Nach der Abtretung eines KfW-Darlehens an das Förderinstitut beanspruchte die Hausbank weiterhin ihr Pfandrecht an Kontoguthaben eines insolventen Unternehmens. Die Sicherheit schien intakt, doch aufgrund zwischenzeitlicher Kontoschwankungen sank der Wert des Pfandrechts plötzlich auf 9.723 Euro ab.
Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Verliert die KfW ihr Pfandrecht an einem Kontoguthaben, wenn der Saldo zwischenzeitlich sinkt?
- Ein KfW-Darlehen, eine Insolvenz und ein blockiertes Konto: Was war passiert?
- Pfandrecht, Abtretung, Akzessorietät: Welche juristischen Prinzipien steuern den Fall?
- Warum schmolz das Pfandrecht auf einen Bruchteil zusammen?
- Was bedeutet dieses Urteil für Banken, Unternehmen und Insolvenzverwalter?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Geht mein AGB-Pfandrecht auf das Kontoguthaben bei der Abtretung des Kredits an die KfW verloren?
- Wann muss die Bank mein Kontoguthaben bei Insolvenz trotz Pfandrecht an den Verwalter auszahlen?
- Wie berechne ich den tatsächlichen Wert des Bankpfandrechts nach der Regel vom niedrigsten Saldo?
- Kann ein Pfandrecht an meinem Kontoguthaben durch spätere Geldeingänge automatisch wieder anwachsen?
- Was müssen Banken tun, damit ihr Pfandrecht an einem Kontoguthaben nicht ‚abschmilzt‘?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 27 O 259/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Stuttgart
- Datum: 23.07.2025
- Aktenzeichen: 27 O 259/24
- Verfahren: Zahlungsklage im Insolvenzfall
- Rechtsbereiche: Insolvenzrecht, Sicherungsrecht, AGB-Recht
- Das Problem: Der Insolvenzverwalter forderte die Auszahlung eines Firmenkontoguthabens von 400.232,73 Euro. Die Bank verweigerte die volle Auszahlung. Sie behauptete, ein Pfandrecht an dem Geld zu haben.
- Die Rechtsfrage: Bestand das Pfandrecht der Bank nach Abtretung des Darlehens an die KfW noch? Konnte das Pfandrecht an später wieder aufgewachsenem Guthaben entstehen?
- Die Antwort: Das Pfandrecht ging auf die KfW über. Es war aber durch frühere Verfügungen auf den historischen Tiefststand von 9.723,08 Euro begrenzt. Die Bank musste den restlichen Betrag von 74.410,55 Euro an die Insolvenzmasse auszahlen.
- Die Bedeutung: Ein Pfandrecht an Kontoguthaben schmilzt mit jeder Kontoverfügung ab. Es wächst bei späteren Einzahlungen nicht automatisch wieder auf. Die Bank kann abgetretene Sicherheiten nicht treuhänderisch behalten.
Verliert die KfW ihr Pfandrecht an einem Kontoguthaben, wenn der Saldo zwischenzeitlich sinkt?

Ein Kontoguthaben von über 400.000 Euro, ein Insolvenzverwalter, der es für die Gläubiger sichern will, und eine Bank, die einen Teil davon unter Verweis auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zurückhält. Dieser Konflikt führte zu einer juristischen Auseinandersetzung, die tief in die Mechanik von Banksicherheiten, Forderungsabtretungen und die unerbittlichen Regeln des Insolvenzrechts blickt. In einem detaillierten Urteil vom 23.07.2025 hat das Landgericht Stuttgart (Az.: 27 O 259/24) eine grundlegende Frage geklärt: Was geschieht mit dem AGB-Pfandrecht einer Bank, wenn die gesicherte Forderung an die KfW abgetreten wird und das Kontoguthaben des Schuldners starken Schwankungen unterliegt? Das Ergebnis zeigt, wie ein ursprünglich starkes Sicherungsrecht auf einen Bruchteil seines Wertes „abschmelzen“ kann.
Ein KfW-Darlehen, eine Insolvenz und ein blockiertes Konto: Was war passiert?
Im Zentrum des Falles stand die S. GmbH, ein Unternehmen, das bei einer Bank ein Geschäftskonto führte. Um die Geschäfte zu finanzieren, schloss das Unternehmen im Dezember 2021 mit seiner Hausbank einen Darlehensvertrag über 700.000 Euro. Finanziert wurde dieser Kredit aus dem KfW-Sonderprogramm 2020. Wie in solchen Konstellationen üblich, trat die Hausbank ihre Forderung auf Rückzahlung des Darlehens an die KfW ab.
Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen und der Bank basierte auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bank. Diese sahen in Ziffer 21 ein umfassendes AGB-Pfandrecht vor. Dabei handelt es sich um ein vertragliches Recht der Bank, sich zur Absicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen an sämtlichen Werten des Kunden zu bedienen, die sich in ihrem Besitz befinden – insbesondere auch an Kontoguthaben.
Die Geschäfte des Unternehmens liefen jedoch nicht wie erhofft. Am 14. Februar 2024 musste es Insolvenz anmelden. Ein Insolvenzverwalter wurde bestellt, zunächst vorläufig, ab dem 29. April 2024 dann endgültig. Am Tag vor der Insolvenzeröffnung wies das Geschäftskonto ein beachtliches Guthaben von 400.232,73 Euro auf. Der Insolvenzverwalter forderte die Bank umgehend auf, dieses Guthaben auf ein von ihm eingerichtetes Sonderkonto zu überweisen, um es der Insolvenzmasse zuzuführen.
Die Bank weigerte sich jedoch, den vollen Betrag auszuzahlen. Sie argumentierte, ihr stehe beziehungsweise der KfW stehe ein Pfandrecht an dem Guthaben zur Sicherung des noch offenen Darlehens zu. Sie behielt daher einen Betrag von 84.133,63 Euro ein und zahlte nur die Differenz aus. Der Insolvenzverwalter sah darin eine unberechtigte Verkürzung der Insolvenzmasse und zog vor Gericht. Er verlangte die Auszahlung des restlichen Betrags nebst Zinsen.
Pfandrecht, Abtretung, Akzessorietät: Welche juristischen Prinzipien steuern den Fall?
Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, müssen Sie drei zentrale Rechtskonzepte verstehen, die in diesem Fall wie Zahnräder ineinandergreifen.
- Das AGB-Pfandrecht der Bank: Banken sichern ihre Kredite oft nicht nur durch explizite Sicherheiten wie eine Grundschuld, sondern auch durch ihr AGB-Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht automatisch durch die Vertragsbeziehung und erstreckt sich auf alle Werte des Kunden bei der Bank, also auch auf das Guthaben auf dem Girokonto. Es sichert alle Forderungen der Bank gegen diesen Kunden.
- Die Abtretung (Zession): Eine Forderung, wie der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens, ist ein Vermögenswert. Der Gläubiger (hier die Hausbank) kann diesen Wert an einen Dritten (hier die KfW) verkaufen und übertragen. Diesen Vorgang nennt man Abtretung oder Zession. Die Hausbank wird dadurch zur ehemaligen Gläubigerin, die KfW zur neuen.
- Die Akzessorietät des Pfandrechts: Dies ist der entscheidende Mechanismus. Ein Pfandrecht ist eine „akzessorische“ Sicherheit. Das bedeutet, es ist untrennbar mit der Forderung verbunden, die es absichert. Es ist wie ein Schatten, der seinem Objekt folgt. Wird die Forderung abgetreten, geht das zugehörige Pfandrecht kraft Gesetzes automatisch auf den neuen Gläubiger über (§ 401 BGB). Der alte Gläubiger verliert das Pfandrecht, der neue erwirbt es. Eine Forderung kann nicht bei Person A liegen, während das zugehörige Pfandrecht bei Person B verbleibt.
Im Insolvenzfall verleiht ein solches Pfandrecht ein sogenanntes Absonderungsrecht (§ 50, 51 InsO). Der Pfandgläubiger muss sich nicht wie andere Gläubiger mit einer geringen Quote zufriedengeben, sondern darf sich vorrangig aus dem Erlös des verpfändeten Gegenstands – hier des Kontoguthabens – befriedigen.
Warum schmolz das Pfandrecht auf einen Bruchteil zusammen?
Das Landgericht Stuttgart folgte in seiner Urteilsbegründung einer präzisen juristischen Logik und prüfte die Argumente beider Seiten Schritt für Schritt. Das Herzstück der Entscheidung war die Frage nach Existenz, Inhaberschaft und vor allem dem Umfang des Pfandrechts zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung.
Bestand überhaupt ein wirksames Pfandrecht der Bank?
Der Insolvenzverwalter argumentierte zunächst, das AGB-Pfandrecht sei gar nicht wirksam in den Darlehensvertrag einbezogen worden. Er verwies auf eine Klausel im Vertrag, in der bei „besonderen Sicherheiten“ nichts eingetragen war. Seiner Ansicht nach schloss diese Leerstelle das allgemeine AGB-Pfandrecht aus.
Das Gericht wies dieses Argument zurück. Es stellte klar, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr die Einbeziehung von AGB, auf die in einem unterzeichneten Dokument verwiesen wird, gängige Praxis ist. Die Leerstelle bedeute lediglich, dass keine zusätzlichen Sicherheiten in gesonderten Urkunden vereinbart wurden. Sie stelle keinen stillschweigenden Verzicht auf das generelle AGB-Pfandrecht dar, wie es der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat (§ 305b BGB). Ein wirksames Pfandrecht der Bank an dem Kontoguthaben war also ursprünglich entstanden.
Wem gehörte das Pfandrecht nach der Abtretung an die KfW?
Die Bank hatte den Darlehensrückzahlungsanspruch an die KfW abgetreten. Damit war für das Gericht die Sache klar: Aufgrund der strikten Akzessorietät ging das Pfandrecht am Kontoguthaben gemäß §§ 401, 1250 BGB automatisch auf die KfW über. Die Hausbank selbst war damit nicht mehr Inhaberin des Pfandrechts.
Die Bank versuchte, dies mit einer „treuhänderischen“ Konstruktion zu umgehen. Sie meinte, sie halte das Pfandrecht treuhänderisch für die KfW. Auch dem erteilte das Gericht eine klare Absage. Das deutsche Sachenrecht lässt eine solche Aufspaltung – Forderung bei der KfW, Pfandrecht treuhänderisch bei der Bank – nicht zu. Gläubiger und Pfandrechtsinhaber müssen dieselbe Person sein. Die KfW war also die alleinige Pfandgläubigerin.
Warum war das Pfandrecht auf nur noch 9.723,08 € „abgeschmolzen“?
Hier liegt der Kern des „Aha-Effekts“ im Urteil. Ein Pfandrecht an einem Kontoguthaben ist keine starre Größe. Wenn der Kontoinhaber mit Duldung der Bank über das Guthaben verfügt und Geld abhebt oder überweist, wird das Pfandrecht in dieser Höhe verbraucht. Es erlischt. Das Gericht untersuchte daher den Kontoverlauf genau.
Es stellte fest, dass das Guthaben des Unternehmens nach der Gewährung des Darlehens am 6. März 2023 einen Tiefststand von nur 9.723,08 Euro erreicht hatte. In diesem Moment war das ursprünglich viel höhere Pfandrecht der KfW auf genau diesen Betrag zusammengeschmolzen. Alle Beträge, die zuvor über diesen Saldo hinaus verfügt wurden, waren für die Sicherheit verloren. Die Bank hatte diese Verfügungen zugelassen und damit quasi ihr Einverständnis zur Freigabe des Pfandrechts in dieser Höhe erteilt.
Konnte das geschrumpfte Pfandrecht später wieder anwachsen?
Das Konto wurde später wieder aufgefüllt und wies vor der Insolvenz ja wieder über 400.000 Euro auf. Die Bank argumentierte, das Pfandrecht der KfW sei mit den neuen Geldeingängen wieder aufgelebt und angewachsen.
Auch dieser Auffassung folgte das Gericht nicht. Ein Pfandrecht ist ein dingliches Recht, das eine Einigung zwischen dem Eigentümer des zu verpfändenden Gegenstands (hier dem Unternehmen) und dem Pfandgläubiger (hier der KfW) erfordert (§ 1205 BGB). Eine solche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und der KfW gab es aber nie.
Eine vertragliche Absprache zwischen der Hausbank und der KfW über die Übertragung künftiger Sicherheiten konnte dieses Problem nicht heilen. Denn ein Vertrag zwischen zwei Parteien kann nicht ohne Weiteres eine dingliche Belastung am Vermögen eines Dritten – des Unternehmens – begründen. Das Pfandrecht konnte also nicht automatisch wieder anwachsen.
Das Gericht zog den Schluss: Die KfW hatte zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein wirksames Absonderungsrecht, aber nur in Höhe des niedrigsten Saldos von 9.723,08 Euro. Die Bank hatte also zu Unrecht 84.133,63 Euro einbehalten. Sie war verpflichtet, die Differenz in Höhe von 74.410,55 Euro (84.133,63 € – 9.723,08 €) an den Insolvenzverwalter auszuzahlen. Diesen Betrag sprach das Gericht dem Kläger samt Zinsen zu.
Was bedeutet dieses Urteil für Banken, Unternehmen und Insolvenzverwalter?
Die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart destilliert komplexe Rechtsfragen zu klaren Handlungsgrundsätzen. Sie liefert wichtige Erkenntnisse für alle Beteiligten im Dreieck von Förderdarlehen, Hausbank und Kreditnehmer, insbesondere im Krisenfall.
Checkliste: Lehren aus dem Urteil
Für Banken und Förderinstitute:
- Akzessorietät ernst nehmen: Wenn Sie eine besicherte Forderung abtreten, geht das Pfandrecht mit. Sie können es nicht „treuhänderisch“ für den neuen Gläubiger halten.
- Risiko des Abschmelzens kalkulieren: Ein Pfandrecht an einem Kontoguthaben ist eine dynamische Sicherheit. Wenn Sie dem Kontoinhaber Verfügungen gestatten, die den Saldo reduzieren, verbraucht sich Ihr Pfandrecht. Überwachen Sie die Kontostände gesicherter Kredite genau, insbesondere bei Anzeichen einer Krise.
- Kein automatisches Wiederaufleben: Ein einmal abgeschmolzenes Pfandrecht lebt nicht automatisch mit neuen Geldeingängen wieder auf. Hierfür wäre eine neue, wirksame Verpfändungsvereinbarung mit dem Kontoinhaber nötig, die in der Praxis kaum zustande kommt.
Für Unternehmen (Kreditnehmer):
- AGB verstehen: Seien Sie sich bewusst, dass die AGB Ihrer Bank in der Regel ein umfassendes Pfandrecht an Ihren Kontoguthaben begründen. Dies gilt auch, wenn im Kreditvertrag selbst keine gesonderten Sicherheiten aufgelistet sind.
- Kontoführung hat Konsequenzen: Jede Verfügung von Ihrem Konto kann den Wert der Banksicherheit beeinflussen, was vor allem in Sanierungs- und Krisenzeiten relevant wird.
Für Insolvenzverwalter:
- Pfandrechte kritisch prüfen: Akzeptieren Sie die Behauptung einer Bank, ein Pfandrecht an einem Guthaben zu haben, nicht ungeprüft.
- Kontoverlauf analysieren: Fordern Sie detaillierte Kontoauszüge an und ermitteln Sie den niedrigsten Saldo nach Entstehung der Sicherheit. Dies kann den Wert des Absonderungsrechts drastisch reduzieren.
- Inhaberschaft des Pfandrechts klären: Stellen Sie sicher, dass die Bank, die das Geld zurückhält, auch tatsächlich noch Inhaberin des Pfandrechts ist. Wurde die zugrunde liegende Forderung (z.B. an die KfW) abgetreten, hat die Bank ihr eigenes Recht verloren.
Die Urteilslogik
Die Abtretung einer besicherten Forderung verändert die Natur der Sicherheit fundamental und zwingt Gläubiger zur lückenlosen Überwachung dynamischer Pfandrechte.
- Schattenprinzip der Akzessorietät: Tritt der ursprüngliche Gläubiger eine durch AGB-Pfandrecht gesicherte Forderung ab, folgt das dingliche Recht automatisch dem Anspruch und geht kraft Gesetzes auf den Zessionar über, ohne dass eine treuhänderische Aufspaltung des Pfandrechts von der Hauptforderung möglich wäre.
- Irreversibles Abschmelzen der Kontosicherheit: Ein Pfandrecht an einem Kontoguthaben schrumpft unwiederbringlich auf den niedrigsten Saldo, den das Konto nach Entstehung der Sicherheit aufweist, da die Bank mit der Duldung von Verfügungen das Pfandrecht in dieser Höhe freigibt.
- Kein automatisches Wiederaufleben: Ein einmal durch Verfügungen des Schuldners abgeschmolzenes Pfandrecht wächst durch spätere neue Geldeingänge nicht automatisch wieder an, weil hierfür eine neue dingliche Verpfändungsvereinbarung mit dem Kontoinhaber erforderlich ist.
Der Umfang einer dinglichen Sicherung bemisst sich im Insolvenzfall ausschließlich nach dem juristisch exakten Zeitpunkt und der strikten Einhaltung sachenrechtlicher Formvorschriften.
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Experten Kommentar
Viele Banken verlassen sich auf ihr bequemes AGB-Pfandrecht, doch dieses Urteil zeigt, wie fragil diese Sicherheit im Ernstfall wirklich ist. Die Akzessorietät ist konsequent: Bei einer Abtretung der Forderung an die KfW wandert das Pfandrecht mit und kann nicht treuhänderisch bei der Hausbank gehalten werden. Schlimmer noch: Schwankt das Konto, frisst jede Verfügung über den Saldo die Sicherheit unwiederbringlich auf. Das bedeutet, ein einmal abgeschmolzenes Bankpfandrecht lebt mit späteren Einzahlungen nicht automatisch wieder auf. Wer bei Förderdarlehen auf diese Sicherheit setzt, muss Kontobewegungen akribisch überwachen, sonst greift der Insolvenzverwalter zu.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Geht mein AGB-Pfandrecht auf das Kontoguthaben bei der Abtretung des Kredits an die KfW verloren?
Ja, das AGB-Pfandrecht geht aufgrund der strikten Akzessorietät automatisch auf den neuen Gläubiger über, sobald die Kreditforderung an die KfW abgetreten wird. Die Hausbank verliert damit zwingend kraft Gesetzes (§ 401 BGB) die Inhaberschaft des Pfandrechts. Sie besitzt nach der Zession kein eigenes Absonderungsrecht mehr an dem Kontoguthaben.
Dieses Ergebnis folgt aus dem juristischen Prinzip der Akzessorietät. Es besagt, dass die Sicherheit untrennbar mit der Hauptforderung verbunden ist, die es absichert. Wird die gesicherte Darlehensforderung durch Abtretung (Zession) an die KfW übertragen, folgt das Pfandrecht gemäß § 401 BGB dem Darlehensanspruch. Eine Aufspaltung von Gläubiger und Pfandrechtsinhaber ist im deutschen Sachenrecht nicht vorgesehen.
Gerichte lehnen die Argumentation der Hausbank, das AGB-Pfandrecht lediglich treuhänderisch für die KfW halten zu wollen, entschieden ab. Konkret bedeutet das, dass die Hausbank im Insolvenzfall das Geld zu Unrecht aus eigenem Recht zurückhält. Für den Insolvenzverwalter entsteht hier ein wichtiger Ansatzpunkt: Er kann nachweisen, dass die Bank die Masse unberechtigt blockiert, da sie selbst keinen Anspruch auf Verwertung besitzt.
Fordern Sie als Insolvenzverwalter den Abtretungsvertrag an, um den genauen Zeitpunkt des automatischen Rechtsübergangs und den Verlust des Sicherungsrechts der Bank nachzuweisen.
Wann muss die Bank mein Kontoguthaben bei Insolvenz trotz Pfandrecht an den Verwalter auszahlen?
Wenn eine Bank Guthaben wegen ihres Pfandrechts blockiert, gilt das strenge Minimum-Salden-Prinzip. Die Bank darf nur jenen Betrag als gesichert einbehalten, der dem niedrigsten Kontostand (Tiefststand) seit Begründung des Pfandrechts entspricht. Jeder darüber hinausgehende Betrag gehört zwingend der Insolvenzmasse und ist sofort an den Insolvenzverwalter auszuzahlen.
Ein AGB-Pfandrecht an einem dynamischen Kontoguthaben ist keine statische Sicherheit, sondern eine verbrauchende. Das dingliche Recht verbraucht sich automatisch in der Höhe jeder einzelnen Verfügung, welche den Kontostand reduziert. Gestattet die Bank dem Kreditnehmer, über das Guthaben zu verfügen, gibt sie damit ihre Sicherheit in dieser Höhe frei. Neue Einzahlungen lassen das verbrauchte Pfandrecht juristisch nicht wieder anwachsen. Nur der tiefste jemals erreichte Stand definiert somit den maximalen Wert des Absonderungsrechts der Bank.
Nehmen wir an, Sie sind Insolvenzverwalter und die Bank hält einen Betrag von über 80.000 Euro zurück. Sie müssen den Kontoverlauf nach Kreditvergabe detailliert analysieren. Hat das Konto zwischenzeitlich einen Tiefststand von nur 9.723,08 Euro erreicht, ist das Pfandrecht lediglich in dieser Höhe wirksam. Die Bank war im Fall des LG Stuttgart verpflichtet, die Differenz von 74.410,55 Euro auszuzahlen, da sie diesen Betrag zu Unrecht blockiert hatte.
Fordern Sie die Bank formell und unter Verweis auf die Rechtsprechung des LG Stuttgart (27 O 259/24) zur Vorlage des detaillierten Kontoverlaufs auf.
Wie berechne ich den tatsächlichen Wert des Bankpfandrechts nach der Regel vom niedrigsten Saldo?
Der tatsächliche Wert des Bankpfandrechts wird durch das Minimum-Salden-Prinzip bestimmt. Sie müssen den geringsten Kontostand ermitteln, den das Konto zwischen dem Wirksamwerden der Sicherheit und der Insolvenzanmeldung jemals aufwies. Dieser Tiefststand begrenzt den Maximalwert des Pfandrechts unwiderruflich. Nur dieser Betrag ist gesichert; alles darüber hinaus gehört zwingend der Insolvenzmasse.
Das Pfandrecht an einem dynamischen Kontoguthaben verbraucht sich mit jeder Abhebung oder Überweisung, die den Saldo reduziert. Solange die Bank diese Verfügungen duldet, erlischt das dingliche Recht in der entsprechenden Höhe. Der ursprünglich höhere Kontostand ist für die Sicherheit verloren, wenn das Konto zwischenzeitlich einen Tiefpunkt erreicht hat. Die Berechnung erfordert daher zwingend die lückenlose Analyse aller tagesaktuellen Endsalden über den relevanten Zeitraum.
Ein Beispiel: Die Bank gewährt einen Kredit und das Pfandrecht entsteht bei 50.000 Euro Guthaben. Fällt der Kontostand durch Verfügungen im Laufe der Zeit auf 9.723,08 Euro, ist dies der juristisch maßgebliche Wert. Selbst wenn das Konto kurz darauf wieder 40.000 Euro aufweist, ist das Pfandrecht auf jenen niedrigsten Saldo abgeschmolzen. Banken können die Differenz zwischen dem aktuellen Guthaben und dem historischen Tiefststand nicht rechtmäßig zurückhalten.
Extrahieren Sie zur korrekten Quantifizierung die Spalte der tagesaktuellen Endsalden aus den detaillierten Kontoauszügen und finden Sie in dieser Reihe den niedrigsten Wert.
Kann ein Pfandrecht an meinem Kontoguthaben durch spätere Geldeingänge automatisch wieder anwachsen?
Nein, ein einmal abgeschmolzenes Pfandrecht lebt nicht automatisch durch neue Einzahlungen wieder auf, selbst wenn das Konto wieder deutlich aufgefüllt wird. Nach juristischer Auffassung ist dafür eine neue, explizite dingliche Einigung zwischen dem Kreditnehmer und dem Pfandgläubiger erforderlich. Da das Pfandrecht am Kontoguthaben nur in Höhe des niedrigsten Saldos besteht, fallen frische Kapitaleingänge nicht von selbst unter die alte Sicherheit.
Der Grund liegt im Wesen dieses Sicherungsrechts. Das Pfandrecht ist ein striktes dingliches Recht, das stets auf einem bestimmten Vermögenswert lastet und sich durch jede Verfügung des Schuldners verbraucht. Hat das Kontoguthaben den Tiefststand erreicht, ist die ursprüngliche Sicherheit in der darüber liegenden Höhe erloschen. Die später eingezahlten Mittel gelten als neuer, unbesicherter Vermögenswert und fallen nicht automatisch unter die frühere Verpfändung.
Banken können dieses Problem auch nicht durch vertragliche Absprachen untereinander beheben. Selbst wenn zwischen der Hausbank und dem Förderinstitut (KfW) die Übertragung künftiger Sicherheiten vereinbart wurde, kann dies die fehlende dingliche Belastung am Vermögen des Kreditnehmers nicht ersetzen. Ohne eine formelle Neuverpfändung bleibt der Betrag, der über den juristisch fixierten Tiefststand hinausgeht, ungesichert und gehört im Insolvenzfall zur freien Masse.
Wenn Sie als Bank die Sicherheit wiederherstellen wollen, initiieren Sie unverzüglich eine formelle, schriftliche Ergänzungsvereinbarung mit dem Kunden zur Neuverpfändung des Kontos in der gewünschten Höhe.
Was müssen Banken tun, damit ihr Pfandrecht an einem Kontoguthaben nicht ‚abschmilzt‘?
Das Pfandrecht an einem dynamischen Girokonto schmilzt ab, wenn die Bank dem Kunden Verfügungen gestattet, die den Saldo unter den gesicherten Betrag drücken. Um diesen Verlust zu verhindern, müssen Banken die Minimum-Salden-Regel aktiv managen. Der sicherste Weg ist, die freie Kontoführung sofort zu unterbinden. Alternativ halten Sie das Guthaben auf einem dedizierten Sperrkonto, das jegliche Kontobewegung ausschließt.
Das Abschmelzen entsteht, weil jede Reduzierung des Kontostands das dingliche Pfandrecht unwiderruflich verbraucht. Diesen juristischen Verbrauch können Sie nachträglich nicht heilen, da spätere Einzahlungen die Sicherheit nicht automatisch wieder aufleben lassen. Risikomanager sollten daher ein enges, idealerweise tägliches Monitoring der Salden bei Krediten mit AGB-Pfandrecht etablieren. Lösen Sie sofort Alarme aus, wenn der Kontostand gefährlich nahe an einen historischen Tiefststand gerät, um schnell reagieren zu können.
Sollten Sie Anzeichen einer Krise oder Zahlungsunfähigkeit beim Kreditnehmer feststellen, müssen Sie die Duldung der Verfügungen unverzüglich einstellen. Konkret: Wandeln Sie das volatile Girokonto in ein Abwicklungskonto um, das streng kontrollierte Verfügungsrahmen besitzt. Generell gilt: Bevorzugen Sie im Kreditgeschäft statische Sicherheiten wie etwa Grundschulden oder die Abtretung fester Sparanlagen. Diese sind dinglich nicht von der täglichen Liquiditätsführung des Kunden betroffen.
Überprüfen Sie umgehend alle Kreditverträge, bei denen ein AGB-Pfandrecht an einem dynamischen Konto die Hauptsicherheit darstellt, und leiten Sie die notwendigen Sicherungsmaßnahmen ein.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Absonderungsrecht
Das Absonderungsrecht ist ein spezielles Recht im Insolvenzverfahren, das es bestimmten gesicherten Gläubigern erlaubt, die vorrangige Befriedigung aus dem Erlös eines verpfändeten oder sicherungsübereigneten Gegenstandes zu verlangen, bevor andere Gläubiger an die Reihe kommen. Dieses Recht stellt den Inhaber besser als die normalen, ungesicherten Gläubiger und soll sicherstellen, dass bestehende dingliche Sicherheiten auch nach der Eröffnung der Insolvenz ihre Schutzwirkung entfalten.
Beispiel: Im aktuellen Fall beanspruchte die KfW ein Absonderungsrecht am Kontoguthaben des Unternehmens, da sie durch die Zession das AGB-Pfandrecht erworben hatte.
Abtretung (Zession)
Als Abtretung oder Zession bezeichnet man die gesetzlich geregelte Übertragung einer bestehenden Forderung (wie der Anspruch auf Kreditrückzahlung) vom ursprünglichen Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar). Das Gesetz ermöglicht mit der Abtretung eine einfache Veräußerung von Vermögensrechten; die Schuldnerposition bleibt gleich, aber der Empfänger des Geldes ändert sich.
Beispiel: Die Hausbank nutzte die Abtretung, um ihren Anspruch auf Rückzahlung des KfW-Darlehens vollständig an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu übertragen.
AGB-Pfandrecht
Das AGB-Pfandrecht ist eine umfassende vertragliche Sicherheit der Banken, die sich automatisch auf alle Vermögenswerte des Kunden, insbesondere Kontoguthaben und Wertpapiere, erstreckt, sofern der Kunde den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zugestimmt hat. Juristen nennen das AGB-Pfandrecht eine Generalklausel, welche die Absicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Bank gegen den Kunden ohne separate Einzelvereinbarung sicherstellt.
Beispiel: Das Landgericht Stuttgart bestätigte, dass das AGB-Pfandrecht der Hausbank wirksam entstanden war, obwohl es im Darlehensvertrag nicht explizit als „besondere Sicherheit“ aufgeführt wurde.
Akzessorietät
Die Akzessorietät beschreibt das zwingende juristische Prinzip, dass ein Sicherungsrecht (wie ein Pfandrecht oder eine Bürgschaft) in seinem Bestand und seinem Umfang untrennbar mit der Forderung verbunden ist, die es absichert. Diese Regel stellt sicher, dass die Sicherheit wie ein Schatten der Hauptforderung folgt; wird die Forderung abgetreten, geht die dazugehörige Sicherheit automatisch kraft Gesetzes auf den neuen Gläubiger über (§ 401 BGB).
Beispiel: Aufgrund der strikten Akzessorietät verlor die Hausbank das AGB-Pfandrecht automatisch in dem Moment, als sie die gesicherte Darlehensforderung an die KfW abtrat.
Insolvenzmasse
Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte verwaltbare Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, welches der bestellte Insolvenzverwalter einzieht, um die Gläubigerquote festzulegen und die Gläubiger daraus gleichmäßig zu befriedigen. Der Insolvenzverwalter hat die Pflicht, die Insolvenzmasse zu maximieren, damit möglichst viele Gläubiger zumindest einen Teil ihres Anspruchs erhalten.
Beispiel: Der Insolvenzverwalter forderte die Bank zur Auszahlung des restlichen Kontoguthabens auf, da der blockierte Betrag zur Insolvenzmasse gehörte.
Minimum-Salden-Prinzip
Das Minimum-Salden-Prinzip bestimmt den tatsächlichen Wert eines Pfandrechts an einem dynamischen Kontoguthaben, indem es den historischen Tiefststand des Saldos nach Entstehung der Sicherheit als Obergrenze festlegt. Banken müssen dieses Prinzip beachten, weil das Pfandrecht durch jede erlaubte Verfügung, die den Saldo reduziert, unwiderruflich verbraucht wird und nachträgliche Einzahlungen die Sicherheit nicht wieder aufleben lassen.
Beispiel: Da das Konto des Unternehmens zwischenzeitlich nur 9.723,08 Euro aufwies, begrenzte das Landgericht Stuttgart den Wert des Pfandrechts nach dem Minimum-Salden-Prinzip exakt auf diesen niedrigsten Saldo.
Das vorliegende Urteil
LG Stuttgart – Az.: 27 O 259/24 – Urteil vom 23.07.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz





