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Partnerschaftsvermittlungsvertrag: Fristlose Kündigung und unwirksame AGB

LG Hannover, Az.: 11 S 61/12, Urteil vom 13.02.2013

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 24.05.2012 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.931,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 25.03.2008 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 06.02.2008 einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag ab (Anlage K1, Bl. 9). Der Kläger leistete eine Anzahlung von 2.000,00 Euro. Mit Schreiben vom 11.02.2008 kündigte der Kläger den Vertrag per Einschreiben unter der Anschrift der Beklagten … . Dieses Einschreiben wurde von der Beklagten nicht abgeholt und ging an den Kläger zurück.

In diesem Rechtsstreit verlangt der Kläger die Rückzahlung von 1.931,72 Euro mit der Begründung, dass der Vertrag insgesamt nur 3 Tage gedauert habe.

Partnerschaftsvermittlungsvertrag: Fristlose Kündigung und unwirksame AGB
Symbolfoto: Nicoleta Ionescu/Bigstock

Das Amtsgericht Hannover hat die Klage durch Urteil vom 24.05.2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Einschreiben vom 11.02.2012 der Beklagten nicht zugegangen sei und den Vertrag deshalb nicht beendigt habe. Beendet worden sei der Vertrag erst durch späteres anwaltliches Schreiben vom 18.03.2012. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte Leistungen im Wert der Anzahlung erbracht.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe gemäß § 540 ZPO verwiesen wird, soweit davon nicht die folgenden Ausführungen abweichen, ist seitens des Klägers Berufung eingelegt worden.

Er beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 1.931,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.03.2008 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 343,26 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache auch im Wesentlichen Erfolg.

Denn das Amtsgericht ist unzutreffend davon ausgegangen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag durch das Kündigungsschreiben des Klägers vom 11.02.2008 nicht beendigt worden ist. Die Möglichkeit einer solchen fristlosen Kündigung ergibt sich aus § 627 Abs. 1 BGB. Das Einschreiben vom 11.02.2008 ist der Beklagten auch im Sinne des § 130 BGB zugegangen, auch wenn die Beklagte das Schreiben nicht abgeholt und somit auch nicht zur Kenntnis genommen hat. Dieses Verhalten der Beklagten stellt sich nämlich als eine treuwidrige Vereitelung des Zugangs dar (§ 242 BGB). Die Beklagte muss sich deshalb so stellen lassen, als wenn ihr das Einschreiben zugegangen wäre. Als gewerblich tätiges Unternehmen hatte die Beklagte jederzeit mit dem Zugang rechtsgeschäftlich bedeutsamer Erklärungen dritter Personen zu rechnen, auch mit dem Vertragsabschluss zeitnah nachfolgenden Kündigungen des Kunden. Dies gibt sich bereits aus der Natur des Vertrages, der eine relativ hohe Vergütung für die ungesicherte Chance, aufgrund eines passenden Vorschlags auch tatsächlich eine Partnerschaft begründen zu können, vorsieht. Mit einem Zugang musste die Beklagte auch bezogen auf die Anschrift in … rechnen. In den dortigen Räumlichkeiten ist offensichtlich der Vertrag abgeschlossen worden. In der Terminsbestätigung der Beklagten vom 07.02.2008 (Anlage K8) wird diese Anschrift ausdrücklich genannt. Zu Recht weist der Kläger insoweit auch darauf hin, dass die Beklagte unter der genannten Anschrift Zeitungsannoncen schaltet (Anlage K10). Sie musste deshalb auch damit rechnen, dass geschäftlich bedeutsame Erklärungen an diese Anschrift gesendet werden und entsprechende Vorkehrungen treffen.

Hieraus folgt, dass der Vertrag spätestens am 15.02.2008 seine Beendigung gefunden hat.

Der Beklagten steht somit nur eine Vergütung für die bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen zu. Bei der Bezifferung dieser Vergütung kann nicht auf die in § 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B1/ Bl. 26) enthaltene Aufschlüsselung der Gesamtvergütung rückgegriffen werden. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer, die auch vom BGH in seiner Entscheidung vom 08.10.2009 – III ZR 93/09 – bestätigt worden ist, unterliegt die genannte Aufteilung der Inhaltskontrolle im Rahmen der §§ 307, 308, 309 BGB. Insbesondere stellt sich die genannte Regelung nicht als eine Einigung über Art und Umfang der vertraglichen Leistungspflichten dar. Es handelt sich vielmehr um einen nach § 306a BGB unzulässigen Versuch, das dem Kunden gesetzlich zustehende jederzeitige Kündigungsrecht mit der sich hieraus ergebenden Folge, nicht verdiente Anzahlungen zurückzuverlangen, zu entwerten. Denn nach Ziffer 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand der Beklagten bereits ein Betrag von 2.100,00 Euro als Ausgleich allgemeiner Verwaltungskosten zu, bevor überhaupt Partnervorschläge ausgearbeitet wurden. Dies entspricht 60 % der Gesamtvergütung von 3.500,00 Euro. Hinzukommt eine Vergütung von jeweils 350,00 Euro für die Ausarbeitung und die laufende Überprüfung der ausgearbeiteten Partnervorschläge, was weitere 20 % ausmacht. Für die Übermittlung der Partnervorschläge selbst, worauf es einem Kunden entscheidend ankommt, ist dagegen nur ein weiterer Betrag von 700,00 Euro = 20 % der Gesamtvergütung vorgesehen. Insgesamt handelt es sich um eine willkürliche Gewichtung von Leistungsbestandteilen, die zu einer Aushöhlung des Kündigungsrechts nach § 627 BGB und einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden führen (vgl. hierzu BGH a. a. O.).

Partnervorschläge sind von der Beklagten ersichtlich während der Vertragslaufzeit nicht erbracht worden. Auch das Schreiben vom 21.02.2008 (Anlage K 5) kündigt einen solchen Vorschlag erst an.

Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, im Einzelnen auf der Grundlage ihrer internen Kalkulation darzulegen, dass und im welchen Umfang der bereits gezahlten Vergütung von 2.000,00 Euro bis zum 15.02.2008 bereits geleistete Dienste gegenüber standen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Trotz Erörterung im Termin ist seitens der Beklagten kein Antrag auf eine Erklärungsfrist gestellt worden.

Der Kläger kann allerdings nicht Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen. Die Beklagte ist nämlich erst durch das anwaltliche Schreiben vom 12.03.2008 in Verzug gesetzt worden, so dass auch die anwaltlichen Gebühren zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden waren. Das persönliche Schreiben des Klägers vom 11.02.2008 hat demgegenüber keinen Verzug begründet.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 II, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

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