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Pflicht zur Gartenhausbeseitigung durch Grundstückseigentümer

LG Wuppertal – Az.: 1 O 361/17 – Urteil vom 12.02.2019

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, es zu dulden, dass der Teil des Gartenhauses, welcher auf dem im Grundbuch des Amtsgericht Velbert von M unter Blatt xxx, Gemarkung M, Flur x, Flurstück yyy, eingetragenen Grundstück mit der postalischen Anschrift DStraße belegen ist, durch den jeweiligen Eigentümer entfernt wird.

Im Übrigen wir die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu 75 %, die Beklagten zu 25 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger hinsichtlich des Duldungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 2.000,00 EUR und hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger können die gegen sie gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gegen sie  insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Kläger machen gegen die Beklagten Ansprüche aus Eigentumsstörungen geltend.

Die Kläger waren seit 1999 und auch noch bei Anhängigmachung der Klage Eigentümer des im Tenor bezeichneten Grundstücks mit der Anschrift DStraße. Die Beklagten sind seit 1996 Eigentümer des Grundstücks DStraße. Die beiden vorgenannten Grundstücke grenzen nicht unmittelbar aneinander, sondern sind durch das Grundstück DStraße  voneinander getrennt.

Auf den Grundstücken befinden sich jeweils ostseitig Wohngebäude als Reihenhäuser, während sich westseitig entsprechende, zu den Wohngebäuden gehörende Gärten anschließen. Inwieweit diese Gärten den einzelnen Grundstücken zuzuordnen sind, steht zwischen den Parteien im Streit. Schaut man von der Terrasse des Wohngebäudes der Beklagten „in gerader Linie“ den Garten hinunter, so befindet sich dort ein Gartenhaus. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob sich dieses Gartenhaus teilweise auf dem klägerischen Grundstück befindet. Die gegenwärtige tatsächliche Benutzung der Grundstücke, insbesondere auch durch Einzäunungen, ist anhand der schwarz gezogenen Linien in Anl. B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.03.2018 ersichtlich.

Die Kläger forderten die Beklagten erstmals mit Schreiben vom 21.03.2017 unter Fristsetzung dazu auf, das Gartenhaus zu entfernen. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Anl. H6 zur Klageschrift verwiesen. Durch anwaltliches Schreiben ihres Prozessvertreters vom 10.06.2017 (Anl. A7) setzten die Kläger den Beklagten erneut eine Frist von zwei Wochen zur Entfernung des Gartenhauses.

Pflicht zur Gartenhausbeseitigung durch Grundstückseigentümer
(Symbolfoto: Alexsander Ovsyannikov/Shutterstock.com)

Die Kläger haben das ursprünglich in ihrem Eigentum stehende Grundstück während des laufenden Rechtsstreits an Herrn M veräußert, der nun auch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. In dem notariellen Kaufvertrag vom 13.10.2018 (Anl. H9 zum Schriftsatz der Kläger vom 08.01.2019) hat der Käufer die Kläger unter Ziffer 6.4 dazu ermächtigt, den Rechtsstreit im eigenen Namen fortzuführen. Der Kaufvertrag sieht weiter vor, dass die Kläger im Fall des Obsiegens in diesem Rechtsstreit nicht verpflichtet sind, auf ihre Kosten das Gartenhaus zu entfernen.

Die Kläger behaupten, der Grenzverlauf der Grundstücke verhalte sich so, wie aus dem Plan in Anl. H4 zur Klageschrift ersichtlich. Von diesem tatsächlichen Grenzverlauf hätten sie erst im Jahr 2017 Kenntnis erlangt. Das Gartenhaus der Beklagten stehe damit zu Teilen auf dem Grundstück mit der Flurnummer yyy, welches ursprünglich im Eigentum der Kläger stand. Das Gartenhaus sei im Jahr 2011 errichtet worden.

Die Kläger beantragen,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Teil des Gartenhauses, welcher auf dem im Grundbuch des Amtsgericht Velbert von M unter Blatt xxx, Gemarkung M, Flur x, Flurstück yyy eingetragenen Grundstück mit der postalischen Anschrift DStraße  belegen ist, auf eigene Kosten zu beseitigen,

2.

hilfsweise, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zu dulden, den Teil des Gartenhauses, welcher auf dem im Grundbuch des Amtsgericht Velbert von M unter Blatt xxx, Gemarkung M, Flur x, Flurstück yyy, eingetragenen Grundstück mit der postalischen Anschrift DStraße belegen ist, entfernen zu lassen,

3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, ein Gartenhaus ganz oder teilweise auf dem im Grundbuch des Amtsgericht Velbert von M unter Blatt xxx, Gemarkung M, Flur x, Flurstück yyy, eingetragenen Grundstück mit der postalischen Anschrift DStraße zu errichten;

4.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Kläger als Gesamtgläubiger von den Gebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit der Hauptgartenrechtsanwälte i.H.v. 697,82 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, das Gartenhaus sei bereits im Jahr 2008 errichtet worden. Sie rügen nach dem Eigentumsübergang an Herrn M die Aktivlegitimation der Kläger, erheben die Einrede der Verjährung und berufen sich auf eine Verwirkung der Ansprüche.

Das Gericht hat gemäß der Beweisbeschlüsse vom 26.06.2018 (Bl. 90 der Akten) und vom 27.11.2018 (Bl. 116 der Akten) Beweis über den Verlauf der Grenzen erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen K und durch dessen mündliche Erläuterung des Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 11.10.2018 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2019 (Bl. 122 der Akten) verwiesen.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

I.

Die Kläger sind trotz der Veräußerung des Grundstückes nach § 265 ZPO als gesetzliche Prozessstandschafter weiter aktivlegitimiert. § 266 ZPO ist nicht anwendbar, da mit dem Beseitigungs- und Duldungsanspruch keine dinglichen Rechte geltend gemacht werden. Der fortgeführten Klage steht auch kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Da die Kläger als Prozessstandschafter fremde Rechte geltend machen, kommt es nicht auf ihr eigenes Rechtsschutzbedürfnis an, sondern auf dasjenige des tatsächlichen Rechteinhabers. Am Rechtsschutzbedürfnis des neuen Eigentümers bestehen keine Zweifel.

II.

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1. unbegründet, da ein Beseitigungsanspruch jedenfalls verjährt ist. Selbst wenn man den klägerischen Vortrag als richtig unterstellt, dass das Gartenhaus im Jahr 2011 erbaut wurde, ist die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2014 abgelaufen. Der allein in Betracht kommende Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Anspruch wäre hier nach dem klägerischen Vortrag im Jahr 2011 entstanden. Auch wenn die Kläger im Jahr 2011 keine Kenntnis der rechtlichen Grundstücksgrenzen gehabt hätten, was von Beklagtenseite bestritten ist, läge insoweit jedenfalls grobe Fahrlässigkeit vor. Den Klägern wäre der tatsächliche Grundstücksverlauf nur deswegen nicht bekannt gewesen, weil sie ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hätten. Jedenfalls beim Erwerb der Grundstücke hätten sich die Kläger Kenntnis über die genaue Lage des erworbenen Grundstücks verschaffen können und müssen, was ihnen über das Liegenschaftskataster auch ohne Probleme möglich gewesen wäre.

Anders als die Kläger meinen, liegt auch kein Fall der sich ständig erneuernden Störung vor, die jeweils eine erneute Verjährungsfrist begründen würde. Denn die durch die Errichtung des Gartenhauses entstandene Störung wirkt als dieselbe Störung dauerhaft fort, erneuert sich also nicht.

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Auch der zwischenzeitige Eigentumswechsel ist für die Verjährungsfrage irrelevant. Geht das Eigentum an dem beeinträchtigten Grundstück auf einen anderen über, so wird dadurch für den Beseitigungsanspruch des § 1004 Abs. 1 BGB keine neue Verjährungsfrist in Lauf gesetzt (BGH, Urteil vom 23.02.1973 – V ZR 109/71 = NJW 1973, 703).

Verjährung ist erst recht eingetreten, wenn man mit dem Beklagtenvortrag von einem Erbauungsjahr 2008 ausgeht. Eine Beweisaufnahme hierzu konnte damit unterbleiben.

III.

Die Klage ist mit dem (Hilfs-)Klageantrag zu 2. begründet. Der durch die Errichtung des Gartenhauses in Teilen auf dem ehemals klägerischen Grundstück geschaffene Zustand ist rechtswidrig und muss von dem jeweiligen Eigentümer nicht geduldet werden. Die jeweiligen Eigentümer können den rechtswidrigen Zustand in Ausübung ihres Eigentumsrechts (§ 903 S. 1 BGB) auf eigene Kosten selbst beseitigen. Dass der Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB verjährt ist, steht der Duldungspflicht der Beklagten nicht entgegen (BGH, Urteil vom 28.01.2011, V ZR 141/10 = NJW 2011, 1068).

Dass das Gartenhaus tatsächlich auf dem ehemals klägerischen Grundstück steht, ist durch das eingeholte Sachverständigengutachten des Sachverständigen K bewiesen. Der Sachverständige hat sein Vorgehen bei der Vermessung im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung nachvollziehbar geschildert, an der Richtigkeit bestehen keine Zweifel.

Der Duldungsanspruch ist auch nicht verwirkt. Die Verwirkung würde jedenfalls voraussetzen, dass die Beklagten sich berechtigt darauf einrichten durften und auch tatsächlich eingerichtet haben, dass die Kläger ihre Rechte nicht mehr geltend machen. Jedenfalls eine solche tatsächliche Vertrauensinvestitionen ist von Seiten der Beklagten nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass den Beklagten gerade dadurch ein besonderer Nachteil entsteht, dass die Kläger ihre Rechte über Jahre hinweg nicht geltend gemacht haben.

Eine ausdrückliche Umstellung des Klageantrags zu 2. aufgrund des Eigentumsübergangs war nicht erforderlich, da der Antrag als auf Duldung der Beseitigung durch den jeweiligen Eigentümer gerichtet ausgelegt werden konnte.

IV.

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 3. unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB besteht nicht, da keine Anzeichen dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die Beklagten nach dem Abriss erneut ein Gartenhaus auf dem ehemals klägerischen Grundstück errichten würden. Eine Indizwirkung aus der vergangenen Eigentumsverletzung besteht nicht, da diese hier unstreitig nicht bewusst erfolgte.

V.

Die Klage ist schließlich mit dem Klageantrag zu 5. unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden. Die Beklagten trifft und traf allein eine Duldungspflicht, § 286 Abs. 1 BGB definiert den Schuldnerverzug indes nur für Leistungspflichten.

VI.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708, 709, 710 ZPO.

Der Streitwert wird nach § 3 ZPO auf 8.000,00 EUR festgesetzt. Entsprechend der klägerischen Bemessung auf Seite 7 der Klageschrift (Bl. 7 der Akte) wurde für die Anträge zu 1 und zu 3 jeweils 3.000,00 EUR als maßgebliches Klägerinteresse veranschlagt. Der Duldungsanspruch war mit 2.000,00 EUR zu veranschlagen.

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