AG Hamburg-Blankenese
Az: 517 C 70/04
Urteil vom 27.07.2005
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 3.000,–nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 06.09.2003 zu zahlen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines auf einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag geleisteten Entgelts.
Die Parteien verband der als Anlage K 6 (Bl. 76 d.A.) vorgelegte Partnerschaftsvermittlungsvertrag vom 28.06.2002, in den der Beklagte aufgrund Gesamtrechtsnachfolge als Erbe eingetreten ist. Die ursprüngliche Dienstleistungs- und Bearbeitungsgebühr belief sich auf Euro 3.828. Hierauf hat die Klägerin insgesamt Euro 3.000 bezahlt.
In einer Sondervereinbarung heißt es:
„Sollte in der vereinbarten Laufzeit ein Erfolg nicht eintreten, verlängert sich die Zusammenarbeit ohne zeitliche Begrenzung kostenfrei bis zum Erfolg.“
Die damalige Alleininhaberin der Partnervermittlung ist am 02.07.2004 verstorben und vom Beklagten allein beerbt worden (vgl. Sterbeurkunde Bl. 91 d.A.).
In der Vertragssumme von Euro 3.828 ist eine Einschreibegebühr in Höhe von Euro 696 enthalten.
Die Rechtsvorgängerin des Beklagten benannte bis Oktober 2002 lediglich Herrn….. Mit diesem Herrn traf sich die Klägerin 14 Tage nach Vertragsschluss. Es blieb bei diesem einzigen Zusammentreffen. Bei der Klägerin entstand der Eindruck, dass es sich hier nur um einen „vorgetäuschten Quasi-Vorschlag“ handelte. Auf Nachfrage wurde der Klägerin vom Beklagten berichtet, dass Herr sich „in seine Nachbarin verliebt habe“.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass „mangels (gemeint: wegen) Unfähigkeit oder Unwilligkeit“ eine Vertragserfüllung durch die Partnervermittlung unterblieb.
Bis Juni 2003 hörte die Klägerin nichts mehr von dem Beklagten oder seiner Rechtsvorgängerin.
Mit den als Anlagen K 3 und K 4 vorgelegten Schreiben vom 30.07.2004 forderten die späteren Klägervertreter die Rückzahlung der gezahlten Euro 3.000.
Die Klägerin beruft sich auf eine ältere Rechtsprechung der ZK 2 des LG Hamburg (Urteil vom 25. April 1991, Az: 302 S 9/91).
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe „auch nicht im Hintergrund“ Vermittlungstätigkeit entwickelt. Letztlich sei es im Verlauf von 13 Monaten „Vertragspartnerschaft“ lediglich zu einem Kaffee trinken gehen der Klägerin gekommen.
Die Klägerin beantragt, wie erkannt.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich auf die vorherrschende Meinung in der Rechtsprechung und vertritt die Auffassung, dass § 656 BGB hier analog anwendbar sei mit der Folge, dass im Falle eines Untätigbleibens des Partnervermittlers vom Vertragspartner das Vertragsverhältnis gekündigt werden könne, um sodann nach Maßgabe der Rechtsprechung pro rata temporis eine Rückzahlung der geleisteten Zahlungen für die noch verbleibende Vertragsdauer zu verlangen.
Im Hinblick darauf, dass die Klägerin innerhalb des vertraglich vereinbarten Basisjahres vom Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht habe, sei eine Rückzahlungsverpflichtung nicht gegeben.
Im Schriftsatz vom 27.06.2005 vertritt der Beklagte die Auffassung, dass die Intimsphäre seiner Kunden es verbiete, mögliche Partner im vorliegenden Prozess zu benennen, im Übrigen hätte der Beklagte auch keine Pflicht zum Tätigwerden gehabt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Soweit die Klägerin Zahlungen an den Beklagten geleistet hat, können diese gemäß § 812 BGB von der Klägerin herausverlangt werden.
Im vorliegenden Fall haben die Rechtsvorgängerin des Beklagten und der Beklagte keine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit erbracht. Auch die durch die Einschreibegebühr abgegoltenen Kosten sind vor diesem Hintergrund für die Klägerin völlig wertlos gewesen.
Der zwischen den Parteien geschlossene Dienstvertrag verpflichtete den Beklagten, immer wieder Dienste durch Übersendung weiterer Partnervorschläge zu erbringen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 507).
Auch wenn nach der herrschenden Rechtsprechung der Klägerin nur eine zeitanteilige Rück-Vergütung, bezogen auf die gesamte Vertragslaufzeit, zusteht, kann der Beklagte sich hier nicht erfolgreich auf die unklare Regelung im Partnerschaftsvermittlungsvertrag vom 28.06.2002 berufen. Dort heißt es einerseits, der Vertrag laufe auf 12 Monate, während andererseits „ohne zeitliche Begrenzung kostenfrei bis zum Erfolg“ Leistungen erbracht werden sollten. Insoweit ist auch nach herrschender Meinung bei analoger Anwendung des § 656 BGB die zeitanteilige Rückzahlungsforderung nicht auf Null reduziert, sondern bei einem quasi auf Lebenszeit geschlossenen Vertrag noch in erheblichem Umfange gegeben.
Hierauf kommt es jedoch nach Auffassung des erkennenden Gerichts deshalb nicht an, weil entgegen der Rechtsprechung des BGH (zuletzt FamRZ 2004, 775 = NJW-RR 2004, 778 f.) § 656 BGB jedenfalls seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht mehr auf Partnerschaftsvermittlungsverträge analog angewendet werden kann. Richtigerweise ist die Sondervorschrift des § 656 BGB „nur auf reine Ehevermittlungsverträge anzuwenden“ (vgl. Wichert in Anwaltskommentar § 656, Rn 12).
Insoweit kann insbesondere nicht auf die Absichten des historischen Gesetzgebers zurückgegriffen werden, dem partielle Lebensabschnittspartnerschaften, eingetragene Lebenspartnerschaften und Partnervermittlung im heutigen Stile überhaupt nicht bekannt waren. Denn der Reformgesetzgeber hat jedenfalls bei Schaffung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes den Anwendungsbereich des § 656 BGB (bewusst) nicht erweitert. Bereits dies spricht gegen eine Analogie dieser Sondernorm (vgl. AG Gardelegen, FamRZ 2002, 1626 f.). Selbst wenn man dem nicht folgt, spricht die Untätigkeit des Gesetzgebers bei Einführung des neuen Schuldrechts jedenfalls nicht für ein Beibehalten der älteren Rechtsprechung zur Analogie bei § 656 BGB (so allerdings BGH, FamRZ 2004, 775 f.).
Die gerichtliche Klärung verletzt im Übrigen auch nicht die Intimsphäre der betroffenen Personen. Die Klägerin hat es – wie im vorliegenden Verfahren – in der Hand, ob sie ihre entsprechenden Daten, Partnerprofil und Steckbrief bei Bestreiten durch den Beklagten offen legen will. Der Beklagte ist ebenso wenig verpflichtet, personenbezogene Daten seiner Kunden zu offenbaren. Er kann auch durch anderweitigen Beweisantritt die Existenz einer ausreichend großen Partnerdatei sowie die Entfaltung „echter Maklertätigkeit“ darlegen. Hierfür genügt es nicht, dass „ein Lockvogel“ in Anzeigen oder im ersten Partnerschaftsangebot präsentiert wird. Vielmehr hätte der Beklagte eine gegebenenfalls mit geschwärzten persönlichen Daten versehene Liste der von ihm durchgecheckten potentiellen Partner für die Klägerin sowie deren ebenfalls teilweise geschwärzten Lebensläufe vorlegen müssen sowie weitere Aktivitäten „im Hintergrund“ wenigstens grob zu umreißen gehabt.
Auch wenn die Klägerin für Bereicherungsansprüche und deren Tatbestandsvoraussetzungen als voll beweispflichtig angesehen wird, spricht doch ein Anscheinsbeweis im vorliegenden Fall für eine Untätigkeit des Beklagten, die auch von der Rechtsprechung des BGH zu § 656 BGB analog nicht gedeckt ist. Der BGH hat nämlich lediglich den umgekehrten Fall entschieden, dass das Vermittlungsunternehmen keinen einklagbaren Anspruch auf restliche Vergütung habe.
Soweit die Rechtsprechung des Amtsgerichts Hamburg-Altona (318A C 20/00 vom 26.05.00 und 316 C 152/00 vom 25.07.00) diese Rechtsprechung auf Rückforderungsansprüche überträgt, ist dies nicht überzeugend und schon gar nicht ein Freibrief oder Rechtsgrund für Behalten der geleisteten Zahlungen. Dies gilt jedenfalls für den die Einschreibegebühr von Euro 696 übersteigenden Betrag.
Die Einschreibegebühr kann der Beklagte hier deswegen nicht behalten, weil dieser Leistungsteil aufgrund der anschließenden Untätigkeit für die Klägerin keinerlei Interesse hatte, sondern lediglich vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass darüber hinausgehende Leistungen erheblichen Umfangs zwischen den Parteien vereinbart waren. Dies zeigt bereits das Verhältnis zwischen der geschuldeten Dienstleistungsgebühr von Euro 3.828 und der Höhe der Einschreibegebühr von Euro 696.
Der Beklagte ist auch mit Verfügung vom 23.08.2004 aufgefordert worden, zu den entwickelten Aktivitäten – auch wenn sie im Hintergrund stattfanden – substantiiert vorzutragen und mitzuteilen, worin objektiv für die Klägerin die werthaltige Gegenleistung auf Seiten des Beklagten gelegen haben soll. Auch die Frage, wie viele, vom Partnerprofil her gesehen, geeignete Personen als Ansprechpartner zur Verfügung standen, wurde vom Beklagten nicht beantwortet.
Im Übrigen konnte die Klägerin vor dem Hintergrund des lückenhaften und späten Beklagtenvortrags nicht mehr tun, als vorzutragen:
„Konkrete Vermittlungsbemühungen des Beklagten gab es vorliegend zu keinem Zeitpunkt“ (Bl. 75 d.A.).
Zutreffend verweist die Klägerin auch darauf, dass allgemeine Ausführungen zur beruflichen Tätigkeit von Seniorenpartnervermittlungen für den konkreten Fall nichts hergeben.
Bereits aus der handschriftlichen Sonderabsprache zum Partnervermittlungsvertrag ergibt sich, dass es sich hier um einen erfolgsqualifizierten Dienstvertrag im Sinne der Auffassung der ZK 2 des LG Hamburg (Urteil vom 25.04.1991, 302 S 9/91) gehandelt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies auch generell so richtig ist. Im vorliegenden Fall muss sich der Beklagte jedenfalls an der von ihm selbst gewählten Formulierung festhalten lassen und kann sich schon deshalb nicht auf die BGH-Rechtsprechung zu § 656 BGB analog berufen.
Das Untätigbleiben des Beklagten bzw. seiner Rechtsvorgängerin trotz Mahnung/Fristsetzung durch die Klägerin stellt keine nur unerhebliche Pflichtverletzung dar (vgl. § 323 Abs. 5 Satz 2, § 281 Abs. 1 Satz 2 BGB) und berechtigt zum Schadensersatz statt der ganzen Leistung mit der Folge, dass auch die Einschreibegebühr zurückzuzahlen ist.
Ein Vertretenmüssen des Beklagten an der Untätigkeit wird vom Gesetz in § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. § 281 Abs. 1 Satz 2 BGB regelt, dass auch bei Bewirkung einer Teilleistung der Gläubiger (Klägerin) Schadensersatz statt der ganzen (!) Leistung verlangen kann, wenn – wie hier – an der Teilleistung, die durch die Einschreibegebühr abgegolten ist, kein Interesse besteht.
Auf dieser Linie liegt auch eine Entscheidung des AG Bochum (NJW-RR 1991, 1207), das feststellte, dass eine zeitanteilige Vergütung vom Partnerschaftsvermittler dann nicht verlangt werden kann, wenn er seine Leistungen nicht ordentlich erbracht hat. Auch das AG Bochum sieht den Partnerschaftsvermittler als darlegungspflichtig an, dass die von ihm ausgewählten Partner den bei Vertragsschluss geäußerten Wünschen und Erwartungen seines Kunden entsprechen. Für hierzu passende Tätigkeiten fehlt es am Sachvortrag des Beklagten im vorliegenden Verfahren.
Ergänzend wird gegen die analoge Anwendung des § 656 BGB auch verwiesen auf Peters, NJW 1990, 2552/53, der die BGH-Rechtsprechung dahin präzisiert, dass sie eine offene Aufforderung an die Partnerschaftsvermittlungsinstitute sei, nur noch gegen Vorkasse tätig zu werden mit der Folge, dass der Kunde ein wichtiges Druckmittel, nämlich die Zahlung der Vergütung, verliere und letztlich seinem Geld hinterherlaufen müsse.
Zu Recht kritisieren auch Vollkommer/Grün (JZ 1991, S. 97/98), dass der BGH im Gegensatz zu der Vorinstanz bereits in seiner Ausgangsentscheidung die wesentlichen Einwände gegen die Ausdehnung des § 656 BGB nicht ausreichend gewürdigt habe. Eine Regelungslücke könne lediglich die Ratio des § 656 BGB, nämlich der Schutz der Intimsphäre, sein. Auch diese Autoren bezeichnen die BGH-Rechtsprechung letztlich als verbraucherfeindlich, da den Partnersuchenden mit dieser Entscheidung ein durchsetzbarer Erfüllungsanspruch auf Tätigwerden des Vermittlers mittelbar abgesprochen worden sei.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.