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Pflichten Verkehrswertgutachter bei Zwangsversteigerungsverfahren

Oberlandesgericht Brandenburg  – Az.: 7 U 87/16 – Urteil vom 07.03.2018

Auf die Berufung der Klägerin wird der Beklagte unter Abänderung des am 27.05.2016 verkündeten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam verurteilt, an die Klägerin 7.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2012 sowie 342,48 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Schadensersatz gemäß § 839 a Abs. 1 BGB in Höhe von 7.000 € in Anspruch genommen. Sie wirft dem Beklagten vor, im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens vor dem Amtsgericht Potsdam – 2 K 83/11 – hinsichtlich einer Eigentumswohnung in R… als vom Amtsgericht bestellter Sachverständiger den Verkehrswert fälschlicherweise mit 100.000 € angegeben zu haben. Dieser Wertberechnung liege eine Fläche von 99 m² zugrunde. Tatsächlich weise die Wohnung aber lediglich eine Wohnfläche von 84,55 m² aus.

Die Klägerin behauptet, sie habe sich auf die Wertangabe des Beklagten verlassen, die zur Festsetzung eines Mindestgebots von 50.000 € geführt habe. Die Klägerin erwarb die Eigentumswohnung im Versteigerungstermin am 14.12.2011 zu einem Gebot von 50.000 €.

Die Klägerin behauptet, in Kenntnis der geringeren Wohnfläche und des u. a. deshalb geringeren Verkehrswertes hätte sie ein geringeres Mindestgebot von lediglich 43.000 € abgeben müssen und im Versteigerungstermin auch nur diesen Betrag geboten. Ihr sei somit aufgrund des Wertermittlungsfehlers des Beklagten ein Schaden von 7.000 € entstanden.

Auf das Forderungsschreiben der Klägerin vom 21.05.2012 ließ der Beklagte die Forderung mit anwaltlichem Schreiben vom 22.06.2012 zurückweisen.

Die Klägerin hat daraufhin an das Landgericht Potsdam einen Antrag im selbständigen Beweisverfahren gestellt, das dort zum Aktenzeichen 4 OH 9/13 Landgericht Potsdam geführt wurde. Gegenstand des Beweisverfahrens waren folgende Beweisfragen:

1.

„Weist die im Wohnungsgrundbuch von R…, Blatt …, Gemarkung R…, Flur …, Flurstück …, eingetragene, im Dachgeschoss links des Hauses B der Wohnungseigentumsanlage … K…, … R…, gelegene Wohnung Nr. … nach der am 14.07.2011 geltenden Fassung der Wohnflächenverordnung eine Wohnfläche von 84,55 m² auf?

2.

Wies die im Wohnungsgrundbuch von R…, Blatt …, Gemarkung R…, Flur …, Flurstück …, eingetragene, im Dachgeschoss links des Hauses B der Wohnungseigentumsanlage … K…, … R…, gelegene Wohnung Nr. … zum Wertermittlungsstichtag 14.07.2011 einen Verkehrswert in Höhe von 84.000 € auf?“

Der vom Landgericht zum Sachverständigen bestellte Dipl.-Ing. T… S… hat daraufhin – nach zwei Korrekturen – das Gutachten vom 20.08.2014 zum Verkehrswert der in Streit stehenden Eigentumswohnung vorgelegt und diesen mit 86.000 € beziffert. Die Wohnfläche hat der Sachverständige mit 90,97 m² angegeben (Das Gutachten befindet sich in den beigezogenen Akten des selbständigen Beweisverfahrens).

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.05.2016 abgewiesen.

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren stehe nicht fest, dass der Beklagte bei der Erstellung seines Verkehrswertgutachtens von einem unzutreffenden Sachverhalt und damit von einer fehlerhaften objektiven Sachlage ausgegangen sei. Welches Aufmaß und welcher daraus resultierende Verkehrswert zutreffend sei, bleibe unklar.

Zudem fehle es an einem Verschulden des Beklagten. Dieser habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig bei der Erstellung seines Gutachtens gehandelt. Hinsichtlich der behaupteten falschen Vermessung der Wohnfläche fehle es an einer groben Fahrlässigkeit des Beklagten. Wie das selbständige Beweisverfahren gezeigt habe, könnten bei der Wohnflächenermittlung unterschiedliche Parameter (Gewichtungsfaktoren, Anrechnungsfaktoren) angesetzt werden, die dann zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Grundfläche der Wohnung führten.

Selbst wenn dem Beklagten im Jahre 2004 Fehler beim Aufmaß unterlaufen sein sollten, sei diese Pflichtverletzung nicht schlechthin unentschuldbar. Der Beklagte habe in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass er kein erneutes Aufmaß der Wohnung im Jahre 2011 genommen und deshalb auf seine Maße aus dem Jahre 2004 und auf die ihm zur Verfügung gestellten Zeichnungen vertraut habe.

Mit der zulässigen Berufung verfolgt die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch weiter.

Das Landgericht habe verkannt, dass das Gutachten des Beklagten zum Zwangsversteigerungsverfahren allein deshalb falsch gewesen sei und einen überhöhten Verkehrswert ausgewiesen habe, weil der Beklagte die für die Verkehrswertermittlung wichtigste Größe, die Wohnfläche der zu bewertenden Immobilie, nicht festgestellt und ungeprüfte Angaben übernommen habe.

Auch bei der Beurteilung des Verschuldens des Beklagten habe sich das Landgericht nicht nur über die maßgebliche Rechtsprechung zur Frage der Relevanz von Flächenabweichungen hinweggesetzt, sondern sich zudem ein eigenes Urteil darüber erlaubt, ob und inwieweit ein grob unentschuldbares Vorgehen des Sachverständigen bei der Erstellung des Gutachtens anzunehmen sei.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 27.05.2016 zu verurteilen, an die Klägerin 7.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2012 sowie 342,48 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Der vorbereitend zum Termin geladene Sachverständige S… hat auf Veranlassung des Senates zu folgenden beiden Fragen Stellung genommen:

„1.

Ist das Verkehrswertgutachten des Beklagten in dem Zwangsversteigerungsverfahren unrichtig?

2.

Wenn ja, beruht die Unrichtigkeit auf grober Fahrlässigkeit?“

Der Sachverständige hat zu den Fragen mit Gutachten vom 07.12.2017 wie folgt Stellung genommen:

Die mit 99 m² vom Beklagten angegebene Wohnfläche weicht um etwa 10 % von der mit Hilfe eines örtlichen Aufmaßes vom Sachverständigen mit rund 89 m² abgeleiteten Wohnfläche ab. Diese Differenz sei trotz der vom Beklagten gewählten Methode eine nicht vertretbare Größenordnung.

Die nicht durchgeführte Innenbesichtigung, die Ableitung der Wohnfläche und Nichteinholung von direkten Vergleichsdaten aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses stellten sich als grobe Unzulänglichkeiten dar. Marktteilnehmer orientierten sich bei der Kaufpreisfindung von Eigentumswohnungen vorrangig am üblichen Marktwert je Quadratmeter Wohnfläche. Daher sei insbesondere größte Sorgfalt bei der Einholung von geeigneten Vergleichskaufpreisen und der Ermittlung der zugrunde zu legenden relevanten Wohnfläche notwendig. Diese beiden entscheidenden Punkte seien im Gutachten des Beklagten nicht erfüllt. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das vom Beklagten erstellte Gutachten grobe Fehler und diverse Widersprüchlichkeiten aufweist und teilweise unverständliche und nicht nachvollziehbare Textpassagen enthalte. Es lasse insgesamt auf mangelnde Sorgfalt schließen. Ob es sich insofern um grobe Fahrlässigkeit handele, sei eine juristische und keine durch den Sachverständigen zu beantwortende Fragestellung.

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II.

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch nach § 839a Abs. 1 BGB in der geltend gemachten Höhe von 7.000 €, weil er das Verkehrswertgutachten im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens grob fahrlässig unrichtig erstattete.

Nach § 839a Abs. 1 BGB ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf einem grob fahrlässig unrichtig erstatteten Gutachten beruht. Das ist hier der Fall.

Der Sachverständige S… hat in seiner vom Senat eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 07.12.2017 in Ergänzung seines im selbständigen Beweisverfahrens zur Geschäftsnummer 4 OH 9/13 des Landgerichts Potsdam auf verschiedene Fehler des Verkehrswertgutachtens des Beklagtenhingewiesen. Als Ergebnis hat er folgende seines Erachtens gegebene Fehlleistungen des Beklagten als grob fahrlässig hervorgehoben.

Zum einen sei die nicht durchgeführte Innenbesichtigung kritisch zu sehen, zumal der Eigentümer der in Rede stehenden Wohnung bei der Durchführung des Ortstermins anwesend war. Der Beklagte habe den Grund für die Unterlassung der Innenbesichtigung offen gelassen.

Der Beklagte hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen S… wegen der fehlenden Besichtigung der Wohnung jedenfalls von dem von ihm zu ermittelnden Verkehrswert einen Risikoabschlag vornehmen müssen.

Ein solcher Abschlag liegt zwischen 0 bis 20 %, wie der Beklagte selbst auf Seite 15 seines Verkehrswertgutachtens abstrakt angibt. Eine entsprechende Umsetzung auf die konkrete Verkehrswertermittlung ist dem Gutachten des Beklagten allerdings nicht zu entnehmen. Mit einem entsprechenden Risikoabschlag hätte er möglicherweise den baulichen Abweichungen der Wohnung von den in den der Bewertung zugrunde zulegenden Unterlagen des in Rede stehenden Wohneigentums und den sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten für den Verkehrswert begegnen können.

Grobe Unzulänglichkeiten bei der Erstellung des Verkehrswertgutachtens des Beklagten sieht der Sachverständige S… auch hinsichtlich der Ableitung der Wohnfläche und der Nichteinholung von direkten Vergleichsdaten aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses. Seine Wertung begründet der Sachverständige damit, dass sich Marktteilnehmer bei der Kaufpreisfindung von Eigentumswohnungen vorrangig am üblichen Marktwert je Quadratmeter Wohnfläche orientieren.

Gleichwohl könnte dem Beklagten zur Last zu legen sein, dass er neben dem Ertragswertverfahren eine Wertbestimmung auch über ein Vergleichswertverfahren unternommen hat und dabei zu einem um 6 % geringeren Verkehrswert gekommen ist. Dennoch hat er an dem Verkehrswert, den er nach der Ertragswertmethode bestimmt hat (100.000 €), festgehalten. Hier hätte das Prinzip einer vorsichtigen Ermittlung des Verkehrswertes die Bildung eines Mittelwertes zwischen dem Ertragswert und dem Vergleichswert nahegelegt, möglicherweise sogar die Beschränkung auf den Vergleichswert.

Jedenfalls hält der Sachverständige die Abweichung der mit 99 m² vom Beklagten angegebenen Wohnfläche von der von ihm – nach zwei Versuchen – ermittelten Wohnfläche von 89 m² für zu groß.

Ob die vorstehend angesprochenen Unzulänglichkeiten des Verkehrswertgutachtens des Beklagten das Tatbestandsmerkmal der groben Fahrlässigkeit nach § 839 a Abs. 1 BGB ausfüllen, ist in Anlehnung an das Urteil des 3. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2013 zu prüfen.

Danach ist zunächst zu klären, ob der Beklagte ein unrichtiges Sachverständigengutachten erstellt hat. Dies ist der Fall, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht. Davon ist in Anbetracht der vom Sachverständigen angesprochenen Fehler des in Streit stehenden Verkehrswertgutachtens auszugehen.

Bei der Bewertung dieser Fehler ist indes zu beachten, dass der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks regelmäßig nur annäherungsweise und nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit ermittelt werden kann. Die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit einer Schätzungsabweichung darf dabei allerdings nicht schematisch nach einem bestimmten Prozentsatz beurteilt werden, sondern ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden (BGH, Urteil vom 10.10.2013, – III ZR 345/12 -, Rn. 20, nach juris).

Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen (BGH a. a. O., Rn. 26).

Soweit es um die unzutreffende Ermittlung der Wohnfläche geht, ist zu bedenken, dass die Differenz entgegen der im selbständigen Beweisverfahren vorgetragenen Behauptung der Klägerin nicht die zwischen 98,76 m², die im Verkehrswertgutachten ausgewiesen werden, und den von der Klägerin behaupteten 84,55 m², also im Umfang von 14,21 m² besteht, sondern lediglich zwischen den vom Beklagten angegebenen 98,76 m² und denen vom Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren ermittelten 88,93 m². Es besteht somit eine Diskrepanz von 9,17 m².

Die Abweichung liegt mithin bei etwas über neun Prozent und damit unter der Grenze von zehn Prozent, der Rechtsprechung gemeinhin als Maßstab für eine erhebliche Abweichung gelten (BGH NJW 2011, 220, Rn. 16). Sie kann indessen im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswertes einer Eigentumswohnung nicht zur Anwendung kommen. Eine derart starke Abweichung der Wohnungsfläche, auf der die Verkehrswertermittlung aufbaut, ist nicht hinzunehmen. Der Ersteher des Grundstücks im Rahmen einer Zwangsversteigerung muss sich im Versteigerungsverfahren darauf verlassen können, dass die in dem vom Gericht der Zwangsversteigerung eingeholten Verkehrswertgutachten in Bezug genommene Wohnungsfläche genau ermittelt wurde. Die Wohnungsfläche ist der genaueste Parameter der Wertermittlung. Ihr kommt daher besonderes Gewicht für die Entscheidung des Bieters zu, welches Gebot er abgeben will.

Die unrichtige Ermittlung der Wohnungsfläche in der Größenordnung von neun Prozent kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks regelmäßig nur annäherungsweise und nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit ermittelt werden kann (BGH a. a. O., Rn. 20). Vielmehr ist die Ermittlung der Wohnfläche einer Wohnung ein für sich gesehen mathematisch bestimmbarer Teilaspekt des Verkehrswertes, der allenfalls geringfügige Abweichungen vom Ist-Wert, wie sie durch Rundungseffekte auftreten mögen, hinnehmbar erscheinen lässt, nicht aber eine Abweichung von über neun Prozent. Die vom Bundesgerichtshof angesprochenen Schwierigkeiten der Ermittlung des Verkehrswertes einer Wohnung knüpfen an andere Parameter an, seien es die Ermittlung von Vergleichswerten, Unsicherheiten hinsichtlich der Ertragserwartung, Alter und Gestaltung der Wohnung und anderes mehr.

Hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung der Wohnfläche liegt in der unzuverlässigen Ermittlung der Wohnfläche im Verkehrswertgutachten nicht nur ein schwerer Verstoß gegen die Anforderungen der erforderlichen Sorgfalt bei der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens. Vielmehr ist auch eine Vorwerfbarkeit in subjektiver Hinsicht gegeben, da dem Beklagten die Leichtfertigkeit seiner Ermittlung der Wohnfläche bewusst sein musste.

Insofern ist es gerechtfertigt, von dem äußeren Geschehensverlauf und vom Ausmaß des damit einhergehenden objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und eine gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit zu schließen. Der Beklagte hat hier nicht nur unbeachtet gelassen, was ihm gegebenenfalls einleuchtend gewesen wäre, nämlich die Erstellung eines Aufmaßes oder zumindest eine deutliche Ausweisung des Umstandes, dass ein entsprechendes Aufmaß nicht erstellt wurde. Stattdessen hat er hier nicht wahrheitsgemäß zunächst auf ein persönliches Aufmaß aus dem Jahre 2004 Bezug genommen. Tatsächlich gab es ein solches Aufmaß jedoch nicht, wie der Beklagte mit der Klageerwiderung eingeräumt hat. Dort heißt es: „Der Beklagte hat zulässigerweise kein Aufmaß in der Wohnung genommen, weil zu beiden Begutachtungsstichtagen der jeweilige Besitzer ihn nicht hereinließ in die Wohnung. … Die Berechnung der streitgegenständlichen Wohnfläche erfolgte anhand der Daten, die vom ZWVerwalter im Jahre 2004 kamen“.

Der Beklagte bezieht sich mit dieser Einlassung auf Seite acht seines Gutachtens. Die dortigen Hinweise entlasten den Beklagten jedoch nicht. Es wurden an dieser Stelle des Gutachtens Einschränkungen zu der Verlässlichkeit der Angaben des Beklagten gemacht. Diese gelten allerdings nur in Bezug auf die Baubeschreibung, ausdrücklich die Beschreibung verwendeter Bauteile, nicht in Bezug auf die Wohnfläche und des Zustandes der Wohnung. Insofern wurde mitgeteilt, alle Angaben, vor allen Dingen bezüglich der Ausstattung der Eigentumswohnung, basierten auf der Ortsbesichtigung im Jahre 2004.

Die Angaben zu den persönlichen Feststellungen des Beklagten im Gutachten, die als solche gar nicht gemacht wurden, vermitteln eine Zuverlässigkeit des Verkehrswertgutachtens, die jedenfalls nicht aus den persönlichen Feststellungen des Beklagten in der Wohnung herzuleiten ist.

Aus diesen Unrichtigkeiten der Ausführungen des Beklagten in seinem Gutachten ist herzuleiten, dass hier zumindest von einer grob fahrlässigen fehlerhaften Ermittlung der Wohnfläche und des Gutachtens auszugehen ist, wenn nicht gar von einer vorsätzlich unwahren Angabe des Vorliegens einer Wohnflächen- und Verkehrswertermittlung auf der zu erwartenden Grundlage eines Aufmaßes.

Die wenigstens sehr unsorgfältige Erstellung des in Streit stehenden Verkehrswertgutachtens wird auch dadurch offenkundig, dass unter 1.1, 1. Abs. des Gutachtens versichert wurde, alle Feststellungen des Beklagten seien durch entsprechende Inaugenscheinnahme (visuelle Untersuchung ) erfolgt. Auch diese Äußerung sichert eine Verbindlichkeit und Richtigkeit der im Verkehrswertgutachten ausgewiesenen Feststellungen zu, die im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

Obwohl die Flächenabweichung im Gutachten des Beklagten geringer ist, verringert dies den Anspruch der Kläger auf Schadensersatz von 7.000 € (fünfzig Prozent des Verkehrswertes) nicht, da der Sachverständige den Verkehrswert der Wohnung zum Ermittlungsstichtag abweichend von dem in dem streitbefangenen Verkehrswertgutachten des Beklagten ermittelten Wert von 100.000 € nur mit 86.000 € angegeben hat. Diese Feststellung beruht im Wesentlichen auf den vom Sachverständigen S… ermittelten Vergleichswert. Er hat einen Vergleichswert von lediglich 86.000 € anstelle des vom Beklagten ermittelten Wertes festgestellt. Dazu hat er sich auf Marktdaten des örtlichen Gutachterausschusses und eigene Recherchen gestützt.

Das Unterlassen solcher eigener Recherche hat der Sachverständige S… in seinem Gutachten vom 07.12.2017 als grobe Unzulänglichkeit des streitigen Verkehrswertgutachtens bezeichnet.

Der Beklagte ist gemäß seiner Stellungnahme zu dem Gutachten auf Seite 4 seines Schriftsatzes vom 21.01.2018 zwar nicht einverstanden, lässt jedoch auch nicht erkennen, welche eigenen Recherchen er zusätzlich zur Auswertung der Daten des Gutachterausschusses er angestellt haben will.

Angesichts der Bezeichnung des Unterlassens eigener Recherchen des Beklagten durch den Sachverständigen als grobe Unzulänglichkeit, ist davon auszugehen, dass das Unterlassen solcher Nachforschungen sich ebenfalls als grobe Fahrlässigkeit darstellt.

Da bereits in Anbetracht der Ermittlungen der Wohnungsfläche und der Ermittlung von Vergleichswerten eine grob fahrlässige Unrichtigkeit des Verkehrswertgutachtens des Beklagten festzustellen ist, kann dahinstehen, ob die weiteren größeren und kleineren Unzulänglichkeiten, die der Sachverständige in seinem Gutachten vom 07.12.2017 anspricht, allein oder in ihrer Gesamtheit ebenfalls eine grob fahrlässige Unrichtigkeit und ein hinreichendes Verschulden des Beklagten zum Gegenstand haben.

Der Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Klägerin hat ferner Anspruch nach §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB auf Ersatz der Kosten für die verzugsbedingte Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 342,48 €.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

 

 

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