Bundesarbeitsgericht
Az.: 2 AZR 141/99
Urteil vom 17.06.1999
Leitsätze:
Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sogenannten unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können. Eine solche Unternehmerentscheidung ist hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs „Dauer“ zu verdeutlichen, um dem Gericht im Hinblick auf die gesetzlich dem Arbeitgeber auferlegte Darlegungslast (§ l Abs. 2 Satz 4 KSchG) eine Überprüfung zu ermöglichen. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluß rückt, um so mehr muß der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, daß ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist.
Norm: § 1 Abs. 2 KSchG
Tatbestand:
Der Kläger war seit dem 1. Juni 1992 als Baufacharbeiter der Lohngruppe V (BRTV-Bau) bei der Beklagten, einem Unternehmen des Baugewerbes mit etwa 80 Arbeitnehmern, beschäftigt. Mit Schreiben vom 28. Januar 1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 28. Februar 1998, stellte aber später als Kündigungstermin den 31. März 1998 richtig. Die Beklagte hatte zuvor den Betriebsrat mit Schreiben vom 15. Januar 1998 angehört, in dem die Kündigung damit begründet wird, um die Jahreswende 1997/ 98 habe die Geschäftsführung eine sogenannte Unternehmerentscheidung getroffen, den Personalbestand um drei Planstellen zu reduzieren, und zwar für einen Werkpolier (Berufsgruppe I), einen Vorarbeiter (Berufsgruppe II) und einen Baufacharbeiter (Berufsgruppe V). Ausweislich des Anhörungsschreibens wird diese Maßnahme mit einer sinkenden Nachfrage und unvermindertem Preisverfall begründet, so daß es notwendig sei, die Bauleistung 1998 niedriger als für 1997 anzusetzen.
Die Planstellenreduzierung hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten und weiter geltend gemacht, es fehle an einem substantiierten Vortrag zu einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Kündigung; die Kündigung selbst sei keine Unternehmerentscheidung, insbesondere reiche die Reduzierungsentscheidung als solche zur Rechtfertigung der Kündigung nicht aus. Der Kläger hat ferner die Sozialauswahl als fehlerhaft gerügt, und zwar im Verhältnis zu den weiterbeschäftigten Mitarbeitern W und S; insoweit habe die Beklagte bei der von ihr vorgenommen Punktbewertung die Unterhaltspflicht unverhältnismäßig berücksichtigt. Schließlich fehle bei der Sozialauswahl eine Einzelfallbetrachtung.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Januar 1998 nicht zum 31. März 1998 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, im Hinblick auf die sinkende Nachfrage nach Bauleistungen im öffentlichen Bereich und den damit einhergehenden Preisverfall habe sie um die Jahreswende 1997/ 98 die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihre Bauleistung für das Jahr 1998 niedriger anzusetzen als für 1997 und deswegen den Personalbestand nach unten anzupassen. Demnach habe sie, wie gegenüber dem Betriebsrat begründet, eine dauerhafte Reduzierung des Stellenplans vorgenommen. Die Stellenplanreduzierung sei nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich; das Gegenteil habe der Kläger nicht geltend gemacht. Tatsächlich sei diese Unternehmerentscheidung auch umgesetzt worden, wobei etwaige Arbeitsverdichtungen bewußt hätten in Kauf genommen werden sollen.
Unter Berücksichtigung der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters und der Unterhaltspflichten der insgesamt beschäftigten 15 Arbeitnehmer der Berufsgruppe V sei die Auswahl auf den Kläger gefallen; er sei nicht schutzbedürftiger als die von ihm benannten Arbeitnehmer. Die weggefallene Stelle des Klägers sei auch nicht wieder besetzt worden, vielmehr werde der gesamte Betrieb zum 31. Dezember 1998 stillgelegt.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt, während auf die Berufung der Beklagten das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung sei betriebsbedingt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), weil die Beklagte eine Unternehmerentscheidung getroffen habe, den Stellenplan unter anderem bei den Baufacharbeitern um eine Stelle zu reduzieren und die dann noch vorhandene Arbeit von den verbleibenden Arbeitern erledigen zu lassen; diese Entscheidung sei nicht unmittelbar auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger, sondern auf die Reduzierung des Stellenplans gerichtet gewesen; erst ihre Umsetzung habe zur Kündigung geführt, ohne daß ersichtlich sei, daß die von der Beklagten getroffene Entscheidung offenbar unvernünftig oder willkürlich sei. Demnach sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, ohne daß die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung bestanden habe. Auch ein Fehler in der Sozialauswahl liege nicht vor.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Revision rügt zutreffend, die Beklagte habe weder hinsichtlich der angeblich vorliegenden unternehmerischen Entscheidung ausreichend konkreten Sachvortrag gebracht, noch habe sie sonst ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung dargelegt.
1 a) Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat, und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 1, 2 der Gründe und Urteil vom 26. September 1996 – 2 AZR 200/ 96 -BAGE 84, 209, 212 = AP Nr. 80, aaO, zu II 2 der Gründe). Danach hält das angegriffene Urteil den Revisionsangriffen nicht stand.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u. a. Urteile vom 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/ 77 – BAGE 31, 157 = AP Nr. 6, aaO; vom 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/ 85 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 und vom 29. März 1990 – 2 AZR 369/ 89 – BAGE 65, 61 = AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muß wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (BAGE 16, 134, 136 = AP Nr. 14, aaO, zu II der Gründe und BAGE 21, 248, 255 = AP Nr. 20, aaO, zu 2 der Gründe).
Wenn sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche oder innerbetriebliche Umstände beruft, darf er sich nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken; er muß seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen (substantiieren), daß sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muß der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken (BAG Urteil vom 24. Oktober 1979 – 2 AZR 940/ 77 – BAGE 32, 150 = AP Nr. 8, aaO). Der Vortrag des Arbeitgebers muß erkennen lassen, ob durch eine innerbetriebliche Maßnahme oder durch einen außerbetrieblichen Anlaß das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt (BAGE 31, 157 = AP Nr. 6, aaO sowie Senatsurteil vom 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/ 84 – AP Nr. 24, aaO). Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt; eine solche unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 55, 262 = AP Nr. 42, aaO).
2. Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, es liege eine die Gerichte bindende Unternehmerentscheidung vor, aufgrund deren Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger entfallen sei.
Die Beklagte hat selbst nicht geltend gemacht, es lägen außerbetriebliche Gründe in dem oben beschriebenen Sinne vor; sie hat sich vielmehr ausdrücklich trotz einer dahingehenden Auflage des Arbeitsgerichts und trotz des der Klage entsprechenden erstinstanzlichen Urteils nur darauf berufen, um die Jahreswende 1997/ 98 sei durch ihre Geschäftsführung eine Unternehmerentscheidung getroffen worden, den Personalbestand um drei Planstellen zu reduzieren. Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Beklagte damit überhaupt hinreichend konkret dargelegt hat, wann genau diese Entscheidung und durch wen (Beschluß aller Geschäftsführer?) im Betrieb getroffen worden sein soll.
a) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, die von ihr behauptete Unternehmerentscheidung sei zeitlich und hinsichtlich der sie beschließenden Person bzw. Personen – bei der Beklagten handelt es sich um eine GmbH, die gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG durch ihre Geschäftsführer vertreten wird – hinreichend konkretisiert, hilft das in der Sache nicht weiter. Denn es fehlt an nachprüfbaren Darlegungen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen die Beklagte im einzelnen getroffen hat, die den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger als dringend erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG einsichtig machen und damit als nachprüfbar erscheinen lassen.
Dabei beruft sich die Beklagte zu Unrecht auf die Entscheidung des Senats vom 24. April 1997 (- 2 AZR 352/ 96 – BAGE 85, 358 = AP Nr. 42 zu § 2 KSchG 1969). Sie übersieht dabei, daß in jenem Fall der Senat im Anschluß an die Ausführungen des Vordergerichts in der personellen Konzeption, wonach eine durch Ausscheiden einer Mitarbeiterin entstandene Besetzungslücke durch Neuordnung der Arbeitszeitstruktur in der Abteilung des betreffenden Arbeitnehmers ausgeglichen wurde, eine solche unternehmerische Entscheidung gesehen hat, wobei es Sache des Arbeitgebers sei, die Gestaltung des Betriebes zu organisieren und bei der Verteilung der Arbeitskapazitäten auf die Ladenöffnungszeiten gegebenenfalls auf Dauer auch mit weniger Personal zu arbeiten. In diesem Zusammenhang wird dann ausgeführt, soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintrete, werde sie als Konzept gewollt und dadurch notwendig werdende Änderungen seien in Kauf genommen; der rationelle Einsatz des Personals sei Sache des Unternehmers.
b) Auch die Kündigung ist eine Unternehmerentscheidung. Sie muß sich aber an den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes messen lassen und ist deshalb keine freie Unternehmerentscheidung. Die Kündigung als Unternehmerentscheidung besagt nur, daß ein bestimmter Arbeitsplatz freigemacht werden soll. Sie sagt nichts darüber aus, ob der Arbeitsplatz nach der Kündigung alsbald wieder besetzt werden soll. Insoweit ist aus der Kündigungsentscheidung nicht ersichtlich, inwieweit das betriebliche Erfordernis zur Kündigung „dringend“ sein soll.
Demgegenüber ist die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, worauf sich die Beklagte ausdrücklich berufen hat, eine Entscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen kann. Diese Unternehmerentscheidung ist hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs „Dauer“ zu verdeutlichen, damit das Gericht überhaupt prüfen kann, ob sie – im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung – nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
c) Richtig ist, daß der Senat auch im Urteil vom 7. Mai 1998 (- 2 AZR 536/ 97 – AP Nr. 94, aaO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) davon ausgegangen ist, es gehöre zu der dem Unternehmer obliegenden Organisation und Gestaltung des Betriebes, die Stärke der Belegschaft festzulegen, wobei die Unternehmerentscheidung auch darin liegen könne, künftig auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten. Die Organisationsentscheidung lag in jenem Fall aber darin, daß der Arbeitgeber mehrere, bestimmt bezeichnete wesentliche Betriebsteile stillgelegt hatte. Dies machte ersichtlich, daß damit die hiervon betroffenen Arbeitsplätze bzw. Beschäftigungsmöglichkeiten auf Dauer entfallen waren.
Was vorliegend mit dem Begriff „auf Dauer“ gemeint sein soll, ist schon deshalb klarzustellen, um dem Gericht eine Prüfung zu ermöglichen, ob nur eine vorübergehende Personalmaßnahme geplant ist, die an sich eine Überbrückung des Zustandes unter Beibehaltung der Beschäftigungssituation zuläßt. Insoweit liegen im öffentlichen Dienst Besonderheiten vor, weil eine Stellenplanreduzierung (vgl. noch nachfolgend zu f) haushaltsrechtliche Maßnahmen voraussetzt, die regelmäßig in Form eines Gesetzes verkündet und damit nach außen ersichtlich gemacht werden.
d) Zu Unrecht beruft sich die Beklagte ferner auf die Entscheidung des Senats vom 5. Februar 1998 (- 2 AZR 227/ 97 – AP Nr. 143 zu § 626 BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). In dieser Entscheidung war gerade nicht die losgelöste Entscheidung, den Arbeitsplatz einer Geschäftsführungssekretärin entfallen zu lassen, der Kündigungsgrund als solcher; vielmehr war diese Maßnahme eingebettet in die unternehmerische Entscheidung, zukünftig nur noch einen statt früher zwei Geschäftsführer im Betrieb zu halten, wodurch das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der anderen Geschäftsführersekretärin entfallen war. Die Kündigungsmaßnahme in jenem Fall war daher, wie der Senat ausdrücklich ausgeführt hat (aaO, zu II 3 d der Gründe), eine Folge der vorhergehenden Unternehmerentscheidung, den Geschäftsführerposten nicht mehr zu besetzen, womit der Arbeitsplatz der zweiten Geschäftsführungssekretärin – für jedermann ersichtlich – überflüssig geworden war.
e) Reduziert sich jedoch – wie vorliegend – die Organisationsentscheidung zur Personalreduzierung praktisch auf den Kündigungsentschluß, sind diese beiden Unternehmerentscheidungen ohne nähere Konkretisierung, nicht voneinander zu unterscheiden. Deshalb sind wegen der Nähe zum bloßen Kündigungsentschluß, dessen Durchsetzung wegen § 1 Abs. 2 KSchG nicht bloß auf Unsachlichkeit oder Willkür zu überprüfen ist, die Anforderungen an den gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG vom Arbeitgeber zu erbringenden Tatsachenvortrag, der die Kündigung bedingen soll, nicht – wie es offenbar der Beklagten vorschwebt – auf Null zu reduzieren.
Vielmehr kann dann, wenn die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluß ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich sind, die vom Senat bisher angenommene Vermutung (vgl. u. a. Senatsurteile vom 30. April 1987 – 2 AZR 184/ 86 – BAGE 55, 262, 269 f. = AP Nr. 42, aaO, zu III 2 c der Gründe und vom 24. Oktober 1979 – 2 AZR 940/ 77 – BAGE 32, 150, 155 f. = AP Nr. 8, aaO, zu II 2 a der Gründe), die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein greifen. In diesen Fällen muß der Arbeitgeber vielmehr darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten – hier die Baufacharbeiten – zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, d. h. es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund außerbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben, z. B. nur noch eine geringere Zahl von Aufträgen anzunehmen – die Beklagte spricht zu pauschal von einer für 1998 niedriger als für 1997 anzusetzenden Bauleistung -, und wie diese Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können. Der Arbeitgeber muß im Kündigungsschutzprozeß konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht (vgl. Hueck/ von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rz 376 a; Dorndorf/ Weller/ Hauck, KSchG, § 1 Rz 883). Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es dann Sache des Arbeitnehmers, hierauf – soweit ihm dies, z. B. aus seiner bisherigen Arbeit, möglich ist – zu erwidern. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen (ähnlich KR-Etzel, 5. Aufl., § 1 KSchG Rz 573; Bitter, DB 1999, 1214, 1217). Der Arbeitgeber muß substantiiert dartun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt (so Ascheid, KSchR, Rz 240 f., 290). Nicht nur die durch äußere Anlässe bedingte, sondern auch die autonome, gestaltende Unternehmerentscheidung muß sich in greifbaren betrieblichen und damit objektivierbaren Formen niederschlagen (Stahlhacke/ Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz 627). Zusammenfassend ist zu sagen: Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluß rückt, umso mehr muß der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, daß ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist.
f) Ob insoweit an der vom Senat für die bisherigen Fälle angenommenen Beweislast des Arbeitnehmers für die offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür der Arbeitgebermaßnahme festzuhalten ist (kritisch hierzu bereits KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 313; ferner Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 11. Aufl., 8. 6. 1. 1. Rz 1036; Bitter DB 1999, 1214, 1217), braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden. Denn die Darlegungen der Beklagten erschöpfen sich – wie bereits ausgeführt – schon auf der ersten Stufe in der pauschalen Behauptung, wegen sinkender Nachfrage und unverminderten Preisverfalls sei es notwendig, die Bauleistung niedriger anzusetzen; deshalb sei der Personalbestand anzupassen und der Stellenplan, u. a. um die Stelle eines Baufachwerkers, zu reduzieren. Die Beklagte hat insofern nicht einmal dargelegt, welche Art von „Stellenplan“, wie er an sich nur im öffentlichen Dienst üblich ist, bei ihr existieren soll, in welchem Umfang die Arbeit reduziert und wie im einzelnen die als verbleibend prognostizierte Arbeit bewerkstelligt werden soll. Mit der von der Beklagten gegebenen Begründung könnte ebenso die Notwendigkeit der Entlassung von zwei, drei oder x-beliebig vielen Baufacharbeitern gerechtfertigt werden. Das ist mit § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG nicht zu vereinbaren.
Da die Beklagte sowohl durch den Auflagenbeschluß des Arbeitsgerichts wie auch durch dessen Urteil auf den Mangel ihres Sachvortrages in ausreichender Form hingewiesen worden ist, bedurfte es auch im Hinblick auf die anders lautende Entscheidung des Berufungsgerichts keiner weiteren Hinweise gemäß § 139 ZPO.