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Pferdekauf – Rittigkeitsprobleme als Mangelerscheinung

Erst brav in der Dressur, dann bockig in Israel. Ein teures Dressurpferd wechselt den Besitzer und zeigt plötzlich unerwünschte Marotten. Vor Gericht ging es um die Frage, wer für das störrische Verhalten geradestehen muss.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 19 U 269/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Frankfurt
  • Datum: 13.05.2022
  • Aktenzeichen: 19 U 269/19
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Kaufrecht, Tierkauf

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Privatperson aus Israel, die die Rückabwicklung eines Pferdekaufs fordert.
  • Beklagte: Eine gewerbliche Pferdehändlerin.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger kaufte bei der Beklagten ein Dressurpferd („V“) für seine damals 12-jährige Tochter. Die Tochter, die auf Anfängerniveau ritt, probierte das Pferd vor dem Kauf an mindestens zwei Wochenenden unter Aufsicht von Reitlehrern der Beklagten aus und konnte auch anspruchsvolle Lektionen reiten. Eine tierärztliche Kaufuntersuchung bescheinigte dem Pferd, für den Turniereinsatz geeignet zu sein („fit to compete“).
  • Kern des Rechtsstreits: Streit über die Forderung des Klägers, den Kaufvertrag für das Pferd rückgängig zu machen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen das vorherige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wurde zurückgewiesen.
  • Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist Vorläufig vollstreckbar (d.h. die Beklagte könnte Zahlungen vom Kläger verlangen), der Kläger kann dies aber durch Hinterlegung einer Sicherheit verhindern, falls die Beklagte nicht selbst Sicherheit leistet. Eine Revision (Überprüfung durch den Bundesgerichtshof) ist nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf bis zu 185.000,00 € festgesetzt.

Der Fall vor Gericht


Streit um Dressurpferd: Käufer scheitert mit Rückabwicklungsforderung

Ein Käufer aus Israel, der ein hochpreisiges Dressurpferd für seine Tochter erworben hatte, ist mit seiner Forderung nach Rückabwicklung des Kaufvertrags vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main gescheitert.

Pferdekauf Reithalle: Pferdeverkauf besiegelt per Handschlag vor berittener Frau. Kaufberatung, Rittigkeitsprobleme.
Symbolbild: KI generiertes Bild

Das Gericht wies die Berufung des Mannes gegen ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Frankfurt zurück (Az.: 19 U 269/19). Im Kern ging es um die Frage, ob Verhaltensauffälligkeiten des Pferdes, die erst nach der Übergabe auftraten, einen Sachmangel darstellten, der zur Rückabwicklung berechtigt.

Der Kauf des Sportpferdes für die junge Reiterin

Die gewerbliche Pferdehändlerin bot den Dunkelfuchshengst (später Wallach) „V“ zum Verkauf an. Das Pferd hatte bereits beachtliche Erfolge in Dressurprüfungen der Klassen S und S vorzuweisen.

Der Käufer wurde bei einem Turnier auf das Pferd aufmerksam und bekundete sein Interesse, es für seine damals 12-jährige Tochter zu erwerben. Die Tochter, eine Reiterin auf Anfänger- bis Einsteigerniveau, reiste mindestens zweimal aus Israel nach Deutschland. An mindestens zwei Wochenenden erprobte sie das Pferd unter Aufsicht von Reitlehrern der Verkäuferin. Dabei gelang es ihr, auch anspruchsvolle Lektionen nachzureiten. Auffälligkeiten zeigte das Pferd während dieser Erprobungsphase nicht.

Tierärztliche Untersuchung und umstrittener Kaufpreis

Vor dem Kauf wurde eine tierärztliche Kaufuntersuchung durchgeführt. Diese attestierte dem Pferd die Wettkampftauglichkeit („fit to compete“). Daraufhin schlossen die Parteien einen Kaufvertrag.

Im schriftlichen Vertragsformular wurde ein Kaufpreis von 15.000 Euro eingetragen. Unstreitig war jedoch zwischen den Parteien ein wesentlich höherer Preis von mindestens 95.000 Euro vereinbart. Der Käufer überwies 15.000 Euro und leistete weitere 80.000 Euro in bar. Zusätzlich gab der Käufer bei der Verkäuferin ein anderes Pferd in Zahlung, dessen Wert zwischen den Parteien streitig blieb.

Der Käufer trug später vor, die Verkäuferin habe die Angabe des niedrigeren Kaufpreises im Vertrag initiiert, um Steuern zu verkürzen.

Unerwünschtes Verhalten nach dem Transport nach Israel

Nach Abschluss des Kaufvertrags verblieb das Pferd zunächst im Stall der Verkäuferin. Am 05.10.2016 wurde es nach Israel transportiert. Die Transportkosten in Höhe von 11.206,25 Euro trug der Käufer.

Nach dem Kauf nahm die Tochter des Käufers an verschiedenen (auch internationalen) Prüfungen teil. Sie erzielte unter anderem **Erfolge in einer Prüfung der Klasse M*** sowie befriedigende bis ziemlich gute Ergebnisse in weiteren Wettbewerben.

Deutlich nach der Überführung nach Israel begann das Pferd nach Darstellung des Käufers jedoch, unerwünschte Verhaltensweisen zu zeigen. Konkret handelte es sich um sogenanntes „Steigen“ und „Zungestrecken“.

Behauptung des Käufers: Mängel lagen schon bei Übergabe vor

Der Käufer sah in diesen Verhaltensweisen Sachmängel im Sinne des Kaufrechts. Er vertrat die Ansicht, diese Untugenden hätten bereits vor der Übergabe des Pferdes an ihn bzw. den Transporteur bestanden. Zudem behauptete er, die Verkäuferin habe von diesen Problemen gewusst. Auf dieser Grundlage forderte er die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Landgericht Frankfurt wies Klage bereits ab

Der Käufer hatte seine Ansprüche zunächst vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-30 O 36/19) geltend gemacht. Er klagte auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Das Landgericht hatte die Klage jedoch mit Urteil vom 22.10.2019 abgewiesen.

OLG Frankfurt bestätigt: Kein Anspruch auf Rückabwicklung des Pferdekaufs

Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Käufer Berufung beim OLG Frankfurt ein. Mit Urteil vom 13.05.2022 (Az.: 19 U 269/19) wies das OLG die Berufung des Käufers jedoch zurück.

Das OLG bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Der Käufer hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Pferdekaufs gegen die Verkäuferin. Die genauen Gründe für die Entscheidung des OLG sind dem hier vorliegenden Auszug des Urteilstextes nicht zu entnehmen, da der Abschnitt „Gründe“ nicht enthalten ist. Entscheidend für solche Fälle ist jedoch oft die Frage, ob der Käufer beweisen kann, dass der Mangel (hier die Verhaltensauffälligkeiten) bereits bei Gefahrübergang (in der Regel die Übergabe des Pferdes) vorlag und ob es sich tatsächlich um einen erheblichen Mangel handelt.

Käufer trägt die Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Käufer tragen. Sowohl das Urteil des Landgerichts als auch das Urteil des OLG Frankfurt sind vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, die Verkäuferin könnte theoretisch die Kostenerstattung vom Käufer verlangen. Der Käufer kann diese Vollstreckung jedoch durch Leistung einer Sicherheit (in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages) abwenden, falls die Verkäuferin nicht ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Eine Revision zum Bundesgerichtshof, also eine weitere Überprüfung des Urteils, wurde vom OLG Frankfurt nicht zugelassen. Damit ist die Entscheidung rechtskräftig.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass beim Pferdekauf Mängel eindeutig nachgewiesen werden müssen, um eine Rückabwicklung zu erreichen, wobei eine gründliche Erprobung des Tieres vor dem Kauf die Beweislage erheblich erschwert. Die Quintessenz liegt darin, dass vertragliche Vereinbarungen über den tatsächlichen Kaufpreis transparent sein sollten, da Steuerhinterziehungsversuche nicht nur illegal sind, sondern auch die eigene Rechtsposition bei späteren Streitigkeiten schwächen können. Das Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit fachkundiger Beratung beim Kauf wertvoller Pferde und die Notwendigkeit, alle Auffälligkeiten unmittelbar zu dokumentieren und zu rügen.

Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Rückabwicklung des Kaufvertrags“ konkret für mich als Käufer eines Pferdes?

Wenn ein Pferdekaufvertrag rückabgewickelt wird, bedeutet das im Kern: Der Kauf wird rückgängig gemacht. Es soll also möglichst der Zustand wiederhergestellt werden, der vor dem Vertragsabschluss bestand. Für Sie als Käufer hat das folgende konkrete Auswirkungen:

Was bekommen Sie zurück?

Im Rahmen der Rückabwicklung erhalten Sie als Käufer den gezahlten Kaufpreis vom Verkäufer zurück. Der Vertrag wird aufgelöst, und die Hauptleistungen werden rückgängig gemacht.

Was passiert mit dem Pferd?

Gleichzeitig müssen Sie das Pferd an den Verkäufer zurückgeben. Da der Vertrag nicht mehr besteht, haben Sie keinen Anspruch mehr auf das Pferd, und der Verkäufer erhält sein Eigentum zurück.

Wer trägt welche Kosten?

Neben der Rückzahlung des Kaufpreises und der Rückgabe des Pferdes stellt sich oft die Frage nach weiteren Kosten, die entstanden sind. Hier eine allgemeine Übersicht:

  • Kaufpreis: Diesen erhalten Sie, wie bereits erwähnt, vollständig zurück.
  • Kosten des Rücktransports: Die Kosten, um das Pferd wieder zum Verkäufer zu bringen, trägt in der Regel der Verkäufer, wenn die Rückabwicklung berechtigt ist (zum Beispiel wegen eines erheblichen Mangels wie einer schwerwiegenden Verhaltensauffälligkeit, die bereits bei der Übergabe des Pferdes bestand).
  • Laufende Kosten (Futter, Stall, Hufschmied etc.): Die Kosten, die Ihnen für die Unterbringung und Versorgung des Pferdes entstanden sind, während es bei Ihnen war (also z.B. Kosten für Futter, Boxenmiete, routinemäßige Hufpflege), bleiben häufig bei Ihnen als Käufer. Der rechtliche Gedanke dahinter ist, dass Sie das Pferd in dieser Zeit grundsätzlich auch nutzen konnten (z.B. reiten oder pflegen). Man spricht hier davon, dass Sie die „Früchte“ oder Vorteile aus dem Besitz des Pferdes gezogen haben.
  • Notwendige Tierarztkosten: Ob Tierarztkosten, die während Ihrer Besitzzeit angefallen sind, vom Verkäufer erstattet werden müssen, hängt von den genauen Umständen ab. Handelte es sich um notwendige Ausgaben, um das Pferd zu erhalten oder zu versorgen (z.B. eine Notfallbehandlung), könnten diese unter Umständen vom Verkäufer zu erstatten sein. Kosten, die im Zusammenhang mit dem Grund für die Rückabwicklung stehen (z.B. Diagnosekosten wegen der Verhaltensauffälligkeit), können ebenfalls Teil der Abwicklung sein.

Die Rückabwicklung zielt also darauf ab, den ursprünglichen Zustand weitestgehend wiederherzustellen („Zug-um-Zug“-Prinzip: Geld zurück gegen Pferd zurück). Die genaue Verteilung weiterer angefallener Kosten kann jedoch von den Details des Einzelfalls abhängen.


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Wann liegt beim Pferdekauf ein „Sachmangel“ vor, der eine Rückabwicklung rechtfertigt?

Ein „Sachmangel“ beim Pferdekauf liegt vor, wenn das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe an Sie nicht die Eigenschaften hat, die vereinbart wurden oder die Sie normalerweise erwarten dürfen. Es geht also um eine negative Abweichung des tatsächlichen Zustands („Ist-Zustand“) vom vereinbarten oder üblichen Zustand („Soll-Zustand“).

Nicht jede kleine Abweichung oder jedes unerwünschte Verhalten ist jedoch sofort ein rechtlich relevanter Sachmangel.

Was genau bedeutet „Beschaffenheit“ beim Pferd?

Die „Beschaffenheit“ eines Pferdes umfasst mehr als nur seine körperliche Gesundheit. Entscheidend ist zunächst, was Sie mit dem Verkäufer konkret vereinbart haben. Das können sein:

  • Gesundheitszustand: z.B. bestimmte Röntgenklasse, Freiheit von bestimmten Krankheiten.
  • Abstammung und Alter.
  • Ausbildungsstand: z.B. „angeritten“, „L-Dressur fertig“, „geländesicher“.
  • Charaktereigenschaften: z.B. „anfängergeeignet“, „kinderlieb“, „nervenstark“.
  • Verwendungszweck: z.B. Zuchtstute, Turnierpferd, Freizeitpferd.
  • Verhalten: z.B. „schmiede- und verladefromm“.

Haben Sie keine speziellen Vereinbarungen getroffen, muss das Pferd für den vertraglich vorausgesetzten Zweck geeignet sein (z.B. ein als Springpferd gekauftes Tier muss auch springen können). Gibt es auch dazu keine Festlegung, muss sich das Pferd für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Pferden gleicher Art üblich ist und die Sie als Käufer erwarten können. Auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers (z.B. in einer Verkaufsanzeige) können zur erwarteten Beschaffenheit gehören.

Wann ist eine Verhaltensauffälligkeit ein Sachmangel?

Gerade Verhaltensauffälligkeiten sind oft ein Streitpunkt. Ein Pferd ist ein Lebewesen und sein Verhalten kann variieren. Ein Sachmangel liegt hier in der Regel nur vor, wenn das Verhalten erheblich von der vereinbarten oder üblicherweise zu erwartenden Beschaffenheit abweicht und nicht nur eine vorübergehende Unart oder eine Reaktion auf eine neue Umgebung oder einen unerfahrenen Reiter ist.

  • Beispiel: Sie kaufen ein Pferd, das ausdrücklich als „absolut geländesicher“ und „für Anfänger geeignet“ beschrieben wurde. Stellt sich nach dem Kauf heraus, dass das Pferd im Gelände bei kleinsten Anlässen steigt, durchgeht oder panisch wird, und dieses Verhalten nicht auf Haltungs- oder Reiterfehler zurückzuführen ist, kann dies einen Sachmangel darstellen. Eine einmalige Ungehorsamkeit oder normales Scheuen vor etwas Unbekanntem begründet hingegen meist keinen Mangel.

Wichtig ist: Das problematische Verhalten bzw. die Veranlagung dazu muss bereits bei der Übergabe des Pferdes an Sie bestanden haben.

Wann rechtfertigt ein Sachmangel die Rückabwicklung?

Nicht jeder Sachmangel berechtigt sofort dazu, das Pferd zurückzugeben und den Kaufpreis zurückzuverlangen (Rückabwicklung bzw. Rücktritt vom Vertrag). Grundsätzlich gibt es hierfür zwei wichtige Voraussetzungen:

  1. Erheblichkeit des Mangels: Die Rückabwicklung ist in der Regel nur möglich, wenn der Mangel erheblich ist. Das bedeutet, die Abweichung vom Soll-Zustand darf nicht nur geringfügig sein. Ob ein Mangel erheblich ist, hängt vom Einzelfall ab. Bei Pferden werden Verhaltensauffälligkeiten, die den vereinbarten Nutzungszweck stark beeinträchtigen oder eine Gefahr darstellen (z.B. ständiges Steigen, Beißen, extreme Ängstlichkeit bei einem als ruhig verkauften Pferd), oft als erheblich angesehen. Eine leichte Abweichung, die den Gebrauch kaum mindert (z.B. eine kleine, alte Narbe ohne gesundheitliche Bedeutung bei einem Freizeitpferd), ist meist unerheblich.
  2. Nachfristsetzung (Regelfall): Bevor Sie den Kauf rückabwickeln können, müssen Sie dem Verkäufer normalerweise die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben (sogenannte Nacherfüllung). Sie müssen ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Beim Pferdekauf ist die Nacherfüllung oft schwierig: Eine „Reparatur“ (z.B. Korrekturberitt) ist nicht immer erfolgreich oder zumutbar, und eine „Ersatzlieferung“ (ein anderes, mangelfreies Pferd) ist meist nicht möglich, da Pferde als individuelle „Stücke“ gelten. Scheitert die Nacherfüllung, ist sie unmöglich oder verweigert der Verkäufer sie, kann die Rückabwicklung möglich sein. Unter bestimmten Umständen kann eine Fristsetzung auch entbehrlich sein.

Wer muss was beweisen?

Entscheidend ist, dass der Mangel bereits bei der Übergabe des Pferdes vorgelegen hat.

  • Normalfall (z.B. Kauf zwischen Privatleuten): Hier müssen Sie als Käufer beweisen, dass das Pferd schon bei der Übergabe mangelhaft war. Das kann gerade bei Verhaltensproblemen schwierig sein.
  • Sonderfall: Verbrauchsgüterkauf: Kaufen Sie als Privatperson (Verbraucher) ein Pferd von einem gewerblichen Händler oder Züchter (Unternehmer), gibt es eine wichtige Beweiserleichterung für Sie: Tritt ein Mangel innerhalb eines Jahres nach der Übergabe auf, wird gesetzlich vermutet, dass dieser Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war. In diesem Fall müsste der Verkäufer beweisen, dass das Pferd bei Übergabe noch in Ordnung war oder der Mangel z.B. durch falschen Umgang nach dem Kauf entstanden ist. Diese Vermutung gilt nicht, wenn sie mit der Art des Mangels (z.B. eine akute Verletzung kurz nach dem Kauf) unvereinbar ist.

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Wer trägt die Beweislast, wenn ein Mangel (z.B. Verhaltensauffälligkeiten) erst nach dem Kauf auftritt?

Grundsätzlich gilt im Kaufrecht: Wer Rechte wegen eines Mangels geltend machen möchte, muss beweisen, dass dieser Mangel bereits bei der Übergabe der Kaufsache (hier: des Pferdes) vorhanden war. Das bedeutet, der Käufer trägt normalerweise die Beweislast dafür, dass das Pferd schon beim Kauf mangelhaft war, auch wenn sich der Mangel erst später zeigt.

Die wichtige Unterscheidung: Kauf vom Unternehmer oder von Privat?

Für die Frage der Beweislast ist entscheidend, wer Ihnen das Pferd verkauft hat:

  1. Kauf von einem Unternehmer (z.B. Händler, Züchter): Kaufen Sie als Privatperson (Verbraucher) ein Pferd von einem Unternehmer, spricht man von einem Verbrauchsgüterkauf. Hier greift eine gesetzliche Regelung, die Ihnen als Käufer hilft (§ 477 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
  2. Kauf von einer Privatperson: Kaufen Sie das Pferd von einer anderen Privatperson, gelten die besonderen Schutzregeln für Verbraucher nicht automatisch.

Die Beweislast beim Kauf vom Unternehmer (Verbrauchsgüterkauf)

Hier gilt eine Beweislastumkehr zugunsten des Käufers für Mängel, die sich innerhalb eines Jahres nach der Übergabe des Pferdes zeigen:

  • Innerhalb des ersten Jahres nach Übergabe: Tritt in dieser Zeit ein Mangel auf (z.B. eine Verhaltensauffälligkeit), wird gesetzlich vermutet, dass dieser Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war.
  • Was bedeutet das für Sie? Sie müssen nur beweisen, dass der Mangel (die Verhaltensauffälligkeit) besteht und wann er sich gezeigt hat. Der Verkäufer muss dann beweisen, dass das Pferd bei der Übergabe noch keinen Mangel hatte, also die Ursache für die Verhaltensauffälligkeit erst später entstanden ist. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, wird davon ausgegangen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.
  • Nach Ablauf des ersten Jahres: Zeigt sich der Mangel erst später als ein Jahr nach der Übergabe, kehrt sich die Beweislast wieder um. Dann müssen Sie als Käufer beweisen, dass der Mangel bzw. dessen Ursache bereits bei der Übergabe des Pferdes vorlag.

Die Beweislast beim Kauf von Privat

Beim Kauf von einer Privatperson gibt es diese gesetzliche Vermutung und die Beweislastumkehr nicht.

  • Von Anfang an: Hier müssen Sie als Käufer von Beginn an beweisen, dass die Verhaltensauffälligkeit oder deren Ursache schon zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes bestanden hat. Dies kann oft schwierig sein, insbesondere wenn sich das Verhalten erst Wochen oder Monate nach dem Kauf zeigt.

Was bedeutet „Beweislast“ praktisch?

Die Person, die die Beweislast trägt, muss dem Gericht (falls es zu einem Prozess kommt) Tatsachen vortragen und ggf. durch Beweismittel (z.B. Zeugen, Sachverständigengutachten) untermauern, die ihre Behauptung stützen. Gelingt dieser Beweis nicht, verliert sie in diesem Punkt den Prozess. Die Beweislast ist daher entscheidend dafür, ob Sie Ihre Rechte (z.B. Rückabwicklung des Kaufs) erfolgreich durchsetzen können. Gerade bei Verhaltensauffälligkeiten, deren Ursachen vielfältig sein können (Haltung, Umgang, frühere Erfahrungen, gesundheitliche Probleme), ist der Nachweis des Zeitpunkts des Entstehens oft komplex.


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Welche Rolle spielt eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung bei der Beurteilung von Mängeln?

Eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung (AKU) ist eine wichtige Momentaufnahme des Gesundheitszustands eines Pferdes zum Zeitpunkt der Untersuchung. Sie dient dazu, potenzielle gesundheitliche Probleme oder Risiken vor dem Kauf zu identifizieren. Die Ergebnisse der AKU sind jedoch keine Garantie für die zukünftige Gesundheit, Leistungsfähigkeit oder das Verhalten des Pferdes.

Was die AKU aussagt – und was nicht

Die AKU dokumentiert den aktuellen gesundheitlichen Befund des Pferdes, soweit er im Rahmen der durchgeführten Untersuchung erkennbar ist. Dazu gehören typischerweise eine klinische Untersuchung (Herz, Lunge, Augen, Bewegungsapparat etc.) und oft auch Röntgenbilder.

  • Was die AKU zeigen kann: Sie kann Hinweise auf bestehende Erkrankungen oder Vorschäden geben (z.B. Arthrose, Chips, Atemgeräusche). Ein unauffälliger Befund deutet darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine entsprechenden klinischen oder röntgenologischen Auffälligkeiten festgestellt wurden.
  • Was die AKU NICHT garantiert: Sie ist keine Zusicherung, dass das Pferd auch in Zukunft gesund bleibt oder frei von Mängeln ist. Versteckte Mängel, die zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht erkennbar waren, oder Probleme, die sich erst später entwickeln, werden durch die AKU nicht ausgeschlossen. Insbesondere Verhaltensauffälligkeiten sind oft nicht Gegenstand einer Standard-AKU, es sei denn, sie treten während der Untersuchung zufällig zutage oder es wird gezielt danach gesucht.

Bedeutung für die Mängelbeurteilung

Die Ergebnisse der AKU spielen eine wichtige Rolle bei der späteren Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt. Ein Mangel im juristischen Sinne liegt vor, wenn das Pferd bei der Übergabe an den Käufer nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die vereinbarte bzw. übliche Verwendung eignet.

  • Beweismittel: Das Protokoll der AKU dient als wichtiges Beweismittel für den Zustand des Pferdes zum Zeitpunkt der Untersuchung. Wurde in der AKU ein bestimmter Befund dokumentiert, kann sich der Käufer später in der Regel nicht darauf berufen, dass genau dieser Befund einen Mangel darstellt, da er ihm bekannt war.
  • Ausschluss von Mängeln? Umgekehrt bedeutet ein unauffälliges AKU-Protokoll nicht automatisch, dass keine Mängel vorliegen können. Entscheidend ist, ob ein später auftretendes Problem (z.B. eine Lahmheit oder eine Verhaltensstörung) seine Ursache bereits vor oder bei der Übergabe des Pferdes hatte, auch wenn es bei der AKU noch nicht sichtbar war. Die AKU kann Indizien liefern, ist aber nicht allein entscheidend.
  • Kenntnis des Käufers: Wenn die AKU einen bestimmten Befund ergibt (z.B. einen Röntgenbefund, der vom Ideal abweicht), und der Käufer das Pferd trotzdem kauft, kennt er diesen Zustand. Er kann dann später wegen genau dieses Befundes in der Regel keine Mängelrechte geltend machen, es sei denn, der Verkäufer hat das Risiko bewusst heruntergespielt oder etwas arglistig verschwiegen.

Sonderfall „fit to compete“

Die Formulierung „fit to compete“ (geeignet für den Turniereinsatz) ist kein rechtlich fest definierter Begriff. Ob ein Pferd als „fit to compete“ gilt, hängt stark davon ab, was genau zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart wurde (z.B. für welche Disziplin, welches Niveau). Eine AKU kann Hinweise darauf geben, ob das Pferd zum Untersuchungszeitpunkt aus tierärztlicher Sicht körperlich für den vorgesehenen sportlichen Einsatz geeignet erscheint. Sie ist aber keine Garantie dafür, dass das Pferd dauerhaft auf einem bestimmten Niveau erfolgreich sein wird oder keine sportbedingten Probleme entwickeln wird.

Bezug zu Verhaltensauffälligkeiten

Wie bereits erwähnt, deckt eine Standard-AKU das Verhalten des Pferdes meist nur am Rande ab. Verhaltensauffälligkeiten wie Beißen, Treten, Steigen oder extreme Ängstlichkeit sind oft nicht durch eine klinische oder röntgenologische Untersuchung feststellbar. Wenn solche Probleme erst nach dem Kauf auftreten, ist die AKU oft wenig aussagekräftig dafür, ob die Ursache schon bei Übergabe vorlag. Hier kommt es auf andere Beweismittel an (z.B. Zeugenaussagen zum Verhalten des Pferdes vor dem Kauf).

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die AKU ist ein sehr wichtiges Instrument zur Risikoeinschätzung vor dem Kauf, aber sie bietet keinen vollständigen Schutz vor allen denkbaren Mängeln, insbesondere nicht vor solchen, die sich erst später zeigen oder das Verhalten betreffen. Sie dokumentiert den Zustand zum Zeitpunkt X, ist aber keine Kristallkugel für die Zukunft.


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Welche Fristen muss ich als Käufer beachten, wenn ich einen Mangel feststelle und den Kauf rückgängig machen möchte?

Wenn Sie nach dem Kauf eines Pferdes einen Mangel wie eine Verhaltensauffälligkeit feststellen und überlegen, den Kauf rückgängig zu machen (juristisch: vom Vertrag zurückzutreten), müssen Sie verschiedene Fristen und Abläufe beachten. Die Einhaltung dieser Fristen ist entscheidend, um Ihre Rechte nicht zu verlieren.

Die wichtigste Frist: Verjährung Ihrer Ansprüche

Ihre Ansprüche wegen eines Mangels am Pferd, wie zum Beispiel das Recht auf Rückabwicklung des Kaufs, unterliegen einer Verjährungsfrist. Das bedeutet, es gibt eine gesetzlich festgelegte Zeitspanne, innerhalb derer Sie Ihre Rechte geltend machen müssen.

  • Die übliche Frist beträgt zwei Jahre. Diese Frist beginnt in der Regel ab dem Zeitpunkt, an dem Sie das Pferd erhalten haben (juristisch: ab Übergabe).
  • Achtung bei Verträgen: Manchmal wird in Kaufverträgen, insbesondere beim Kauf von „gebrauchten“ Sachen (wozu auch Tiere zählen können) oder zwischen Privatpersonen, eine kürzere Frist vereinbart. Beim Kauf von einem Unternehmer kann diese Frist für gebrauchte Sachen auf minimal ein Jahr verkürzt werden. Ein vollständiger Ausschluss der Mängelrechte ist zwischen Unternehmer und Verbraucher aber nur sehr eingeschränkt möglich.
  • Sonderfall Arglist: Hat der Verkäufer einen Mangel absichtlich verschwiegen (juristisch: arglistig gehandelt), gilt eine längere Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese beginnt jedoch erst am Ende des Jahres, in dem Sie den Mangel und die Person des Verkäufers kannten oder hätten kennen müssen.

Für Sie bedeutet das: Nach Ablauf der Verjährungsfrist können Sie Ihre Ansprüche wegen des Mangels – einschließlich des Rechts, den Kauf rückgängig zu machen – in der Regel nicht mehr erfolgreich durchsetzen, selbst wenn der Mangel ursprünglich bestand.

Voraussetzung für den Rücktritt: Die Frist zur Nacherfüllung

Bevor Sie den Kauf einfach rückgängig machen können, müssen Sie dem Verkäufer normalerweise die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben. Das nennt man Nacherfüllung. Beim Pferdekauf kann das je nach Mangel schwierig sein (z.B. Beritt bei Verhaltensauffälligkeit, tierärztliche Behandlung).

  • Sie müssen dem Verkäufer dafür eine angemessene Frist setzen. Was „angemessen“ ist, hängt vom Einzelfall ab, zum Beispiel von der Art des Mangels und den Umständen.
  • Erst wenn der Verkäufer innerhalb dieser Frist den Mangel nicht behebt, die Behebung fehlschlägt oder er sie von vornherein ablehnt, können Sie in der Regel vom Kauf zurücktreten.
  • Ausnahmen: In bestimmten Fällen ist eine Fristsetzung nicht nötig. Das kann der Fall sein, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung klar verweigert, wenn sie unmöglich ist oder wenn sie für Sie unzumutbar wäre.

Wichtig für Sie: Der Schritt der Fristsetzung zur Nacherfüllung ist meist eine zwingende Voraussetzung, um später den Kauf wirksam rückgängig machen zu können.

Den Mangel mitteilen: Keine feste Frist, aber Eile ist geboten

Es gibt keine feste gesetzliche Frist, innerhalb derer Sie dem Verkäufer den Mangel nach seiner Entdeckung melden müssen (anders als manchmal im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen).

  • Dennoch gilt: Sie sollten den Mangel so bald wie möglich dem Verkäufer mitteilen, nachdem Sie ihn entdeckt haben.
  • Warum ist das wichtig? Eine zeitnahe Meldung erleichtert es Ihnen später zu beweisen, dass der Mangel schon bei der Übergabe des Pferdes vorhanden war. Außerdem geben Sie dem Verkäufer fairerweise die Chance, sich um das Problem zu kümmern (Nacherfüllung).
  • Zögern kann schaden: Wenn Sie zu lange warten, kann dies dazu führen, dass Sie Ihre Rechte doch noch verlieren. Zum Beispiel könnte es schwierig werden zu beweisen, wann der Mangel aufgetreten ist, oder der Verkäufer könnte argumentieren, dass er nicht mehr zur Nacherfüllung verpflichtet ist, weil Sie sich so spät gemeldet haben.

Die Beachtung dieser Fristen und Abläufe ist wesentlich, wenn Sie wegen eines Mangels, wie einer Verhaltensauffälligkeit beim Pferd, den Kauf rückgängig machen möchten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Rückabwicklung des Kaufvertrags

Rückabwicklung bedeutet, dass ein bereits abgeschlossener Kaufvertrag rückgängig gemacht wird, als hätte er nie bestanden. Der Käufer muss die gekaufte Sache (hier das Pferd) zurückgeben und erhält im Gegenzug den Kaufpreis vom Verkäufer erstattet (§ 346 BGB). Dies ist in der Regel die Folge eines wirksamen Rücktritts vom Vertrag, der oft auf einem erheblichen Mangel der Kaufsache beruht. Im Text forderte der Käufer die Rückabwicklung, weil er die Verhaltensauffälligkeiten des Pferdes als einen solchen Mangel ansah.


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Berufung

Die Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei ein Urteil der ersten Instanz (hier: Landgericht Frankfurt) von der nächsthöheren Instanz (hier: Oberlandesgericht Frankfurt) überprüfen lassen kann (§§ 511 ff. Zivilprozessordnung – ZPO). Ziel ist es, eine Abänderung des ersten Urteils zu erreichen, wenn man es für sachlich oder rechtlich falsch hält. Im Text legte der Käufer Berufung ein, nachdem das Landgericht seine Klage auf Rückabwicklung abgewiesen hatte; das OLG prüfte den Fall daraufhin erneut.


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Sachmangel

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die gekaufte Sache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte bzw. die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 BGB). Es handelt sich also um einen Fehler oder eine negative Abweichung vom Soll-Zustand. Im Fall argumentierte der Käufer, das Steigen und Zungenstrecken des Pferdes sei ein Sachmangel, der den Wert und die Eignung als Dressurpferd erheblich mindere und bereits bei Übergabe vorgelegen habe. Für den Erfolg seiner Klage hätte der Käufer beweisen müssen, dass dieser Mangel tatsächlich schon bei Übergabe bestand.

Beispiel: Ein neu gekauftes Auto hat einen Defekt am Motor, der bereits bei der Übergabe vorhanden war, auch wenn er sich erst später zeigt.


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Gefahrübergang

Gefahrübergang bezeichnet den Zeitpunkt, an dem das Risiko des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der verkauften Sache vom Verkäufer auf den Käufer übergeht (§ 446 BGB). Dies ist typischerweise der Moment der Übergabe der Sache an den Käufer (oder den von ihm beauftragten Transporteur). Ab diesem Zeitpunkt trägt der Käufer das Risiko, falls die Sache ohne Verschulden einer Partei beschädigt wird oder Mängel auftreten, die erst nach diesem Zeitpunkt entstehen. Für Gewährleistungsansprüche wie die Rückabwicklung ist entscheidend, ob der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, auch wenn er sich erst später zeigt.

Beispiel: Sie kaufen Möbel in einem Geschäft und vereinbaren Selbstabholung. Sobald Ihnen die Möbel im Lager übergeben werden, findet der Gefahrübergang statt. Fällt Ihnen ein Stuhlbein auf dem Weg zum Auto ab, weil es schon vorher angebrochen war, liegt der Mangel vor Gefahrübergang. Beschädigen Sie den Stuhl auf dem Heimweg durch einen Unfall, tragen Sie das Risiko, da dies nach Gefahrübergang geschah.


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Vorläufig vollstreckbar

Ein Urteil ist „vorläufig vollstreckbar“, wenn derjenige, der den Prozess gewonnen hat (hier die Verkäuferin bezüglich der Kosten), die im Urteil festgelegten Ansprüche (z. B. Zahlung der Prozesskosten) sofort durchsetzen kann, auch wenn das Urteil noch nicht endgültig rechtskräftig ist (§§ 708 ff. ZPO). Die Gegenseite (hier der Käufer) kann diese Zwangsvollstreckung jedoch oft durch Leistung einer Sicherheit (z. B. Hinterlegung von Geld) abwenden. Dies schützt den Gewinner davor, lange auf sein Geld warten zu müssen, während der Verlierer vor übereilter Vollstreckung geschützt wird, falls das Urteil doch noch geändert würde (was hier aber durch die Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen wurde).


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Revision (nicht zugelassen)

Die Revision ist ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof (BGH), dem höchsten deutschen Zivilgericht, um ein Urteil einer unteren Instanz (hier des OLG) auf Rechtsfehler überprüfen zu lassen (§ 542 ff. ZPO). Anders als die Berufung prüft die Revision in der Regel keine Tatsachen mehr neu. Sie ist nur zulässig, wenn das OLG sie ausdrücklich zulässt (z.B. wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache) oder der BGH sie auf eine Beschwerde hin doch noch zulässt. Dass die Revision im Text nicht zugelassen wurde, bedeutet, dass das Urteil des OLG Frankfurt endgültig (rechtskräftig) ist und vom Käufer nicht mehr weiter angefochten werden kann.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 434 BGB (Sachmangel, Rechte des Käufers bei Mängeln): Das Kaufrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) regelt, dass eine Kaufsache frei von Sachmängeln sein muss. Ist dies nicht der Fall, stehen dem Käufer verschiedene Rechte zu, wie Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger macht Mängel des Pferdes (Steigen, Zungestrecken) geltend, die seine Tochter beim Reiten beeinträchtigen. Er beruft sich auf diese Mängel, um seine Rechte als Käufer, insbesondere den Rücktritt vom Kaufvertrag, zu begründen.
  • §§ 440, 323 BGB (Rücktritt vom Kaufvertrag): Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist ein Gestaltungsrecht des Käufers bei Vorliegen eines Mangels, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere erfolglose Nacherfüllung oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung. Durch den Rücktritt wird der Kaufvertrag rückabgewickelt, d.h. Käufer und Verkäufer müssen die empfangenen Leistungen zurückgewähren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger ist vom Kaufvertrag zurückgetreten, da er die behaupteten Mängel als erheblich ansieht und eine Rückabwicklung des Kaufs erreichen möchte. Das Gericht musste prüfen, ob die Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vorliegen.
  • § 123 BGB (Anfechtung wegen arglistiger Täuschung): Wer durch arglistige Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung (z.B. Kaufvertrag) bestimmt wurde, kann diese anfechten. Arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Täuschende wider besseren Wissens unrichtige Angaben macht oder wahre Tatsachen verschweigt, um den Getäuschten zur Abgabe der Willenserklärung zu bewegen. Die Anfechtung führt zur Nichtigkeit des Vertrages von Anfang an. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat den Kaufvertrag hilfsweise wegen arglistiger Täuschung angefochten und behauptet, die Beklagte habe von den Mängeln des Pferdes gewusst und diese verschwiegen, um den Verkauf zu ermöglichen.
  • § 363 BGB (Beweislast): Grundsätzlich trägt im Zivilprozess jede Partei die Beweislast für die Tatsachen, die ihren Anspruch oder ihr Verteidigungsvorbringen begründen. Im Rahmen der Mängelgewährleistung bedeutet dies, dass der Käufer beweisen muss, dass der Mangel bei Gefahrübergang (Übergabe des Pferdes) bereits vorlag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht beweisen konnte, dass die behaupteten Mängel (Steigen, Zungestrecken) bereits vor der Übergabe des Pferdes vorhanden waren. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels zum relevanten Zeitpunkt lag beim Kläger.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Pferdekäufer beim Pferdekauf

Der Kauf eines Pferdes ist oft eine emotionale Entscheidung, birgt aber auch rechtliche Risiken. Gerade wenn das Pferd nach dem Kauf plötzlich unerwünschtes Verhalten zeigt, stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Um böse Überraschungen und teure Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sollten Sie einige Punkte beachten.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Ausführliches Probereiten – Passgenauigkeit sicherstellen
Testen Sie das Pferd nicht nur einmal, sondern möglichst mehrmals und unter Bedingungen, die dem späteren Einsatz ähneln. Idealerweise sollte der zukünftige Reiter das Pferd selbst probereiten. Achten Sie darauf, ob das Pferd die geforderten Lektionen zuverlässig und willig ausführt und ob es zum Ausbildungsstand und Temperament des Reiters passt. Ein Pferd, das unter Aufsicht eines Profis funktioniert, muss nicht automatisch für einen Anfänger geeignet sein.

⚠️ ACHTUNG: Ein kurzes Probereiten unter optimalen Bedingungen beim Verkäufer ist oft nicht aussagekräftig genug, um das Verhalten des Pferdes in einer neuen Umgebung oder mit einem weniger erfahrenen Reiter sicher vorherzusagen.


Tipp 2: Tierärztliche Kaufuntersuchung – Mehr als nur „fit to compete“
Eine tierärztliche Kaufuntersuchung ist unerlässlich. Geben Sie dem Tierarzt klare Vorgaben, für welchen Zweck (z. B. Turniersport Dressur Klasse A, Freizeitpferd für Anfänger) und Reiter das Pferd vorgesehen ist. Ein allgemeines „fit to compete“ reicht oft nicht aus, um spezielle gesundheitliche oder charakterliche Eignungen zu bestätigen. Lassen Sie sich das Untersuchungsprotokoll detailliert erläutern.

⚠️ ACHTUNG: Die tierärztliche Untersuchung bezieht sich auf den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Untersuchung. Verhaltensauffälligkeiten oder charakterliche Mängel werden dadurch nicht immer aufgedeckt.


Tipp 3: Risikoübergang beachten – Wann haftet der Verkäufer?
Entscheidend für die Haftung des Verkäufers ist, ob ein Mangel (z. B. eine Verhaltensstörung wie Steigen oder Zungenstrecken) bereits bei der Übergabe des Pferdes an den Käufer vorhanden war – auch wenn er erst später sichtbar wird. Zeigt das Pferd erst nach dem Transport und der Eingewöhnung im neuen Stall unerwünschtes Verhalten, liegt das Risiko oft beim Käufer, wenn nicht bewiesen werden kann, dass die Ursache schon vorher bestand.

⚠️ ACHTUNG: Der Käufer muss in der Regel beweisen, dass der Mangel schon bei Übergabe vorlag. Dies ist bei Verhaltensproblemen, die erst später auftreten, oft sehr schwierig.


Tipp 4: Beschaffenheitsvereinbarung – Was muss das Pferd können?
Halten Sie im Kaufvertrag genau fest, welche Eigenschaften und Fähigkeiten das Pferd haben soll (Beschaffenheitsvereinbarung). Dazu gehören nicht nur Abstammung und Gesundheitszustand, sondern auch der Ausbildungsstand, Turniererfolge, Charaktermerkmale (z. B. „anfängertauglich“, „geländesicher“) und der vorgesehene Einsatzzweck. Je detaillierter die Vereinbarung, desto klarer ist definiert, was der Verkäufer schuldet.

Beispiel: Statt nur „Dressurpferd“ zu schreiben, präzisieren Sie: „Dressurpferd, platziert in Klasse L, geeignet für ambitionierten jugendlichen Reiter (14 Jahre), brav im Gelände und beim Verladen.“


Tipp 5: Dokumentation ist entscheidend – Beweise sichern
Dokumentieren Sie den Zustand des Pferdes vor dem Kauf so gut wie möglich. Dazu gehören Videos vom Probereiten, das Protokoll der tierärztlichen Untersuchung und der schriftliche Kaufvertrag mit allen Vereinbarungen. Diese Unterlagen können im Streitfall entscheidende Beweismittel sein.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Gerade bei Verhaltensauffälligkeiten ist der Nachweis, dass diese schon beim Verkäufer latent vorhanden waren und nicht erst durch den Transport, die neue Umgebung, anderes Futter oder eine andere Reitweise ausgelöst wurden, oft schwer zu führen. Die Gerichte prüfen genau, ob das Pferd bei Übergabe den vertraglich vereinbarten oder üblichen Eigenschaften entsprach. Ein später auftretendes „bockiges“ Verhalten fällt nicht automatisch zulasten des Verkäufers.

Checkliste: Pferdekauf

  • [ ] Anforderungsprofil klar definiert? (Welcher Reiter, welcher Zweck, welche Eigenschaften?)
  • [ ] Ausgiebiges Probereiten durchgeführt? (Mehrfach, durch den Zielreiter, in relevanten Situationen?)
  • [ ] Detaillierte Kaufuntersuchung beauftragt? (Tierarzt über genauen Zweck informiert?)
  • [ ] Schriftlicher Kaufvertrag vorhanden? (Wichtige Eigenschaften als Beschaffenheit vereinbart?)
  • [ ] Zustand bei Übergabe dokumentiert? (Videos, Protokolle, Zeugen?)

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 19 U 269/19 – Urteil vom 13.05.2022


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