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Persönlichkeitsrecht Minderjährige

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

Az.: 7 U 27/02

Urteil vom 13.08.2002


In dem Rechtsstreit hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat nach der am 23. Juli 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichtes Hamburg, Zivilkammer 24, vom 1. März 2002 – 324 O 540/01 – dahin geändert, dass die Beklagte nach Maßgabe von Ziffer I. des Tenors des angefochtenen Urteils zusätzlich verurteilt wird, es zu unterlassen, über … … zu verbreiten:

„Deutlich sicherer als auf hohen Hacken bewegt sich Fürst … schöne Enkelin … in Reitstiefeln.“

II. Die Berufung der Beklagten gegen das unter I. genannte Urteil wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 1/6, die Beklagte 5/6 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000,– €, für die Beklagte in Höhe von 1.000,– €.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 3. August 1986 geborene Klägerin begehrt mit der Klage das Verbot der neuerlichen Verbreitung von insgesamt fünf in einem Artikel in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift …… Nr. 20/01 vom 9. Mai 2001 (Anlage K 1) enthaltenen Textpassagen.

Mit Urteil vom 1. März, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, verurteilte das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung folgender drei Äußerungen über die Klägerin:

1. ,,… – so schön wie ihre Mutter … so anmutig wie einst Fürstin …“; (ursprünglicher Klagantrag zu 1.),

2. „… erscheint den Monegassen wie eine Prinzessin aus dem Märchenbuch: Hoch gewachsen und von ebenmäßiger Schönheit – ganz wie ihre Mama. Anmutig und von gleicher glamouröser Ausstrahlung wie Fürstin …. Dazu die natürliche, charmante Art vom italienischen Papa.“ (ursprünglicher Klagantrag zu 3.).

3. „Bei alledem ist … bodenständiger, ernsthafter Teenager, der nicht nur Popmusik sondern auch klassischen Tanz mag.“ (ursprünglicher Klagantrag zu 4.)

Hinsichtlich der Äußerungen:

1. „… – eine Prinzessin wie aus dem Märchen“; (ursprünglicher Klagantrag zu 2.),

2. „Deutlich sicherer als auf hohen Hacken bewegt sich Fürst … schöne Enkelin … in Reitstiefeln.“ … (ursprünglicher Klagantrag zu 5.).

ist die Klage abgewiesen worden.

Mit ihrer form- und fristgemäß eingelegten Berufung bekämpft die Beklagte unter erneutem Hinweis auf die für sie streitende Meinungs- und Pressefreiheit hinsichtlich der ursprünglichen Klaganträge zu 1., 3. und 4. das ausgesprochene Unterlassungsgebot, während die Klägerin mit ihrer Berufung nach Rücknahme der weitergehenden, den ursprünglichen Klagantrag zu 2. betreffenden Berufung unter erneutem Hinweis auf ihr beeinträchtigtes allgemeines Persönlichkeitsrecht hinsichtlich des ursprünglichen Klagantrags zu 5. den Unterlassungsanspruch weiter verfolgt.

Die Klägerin beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten in Abänderung des angefochtenen Urteil die Beklagte zusätzlich zu verurteilen, zu unterlassen, über … … verbreiten:

„Deutlich sicherer als auf hohen Hacken bewegt sich Fürst … schöne Enkelin … in Reitstiefeln.“

Die Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin in Abänderung des angefochtenen Urteils die gesamte Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst eingereichter Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, während die – nach teilweiser Berufungsrücknahme – verbleibende zulässige Berufung der Klägerin begründet ist und in Abänderung des angefochtenen Urteils zu der aus dem Tenor ersichtlichen zusätzlichen Verurteilung der Beklagten führt.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffenden Gründen, denen der Senat folgt und auf deren Inhalt demgemäß nach § 543 Abs. 2 ZPO a. F. verwiesen wird, zur Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der in den Klaganträgen zu 1., 3. und 4. aufgeführten Textpassagen verurteilt. Insoweit führt das Berufungsvorbringen der Beklagten zu keiner anderen Beurteilung. Dem gegenüber ist die Beklagte aufgrund der Berufung der Klägerin darüber hinaus zu verurteilen, auch die erneute Verbreitung der im Klagantrag zu 5. dargestellten Textpassage zu unterlassen.

Hinsichtlich dieser vier Textpassagen steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu. Die öffentliche Verbreitung der beanstandeten Äußerungen verletzt die Klägerin bei bestehender Wiederholungsgefahr rechtswidrig in ihrer durch Artikel 2 I GG in Verbindung mit Artikel 1 GG geschützten Privatsphäre.

Entgegen der Auffassung der Beklagten greift die Verbreitung der noch in Streit befindlichen Äußerungen rechtswidrig in die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Klägerin ein. Die sie mit ihrer Mutter und Großmutter vergleichenden Äußerungen über ihr Aussehen, die nähere Beschreibung ihrer Erscheinung und ihre Wirkung auf die Monegassen, Ausführungen über ihr Wesen, ihren Charakter und ihre Neigungen sowie vergleichende Bewertungen über ihre Bewegungen auf hohen Hacken und in Reitstiefeln berühren die Klägerin in ihrer Privatsphäre. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin, wie die Beklagte umfangreich ausführt, gelegentlich bei öffentlichen Veranstaltungen in Erscheinung tritt oder an derartigen Veranstaltungen aktiv als Teilnehmerin mitwirkt – wie etwa an dem als Aufhänger für den die beanstandeten Passagen enthaltenden Artikel dienenden, unter der Schirmherrschaft ihrer Mutter stehenden internationalen Reitturnier in Monaco – und bei diesen Veranstaltungen von Pressefotografen Aufnahmen gefertigt werden, deren pressemäßige Verbreitung die Klägerin unter Umständen im Einzelfall hinnehmen muss. Dass derartige Fotos der Klägerin – sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen -veröffentlicht werden dürfen, bedeutet nicht, dass Äußerungen wie die hier in Rede stehenden nicht ihre Privatsphäre berühren, zumal die Äußerungen deutlich über eine rein sachliche Beschreibung von derartigen Aufnahmen, insbesondere der zur Illustrierung des fraglichen Artikels abgedruckten Abbildungen hinausgehen, was angesichts des Inhaltes der Textpassagen keiner weiterer Ausführungen bedarf.

Die Verbreitung der in Rede stehenden Äußerungen stellt daher einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar, wobei letztlich belanglos ist, ob es sich insoweit um Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen handelt. Denn der durch Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz umfasst auch und insbesondere das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Jeder darf grundsätzlich selbst und allein darüber bestimmen, ob und inwieweit andere sein Lebensbild im ganzen oder bestimmte Vorgänge daraus öffentlich darstellen dürfen.

Dabei ist freilich zu beachten, dass das – aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende – Selbstbestimmungsrecht kein allgemeines und umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person dahingehend enthält, dass sein Träger Anspruch darauf hätte, nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder gesehen werden möchte (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999; AfP 2000, 76 f., 77 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Wenn der Einzelne indes in Kommunikation mit anderen tritt, durch sein Verhalten auf andere einwirkt und auf sonstige Weise Belange anderer oder des Gemeinschaftslebens berührt, können Informationsinteressen vorhanden sein, denen Vorrang eingeräumt werden muss gegenüber den persönlichen Belangen (vgl. Wenzel: Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rn. 5.23). Der Betroffene kann im Einzelfall gehalten sein, es zu dulden, dass die Presse in Wahrnehmung der durch Artikel 5 Abs. 1 GG garantierten Meinungs- und Pressefreiheit über ihn berichtet. Ob eine Veröffentlichung in rechtswidriger Weise die persönlichkeitsrechtlichen Belange beeinträchtigt, ist demnach im Wege der Güterabwägung zwischen den Belangen des durch die Berichterstattung Betroffenen einerseits und dem durch Artikel 5 Abs. 1 GG geschützten Interesse der Presse andererseits zu ermitteln. Dabei kann nicht nur die sog. „seriöse“ Presse, d. h. die über politische und sonstige für die Meinungsbildung wichtige Ereignisse informierende Presse, sondern auch die Unterhaltungspresse das in Artikel 5 Abs. 1 GG normierte Grundrecht für sich in Anspruch nehmen. Erst bei der Abwägung zwischen Pressefreiheit und dem – ebenfalls von Verfassungswegen geschützten – Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist zu berücksichtigen, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt, oder ob sie lediglich das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschaft nach Unterhaltung befriedigt (vgl. BVerfG NJW 1973, 1221, 1224; BGH AfP 1999, 350 f). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für den Senat allerdings nicht ersichtlich und auch nicht nachzuvollziehen, dass bei der Abwägung im Grundsatz der Pressefreiheit der höhere Rang einzuräumen ist.

Die demnach gebotene Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin und den – durch die Meinungs- und Pressefreiheit geschützten – Interessen der Beklagten muss indessen zu einem Überwiegen des von der Klägerin beanspruchten Persönlichkeitsschutzes führen.

Die mit der Verbreitung der beanstandeten Äußerungen verbundene Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre muss die Klägerin nicht hinnehmen. Dabei kann an dieser Stelle offen bleiben, ob und inwieweit herausgehobene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und insbesondere absolute Personen der Zeitgeschichte eine Berichterstattung über ihre Lebensumstände und ihre Person auch gegen ihren Willen dulden müssen, d. h., ob und gegebenenfalls in welchem Umfang insoweit ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit anzuerkennen ist und ob dieses Interesse gegenüber den geschützten Belangen der Betroffenen überwiegt. Die Klägerin zählt jedenfalls nicht zu den herausgehobenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, geschweige denn zu den sog. absoluten Personen der Zeitgeschichte. Sie ist ein am 3. August 1986 geborenes junges Mädchen und bekleidet weder ein Amt noch eine sonstige Position im öffentlichen Leben. Dass der Großvater der Klägerin (der Vater der Mutter der Klägerin) der regierende Fürst des Fürstentums Monaco ist, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Weder hat die Klägerin die Stellung einer Thronfolgerin oder eine andere offizielle Position inne, noch trägt sie einen Adelstitel.

Ferner wirkt sich auch die Angehörigeneigenschaft in Bezug zu einem Staatsoberhaupt als solche – jedenfalls soweit es verwandtschaftliche Beziehungen anbelangt, die, wie im Falle der Klägerin, über den ersten Grad hinaus gehen – nicht mindernd auf den Umfang des Persönlichkeitsschutzes aus. Denn trotz verwandtschaftlicher Bindungen muss es den Angehörigen von Personen des öffentlichen Lebens grundsätzlich selbst überlassen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit sie sich durch ihr Verhalten in das Blickfeld der Öffentlichkeit begeben.

In diesem Zusammenhang macht die Beklagte allerdings geltend, dass die Klägerin seit etwa zwei Jahren verstärkt bei öffentlichen Veranstaltungen in das Licht der Öffentlichkeit trete und bei dem hier in Frage stehenden, den Artikelaufhänger bildenden Reitturnier offiziell als Begleiterin ihrer Mutter, der Schirmherrin des Turniers, und als aktive Reiterin teilgenommen habe. Indes mag dies zwar – wie ausgeführt – eine schlichte Wort- oder Bildberichterstattung über die Teilnahme der Klägerin an der fraglichen Veranstaltung rechtfertigen, jedoch führen weder der Besuch einer solchen Veranstaltung noch die Zulässigkeit der darüber erfolgten Berichterstattung dazu, dass die Klägerin eine pressemäßige Erörterung persönlicher, ihrer Privatsphäre zuzurechnender Details hinnehmen muss. Vielmehr kann die Klägerin grundsätzlich den jedermann zustehenden Schutz vor einer öffentlichen Ausbreitung ihrer privaten Angelegenheiten in Anspruch nehmen; d. h. eine Veröffentlichung ist nur insoweit zulässig, als sie im konkreten Fall durch ein die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Klägerin überwiegendes Informationsinteresse gerechtfertigt ist.

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Die Verbreitung der Mitteilung über das Aussehen der Klägerin im Vergleich zu Mutter und Großmutter, über ihre Ausstrahlung und ihre Wirkung auf die Monegassen, über Charakterzüge, Wesen und Neigungen und ihre Art, sich mit verschiedenem Schuhwerk zu bewegen, ist hingegen nicht durch ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit, darüber informiert zu werden, gerechtfertigt. Ein weit höheres Gewicht hat im Vergleich dazu das Interesse der Klägerin, von einer neuerlichen Verbreitung derartiger Mitteilungen verschont zu bleiben, auch wenn diese nicht etwa diskriminierend oder herabsetzend, sondern durchaus positiv und wohlwollend sind und ihnen auch irgendeine, die Leser etwa erotisierende Wirkung nicht beigemessen werden kann.

Der Grund für den Vorrang des Interesses der Klägerin liegt vor allem in dem jugendlichen Alter der jetzt erst 15-jährigen Klägerin. Kinder und Jugendliche, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst noch entwickeln müssen, bedürfen eines besonderen Schutzes, und zwar und gerade gegenüber den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer ausgehen. Mehr als Erwachsene benötigen sie einen umfassend geschützten Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen. Auch Artikel 6 GG, insbesondere dessen zweiter Absatz, spricht dafür, weil dort Kinder unter dem besonderen Schutz ihrer Eltern und des Staates gestellt sind, und zwar nicht nur Kinder bis zum Alter von Jugendlichen im Sinne der Definition des § 1 Abs. 2 JGG, sondern Kinder im Sinne von Minderjährigen. Einen weiteren Hinweis auf die Wichtigkeit des Jugendschutzes gibt Artikel 5 Abs. 2 GG, wo ausdrücklich die gesetzlichen Bestimmungen zum Schütze der Jugend als solche Normen bezeichnet werden, die die Meinungs- und Pressefreiheit einschränken.

Diese Werteordnung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und ist insbesondere in dem erwähnten Urteil vom 15. Dezember 1999 (AfP 2000, 76 f., 79) herausgearbeitet worden. Auch der Senat hat schon verschiedentlich den besonderen Schutz des Persönlichkeitsrechtes von Kindern betont, z. B. in seinen Urteilen vom 22. Juni 1999 – 7 U 19/99 -, das den Bruder der hiesigen Klägerin betraf, und vom 1. April 2002 – 7 U 167/99 -, das die Klägerin selbst betraf.

Dass es hinsichtlich der in Frage stehenden Äußerungen ausnahmsweise an dem besonderen Schutzbedürfnis fehlt, ist wiederum weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies könnte hier allenfalls in Betracht kommen, wenn es sich um schlichte Beschreibungen der Klägerin als Teilnehmerin an dem Reitturnier handeln würde. Dies ist indes nicht der Fall.

Bei Anwendung dieser Grundsätze im Rahmen der hier gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit erweist sich die Verbreitung der beanstandeten Äußerungen als rechtswidrig. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist auch deshalb nachrangig, weil die in Rede stehende Berichterstattung nicht dazu dient, eine Angelegenheit von allgemeinem öffentlichen Interesse sachbezogen zu erörtern und zur Meinungsbildung in einer die Allgemeinheit wesentlich berührenden Frage beizutragen, sondern zumindest vorrangig das Bedürfnis der Leserschaft nach Unterhaltung befriedigt. Die beanstandeten Äußerungen stellen – wie ausgeführt – bewertende Beschreibungen des Aussehens, des Erscheinungsbildes, der Ausstrahlung der Klägerin und ähnliches dar. Zwar sind – wie bereits dargelegt – auch solche ausschließlich oder zumindest vorrangig unterhaltenden Veröffentlichungen vom Schutzbereich des Artikel 5 Abs. 1 GG mit umfasst. Dem Interesse an einer derartigen Berichterstattung kommt aber, auch wenn ein berechtigtes Bedürfnis zur Meinungsbildung im unterhaltenden Bereich anzuerkennen ist, gegenüber dem Schutz der Persönlichkeit und insbesondere der Privatsphäre gerade der jugendlichen Klägerin ein ungleich schwächeres Gewicht zu, so dass das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter dem Bedürfnis der Klägerin zurücktreten muss, die geschilderten, dem privaten Bereich zuzuordnenden Details nicht vor dem breiten Leserpublikum ausgebreitet zu sehen (bzw. ausbreiten zu lassen). Der jetzt 15-jährigen Klägerin ist es nämlich nicht zuzumuten, dass um des Unterhaltungsinteresses der Leserschaft willen öffentlich wertende Betrachtungen über ihr Aussehen, ihre Ausstrahlung, ihr Wesen und ähnliches angestellt werden. Dies gilt – anders als vom Landgericht eingestuft – auch insoweit, als vergleichend bewertet wird, wie sie sich auf hohen Hacken und in Reitstiefeln bewegt. Muss die Klägerin öffentliche Erörterungen über ihr Aussehen, ihre Ausstrahlung usw. nicht hinnehmen, so ist es in diesem Zusammenhang ohne Belang, ob sich einzelne Leser bei der Betrachtung der zur Illustrierung des Artikels abgedruckten Abbildungen der Klägerin evtl. Gedanken zu Einzelheiten ihres äußeren Erscheinungsbildes machen. Denn die im schriftlichen Wort festgehaltene und als solche allgemein pressemäßig verbreitete Erörterung von Details ihres Erscheinungsbildes und ähnlichem berührt die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Klägerin in viel intensiverer Weise als etwaige bei der Betrachtung von Abbildungen gezogene gedankliche Schlussfolgerungen und Bewertungen, die vielleicht von einigen Lesern in der einen oder anderen Weise vorgenommen werden mögen, aber jedenfalls das Ergebnis der persönlichen Einschätzung des jeweiligen Lesers bleiben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es – wie ausgeführt – nicht darauf an, dass die angegriffenen Äußerungen im wesentlichen als Meinungsäußerungen zu bewerten sind. Nach dem Ergebnis der dargelegten Interessenabwägung ist die Privatsphäre der Klägerin, eines jetzt 15-jährigen Mädchens, umfassend zu achten. Ihre Privatsphäre ist auch und gerade gegen die wertende Berichterstattung über ihr Aussehen, ihr Erscheinungsbild und ähnliches und die darin liegende Meinungsäußerung grundrechtlich geschützt. Dieser Schutz ist erforderlich, damit sie sich trotz gelegentlicher öffentlicher Auftritte unbefangen und frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entwickeln kann, und zwar auch im öffentlichen Raum, wo es mithin an den Voraussetzungen der örtlichen Abgeschiedenheit fehlt. Denn auch die Kinder der Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung haben ein Recht, wie andere Kinder auch, von ihren Eltern in öffentlichen Räumen begleitet zu werden, ohne allein durch die Anwesenheit der Eltern zum Objekt der Medienberichterstattung zu werden (vgl. BVerfG NJW 2000, 2191).

Der Senat sieht keinen Hinderungsgrund, die dargelegten Grundsätze zum Schütze des Persönlichkeitsrechtes von Kindern gegenüber einer Medienberichterstattung auf den vorliegenden Fall der 15-jährigen Klägerin anzuwenden. Auch wenn sie nach der Definition des § 1 Abs. 2 JGG kein Kind mehr ist, sondern eine Jugendliche, schmälert das nicht ihr Recht auf Persönlichkeitsentfaltung in der Abwägung gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an der beanstandeten Berichterstattung. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung der Klägerin zu einer Persönlichkeit im Alter von 15 Jahren abgeschlossen ist. Dies mag zwar im Einzelfall unterschiedlich und von den jeweiligen Lebensverhältnissen abhängig sein. Konkrete Umstände für eine Abweichung vom Normalfall sind hier jedoch weder dargelegt noch ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus den von der Beklagten angeführten offiziellen Anlässen, an denen die Klägerin mit ihrer Mutter oder ihrer Familie teilnimmt.

Unter diesen Umständen ist hier auch nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob das internationale Reitturnier in Monaco bzw. der Besuch der Klägerin mit ihrer Mutter als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen ist, welches gegebenenfalls Anlass der beanstandeten Berichterstattung war, obwohl über dieses Ereignis nur wenig, über die Klägerin aber um so breiter berichtet wird. Wie bereits ausgeführt, umfasst das Recht der jugendlichen Klägerin auf Entwicklung ihrer Persönlichkeit auch die Freiheit, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen, ohne dadurch das Risiko einer über die sachliche und anlassbezogene Berichterstattung hinausgehende Kommentierung des eigenen Erscheinungsbildes auszulösen. An diesem Schutzbedürfnis könnte es dann fehlen, wenn sich die Klägerin durch eigenes Verhalten bewusst der Öffentlichkeit in einer Weise zugewendet hätte, die einer Öffnung der Privatsphäre gleichkommen würde, z. B. durch ihr Privatleben betreffende Interviews oder bewusst provokative, aufreizende Auftritte. Dass die Klägerin bei ihren bisherigen öffentlichen Auftritten derartige Grenzen überschritten und sich dadurch dieses besonderen Schutzes begeben hätte, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht das der Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen zustehende Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechtes auf freie Selbstbestimmung schließlich unabhängig davon, ob sie von der beanstandeten konkreten Berichterstattung selbst Kenntnis hat. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass eine Verletzung der Privatsphäre nicht davon abhängig ist, dass sie der davon betroffenen Person bekannt wird. Diese Rechtsverletzung führt auch dann zu dem streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch, wenn die Klägerin den in Rede stehenden Artikel nicht gelesen hätte. Denn selbst die Beklagte behauptet nicht, dass die im westlichen Europa lebende und in Frankreich eine Schule besuchende 15-jährige Klägerin nicht einmal darüber informiert ist, dass sie generell Gegenstand des Medieninteresses ist. Schon weil sie sich allgemein der Gefahr bewusst ist, durch Medienvertreter beobachtet zu werden, hat die Argumentation zum Schütze von Kindern auch in diesem Fall zum Schütze der Klägerin Gültigkeit. Denn schon das Bewusstsein der Beobachtung durch die Medien zwingt die Klägerin zu einer Selbstkontrolle, die einem unbefangenen und freien Verhalten auch bei gelegentlichen öffentlichen Auftritten entgegensteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Die Vorraussetzungen für die Zulassung der Revision liege nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.

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