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Pfeiferauchen im Restaurant nicht erwünscht – entfällt der Beherbergungsvertrag?

Amtsgericht Breisach

Az.: C 59/86

Verkündet am 30.06.1986


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Breisach a. Rh. im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. III ZPO unter Anordnung einer Schriftsatzfrist bis zum 26.6.1986 – am 20.6.86 – für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 106,– DM nebst 10,5% Zinsen seit dem 17.7.1985 zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Entgeld aus einem zwischen ihnen geschlossenen Beherbergungsvertrag sowie für vom Beklagten im Lokal des Klägers verzehrte Getränke. Der Beklagte hatte telefonisch ein Zimmer im Hotel des Beklagten für den 28.5.1985 zum Preis von 90,– DM gebucht, nachdem er zuvor ebenfalls dort für denselben Abend einen Tisch für sich und eine weitere Person hatte reservieren lassen. Am Abend des 28.5.1985 betrat der Beklagte Pfeife rauchend das Lokal des Klägers und bestellte für sich und seine Begleiterin jeweils eine „kalte Ente“ zum Preis von je 8,– DM als Aperitif, die ihm auch serviert wurden. Noch vor der Bestellung des eigentlichen Abendessens wurde der Beklagte seitens des Geschäftsführers des Klägers darauf hingewiesen, daß das Pfeiferauchen wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung der anderen, dem Speisen und erlesenen Weinen hingegebenen Gäste unerwünscht sei. Da der Beklagte als passionierter Pfeifenraucher auf seinen Genuß nicht verzichten wollte, verließ er, ohne die Rechnung zu begleichen, das Lokal und verbrachte den weiteren Abend an einem anderen Ort, wo er aß und auch übernachtete.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, DM 106,– nebst 10,5% Zinsen seit dem 17.7.1985 an den Kläger zu zahlen (AS 3, 11 ff).

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen (AS 35). Er ist der Auffassung, ihm sei ein weiteres Festhalten am Beherbergungsvertrag nicht zumutbar gewesen, nachdem ihm das Pfeiferauchen im Lokal untersagt worden war. Die Einnahme auch des Essens sei für den Kläger erkennbar Bedingung der Zimmerbestellung gewesen (AS 57). Der Kläger hätte auf ein bestehendes Verbot, Pfeife zu rauchen, von vornherein hinweisen müssen. Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Gemäß § 128 Abs. III ZPO wurde das schriftliche Verfahren angeordnet. Schriftsatzfrist wurde bestimmt bis zum 26.6.1986.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus Vertrag in voller Höhe zu. Der Abschluß des Vertrages ist auch zwischen den Parteien unstreitig. Unterschiedliche Auffassungen bestehen nur hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte angesichts des ihn betreffenden Rauchverbots nicht mehr an den Vertrag gebunden war. Als Grund für eine Aufhebung der vertraglichen Bindung kommen Rücktritt des Beklagten bzw. Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag gem. § 242 BGB in Betracht.

1. Dem Beklagten stand kein Rücktrittsrecht zu, das er etwa durch Verlassen des Lokals hätte ausüben können. Zu denken wäre hier lediglich an ein gesetzliches Rücktrittsrecht aus § 325 Abs. I S. 2 oder § 326 Abs. I BGB. Dann müßte die Leistung des Klägers jedoch unmöglich geworden sein. Das vom Kläger ausgesprochene Rauchverbot machte jedoch weder den beabsichtigten Verzehr, auch hinsichtlich der „kalten Ente“, noch die Übernachtung des Beklagten unmöglich! Hinsichtlich des Zimmers galt das Raucherverbot sowieso nicht.

2. Fraglich ist jedoch, ob der Kläger etwa eine vertragliche Nebenpflicht, wie sie sich aus § 242 BGB ergeben kann, verletzt hat, die dahin ging, daß er bei der telefonischen Tischreservierung und Zimmeranmietung auf das Verbot des Pfeiferauchens hätte hinweisen müssen. Solche aus § 242 BGB abzuleitenden Verhaltenspflichten von Schuldnern sind zwar vielfältig anerkannt (vgl. hierzu statt aller Jauernig-Vollkommer, BGB, 3. Aufl. 1984, RN II zu § 242 BGB m.w.Nw.) und können auch schon bei der Vertragsanbahnung eine Rolle spielen. Eine derartige Aufklärungspflicht würde aber voraussetzen, daß die zur Aufklärung verpflichtende Tatsache für den anderen Teil erkennbar von Bedeutung ist. Nun ist, zwar das Rauchen als solches verbreitet, vielleicht sogar als in Gaststätten üblich anzusehen. Das Pfeiferauchen hingegen ist sehr viel seltener; es erscheint als sehr fraglich, ob ein Gastwirt bei jeder Reservierung auf ein das Pfeiferauchen betreffendes Verbot hinzuweisen hätte. Auch wurde das Pfeiferauchen nicht generell, vielmehr nur für die Essenszeit untersagt. Andererseits lag es auch für den Beklagten nicht nahe oder sogar „auf der Hand“, sich nach der Möglichkeit, im Lokal des Klägers Pfeife rauchen zu können, zu erkundigen. Aber insofern war die telefonische Reservierung von Tisch und Zimmer eben ein Risiko, das vom Beklagten zu tragen ist- das Verbot des Pfeiferauchens war für alle Gäste mit dem Besuch des Lokals verbunden. Die Reservierung allein aufgrund der Empfehlung des Reiseführers erfolgte sozusagen „auf eigene Gefahr“ des Klägers.

Es gab also keinen rechtlich relevanten Grund für ein Entfallen der Vergütungspflicht. Hinsichtlich der verzehrten Getränke gilt dies ebenfalls.

Durch die Mahnung vom 10.7.1985 wurde der Beklagte gem. § 284 BGB in Verzug gesetzt, da die Forderung des Klägers bereits fällig war. Da die geltend gemachten Zinsen in Höhe von 10,5 % nicht bestritten wurden (AS 13), sind sie gem. §§ 284, 286 BGB ebenfalls zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gem. § 708 Nr. 11 ZPO angeordnet.

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