Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az.: 18 W 195/16, Beschluss vom 03.05.2017
Leitsatz: Angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs reicht die Kommunikation mit elektronischen Medien (per Mail, Skype, Videotelefonie, Mobiltelefon, etc.) für den Anfall der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG aus, so dass diese mit jeder von einem Rechtsanwalt ausgehenden Nutzung dieser diese mit jeder von einem Rechtsanwalt ausgehenden Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfällt, auch wenn aufgrund von Flatrateverträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich ist.
In der Beschwerdesache wird die weitere Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Stadt1 vom 07.09.2016 gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.08.2016 zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1) Der Antragsteller erhielt am 28.04.2016 einen Berechtigungsschein für eine rechtliche Beratung bei einem Rechtsanwalt für eine näher bezeichnete sozialrechtliche Angelegenheit. Hierzu suchte der Antragsteller den Beschwerdegegner auf. Dieser schrieb ihm nach erster Prüfung eine umfangreiche E-Mail mit seinen Ausführungen und Einschätzungen zu den Erfolgsaussichten einer Klage. Postalischen Schriftverkehr gab es zwischen dem Beschwerdegegner und dem Antragsteller nicht.
Unter dem 19.05.2016 reichte der Beschwerdegegner einen Vergütungsantrag ein, in dem er beantragte, nachstehend berechnete Gebühren und Auslagen zu erstatten:
Gebühr gem. W-Nr. 2501 RVG: 35,00 €
Pauschale W-Nr. 7002 RVG: 7,00 €
Umsatzsteuer: 7,98 €
Gesamt: 49,98 €.
Mit Festsetzung vom 23.05.2016 setzte die Rechtspflegerin die dem Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf einen Betrag von 41,65 € fest und begründete dies damit, dass eine Auslagenpauschale nicht zu berücksichtigen sei, da ein Geschäft nach außen, das eine Mehrauslage rechtfertige, durch die an den Mandanten versandte E-Mail nicht erfolgt sei.
Gegen die Festsetzung hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 25.05.2016 Erinnerung eingelegt. Er führt zur Begründung aus, die Vergütung der Pauschale falle bei jeder Post- oder Telekommunikationsdienstleistung an und sei auch im reinen Beratungsmandat möglich, z.B. für eine geführtes Telefonat oder einen versandten Brief zur mündlichen oder schriftlichen Mitteilung des Beratungsergebnisses. Dies sei auch im Wege der E-Mail-Kommunikation möglich.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor hat die Erinnerung mit Stellungnahme vom 01.06.2016 gleichfalls als unbegründet angesehen. Sie ist der Ansicht, es seien keine Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG entstanden und dementsprechend sei auch die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG nicht erstattungsfähig. Voraussetzung für die Entstehung der Pauschale sei, dass mindestens eine tatsächliche Auslage, mithin ein Entgelt, entstanden sei, dies sei bei einer E-Mail jedoch nicht der Fall, da diese nicht nach Nr. 7001 VV RVG erstattungsfähig sei. lm Gegensatz zu Telefonaten und Telefaxen sei kein Fall anerkannt, in der eine Gebühr für die einzelne Übermittlung einer E-Mail angefallen sei, da im Rahmen der monatlichen Internetanschlussgebühren eine unbegrenzte Anzahl von E-Mails versendet werden könnten.
Mit angefochtenem Beschluss vom 09.06.2016 hat das Amtsgericht Stadt1 auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die Vergütung des Antragstellervertreters auf 49,98 Euro festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für die Entstehung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG sei allein maßgeblich, dass der Anwalt über das bloße Gespräch mit dem Mandanten hinaus tätig werde. Dies könne nach Entscheidung des Anwaltes durch (postalisches) Schreiben, Fax, Telefonate oder durch Versendung von E-Mails geschehen. Dabei komme es allein darauf an, dass die bei dem Anwalt vorhandene Einrichtung von Telekommunikationsmitteln benutzt werde.
Hiergegen hat sich die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 15.06.2016 gerichtet, mit der sie auf ihre Stellungnahme vom 01.06.2016 verwiesen und ergänzend ausgeführt hat, es komme für die Entstehung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG entscheidend darauf an, ob tatsächlich ein Entgelt für die Kommunikation entstanden sei. Dies sei hier nicht der Fall, weshalb auch ein Vergleich von Telefonaten und E-Mails nicht angezeigt sei. Es sei je nach Einzelfall zu entscheiden, ob durch die tatsächliche fallbezogene Telekommunikation ein Entgelt angefallen sei. Da dem Beschwerdegegner durch den Versand der E-Mail keine gesonderten Auslagen entstanden seien, könnte die Pauschale nicht angerechnet werden.
2) Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin mit Beschluss vom 31.08.2016 unter Zulassung der weiteren Beschwerde zurückgewiesen und hierbei ausgeführt:
„Die Auslagentatbestände der Nr. 7000 ff. VV RVG sollen die tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Anwalts abgelten. Vorliegend wurde seitens des Beschwerdegegners der Gebührentatbestand Nr. 2501 VV RVG (Beratungsgebühr) in Höhe von 35,00 € erfüllt, nachdem eine Beratung in der Sache durch ihn erfolgte. lm Rahmen dessen hat der Beschwerdegegner nachweislich zur Schilderung des Beratungsergebnisses mit dem Mandanten per Email kommuniziert. Diese Form der Kommunikation erfüllt für sich den Auslagentatbestand des Nr. 7002 VV RVG, da es sich insoweit um eine Telekommunikationsdienstleistung im Sinne vorgenannter Vorschrift handelt, vgl. auch § 3 Nr. 22 TKG. Für die Entstehung der Pauschale ist angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs (vgl. auch § 126a BGB) die Kommunikation durch elektronische Medien (per Email, Skype, Videotelefonie, Mobiltelefon, etc.) ausreichend, so dass die Pauschale bereits mit der ersten Inanspruchnahme dieser Medien anfällt. Demgemäß fällt auch für die Kommunikation über E-Mail eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG an (vgl. dazu AG Schöneberg, Beschluss vom 17.04.2014 – 70 ll RB 274/13).
Dem steht nicht entgegen, dass die Kosten für den Internetanschluss zu den allgemeinen Geschäftskosten gehören und gemäß Vorbemerkung 7 Absatz 1 VV RVG mit den Gebühren abgegolten sind (Sommerfeldt/Sommerfeldt, in Beck’scher Online-Kommentar RVG, v. Seltmann, 32. Edition, Stand: 01.06.2016; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, RVG, Vorbem. 7 VV Rn. 5). Denn hier wird keine Auslage für die Einrichtung der Kommunikationsanlage, sondern für die Kommunikation an sich geltend gemacht.
Entgegen der Ansicht der Beschwerde kommt es dabei nicht darauf an, ob die im Einzelfall gewählte Kommunikationsart auch zu einem Entgelt im Einzelfall geführt hat. Davon die Entstehung der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG abhängig zu machen, wäre weder praktikabel, noch führte dies zu angemessenen Ergebnissen und würde im Übrigen zu einer Überflüssigkeit der (Kommunikations) Pauschale in Zeiten von „Flatrate“-Verträgen führen.
Zunächst ist der Bezirksrevisorin darin zuzustimmen, dass die Versendung einer einzelnen E-Mail des Anwaltes an seinen Mandanten kein für sich ausweisbares Entgelt auslöst. Dies ist aber nur deshalb der Fall, weil der Anwalt in der Regel in der heutigen Zeit für Internet und Festnetz- sowie Mobilfunkanschlüsse „Flatrate“-Verträge eingerichtet haben wird, die ihm dies ermöglichen. Der Umkehrschluss aus der Anschaffung und (finanziellen) Unterhaltung dieser Kommunikationsmöglichkeiten kann aber nicht sein, die Auslagenpauschale für Kommunikation als nicht mehr ausgelöst anzusehen, da die einzelne Internetverbindung keine gesondert ausweisbaren Kosten mehr auslöst. Dies liefe im Ergebnis darauf hinaus, überhaupt keine Telekommunikationsverbindungen, für die „Flatrate“-Verträge (Internet, Festnetztelefon oder Mobilfunk) bestehen, als erstattungsfähig über die Auslagenpauschale des Nr. 7002 VV RVG anzusehen (so aber AG Montabaur, Beschluss vom 08.06.2011 – Aktenzeichen 11 UR II 245/11, BeckRS 2011, 23268). Diese Folge herbeizuführen, wäre Aufgabe des Gesetzgebers.
Die Kammer geht aber davon aus, dass der Begriff der Pauschale in Nr. 7002 VV RVG weit auszulegen ist und das Verlangen eines Entgeltnachweises im Einzelfall mit dem Wesen einer Pauschale und dem Massengeschäft der Kostenfestsetzung nach dem RVG nicht vereinbar ist. Der Gesetzgeber hat die Auslagenvorschrift für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ausdrücklich geregelt und ist dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass neben der allgemeinen Geschäftsgebühr für die Einrichtung technischer Anlagen auch Kosten für Kommunikation anfallen. Die Möglichkeit der Pauschale soll dabei den Nachweis eines Entgeltes im Einzelfall ersetzen, soweit überhaupt Telekommunikationsmittel in Anspruch genommen werden. Zutreffend weist das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung vom 20.6.2008 (NJW-RR 2008, 1671 [OLG Nürnberg 20.06.2008 – 13 W 882/08]) darauf hin, dass in den Erläuterungen zum Entwurf des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BT-Drs. 15/1971, 1) das Ziel des Gesetzgebers formuliert ist, durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz solle das Kostenrecht „transparenter und einfacher“ gestaltet werden. Deswegen ist mit dem OLG Brandenburg (OLG Brandenburg, Beschluss v. 08.01.2009 – 6 W 173/08) die Auffassung zu vertreten, dass im Hinblick auf dieses gesetzgeberische Ziel der Vereinfachung des Kostenrechtes nur durch eine nachweisunabhängige Anbindung der Auslagenpauschale an die im Beratungshilfeverfahren tatsächlich entstandenen Gebühren Rechnung getragen werden kann. Es war nicht Intention des Gesetzgebers, dass der Kostenbeamte prüft, ob überhaupt einzelne Post- und Telekommunikationskosten angefallen sind (oder ob sie gegebenenfalls Teil einer – Flatrate – waren) und ob die einzeln darzulegende Kostenauslösung überhaupt im Sinne von § 46 Abs. 1 RVG erforderlich war (so auch AG Winsen (Luhe), Beschluss vom 27.12.2015 – 18 ll 531/11). Der Begriff der Pauschale wird auch auf anderen Rechtsgebieten – etwa im Verkehrsunfallrecht oder im Steuerrecht – als Synonym für einen Zahl- oder Anrechnungsbetrag ohne Prüfung der Frage verwandt, ob überhaupt Kosten angefallen ist, weil bei bestimmten Geschäften (hier: die Kommunikation mit dem Mandanten) davon ausgegangen wird, dass Kosten anfallen und die Frage, ob und welche Entgelte angefallen sind, aus Vereinfachungsgründen gerade nicht geprüft werden soll (so auch AG Winsen (Luhe), Beschluss vom 27.12.2015 – 18 ll 531/11).
Insoweit steht die Festsetzung der Auslagenpauschale auch in dem hier vorliegenden Fall – unabhängig von einem Nachweis von einem Entgelt im Einzelfall – sowohl mit Wortlaut, als auch mit Sinn und Zweck der Nr. 7001, 7002 VV RVG überein, solange der Gesetzgeber keinen Änderungsbedarf im Hinblick auf die Regelmäßigkeit von Flatrate-Verträge für die Kommunikation im Allgemeinen (Internet, Festnetz, Mobilfunk) sieht.“
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Bezirksrevisorin, die sie wie folgt begründet:
„Das Landgericht Frankfurt am Main trifft in seinem Beschluss vom 31.08.2016 die richtigen Feststellungen, der Schlussfolgerung kann sich aus hiesiger Sicht jedoch nicht angeschlossen werden.
Wie in den Entscheidungsgründen aufgelistet wird, stellt das Landgericht fest, dass es sich bei der Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7001, 7002 VV-RVG um einen Auslagentatbestand handelt. lm Rahmen eines Auslagentatbestands sollen die tatsächlich entstandenen Aufwendungen abgegolten werden. Die Kosten für die Bereithaltung des Internetanschlusses fallen unter die allgemeinen Geschäftskosten, die gemäß der Vorbemerkung 7 Absatz 1 VV RVG mit den Gebühren abgegolten sind. Für den Versand einer E-Mail fallen keine gesonderten Kosten an.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts kommt es bei einem Auslagentatbestand gerade darauf an, dass die im Einzelfall gewählte Kommunikationsart zu einem Entgelt führt. Voraussetzung für eine pauschalierte Abrechnung ist, dass überhaupt entsprechende Entgelte (egal in welcher Höhe) angefallen sind (BeckOK RVG/Sommerfeldt/Sommerfeldt RVG Rn. 1 – 3, beck-online), da die Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG ausweislich des Gesetzestexts nur anstelle der tatsächlichen Aufwendungen gewählt werden kann. Sie ist dabei als Arbeitserleichterung zu sehen, damit der Rechtsanwalt nicht jede einzelne Post- und Telekommunikationsdienstleistung belegen muss. Sie stellt jedoch keinen Automatismus dar. Wenn, wie im vorliegenden Fall, ausschließlich eine Kommunikation über ein Medium stattgefunden hat, dass keine Kosten auslöst, sind keine Auslagen nach Nr. 7001 VV-RVG angefallen und es ist auch keine Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG festzusetzen.
Dem UdG obliegen auch vor der Festsetzung der Beratungshilfevergütung gewisse Prüfungspflichten. Diese umfassen u. a. auch die Prüfung, ob eine Post- und Telekommunikationspauschale entstanden ist. Es wird nicht verlangt, dass der UdG in jedem Fall eine Einzelprüfung vornimmt oder Belege anfordert. Dies wird auch durch die anwaltliche Versicherung nach § 55 Abs. 5 S. 1 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO sichergestellt. Es muss dem UdG jedoch möglich sein bei Bedenken, die Entstehung der Post- und Telekommunikationspauschale zu bestreiten.
Vorliegend war dies der Fall, da der Rechtsanwalt dem Antrag nur eine an die Beratungshilfepartei gerichtete E-Mail beifügte. Diese Möglichkeit grundsätzlich für Fall der Geltendmachung einer Pauschale mit der Begründung abzulehnen, der Gesetzgeber habe das Kostenrecht laut der Gesetzesbegründung mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz „transparenter und einfacher“ gestalten wollen, halte ich für zu weitreichend.
Die Ausführungen des Landgerichts bzgl. der möglichen Folgen für die Geltendmachung der Post- und Telekommunikationspauschale in Zeiten von „Flatrate“- Verträgen ist nachvollziehbar, jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Auch wenn es sich sowohl bei Telefonaten als auch bei E-Mails um Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des TKG handelt, sind diese als Auslagentatbestand nicht miteinander zu vergleichen. Bei Telefonaten können u.U. auch im Rahmen einer „Flatrate“ Zusatzgebühren entstehen, wenn diese z.B. keine Gespräche ins Mobilfunknetz umfasst.
Dies ist bei einer E-Mail anders, da hier von sich aus keine Zusatzgebühren entstehen können.“
II.
1) Die weitere Beschwerde ist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt.
2) Sie ist jedoch aus den in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Beschlusses unbegründet.
a) Wie das Landgericht zutreffend ausführt, erfüllt jede Form der Nutzung von Telekommunikationsdienstleistungen seitens des Rechtsanwalts in einem konkreten Mandatsfall zunächst grundsätzlich die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Telekommunikationsentgelts nach den Auslagentatbeständen der Nr. 7001, 7002 VV RVG, also auch die Versendung einer Email. Die Kosten für die Bereithaltung des Internetanschlusses an sich (oder für dessen Einrichtung) gehören dagegen zu den Kosten des allgemeinen Bürobetriebs, also zu denjenigen Kosten, die für die Unterhaltung der Kanzlei im Ganzen aufzuwenden sind, und sind als sogenannte allgemeinen Geschäftskosten gemäß der Vorbemerkung 7 Absatz 1 VV RVG mit den Gebühren abgegolten.
Der Auslagentatbestand Nr. 7001 VV RVG verlangt bei der Geltendmachung eines Entgelts für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen von dem Anwalt die Darlegung (und ggf. den Nachweis) der im Einzelnen verauslagten Entgelte, wogegen Nr. 7002 VV RVG dem Anwalt anstelle der tatsächlichen Auslagen die Geltendmachung einer Pauschale von 20 % der angefallenen Gebühren, höchstens 20 € ermöglicht.
Diese pauschalierte Abrechnung nach Nr. 7002 VV RVG setzt jedoch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht voraus, dass tatsächlich im einzelnen Mandatsverhältnis aufschlüsselbare Telekommunikationsentgelte angefallen sind. Diese Auffassung lässt sich auch nicht mit dem Hinweis auf die gesetzliche Formulierung in Nr. 7002 VV RVG „…anstelle der der tatsächlichen Auslagen nach 7001…“ begründen, denn der Gesetzgeber ist bei dieser Formulierung offensichtlich davon ausgegangen, dass neben den allgemeinen Geschäftskosten für die Einrichtung und Vorhaltung technischer Kommunikationsanlagen auch aufschlüsselbare Kosten für jede einzelne Kommunikation anfallen und dass eine einfache prozentuale pauschale Berechnung lediglich den grundsätzlich möglichen, aber mühsamen Nachweis der im Einzelfall tatsächlich angefallenen Entgelte ersetzen soll. Dass ein solcher Nachweis heute angesichts von Flatrateverträgen nicht mehr möglich ist, obwohl in den seitens der Telekommunikationsdienstleister kalkulierten (Faltrate-)Entgelten durchaus Kosten für die Nutzung der Telekommunikationseinrichtungen enthalten sind, wenn auch ebenfalls in einer pauschalierten Form, konnte von dem Gesetzgeber nicht bedacht werden.
Die gegenteilige Rechtsprechung (soweit ersichtlich nur des OLG München, Jur Büro 70, 242 und des LG Berlin JurBüro 85, 1343) ist in einer Zeit entstanden, in der es Flatrates nicht gab und für jeden einzelnen Telefonanruf genau bemessene Entgelte zu entrichten waren, und wird daher den aktuellen Lebenssachverhalten nicht mehr gerecht.
Für die Entstehung der Pauschale ist daher heute angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs (vgl. auch §126a BGB) die Kommunikation durch elektronische Medien (per mail, skype, Videotelefonie, Mobiltelefon, etc.) als ausreichend anzusehen, so dass die Pauschale mit jeder von dem Anwalt ausgehenden Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfällt, auch wenn aufgrund von Flatrateverträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich ist.
b) Es würde dem Sinn und Zweck einer Pauschregelung und dem Ziel des Gesetzgebers zuwiderlaufen, der mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucksache 15/1971, Seite 1) das Kostenrecht „transparenter und einfacher“ gestalten wollte, wenn man im Falle der Geltendmachung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG fordern wollte, dass tatsächlich der Nachweis einzelner im konkreten Mandatsverhältnis angefallener Kostenpositionen für Kommunikationsdienstleistungen erbracht werden müsse.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, Voraussetzung für eine pauschalierte Abrechnung sei, dass überhaupt entsprechende Entgelte (egal in welcher Höhe) angefallen sind, und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliege insoweit vor der Festsetzung der Beratungshilfevergütung ggf. eine Prüfungspflicht, der auch durch eine anwaltliche Versicherung nach § 55 Abs. 5 Satz 1 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO genüge getan werden könne, widerspricht nicht nur dem Begriff der „Pauschale“, der – worauf das Landgericht unter Hinweis auf den Beschluss des AG Winsen (Luhe) vom 27.12.2015 – 18 ll 531/11 zutreffend abstellt – auch auf anderen Rechtsgebieten als Synonym für einen Zahl- oder Anrechnungsbetrag ohne jede weitere Prüfung genutzt wird. Die Auffassung der Beschwerdeführerin würde überdies auch zu dem skurrilen Ergebnis führen, dass der Anwalt, der die Post- und Telekommunikationspauschale nach VV 7002 RVG geltend machen will, in Zeiten immer schneller und unkomplizierter werdender elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten gezwungen wäre, seinen Mandanten mindestens einmal postalisch anzuschreiben, um sodann anwaltlich versichern zu können, dass Entgelte im Sinne von Nr. 7001 VV RVG angefallen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 56 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 RVG.