus Gesetz, Herkommen und Vereinbarung hergeleitet werden (Gribbohm a.a.O. § 267 Rdnr. 50; Tröndle/Fischer a.a.O. § 257 Rdnr. 7; BayObLG NJW 1980, 1057). Bezogen auf die vorliegende Fallgestaltung ist daher von Bedeutung, dass die Erhebung von Parkgebühren im Betrieb von Parkscheinautomaten in § 6a Abs. 6 S. 2 StVG gesetzlich geregelt und für den Bereich von Ortsdurchfahrten den Gemeinden, im übrigen dem Träger der Straßenbaulast zugewiesen ist. Von daher war im konkreten Fall als Aussteller des von der Angeklagten verwendeten Parkscheins die Stadt K. als Betreiberin des Parkscheinautomaten „T.-H.-R.“ erkennbar.

Schließlich ist im Ergebnis unbeachtlich, ob die Angeklagte jeweils einen noch unverfälschten – also echten – Parkschein verwendet hat oder ob die wiederholte Verfälschung (des gleichen Teils) eines zuvor bereits verfälschten Parkscheins vorgenommen worden ist, was nach den Urteilsfeststellungen offen bleibt. Im letzteren Fall wäre die Tatbestandsalternative des Herstellens einer unechten Urkunde gegeben (vgl. Cramer a.a.O. § 267 Rdnr. 66 m. w. Nachw.), was aber weder auf den Schuldspruch noch auf den Schuldumfang Auswirkungen hätte.

b) Dagegen kann die Verurteilung der Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen versuchten Betruges (§§ 263, 22 StGB) keinen Bestand haben. Insoweit ist vielmehr nach den – umfassend getroffenen – tatrichterlichen Feststellungen eine Strafbarkeit auszuschließen.

Zwar hatte die Angeklagte den Vorsatz, durch das Auslegen des Parkscheins die mit der Verfolgung von Parkverstößen betrauten Überwachungskräfte darüber zu täuschen, dass die Parkgebühr für die vorgesehene Parkzeit tatsächlich nicht gezahlt worden war und deshalb verbotswidrig geparkt wurde. Durch die irrige Vorstellung, es sei – wie durch den Parkschein ausgewiesen – die Parkgebühr bezahlt, sollten die kontrollierenden Überwachungskräfte davon abgehalten werden, die Verfolgung der Verkehrsordnungswidrigkeit durch Festsetzung von Verwarnungs- und Bußgeld zu veranlassen. In diesem Verhalten liegt indessen keine Verfügung, die zu einem Vermögensschaden der Verwaltungsbehörde (§ 35 Abs. 1 OWiG) bzw. der dahinter stehenden Gebietskörperschaft hätte führen können.

Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend anerkannt, dass die Abwehr einer Geldstrafe nicht zu einem Vermögensvorteil bzw. -nachteil im Sinne des Betrugstatbestandes führt, da sie nicht zu dem durch § 263 StGB geschützten Vermögen des Staates gerechnet werden kann und es entsprechend bei dem Täter an dem subjektiven Merkmal einer auf einen rechtswidrigen Vermögensvorteil gerichteten Absicht fehlt. Die Strafe ist Vergeltung für begangenes Unrecht; sie wird um ihrer selbst willen verhängt und ist daher ihrem Wesen nach nicht vermögensrechtlicher Natur, sondern ein Rechtsgut eigener Art (RGSt 71, 280 [281]; OLG Schleswig SchlHA 1978, 59 m. w. Nachw.; OLG Stuttgart MDR 1981, 422; OLG Karlsruhe NStZ 1990, 282; BayObLGSt 1991, 61 = NZV 1991, 317 = wistra 1991, 230 = JR 1991, 433 m. krit. Anm. Graul; Tiedemann, in: Leipziger Kommentar, StGB, 11. Aufl., § 263 Rdnr. 145; Cramer a.a.O. § 263 Rdnr. 78a; Tröndle/Fischer a.a.O. § 263 Rdnr. 42). Zudem scheidet die Einbeziehung in den Schutzbereich des § 263 StGB im Hinblick auf die Straflosigkeit der persönlichen Selbstbegünstigung nach § 258 StGB aus gesetzessystematischen Gründen aus (OLG Karlsruhe a.a.O.; Graul JR 1991, 435 f.). Im Ergebnis ebenso verhält es sich für eine Geldbuße nach dem OWiG, die ebenfalls eine Unrechtsfolge für eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und vorwerfbare Handlung ist und repressiven Charakter hat (OLG Schleswig a.a.O.; BayObLG a.a.O.; Tiedemann, Cramer, Tröndle/Fischer jeweils a.a.O.). Für die Verwarnung und die Erhebung eines Verwarnungsgeldes nach § 56 Abs. 1 OWiG kann schließlich nichts anderes gelten (BayObLG a.a.O.; Tiedemann, Cramer, Tröndle/Fischer jeweils a.a.O:; a.A. Wenzel DAR 1989, 455 f.), und zwar schon deshalb, weil sie als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur Verkehrserziehung ebenfalls nicht dem Bereich des wirtschaftlichen Verkehrs zugerechnet werden kann. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit, mit dem notwendigen Einverständnis des Betroffenen ein Verwarnungsgeld zu erheben, lediglich eine unbestimmte Aussicht auf eine Vermögensmehrung begründet, die noch keinen Vermögenswert i.S.d. § 263 StGB darstellen kann (BayObLG a.a.O. m. w. Nachw.).

Ob neben der Sanktion wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit ein Anspruch der für die Parkraumbewirtschaftung gemäß §§ 6a Abs. 6 StVG, 13 StVO zuständigen Gebietskörperschaft auf Nachentrichtung der Parkgebühr gegeben ist (vgl. zum Wesen der Parkgebühr als Benutzungsgebühr Gern/Schneider NZV 1988, 130; BayObLG a.a.O.; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 265a Rdnr. 2), kann hier dahinstehen. Denn die Täuschung der Angeklagten war nicht darauf ausgerichtet, in dieser Hinsicht eine schädigende Vermögensverfügung – in Form des Absehens der Geltendmachung dieses Anspruchs – herbeizuführen (vgl. dazu Lenckner/Perron a.a.O. § 265a Rdnr. 4). Die Täuschungshandlung galt den ordnungsbehördlichen Überwachungskräften, die bekanntlich allein die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Rahmen des ruhenden Verkehrs – und nicht die Erhebung geschuldeter Gebühren – betreiben (vgl. dazu OLG Saarbrücken VRS 75, 348 = DAR 1989, 233, Wenzel DAR 1989, 455). Soweit es nach den Urteilsfeststellungen der Angeklagten darauf ankam, „etwaig kontrollierende Politessen … zu täuschen und so die Parkgebühr zu sparen“, war der angestrebte Vermögensvorteil nicht stoffgleich dem durch das Verhalten der Politesse verursachten Vermögensnachteil auf Seiten der von ihr vertretenen Behörde.

3. Die Abänderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen. Insoweit ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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