AG Ludwigshafen – Az.: 3 f IK 378/18 LU – Beschluss vom 13.12.2018
1. Zur Berechnung des nach § 850 c ZPO pfändbaren Teils des Gesamteinkommens der Schuldnerin sind gemäß § 850e Nr. 2 ZPO ab Antragstellung zusammenzurechnen
a) das Arbeitseinkommen, das die Schuldnerin von der Firma … (Drittschuldnerin zu 1.), bezieht.
b) mit dem hälftigen Arbeitseinkommen, das die Schuldnerin von der Firma … ( Drittschuldnerin zu 2.), bezieht.
2. Der sich nach der Zusammenrechnung ergebende pfändbare Betrag bestimmt sich nach der Tabelle zu § 850 c ZPO in der jeweils gültigen Fassung unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen der Schuldnerin.
3. Die nach dieser Bestimmung unpfändbaren Beträge sind in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, welches die Schuldnerin von der Firma … als wesentliche Lebensgrundlage, erhält.
4. Dies bedeutet, dass die pfändbaren Beträge- unter Beachtung der hälftigen Pfandfreiheit- vorrangig von der Drittschuldnerin zu 2. abzuführen sind.
5. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Drittschuldner wird dem Insolvenzverwalter übertragen.
Gründe

Die Anordnung war auf Antrag nach den Bestimmungen der §§ 4 InsO, 850e Nr. 2 ZPO zu treffen, damit die Schuldnerin nicht besser gestellt ist, als jemand, der sein Einkommen aus einer Hand bezieht.
Dem Antrag der Schuldnerin auf nur hälftige Hinzurechnung des bei der … erzielten Einkommens war ebenfalls statt zu geben.
Nach § 36 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, auch nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850k, 851c und 851d der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
Von der nach §§ 850, 850a unter Berücksichtigung der Regeln des § 850e Nr. 1 und 3 ZPO ermittelten Berechnungsgrundlage gehört grds. der sich aus der Tabelle zu § 850c ZPO ergebende Betrag zur Masse.
Eine Anpassung auf den Einzelfall ermöglichen über §§ 4, 36 InsO die §§ 850c Abs. 4, 850e Nr. 2 und 2a, 850f Abs. 1 und 850g-i ZPO.
Der Antrag der Schuldnerin war daher als zulässig zu erachten, er ist auch begründet.
Mehrarbeit im Sinne der vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen ist die über die gewöhnliche betriebliche oder tarifliche bzw. im Arbeitsvertrag festgeschriebene Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit (BGH NZI 14, 773 [BGH 26.06.2014 – IX ZB 87/13] Rz 8; St/J/Würdinger § 850a Rz 6).
Von dieser Terminologie weicht die arbeitsrechtliche Begrifflichkeit jedoch ab.
Arbeitsrechtlich bezeichnen Überarbeit bzw. Überstunden die Arbeitszeit, welche die für das Arbeitsverhältnis normale Arbeitszeit überschreitet. Mehrarbeit ist nach arbeitsrechtlichem Verständnis also die Arbeitszeit, die über die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich hinausgeht. Geschützt wird damit überobligationsmäßige Arbeit, denn für den Schuldner/die Schuldnerin soll ein Anreiz bleiben, derartige Mehrarbeit zu leisten und so für die Gläubiger ggfls. zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften.
Mehrarbeit im Sinne des § 850a ZPO ist damit jede über den üblichen Umfang hinaus geleistete Arbeit, sei es als Überstunden, sei es als nicht regelmäßig geleistete Sonntagsarbeit oder als erlaubte Arbeit bei einem anderen ArbG (BGH NZI 14, 773 Rz 8).
Gesetzgeberisches Leitbild ist das Normalarbeitsverhältnis im üblichen Umfang, also in der Regel die betriebliche oder tarifliche Normalarbeitszeit.
Unpfändbar ist dabei die Hälfte der insgesamt auf die Mehrarbeit entfallenden Vergütung ( vgl. Prütting / Gehrlein: ZPO Kommentar, 10. Auflage 2018).
Die Schuldnerin arbeitet ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen bereits in Vollzeit bei der Drittschuldnerin zu 1.
Mit dem bei der Drittschuldnerin zu 2. bestehenden Arbeitsverhältnis erfüllt die Schuldnerin ihre Erwerbsobliegenheit damit überobligatorisch im Sinne der vorgenannten Ausführungen.
Die Hälfte des aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommens ist daher entsprechend dem Antrag der Schuldnerin und den obigen Ausführungen als pfandfrei zu erachten. Der Zusammenrechnung und Berechnung des nach § 850 c ZPO pfändbaren Einkommens sind daher das bei der Drittschuldnerin zu 1. erzielte Einkommen und die Hälfte des bei der Drittschuldnerin zu 2. erzielten Einkommens zugrunde zu legen.
Der Verwalter wurde zu dem Antrag gehört. Er hat den überobligatorischen Einsatz der Schuldnerin bestätigt und dem Antrag zugestimmt.