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PKH-Verfahren Arbeitsgericht – Selbstbeiordnung

Bundesarbeitsgericht

Az: 3 AZB 26/07

Beschluss vom 14.11.2007


In Sachen hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 14. November 2007 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Juni 2007 – 9 Sa 253/07 – wird insoweit zurückgewiesen, als sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass das Landesarbeitsgericht ihn nicht im Rahmen der Prozesskostenhilfe zur Vertretung seiner eigenen Person beigeordnet hat.

Im Übrigen wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Eine Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird nicht erhoben.

Gründe:
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung und Abrechnung in Anspruch.

Beide sind Rechtsanwälte. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat beim Landesarbeitsgericht Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens unter seiner eigenen Beiordnung beantragt.

Das Landesarbeitsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe lägen zwar vor, die Beiordnung des Klägers als Anwalt in eigener Sache komme jedoch nicht in Betracht. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Selbstbeiordnung des Klägers richtet. Sie ist im Übrigen jedoch begründet und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

1. Zu Recht hat es das Landesarbeitsgericht abgelehnt, im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens den Kläger sich selbst beizuordnen.

a) Maßgeblich für die Entscheidung ist nicht § 121 Abs. 1 ZPO. Diese Bestimmung betrifft nur den Fall, dass eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist.

Das ist vor dem Landesarbeitsgericht nicht der Fall. Nach § 11 Abs. 2 ArbGG ist vor dem Landesarbeitsgericht eine Vertretung nicht nur durch Rechtsanwälte, sondern auch durch Verbandsvertreter möglich. Heranzuziehen ist deshalb § 121 Abs. 2 ZPO. Danach ist der prozesskostenhilfeberechtigten Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind hier schon deshalb gegeben, weil die gegnerische Partei, nämlich der Beklagte, selber Rechtsanwalt ist, der sich – so die Formulierung in § 78 Abs. 6 ZPO – selbst vertritt. Im Übrigen wäre die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach § 11 Abs. 2 ArbGG erforderlich, wenn die Vertretung durch einen Verbandsvertreter nicht möglich oder nicht angebracht ist.

b) Das Landesarbeitsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Regelungen über die Beiordnung eines Rechtsanwalts zweckentsprechend dahingehend einzuschränken sind, dass eine Selbstbeiordnung nicht in Betracht kommt. Sie haben den Zweck, der prozesskostenhilfeberechtigten Partei trotz wirtschaftlicher Einschränkungen annähernd die gleichen Möglichkeiten Erfolg versprechender Prozessvertretung zu gewähren, die einer wirtschaftlich starken Partei gegeben sind. Art. 3 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG gebieten nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BVerfG 14. Dezember 2006 – 1 BvR 2236/06 – NJW-RR 2007, 649 mwN). Deshalb ist es auch einem prozesskostenhilfeberechtigten Rechtsanwalt möglich, sich anwaltlich vertreten zu lassen, soweit die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BAG 25. April 2003 – 2 AZB 5/03 – InVo 2003, 349, zu II 1 der Gründe; BGH 25. April 2002 – IX ZB 106/02 -NJW 2002, 2179, zu II der Gründe).

Das betrifft aber nur die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt als den prozesskostenhilfeberechtigten Rechtsanwalt. Soweit das Prozesskostenhilferecht deshalb die Beiordnung eines Rechtsanwalts allgemein vorschreibt, kann es einem unbemittelten Rechtsanwalt nicht verwehrt werden, sich der Vorteile zu bedienen, die durch die Einschaltung eines nicht persönlich von dem Rechtsstreit betroffenen Dritten als Prozessbevollmächtigten entstehen. Das fördert zudem eine sachliche Prozessführung und liegt damit auch im Interesse der Rechtspflege. Die Selbstbeiordnung ist hiervon zu unterscheiden. Wäre sie zulässig, ginge es nicht um die Ermöglichung des Zugangs zum Gericht, sondern um die Eröffnung einer Einnahmequelle des prozessführenden Rechtsanwalts zu Lasten der Staatskasse. Dies ist vom Zweck des Prozesskostenhilferechts und der Beiordnungsvorschriften nicht gedeckt.

2. Von der Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO) ist die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) zu unterscheiden. Sie hat nicht nur für die Tragung der Kosten des vertretenden Rechtsanwalts, sondern auch für die Tragung der Gerichtskosten Bedeutung (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Über sie ist deshalb gesondert zu entscheiden. Insoweit ist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO), da sie noch nicht entscheidungsreif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO). Das Landesarbeitsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen, hat jedoch keinerlei Feststellungen über die für die Bewilligung ebenfalls erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht getroffen (§ 114 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht wird ggf. auch über den vom Kläger und Beschwerdeführer angekündigten Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin K zu entscheiden haben.

III. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerde in einem wesentlichen Punkt Erfolg hatte, hat der Senat bestimmt, dass Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben sind (Nr. 8623 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Da auch im Übrigen keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind (§ 127 Abs. 4 ZPO), ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

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