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Pferdekaufvertrag Rückabwicklung – Anspruch auf Aufwendungserstattung

LG Köln – Az.: 22 O 464/13 – Urteil vom 17.02.2017

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.961,65 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2013 auf einen Betrag i.H.v. 16.837,22 EUR und auf einem Betrag i.H.v. 10.124,43 EUR seit dem 14.12.2016 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.100,51 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte mit Ausnahme der Kosten des Streithelfers, welche dieser selber trägt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Pferdekaufvertrag Rückabwicklung - Anspruch auf Aufwendungserstattung
Streit um die Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrags und den Anspruch auf eine Aufwendungserstattung (Symbolfoto: B
Von bmf-foto.de/Shutterstock.com)

Im Frühjahr 2012 erwarb der Beklagte, von Beruf Rechtsanwalt, das Pferd „D“, welches zuvor entweder einem Herrn E oder einer Frau E gehört hat, entweder durch Vermittlung des Streithelfers von dieser oder von dem Streithelfer unmittelbar. Weil es Probleme mit der Rittigkeit des Pferdes gab, beabsichtigte der Beklagte schon bald, das Pferd zurück zu geben. Dann wandte sich der Kläger, ehemaliger Berufsreiter und nunmehr von Beruf selbstständiger Gastronom und Betreiber eines Reitercasinos, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin (F) und deren Tochter (G) wegen Kaufinteresses an den Beklagten. Man einigte sich auf einen Kaufpreis von (jedenfalls) 8.100,00 EUR, der in Raten – auch durch Aufrechnung offener Rechnung des Beklagten in dem Gastronomiebetrieb des Klägers – gezahlt werden sollte. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen. Unter den Parteien ist streitig, wer konkret Vertragspartner des Beklagten geworden ist, wann der Kaufvertrag geschlossen wurde und wann das Pferd übergeben worden ist. Unstreitig hat die Tochter mit dem Pferd am 15.06.2012 an einem Reitturnier teilgenommen. Unstreitig ist ferner jedenfalls, daß das Pferd insgesamt nur vier Wochen im Besitz des Beklagten war; ferner ist unstreitig, daß der Beklagte keine Kenntnis von etwaigen früheren Operationen des Pferdes hatte.

In der Folgezeit wurde das Pferd bei Turnieren in Springprüfungen eingesetzt, überwiegend in den unteren Klassen (A und L) und zumindest einmal in der Klasse M; mit dem Pferd wurde auch am Springtraining teilgenommen.

Im Januar 2013 wurde das Pferd am Fesselträger hinten links behandelt.

Am 30.07.2013 wurde nach vorangegangener konservativer Therapie durch den Tierarzt Dr. L (Pferdeklinik M) auf minimal invasiven Weg die Durchtrennung des Unterstützungsbandes der oberflächlichen Beugesehne am rechten Vorderbein vorgenommen, wobei der Tierarzt während der Operation zu der Auffassung gelangte, daß das Pferd bereits an derselben Stelle mit derselben Indikation in der Vergangenheit operiert worden sei und dieser Eingriff länger als drei Monate zurückliegen müsse. Dies hielt er später in dem Untersuchungsbericht vom 30.09.2013 (Anl. K1, Bl. 8 der Akte) fest.

Mit Schreiben vom 12.08.2013 (Anlage HLW 2, Bl. 91 der Akte) teilte die Tochter der Lebensgefährtin des Klägers dem Beklagten dies mit und brachte zum Ausdruck, daß sie („wir“) das Pferd zurückgeben wollten. Sie forderte den Beklagten auf, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen.

Mit Schreiben vom 04.09.2013 (Anl. K2, Bl. 9 der Akte) teilte auch der Kläger dem Beklagten die Feststellungen des Tierarztes nochmals mit und setzte dem Beklagten eine Frist von zwei Wochen, das Pferd gegen Erstattung verschiedener Kosten (Kaufpreis, Arztkosten, Hufschmied, Boxenmiete) zurückzunehmen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.10.2013 (Anl. K3, Bl. 10 ff. der Akte) wurde nochmals der Rücktritt erklärt und der Kläger zur Zahlung von insgesamt 16.837,22 EUR bis zum 31.10.2013 (ergebnislos) aufgefordert.

Während des laufenden Rechtsstreits ist das Pferd am 23.10.2016 wegen zahlreicher maligner Melanome aus tierschutzrechtlichen Gründen eingeschläfert worden.

Mit der Klage begehrte der Kläger ursprünglich Rückabwicklung des Kaufvertrages, hat wegen Todes des Pferdes die Klage indes teilweise für erledigt erklärt nämlich hinsichtlich der Anträge der Verurteilung zur Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes, der Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, alle weiteren Auslagen zu ersetzen bis zur endgültigen Abnahme des Pferdes sowie der Feststellung, daß der Beklagte mit der Rücknahme des Pferdes sich in Annahmeverzug befinde. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Der Kläger begehrt nunmehr

Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 8.100,00 EUR

Erstattung weiterer Kosten i.H.v. 18.861,66 EUR wie folgt:

  • Tierarztkosten Zeitraum Januar 2013 bis August 2013: 4.321,38 EUR
  • Kosten für Hufschmied Zeitraum Januar 2013 bis September 2013: 835,85 EUR
  • Unterstellkosten Zeitraum Januar 2013 bis Oktober 2013: 3.580,00 EUR
  • Tierarztkosten Zeitraum Mai 2014 bis Oktober 2016: 2.283,32 EUR
  • Kosten für Hufschmied Zeitraum Rest 2013 bis Oktober 2016: 380,00 EUR
  • Unterstellkosten Zeitraum November 2013 bis Oktober 2016: 7.060,00 EUR
  • Kosten für Haftpflichtversicherung Zeitraum 2013-2016: 401,11 EUR

Der Kläger behauptet, daß das Pferd vor Übergabe an ihn wegen eines erheblichen Sehnenschadens bereits am rechten Vorderbein an der oberflächlichen Beugesehne operiert worden sei. Die weitere Nutzung des Pferdes als Reitpferd und vor allen Dingen als Springpferd sei dadurch nicht mehr möglich. Nach der nunmehr durchgeführten zweiten Operation sei es ausgeschlossen, daß das Pferd wieder als Springpferd eingesetzt werden könne. Hätte er, der Kläger, von der bereits durchgeführten Operation gewußt, hätte er aufgrund der schlechten Prognose der Durchführung der zweiten Operation (30.07.2013) wahrscheinlich gar nicht mehr zugestimmt.

Frühestens Ende Juni 2012/Anfang Juli 2012 hätten die Parteien den Kaufvertrag geschlossen, eine tatsächliche Übergabe des Pferdes sei frühestens erst im August erfolgt. Soweit das Pferd bereits bei einem Turnier am 15.06.2012 geritten worden sei, habe dies in Zusammenhang damit gestanden, daß man das Pferd ausprobieren wollte.

Die vorgenannten Kosten seien angemessen und für eine ordnungsgemäße und artgerechte Haltung und Versorgung des Pferdes erforderlich gewesen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 26.961,65 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2013 auf einen Betrag i.H.v. 16.837,22 EUR und auf einem Betrag i.H.v. 10.124,43 EUR seit dem 14.12.2016 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.100,51 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Kaufvertrag sei bereits im Juni 2012 zu Stande gekommen, die Übergabe sei ebenfalls im Juni 2012 erfolgt.

Während im vorangegangenen PKH-Verfahren es unter den Parteien unstreitig war, daß der Kläger von dem Beklagten das Pferd erworben hatte (Seite 4 des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 14.11.2013 = Bl. 32 der Akte), bestreitet der Beklagter im nunmehrigen Klageverfahren die Aktivlegitimation des Klägers. Vielmehr seien die Lebensgefährtin sowie deren Tochter Vertragsparteien des Beklagten geworden, so stehe das Pferd laut Eintragung bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) im Eigentum der Tochter der Lebensgefährtin des Klägers (G). Diese habe den Beklagten auch erstmals zur Rücknahme des Pferdes aufgefordert. Damals sei die Tochter auf ihn zugekommen und habe gesagt, daß sie das Pferd haben möchte. Da sie aber noch zu jung gewesen sei, ca. 18 oder 19 Jahre alt, habe sie gesagt, daß sie sich zu den Verhandlungen nicht in der Lage fühle und daß dies ihre Eltern machen sollten.

Unterstellt, daß das Pferd tatsächlich bereits einmal an der Sehne des rechten Vorderbeins operiert worden sei, sei davon auszugehen, daß dieser Schaden vollständig ausgeheilt sei. Schließlich sei das Pferd rund ein Jahr im Sport eingesetzt worden. Das Pferd sei überbeansprucht worden, allein deshalb sei der Sehnenschaden in der klägerischen Besitzzeit eingetreten. Der angeblich alte Schaden stehe in keinerlei Zusammenhang mit dem jetzt angeblich vorliegenden Schaden.

Ferner ist der Beklagte der Auffassung, daß die geltend gemachten Ansprüche des Klägers scheiterten, weil dieser ihm keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, daß dem Kläger die mit der Klageschrift geltend gemachten Tierarztkosten, Kosten für Hufschmied und Unterstellkosten in Höhe von insgesamt 8.737,23 EUR entstanden seien. Die Tierarztrechnungen wiesen teilweise andere Pferde aus. Teilweise beträfen die Rechnungen Untersuchungen und Behandlungen der hinteren Fesselträger und stünden daher nicht mit dem hier gerügten Mangel im Zusammenhang, teilweise gehe aus den Rechnungen nicht hervor, welche Gliedmaßen des Pferdes behandelt worden seien. Die Hufschmiedkosten und die Gesamtkosten für die Unterbringung werden bestritten, das Pferd habe auch nicht in den Monaten August und September aufgrund der durchgeführten Operationen im Stall auf besonderem Untergrund mit erhöhten Kosten stehen müssen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 03.03.2015 (Bl. 132 der Akte sowie vom 21.10.2015 (Bl. 204 der Akte) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses wird insoweit Bezug genommen auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. T vom 23.09.2015 (Bl. 169 ff.) und 09.12.2050 (Bl. 216 ff.). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben gemäß Beschluß vom 09.05.2016 (Bl. 269 Takte) durch Vernehmung des Zeugen Dr. L. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die schriftliche Zeugenaussage des Zeugen Dr. L vom 17.06.2016 (Bl. 279 der Akte).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 8.100,00 EUR gemäß §§ 434 Abs. 1, 433, 437 Nr. 2, 346 Abs. 1 und 323 BGB.

Hiernach kann ein Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Kaufgegenstand bei Übergabe mangelhaft gewesen ist und der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat bzw. diese ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist. Im Falle des Rücktritts sind dann die gegenseitigen Leistungen zurückzugewähren. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche sind auch auf Tiere entsprechend anzuwenden, § 90 a BGB.

a) Ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten liegt vor.

Bereits der Vortrag des Beklagten, nicht mit dem Kläger den Kaufvertrag geschlossen zu haben, dringt nicht durch.

In dem vorangegangenen PKH-Verfahren hat der Beklagte noch nicht in Abrede gestellt, daß er mit dem Kläger den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Pferd geschlossen habe. Der Vortrag im anschließenden Klageverfahren vermag nicht zu überzeugen. Hier trägt er vor, die Tochter sei zu ihr gekommen und habe das Pferd haben wollen. Aufgrund ihres jungen Alters fühle sie sich aber nicht in der Lage zu den Verhandlungen, die sollten ihre Eltern machen. Insoweit bestätigt der Beklagte also selber, daß er jedenfalls nicht mit der Tochter verhandelt hat. Er trägt auch zu keinem Zeitpunkt näher vor, daß er selber davon ausgegangen sei, daß die Eltern hier als Stellvertreter für ihre Tochter agierten bzw. daß der Kläger offen gelegt hätte, nicht für sich, sondern für die Tochter zu handeln, vgl. § 164 Abs. 2 BGB. Derjenige, der sich auf ein Vertretergeschäft beruft, also hier daß der Kläger nur als Vertreter für die Tochter gehandelt hätte, muß der beweisen, der sich darauf beruft, hier also der Beklagte. Der Beklagte bestreitet hier indes lediglich, mit dem Kläger einen Vertrag geschlossen zu haben.

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Der Beklagte trägt auch nicht konkret zu einem Vertragsschluß etwa mit der Lebensgefährtin des Klägers oder der Tochter vor. Soweit er lediglich darauf abstellt, daß die Tochter bei der Reiterlichen Vereinigung als Eigentümerin eingetragen sei, so ist diese in der dazu vorgelegten Anlage HLW 1 (Bl. 90 der Akte) lediglich als Besitzer aufgeführt. Im Übrigen wäre es aber auch unerheblich, wenn der Kläger später sein Eigentum auf die Lebensgefährtin oder die Tochter übertragen hätte. Dadurch verliert er nicht seine Rechte als Käufer gegenüber seinem Verkäufer. Soweit die Tochter mit Schreiben vom 12.08.2013 erstmals die Rückabwicklung des Kaufvertrages gefordert hat, überzeugt auch dies nicht, um daraus zu schließen, daß diese Vertragspartner des Beklagten geworden sei. Insoweit nutzt sie in dem Schreiben durchgehend die Formulierung „wir“, so daß jedenfalls nicht zwingend davon ausgegangen werden muß, daß sie die Käuferin des Pferdes sei.

b) Der Umstand, daß das Pferd bereits eine Sehne operiert worden war, stellt auch einen Mangel dar. Eine Sache ist dann mangelhaft, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht geeignet bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, § 434 Abs. 1 BGB.

Der Sachverständige Dr. med. vet. T hat festgestellt, daß das streitgegenständliche Pferd vor der Operation vom 30.07.2013 bereits früher einmal an der Sehne des rechten Vorderbeins repariert worden ist. Er hat dazu die früheren Behandlungsunterlagen inklusive der bildgebenden Dokumentationen (Videos und Programme) ausgewertet. Nach seiner Bewertung lassen diese die vorherige Operation als wahrscheinlich erscheinen.

Daran anschließend hat er dargelegt, daß die Tauglichkeit des Pferdes als Reit- und Freizeitpferd infolge dieser durchgeführten Operation vermindert worden ist. Die Verminderung der Tauglichkeit ist darin zu sehen, daß je nach Belastung das Risiko für ein reaktives Krankheitsgeschehen der oberflächlichen Beugesehne erhöht wird, unabhängig davon, ob das Pferd als reines Freizeitpferd oder als Turnierpferd genutzt wird. Der Sachverständige hatte das Pferd als „medizinischen Pflegefall“ bezeichnet.

c) Der Mangel, also der Umstand, daß das Pferd bereits vorher eine derartige Operation erhalten hatte, lag auch bereits bei Übergabe, dem entscheidenden Gefahrübergang, vor.

Unstreitig erfolgte diese Erstoperation nicht in der Besitzzeit des Beklagten. Anhaltspunkte, daß der Kläger selber diese vorherige Operation in seiner Besitzzeit zwischen Sommer 2012 und 30.07.2013 durchgeführt habe, trägt selbst der Beklagte nicht vor. Vielmehr trägt der Beklagte selbst vor, daß während der klägerischen Besitzzeit das fährt regelmäßig Turniere gegangen und im Springtraining eingesetzt worden sei. Nimmt der Beklagte also für sich in Anspruch, konkrete Angaben dazu machen zu können, wie das Pferd in der klägerischen Besitzzeit geritten worden ist, hätte es ihm dann auch auffallen müssen, wenn zwischenzeitlich das Pferd infolge einer Operation für einen längeren Zeitraum nicht trainiert hätte werden können. Überdies wäre auch eine erhebliche kriminelle Energie auf Klägerseite erforderlich, um nach einer solchen – ersten – Operation dann auf die Idee zu verfallen, quasi als „Ahnungsloser“ die zweite Operation – dann folgerichtig bei einem anderen Tierarzt – durchführen zu lassen, um auf diese Weise einen Mangel zu kreieren, auf dem die Rückgabe des Pferdes gegen Rückzahlung des als für ein Sportpferd noch verhältnismäßig geringen Betrages von 8.100,00 EUR zu erwirken. Anhaltspunkte für ein derartiges Arrangement trägt selbst der Beklagte nicht vor.

d) Unschädlich ist es hier auch, daß der Kläger dem Beklagten keine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Hiernach ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Eine Nacherfüllung wäre hier überhaupt nicht möglich gewesen, da die Operation nicht rückgängig zu machen ist. Ferner handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Pferd um eine konkrete Stückschuld in Form eines bestimmten Pferdes, für das man sich aufgrund einer individuellen Entscheidung und des persönlichen Eindrucks von dem Tier entschieden hat, und das damit nicht beliebig ersetzbar ist, so daß auch eine Ersatzlieferung nicht möglich gewesen wäre. Der Beklagte hat hier auch nicht erklärt, wie er denn eine Nacherfüllung hätte vornehmen wollen, wenn ihm dafür eine Frist gesetzt worden wäre.

e) Das Unvermögen des Klägers, das Pferd wegen des zwischenzeitlichen Todes herauszugeben, steht dem Anspruch auf Rückerhalt des vollständigen Kaufpreises ebenfalls nicht entgegen. Zwar ist bei Untergang der zurückzugebenden Sache grundsätzlich Wertersatz zu leisten, § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 2 BGB entfällt die Pflicht zum Wertersatz indes, wenn der Schaden bei dem Gläubiger gleichfalls eingetreten wäre. Das Pferd mußte aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten wegen seines Leidens aufgrund bösartiger Melanome eingeschläfert werden. Dieser Verlauf wäre bei dem Beklagten als Gläubiger gleichfalls eingetreten.

2. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten, die der Kläger für das Pferd aufwenden mußte, folgt aus § 347 Abs. 2 BGB. Danach sind ihm nach dem Rücktritt die notwendigen Verwendungen zu ersetzen, und zwar vom Empfang der Leistung an bis zur endgültigen Rückabwicklung des Vertrages. Zu ersetzen sind notwendige Verwendungen, eine Ersatzpflicht besteht auch bei gewöhnlichen Erhaltungskosten.

Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die (zumindest auch) der Sache zugute kommen, indem sie ihrer Wiederherstellung, Erhaltung und / oder Verbesserung dienen. Notwendig sind sie, wenn sie zur Erhaltung nach objektiven Maßstab zur Zeit der Vornahme erforderlich sind.

Die Einwendungen des Beklagten und dessen bestreiten dringen nicht durch.

Soweit Kosten für den Hufschmied geltend gemacht werden, ist allgemein bekannt, daß ein Pferd regelmäßig auch durch einen Hufschmied versorgt werden muß. Das pauschale Bestreiten des Beklagten, daß solche Kosten angefallen seien, ist daher unbeachtlich. Konkrete Einwendungen zur Höhe erfolgen nicht.

Gleiches gilt für die Kosten der Unterstellung. Daß die Unterhaltung eines Pferdes mit Kosten verbunden ist, ist ebenfalls allgemein bekannt. Auch insoweit genügt das pauschale Bestreiten des Beklagten, daß solche Kosten angefallen seien nicht. Insoweit hat der Kläger sogar dafür Sorge getragen, daß das Pferd kostengünstiger untergestellt wurde.

Soweit der Beklagte bestreitet, daß infolge der Operation der Stall für einen kurzen Zeitraum mit anderen Bodenbelag (Späne) ausgelegt wurde, geht auch dieses Bestreiten ins Leere. Es liegt nahe, daß dann, wenn das Pferd unteren Bereich der Beine operiert worden ist, die folgende Wundheilung entsprechende Maßnahmen erfordert. Konkrete Einwendungen zur Höhe werden auch hier nicht erhoben.

Die Kammer zweifelt auch nicht an der Berechtigung der geltend gemachten Tierarztkosten. Daß Pferde auch tierärztlich versorgt werden müssen, ist allgemein bekannt. Anhaltspunkte, daß es sich um nicht notwendige medizinische Maßnahmen gehandelt hat, die in den Rechnungen abgerechnet worden sind, hat auch der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Soweit der Beklagte rügt, daß die Rechnungen teilweise andere Pferde nahmen aufwiesen, so hat der Kläger dazu plausibel vorgetragen, daß es sich um Versehen der Tierarztpraxis gehandelt habe. Die Rechnungen sind allesamt an den Kläger adressiert; daß dieser noch andere Pferde mit entsprechenden Namen habe trägt auch der Beklagten nicht vor.

3. Soweit der Kläger im Rahmen des Rückabwicklungsschuldverhältnisses gemäß § 346 Abs. 1 BGB selbst die gezogenen Nutzungen herauszugeben hat bzw. insoweit Wertersatz für die Nutzung des Pferdes als Reitpferd zu leisten ist (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB), berücksichtigt der Kläger dies in der Weise, daß er nicht die für das Pferd bis Ende 2012 insgesamt angefallenen Kosten geltend macht. Dem tritt der Beklagte jedenfalls nicht in der Weise entgegen, daß er einen höheren Nutzungsersatz geltend macht.

Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verjährt.

Das Rücktrittsrecht unterliegt als Gestaltungsrecht nicht der Verjährungsregelung des §§ 438 Abs. 1 BGB. Nach §§ 218 Abs. 1 S. 1, 438 Abs. 4 S. 1 BGB ist der Rücktritt jedoch dann unwirksam, wenn der ihm zugrundeliegenden Anspruch auf Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre und sich der Verkäufer darauf beruft.

Mit Schreiben vom 04.09.2013 forderte jedenfalls auch der Kläger den Beklagten zur Rücknahme des Pferdes und Erstattung des Kaufpreises auf, erklärte also den Rücktritt. Zu diesem Zeitpunkt war ein etwaiger Nacherfüllungsanspruch jedenfalls nicht nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (zwei Jahre ab Übergabe) verjährt. Der mit dem Rücktritt entstandene Rückgewähranspruch aus § 346 Abs. 1 BGB unterliegt dann wiederum der dreijährigen Regelverjährung gemäß § 195 BGB, die gemäß § 199 BGB erst mit dem Schluß des Jahres, in welchem der Rücktritt erklärt wurde, beginnt. Damit begann die Verjährung überhaupt erst mit Schluß des Jahres 2013 zu laufen. Bereits am 25.10.2013 ging der Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers bei Gericht ein; am 28.08.2014 erhob der Kläger entsprechende Klage.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten folgt aus §§ 280, 286 BGB.

Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 286, 288, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 ZPO.

Streitwert:

  • Ursprünglich 20.837,22 EUR
    (Antrag zu I: 16.837,22 EUR; Antrag zu II: 2.000 EUR; Antrag zu III: 2.000 EUR)
  • Seit dem 16.11.2016: 16.837,22 (teilweise Erledigungserklärung)
  • Seit dem 08.12.2016: 26.961,65 EUR (Klageerweiterung um 10.124,43 EUR)

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