Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Pauschalvertrag für Tanzschulen: Warum der BGH der GEMA bei der Vertragsgestaltung in die Schranken weist
- Die wichtigsten Erkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind Gesamtverträge nach dem VGG und wie kommen sie zustande?
- Was ist ein Pauschalvertrag im Urheberrecht und welche Rolle spielt dabei ein Gesamtvertrag mit einer Nutzervereinigung?
- Was ist ein Gesamtvertrag im Urheberrecht und wie wird er zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen festgesetzt?
- Was ist ein Gesamtvertrag im Urheberrecht, insbesondere ein Pauschalvertrag, und wie können dessen Konditionen gerichtlich festgelegt werden?
- Was ist ein Gesamtvertrag zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen?

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Verband von Tanzschulen klagte gegen die GEMA, um die Festsetzung eines Pauschalvertrags für die Nutzung musikalischer Werke zu erwirken, da die Verhandlungen über neue Vergütungsmodelle scheiterten.
- Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte grundsätzlich die Zulässigkeit solcher Pauschalverträge als sogenannte „Gesamtverträge“ gemäß Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG).
- Entscheidend ist, dass die beteiligten Tanzschulen durch ihre Teilnahme am Umlageverfahren der Pauschale einzelvertraglich gebunden werden können, auch ohne einen separaten Einzelvertrag.
- Der BGH hob das Urteil der Vorinstanz jedoch teilweise auf, da das Gericht die Antragsgrenzen überschritten hatte, indem es ein Wirtschaftsprüfertestat für Umsatzmeldungen anordnete, das keine Partei beantragt hatte.
- Das Urteil unterstreicht, dass Gesamtverträge die kollektive Lizenzierung vereinfachen, Gerichte diese Verträge bei Uneinigkeit festsetzen können, dabei aber strikt an die Anträge der Parteien gebunden sind.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.05.2025, Az.: I ZR 133/23
Pauschalvertrag für Tanzschulen: Warum der BGH der GEMA bei der Vertragsgestaltung in die Schranken weist
Stellen Sie sich vor, Sie führen eine von hunderten Tanzschulen in einem Verband. Jahrelang gab es eine einfache Abmachung mit der Musikverwertungsgesellschaft, der GEMA: Der Verband zahlt eine Pauschale, und Ihre Tanzschule darf dafür legal Musik in den Kursen spielen. Doch plötzlich soll alles anders werden.
Die Verwertungsgesellschaft will ein neues, kompliziertes System, das sich an der Größe Ihrer Tanzfläche orientiert. Ihr Verband lehnt ab, die Verhandlungen scheitern, und der Streit landet vor Gericht. Die zentrale Frage, die nun der Bundesgerichtshof (BGH) klären musste: Darf ein Gericht einen solchen Pauschalvertrag für alle festlegen, auch wenn die Verwertungsgesellschaft das gar nicht will? Und wie werden Sie als einzelne Tanzschule überhaupt Teil dieses Vertrags, ohne je etwas unterschrieben zu haben?
Die rechtlichen Grundlagen: Was Sie zum Thema Musikrechte und Gesamtverträge wissen müssen
Bevor wir in die Tiefen des BGH-Urteils eintauchen, müssen wir das Spielfeld und die Regeln verstehen. Denn der Streit zwischen dem Tanzschulverband und der Verwertungsgesellschaft bewegt sich in einem speziellen Rechtsgebiet, das für viele Branchen von enormer Bedeutung ist.
Was sind Verwertungsgesellschaften und wofür braucht man sie?
Fast jedes Musikstück, das Sie hören, ist urheberrechtlich geschützt. Der Komponist, der Texter und der Musikverlag haben einen Anspruch darauf, für die Nutzung ihrer Werke bezahlt zu werden. Wenn Sie als Inhaber einer Tanzschule, eines Restaurants oder eines Radiosenders für jeden einzelnen Song eine Genehmigung einholen und die Vergütung aushandeln müssten, wäre das ein unmöglicher Verwaltungsaufwand.
Genau hier kommen Verwertungsgesellschaften ins Spiel. Eine Verwertungsgesellschaft ist eine Organisation, die die Rechte einer riesigen Anzahl von Urhebern bündelt und zentral verwaltet. Man kann sie sich wie eine große Agentur für Urheberrechte vorstellen. Ihre Hauptaufgaben sind:
- Lizenzierung: Sie erteilt Nutzern die Erlaubnis (die Lizenz), die geschützten Werke zu verwenden.
- Vergütungseinzug: Sie kassiert dafür Gebühren von den Nutzern.
- Verteilung: Sie schüttet die Einnahmen nach einem festgelegten Schlüssel an die Urheber aus, deren Werke genutzt wurden.
Die bekannteste Verwertungsgesellschaft in Deutschland ist die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Ihre Arbeit und die anderer Verwertungsgesellschaften wird durch das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) geregelt. Dieses Gesetz stellt sicher, dass sie fair und transparent handeln.
Was ist eine Nutzervereinigung?
Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches stehen die Nutzer. Oft schließen sich Nutzer aus derselben Branche zusammen, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten. Ein solcher Zusammenschluss wird Nutzervereinigung genannt. Dies kann ein Verband von Gaststättenbetreibern, ein Zusammenschluss von Radiosendern oder, wie in unserem Fall, ein Verband von Tanzschulen sein. Ihr Hauptziel ist es, für alle ihre Mitglieder faire und praktikable Konditionen für die Musiknutzung auszuhandeln.
Wie funktioniert ein Gesamtvertrag zwischen diesen beiden?
Wenn eine Verwertungsgesellschaft mit einer Nutzervereinigung verhandelt, ist das Ziel in der Regel der Abschluss eines Gesamtvertrags. Stellen Sie sich diesen Vertrag wie eine Schablone oder einen Rahmenvertrag für eine ganze Branche vor. Anstatt dass jede einzelne Tanzschule einen individuellen Vertrag aushandeln muss, legt der Gesamtvertrag die allgemeinen Bedingungen für alle Mitglieder der Nutzervereinigung fest.
Das Gesetz schreibt vor, dass diese Bedingungen angemessen sein müssen. Was „angemessen“ ist, ist oft der Kern des Streits. Es hängt von vielen Faktoren ab: der Art und dem Umfang der Musiknutzung, der wirtschaftlichen Bedeutung für die Nutzer und den üblichen Tarifen in der Branche.
Was ist das Besondere an einem Pauschalvertrag?
Eine spezielle und sehr praktische Form des Gesamtvertrags ist der Pauschalvertrag. Hierbei zahlt nicht jede einzelne Tanzschule ihre Gebühren direkt an die Verwertungsgesellschaft. Stattdessen zahlt die Nutzervereinigung (der Verband) eine feste Gesamtsumme – eine Pauschale – für alle ihre teilnehmenden Mitglieder.
Der Verband legt diese Pauschale dann intern auf seine Mitglieder um. Dieses Verfahren wird Umlageverfahren genannt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Verwertungsgesellschaft hat nur einen Ansprechpartner und erhält ihr Geld sicher und mit geringem Aufwand. Die Nutzervereinigung kann die Kosten intern fair und nachvollziehbar verteilen, zum Beispiel nach der Größe oder dem Umsatz der einzelnen Tanzschulen.
Was passiert, wenn man sich nicht einigen kann?
Aber was geschieht, wenn sich Verwertungsgesellschaft und Nutzervereinigung – wie in unserem Fall – nicht auf die Bedingungen eines neuen Gesamtvertrags einigen können? Das Gesetz sieht hierfür einen klaren Eskalationspfad vor:
- Die Schiedsstelle: Zuerst muss die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt angerufen werden. Sie ist eine Art neutraler Vermittler, der versucht, eine gütliche Einigung herbeizuführen oder einen Einigungsvorschlag macht.
- Die Klage vor dem Oberlandesgericht: Scheitert auch dieser Versuch, kann jede Seite Klage beim zuständigen Oberlandesgericht (OLG) erheben. Das OLG hat eine besondere Macht: Es kann den Inhalt des umstrittenen Gesamtvertrags selbst festsetzen. Das Gericht schreibt also quasi den Vertrag, auf den sich die Parteien nicht einigen konnten.
- Die Revision vor dem Bundesgerichtshof: Gegen das Urteil des OLG kann unter bestimmten Voraussetzungen Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt werden. Der BGH prüft dann, ob das OLG das Recht korrekt angewendet hat.
Darf ein Gericht einen Vertrag einfach selbst schreiben?
Diese gerichtliche Vertragsfestsetzung ist ein starker Eingriff in die Vertragsfreiheit. Deshalb gibt es eine wichtige Grenze: Das Gericht ist an die Anträge der Parteien gebunden (§ 308 ZPO). Das bedeutet, es darf den Parteien keine Regelungen aufzwingen, die keine von ihnen auch nur ansatzweise gefordert hat. Es muss sich in dem Rahmen bewegen, den die Kläger- und Beklagtenseite mit ihren Vorschlägen abgesteckt haben. Dies soll verhindern, dass das Gericht zum Vertragsdiktator wird.
Der BGH-Fall im Detail: Die Prinzipien in der Praxis
Mit diesem Rüstzeug können wir uns nun den konkreten Fall und die cleveren Argumente des BGH ansehen. Ein Tanzschulverband und die beklagte Musikverwertungsgesellschaft stritten erbittert über die Fortführung ihres Vertragsverhältnisses.
Worum ging es in dem konkreten Streitfall?
Jahrelang, von 2010 bis 2018, hatten die Parteien einen funktionierenden Pauschalvertrag. Der Verband zahlte eine jährliche Pauschale (zuletzt über 250.000 € netto für 67 Tanzschulen), und die teilnehmenden Mitglieder waren damit lizenziert. Ab 2019 wollte die Verwertungsgesellschaft dieses einfache Modell kippen und eine neue Berechnung einführen, die sich an der Größe der Tanzfläche orientierte.
Der Tanzschulverband war damit nicht einverstanden und zog vor die Schiedsstelle. Als auch dort keine Einigung erzielt werden konnte, klagte der Verband beim Oberlandesgericht München. Er forderte die gerichtliche Festsetzung eines neuen Pauschalvertrags für die Jahre 2020 bis 2024 mit festen Pauschalsummen und einer jährlichen Inflationsanpassung. Die Verwertungsgesellschaft hingegen wollte die Klage abweisen lassen oder hilfsweise einen umsatzbasierten Vertrag durchsetzen. Das OLG setzte daraufhin einen neuen Pauschalvertrag fest, der sich in weiten Teilen am Antrag des Verbands orientierte. Dagegen legten beide Seiten Revision beim BGH ein.
Warum ist ein Pauschalvertrag laut BGH ein zulässiger Gesamtvertrag?
Das zentrale Argument der Verwertungsgesellschaft war juristisch spitzfindig: Ein Pauschalvertrag sei gar kein „echter“ Gesamtvertrag im Sinne des Gesetzes (§ 35 VGG). Ihre Begründung: Ein Gesamtvertrag müsse immer ein Rahmenwerk sein, auf dessen Grundlage dann separate Einzelverträge mit den einzelnen Nutzern (den Tanzschulen) geschlossen werden. Da der Pauschalvertrag die Lizenzierung aber direkt regelte, fehle dieses Merkmal.
Hier kommt das oben erklärte Prinzip des ‚Gesamtvertrags‘ ins Spiel. Der BGH wies diese Argumentation entschieden zurück. Er stellte klar, dass die Definition eines Gesamtvertrags flexibel ist und vor allem einem Zweck dienen soll: der Verwaltungsvereinfachung.
Die Richter argumentierten, dass es dem Sinn des Gesetzes nicht widerspricht, wenn die Nutzungsbedingungen direkt im Pauschalvertrag geregelt sind. Im Gegenteil: Dieses Modell ist besonders effizient. Die Verwertungsgesellschaft muss sich nicht mit jeder einzelnen Tanzschule herumschlagen und trägt nicht das Risiko, dass einzelne Mitglieder nicht zahlen. Der BGH bestätigte damit, dass der Pauschalvertrag eine absolut zulässige und legitime Form des Gesamtvertrags ist. Ein separates Dokument für den Einzelvertrag ist nicht erforderlich.
Wie werden einzelne Tanzschulen ohne Unterschrift an den Pauschalvertrag gebunden?
Das führt uns zur nächsten spannenden Frage. Wenn eine einzelne Tanzschule nie einen Vertrag mit der Verwertungsgesellschaft unterschreibt, wie wird sie dann rechtlich an die Pauschalvereinbarung gebunden? Die Verwertungsgesellschaft meinte, ohne ausdrückliche Zustimmung gehe das nicht.
Der BGH löste dieses Rätsel mit einem Verweis auf das allgemeine Vertragsrecht (§ 151 BGB). Diese Entscheidung basiert direkt auf dem Konzept der ‚Annahme durch schlüssiges Handeln‘, das wir zuvor besprochen haben. Ein Vertrag kommt nicht immer nur durch eine ausdrückliche Erklärung zustande. Manchmal reichen auch Taten.
Im konkreten Fall sah der BGH die entscheidende Handlung in der Teilnahme der Tanzschule am internen Umlageverfahren des Verbands. Wenn eine Tanzschule sich also am Verteilungsschlüssel beteiligt und ihren Anteil an der Pauschale an den Verband zahlt, signalisiert sie damit unmissverständlich ihren Willen, Teil des Vertrags zu sein.
Der BGH argumentierte weiter, dass die Verwertungsgesellschaft auf eine separate Annahmeerklärung jeder einzelnen Tanzschule verzichtet habe. Warum? Weil das Pauschalmodell ja gerade darauf ausgelegt ist, ihr diesen Aufwand zu ersparen. Eine Tanzschule muss also nicht explizit „Ja, ich will“ zur Verwertungsgesellschaft sagen. Ihre Handlung – die Teilnahme am Umlagesystem des Verbands – spricht für sich und bindet sie an den Vertrag.
Was ist mit dem bereits existierenden Gesamtvertrag?
Die Verwertungsgesellschaft hatte noch ein weiteres Argument im Köcher: Es gäbe ja bereits einen Gesamtvertrag aus dem Jahr 2017, der Rabatte regelt. Man könne sie daher nicht zwingen, einen weiteren Vertrag abzuschließen.
Auch dieses Argument ließ der BGH nicht gelten. Wie wir bei den Grundlagen gesehen haben, sind Verträge nicht in Stein gemeißelt. Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, bestehende Verträge zu ändern oder zu ergänzen, wenn die Bedingungen nicht mehr angemessen sind (§ 92 VGG).
Die Richter stellten klar, dass der neue Pauschalvertrag den alten Vertrag nicht ersetzen, sondern ergänzen soll. Die Mitglieder des Tanzschulverbands hätten dann die Wahl, welches Modell für sie vorteilhafter ist. Der bloße Verweis auf einen bestehenden Vertrag kann eine inhaltliche Prüfung, ob die Konditionen noch fair sind, nicht verhindern. Damit stärkte der BGH das Klagerecht des Tanzverbands gegen die GEMA (bzw. die beklagte Verwertungsgesellschaft) auf Anpassung der vertraglichen Bedingungen.
Wo hat das Berufungsgericht seine Grenzen überschritten?
Obwohl der BGH die Grundstruktur des Pauschalvertrags bestätigte, gab er beiden Parteien in einzelnen Punkten recht. Hier kam die Grenze der gerichtlichen Vertragsgestaltung (§ 308 ZPO) zum Tragen.
Erinnern Sie sich an unsere Erklärung zur gerichtlichen Vertragsfestsetzung? Das Gericht darf nicht zum allmächtigen Vertragsdiktator werden, sondern ist an die Anträge der Parteien gebunden. Genau diesen Grundsatz sah der BGH in zwei Punkten verletzt:
- Das Wirtschaftsprüfertestat: Das Oberlandesgericht hatte im Vertrag festgelegt, dass die Tanzschulen ihre Umsätze für eine zukünftige Neuberechnung der Pauschale von einem Wirtschaftsprüfer testieren lassen müssen. Diese sehr teure und aufwendige Anforderung hatte aber keine der beiden Parteien in dieser Form beantragt. Der Tanzschulverband hatte gar keine Testatpflicht gefordert, und die Verwertungsgesellschaft hatte eine einfachere Bestätigung (z. B. durch einen Steuerberater) verlangt. Das Gericht war hier also über die Anträge hinausgegangen.
- Der neue Lizenzsatz: Das OLG hatte für die Zeit ab 2025 einen neuen Lizenzsatz von 3,75 % der Umsätze als Berechnungsgrundlage festgelegt. Auch dieser Wert fand sich so nicht in den Anträgen der Parteien wieder und wurde vom BGH als nicht ausreichend begründet angesehen.
In diesen beiden Punkten hob der BGH das Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück. Das OLG muss nun eine Lösung finden, die sich innerhalb des von den Parteien abgesteckten Rahmens bewegt.
Fazit: Was dieses Urteil für Sie bedeutet
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs ist weit mehr als nur ein Sieg für einen Tanzschulverband. Es hat grundlegende Bedeutung für alle Branchen, die auf Basis von Gesamtverträgen Musik oder andere urheberrechtlich geschützte Werke nutzen.
Die wichtigste Erkenntnis lautet: Der Pauschalvertrag ist eine flexible und rechtlich absolut saubere Lösung zur kollektiven Lizenzierung. Verwertungsgesellschaften können sich nicht einfach mit formaljuristischen Argumenten gegen solche bewährten und effizienten Modelle wehren. Der BGH hat klargestellt, dass der praktische Nutzen und die Verwaltungsvereinfachung im Vordergrund stehen.
Für Nutzervereinigungen und ihre Mitglieder ist die Entscheidung eine erhebliche Stärkung ihrer Verhandlungsposition. Sie bestätigt, dass die Zustimmung einzelner Mitglieder zu einem Pauschalvertrag unkompliziert durch ihre Teilnahme am internen Umlageverfahren erfolgen kann. Das schafft Rechtssicherheit und vereinfacht die Abläufe.
Gleichzeitig hat das Urteil die Grenzen der gerichtlichen Macht bei der Vertragsfestsetzung nochmals klar gezogen. Gerichte dürfen Verträge zwar gestalten, wenn sich die Parteien nicht einigen, aber sie dürfen keine völlig neuen Bedingungen erfinden, die keine der Parteien wollte. Dies schützt die Vertragsautonomie und stellt sicher, dass die Interessen der Verhandlungspartner gewahrt bleiben. Der Fall geht nun zurück, aber die Weichen für eine faire und praktikable Pauschalvertragslösung für Tanzschulen sind gestellt.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Das BGH-Urteil verdeutlicht wichtige Grundsätze zur Flexibilität und zu den Grenzen bei der gerichtlichen Festsetzung von Gesamtverträgen zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen.
- Pauschalverträge mit direkter Lizenzierung sind zulässig: Das Urteil bestätigt, dass Gesamtverträge nicht zwingend separate Einzelvertragsmuster enthalten müssen, sondern die Nutzungsbedingungen direkt regeln können. Die einzelvertragliche Bindung der Mitglieder einer Nutzervereinigung kann durch deren stillschweigende Teilnahme am Umlageverfahren entstehen, ohne dass formelle Annahmeerklärungen erforderlich sind.
- Bestehende Gesamtverträge können ergänzt werden: Das Gericht stellt klar, dass die Existenz eines früheren Gesamtvertrags nicht verhindert, dass ein neuer Vertrag mit anderen Regelungen festgesetzt wird. Verwertungsgesellschaften können sich nicht allein auf bestehende Verträge berufen, um die Festsetzung angemessener neuer oder ergänzender Bedingungen zu verweigern.
- Gerichte sind bei der Vertragsfestsetzung an Parteianträge gebunden: Bei der gerichtlichen Festsetzung von Gesamtverträgen dürfen die Richter nur solche Regelungen treffen, die innerhalb der Reichweite mindestens eines der Parteianträge liegen. Eine vollständige Neuschöpfung von Vertragsbedingungen, die von keiner Partei beantragt wurden, ist unzulässig.
Das Urteil stärkt die Position von Nutzervereinigungen bei der Durchsetzung praktikabler Pauschallösungen und zeigt gleichzeitig die verfahrensrechtlichen Grenzen richterlicher Gestaltungsmacht auf.
Sind auch Sie von derartigen Pauschalverträgen im Bereich der Musiknutzung betroffen? Lassen Sie Ihren individuellen Fall unverbindlich prüfen und erhalten Sie eine erste Einschätzung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind Gesamtverträge nach dem VGG und wie kommen sie zustande?
Ein Gesamtvertrag ist eine wesentliche Vereinbarung im Urheberrecht, die zwischen einer Verwertungsgesellschaft (z.B. GEMA) und einer Nutzervereinigung (ein Zusammenschluss von Nutzern) geschlossen wird. Er regelt die allgemeinen Bedingungen zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke. Ziel ist die Vereinfachung der Lizenzierung für eine ganze Nutzergruppe. Eine häufige Form ist der Pauschalvertrag, bei dem die Nutzervereinigung eine feste Summe zahlt und diese intern auf teilnehmende Mitglieder umlegt. Die Mitglieder werden dabei direkt einzelvertraglich gebunden, etwa durch ihre Teilnahme am Umlageverfahren (§ 151 BGB).
Zustandekommen und gerichtliche Festsetzung
Können sich die Parteien nicht auf einen Gesamtvertrag einigen, vermittelt zunächst eine Schiedsstelle. Bleibt auch dieser Versuch erfolglos, kann ein Oberlandesgericht die Vertragsbedingungen festsetzen. Das Gericht ist dabei jedoch an die Anträge der Parteien gebunden und darf nicht darüber hinausgehen. Bestehende Gesamtverträge können zudem im Rahmen des VGG angepasst oder ergänzt werden.
Was ist ein Pauschalvertrag im Urheberrecht und welche Rolle spielt dabei ein Gesamtvertrag mit einer Nutzervereinigung?
Ein Pauschalvertrag im Urheberrecht ist eine spezifische Form des Gesamtvertrags. Er wird zwischen einer Verwertungsgesellschaft (wie der GEMA) und einer Nutzervereinigung (einem Zusammenschluss von Nutzern, zum Beispiel Tanzschulen) geschlossen.
Funktion und Zweck
Im Rahmen eines solchen Vertrags zahlt die Nutzervereinigung eine feste Pauschalsumme an die Verwertungsgesellschaft für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke. Die interne Verteilung dieser Summe auf die teilnehmenden Mitglieder der Nutzervereinigung – das sogenannte Umlageverfahren – übernimmt die Vereinigung selbst. Dieser Gesamtvertrag in Pauschalform vereinfacht die Lizenzierung für eine ganze Nutzergruppe erheblich, indem er allgemeine und wirtschaftlich angemessene Bedingungen festlegt. Die einzelnen Mitglieder werden dabei oft durch ihre Teilnahme am Umlageverfahren oder die Werknutzung direkt an den Vertrag gebunden.
Was ist ein Gesamtvertrag im Urheberrecht und wie wird er zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen festgesetzt?
Ein Gesamtvertrag im Urheberrecht ist eine zentrale Vereinbarung zwischen einer Verwertungsgesellschaft (z.B. GEMA) und einer Nutzervereinigung (z.B. einem Tanzschulverband). Er regelt die allgemeinen Bedingungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke durch die Mitglieder der Vereinigung. Sein Ziel ist die Vereinfachung der Lizenzierung für eine ganze Branche. Ein solcher Pauschalvertrag kann die einzelnen Mitglieder sogar ohne separaten Einzelvertrag direkt binden, etwa durch ihre Teilnahme am Umlageverfahren.
Wie kommt ein Gesamtvertrag zustande oder wird festgesetzt?
Erfolgt keine Einigung in Verhandlungen, kann ein Schiedsstellenverfahren vermitteln. Scheitert dieses, ist das zuständige Oberlandesgericht berechtigt, die Vertragsbedingungen festzusetzen. Dabei ist das Gericht an die Anträge der Parteien gebunden. Eine Überprüfung rechtlicher Fehler durch den Bundesgerichtshof mittels Revision ist möglich, wobei der Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen werden kann.
Was ist ein Gesamtvertrag im Urheberrecht, insbesondere ein Pauschalvertrag, und wie können dessen Konditionen gerichtlich festgelegt werden?
Ein Gesamtvertrag ist eine Rahmenvereinbarung zwischen einer Verwertungsgesellschaft (z.B. GEMA) und einer Nutzervereinigung (z.B. Tanzschulverband) zur kollektiven Lizenzierung urheberrechtlicher Werke. Er dient der Vereinfachung der Rechteklärung und Vergütung für eine Gruppe von Nutzern.
Ein Pauschalvertrag ist eine spezielle Form des Gesamtvertrags, bei der die Nutzervereinigung eine feste Summe an die Verwertungsgesellschaft zahlt und diese intern auf ihre Mitglieder umlegt; diese werden dabei direkt vertraglich gebunden, ohne dass ein separater Einzelvertrag notwendig ist.
Können sich die Parteien nicht auf einen Gesamtvertrag einigen, vermittelt zunächst eine Schiedsstelle. Bleibt dies erfolglos, kann ein Oberlandesgericht die Vertragsbedingungen festsetzen. Es muss sich dabei strikt an die Anträge der Parteien halten (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Rechtsfehler können vom Bundesgerichtshof überprüft werden.
Was ist ein Gesamtvertrag zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen?
Ein Gesamtvertrag ist eine grundlegende Vereinbarung im Urheberrecht. Er wird zwischen einer Verwertungsgesellschaft (wie der GEMA), die Rechte von Urhebern kollektiv wahrnimmt, und einer Nutzervereinigung (einem Zusammenschluss von Nutzern wie z.B. Tanzschulen) geschlossen. Dieser Vertrag legt die allgemeinen Bedingungen fest, unter denen die Mitglieder der Nutzervereinigung geschützte Werke nutzen dürfen.
Funktion und rechtliche Bindung
Ziel ist die vereinfachte Lizenzierung für ganze Branchen. Oft handelt es sich um Pauschalverträge, bei denen die Nutzervereinigung eine feste Summe zahlt und diese intern auf ihre Mitglieder umlegt. Die Mitglieder können durch ihre Teilnahme an diesem Umlageverfahren direkt vertraglich gebunden werden, auch ohne separaten Einzelvertrag. Können sich die Parteien nicht einigen, kann das Oberlandesgericht den Vertrag gerichtlich festsetzen. Dabei ist das Gericht an die Anträge der Parteien gebunden. Bestehende Gesamtverträge können zudem angepasst oder ergänzt werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz