Skip to content

Photovoltaik-Speicher Drosselung Rücktritt: Rückzahlung minus Nutzungsentschädigung

Ein Hausbesitzer kaufte einen 10 kWh Photovoltaik-Speicher, dessen Leistung kurz darauf aus Sicherheitsgründen per Ferndrosselung reduziert wurde. Das Landgericht musste klären, ob die Reduzierung der Speicherkapazität einen teilweisen Rücktritt vom Kaufvertrag erlaubt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 563/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Magdeburg
  • Datum: 28.11.2024
  • Aktenzeichen: 10 O 563/24
  • Verfahren: Rückabwicklung des Kaufvertrages
  • Rechtsbereiche: Kaufrecht, Gewährleistung, Verbraucherschutz

  • Das Problem: Der Käufer einer Photovoltaikanlage mit Speicher forderte den Kaufpreis zurück, weil der Akku per Fernzugriff dauerhaft auf nur 70% seiner Leistung gedrosselt wurde. Der Verkäufer weigerte sich, den Mangel zu beheben oder den Speicher zurückzunehmen.
  • Die Rechtsfrage: Berechtigt die dauerhafte Reduzierung der Speicherkapazität eines Akkus durch den Hersteller zum teilweisen Rücktritt vom Kaufvertrag, auch wenn die Drosselung zur Gefahrenabwehr diente?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht stufte den Vertrag als Kaufvertrag mit Montagepflicht ein. Die erhebliche dauerhafte Kapazitätsreduktion stellt einen Sachmangel dar, der zum Rücktritt berechtigt. Der Käufer erhielt 15.701,29 € zurück, bereinigt um die geschätzte Nutzung.
  • Die Bedeutung: Bei Verträgen über PV-Anlagen mit Serienkomponenten gilt Kaufrecht, nicht Werkvertragsrecht. Sicherheitsbedingte Eingriffe des Herstellers rechtfertigen keine dauerhafte Leistungsminderung ohne Gewährleistungsfolgen für den Verkäufer.

Der Fall vor Gericht


Was passiert, wenn ein teurer Solarspeicher heimlich per Fernzugriff gedrosselt wird?

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen 10-Liter-Eimer. Eines Morgens stellen Sie fest, dass er nur noch sieben Liter fasst. Er sieht gleich aus, steht am selben Ort, aber seine Kernfunktion ist dauerhaft beschädigt. Genau das passierte einem Hausbesitzer mit seinem neuen, teuren Akkuspeicher für die Photovoltaikanlage. Versprochen waren 10 kWh Speicherkapazität. Übrig blieben nur noch rund 70 Prozent dieser Leistung, nachdem der Hersteller das Gerät heimlich aus der Ferne gedrosselt hatte. Der Hausbesitzer zog gegen die Installationsfirma vor das Landgericht Magdeburg und forderte sein Geld für den schrumpfenden Speicher zurück.

Warum war der Akku plötzlich schwächer?

Dieser Photovoltaik-Speicher wurde ferngedrosselt. Sein Sachmangel berechtigt den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag.
Gericht stufte heimliche Fern-Drosselung des Solarspeichers als Sachmangel ein. | Symbolbild: KI

Der Käufer hatte im April 2022 eine komplette Photovoltaikanlage inklusive eines Akkuspeichers der Marke Senec mit 10 kWh Kapazität bestellt. Nach der Inbetriebnahme im Oktober 2022 lief zunächst alles nach Plan. Dann kam es an anderen Orten zu Brandvorfällen mit diesem Speichertyp. Die Herstellerin reagierte. Sie griff per Fernwartung auf tausende installierte Geräte zu und reduzierte schrittweise deren Ladekapazität – als Sicherheitsmaßnahme. Für den Hausbesitzer bedeutete das: Ab August 2023 war sein Speicher dauerhaft auf etwa 70 Prozent seiner versprochenen Leistung begrenzt. Die vollen 10 kWh waren für ihn nicht mehr nutzbar. Er forderte die Installationsfirma auf, den Mangel zu beheben. Nichts geschah. Daraufhin erklärte er den teilweisen Rücktritt vom Vertrag, beschränkt nur auf den Akkuspeicher, und verlangte den Kaufpreis zurück.

Kaufvertrag oder Werkvertrag – warum war diese Frage entscheidend?

Der erste Knackpunkt vor Gericht war eine scheinbar trockene Rechtsfrage: Handelte es sich bei dem Geschäft um einen Kaufvertrag oder um einen Werkvertrag? Die Antwort entscheidet darüber, welche Gesetze zur Anwendung kommen. Die Installationsfirma lieferte nicht nur die Teile, sie montierte sie auch zu einer funktionierenden Anlage. Das klingt nach einem Werk. Das Gericht sah das anders. Es stufte den Vertrag als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung ein. Die Logik dahinter ist einfach. Der Schwerpunkt der Leistung lag auf der Lieferung serienmäßig hergestellter Produkte – Solarmodule, Wechselrichter und eben der Akkuspeicher sind keine individuellen Anfertigungen. Die Montagekosten machten nur einen Bruchteil des Gesamtpreises von über 42.000 Euro aus. Damit galten die Regeln des Kaufrechts. Dieser Schachzug des Gerichts ebnete dem Käufer den Weg. Nach Kaufrecht liegt ein Sachmangel (§ 434 BGB) vor, wenn eine Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Versprochen waren 10 kWh, geliefert wurden dauerhaft nur rund 7 kWh. Ein klarer Mangel.

Wer musste beweisen, wann der Mangel entstand?

Die Installationsfirma und die beigetretene Herstellerin argumentierten, die Drosselung sei eine notwendige Sicherheitsmaßnahme gegen ein Brandrisiko. Der Mangel sei nicht ihre Schuld. Hier kam dem Käufer eine starke Regelung des Verbraucherschutzrechts zu Hilfe. Da er als Privatperson handelte, lag ein sogenannter Verbrauchsgüterkauf vor. Zeigt sich bei einem solchen Kauf innerhalb eines Jahres nach der Übergabe ein Mangel, vermutet das Gesetz, dass dieser Mangel von Anfang an vorhanden war (§ 477 BGB). Die Beweislast kehrt sich um. Nicht der Käufer musste beweisen, dass der Speicher von Beginn an fehlerhaft war. Die Verkäuferin hätte beweisen müssen, dass der Speicher bei Inbetriebnahme einwandfrei war. Diesen Beweis konnte sie nicht erbringen. Als entscheidenden Zeitpunkt für den Beginn dieser Jahresfrist legte das Gericht nicht die bloße Anlieferung der Teile fest, sondern die Inbetriebnahme der gesamten Anlage im Oktober 2022. Die Drosselung erfolgte im März und August 2023 – also klar innerhalb der Frist.

Wie wurde die Rückzahlungssumme berechnet?

Der Käufer konnte wirksam vom Vertrag über den Speicher zurücktreten. Folge: Die Firma musste den Kaufpreis erstatten, der Käufer den Speicher zurückgeben (§ 346 Abs. 1 BGB). Das Gericht addierte den Nettopreis des Speichers (12.250 €), die anteiligen Montagekosten (geschätzt 500 €) und die Kosten für eine Garantieverlängerung (2.100 €). Brutto ergab das eine Summe von 17.076,50 €. Davon zog das Gericht jedoch eine Nutzungsentschädigung ab. Der Käufer hatte den Speicher schließlich 23 Monate lang genutzt, auch wenn nur mit reduzierter Kapazität. Das Gericht schätzte die zu erwartende Gesamtlebensdauer des Speichers auf 20 Jahre (240 Monate). Es errechnete den Wertverlust für die genutzte Zeit und kam auf eine Nutzungsentschädigung von 1.375,21 €. Der finale Rückzahlungsanspruch belief sich damit auf 15.701,29 € – Zug um Zug gegen Rückgabe des gedrosselten Akkuspeichers.

Warum bekam der Käufer nicht sein gesamtes Geld für die Anlage zurück?

Der Kläger hatte in seiner Klage mehr gefordert. Er wollte auch das Geld für eine mitgelieferte Wallbox und die Kosten für seinen Anwalt erstattet bekommen. Hier scheiterte er. Für die Wallbox konnte er keinen konkreten Mangel benennen oder beweisen. Sein Rücktritt war insoweit unwirksam. Die Forderung nach den Anwaltskosten wies das Gericht ebenfalls ab. Die Gegenseite hatte darauf hingewiesen, dass eine Rechtsschutzversicherung die Kosten bereits übernommen haben könnte. Der Kläger legte nicht ausreichend dar, dass er selbst zur Zahlung verpflichtet war oder ihm ein eigener Schaden entstanden ist. Das Gericht stufte die Klage in diesem Punkt als unschlüssig ein. Die Kosten des gesamten Verfahrens musste die Beklagte zu 85 % tragen, der Kläger zu 15 %.

Die Urteilslogik

Die unbefugte und dauerhafte Reduzierung einer vertraglich zugesicherten Speicherkapazität stellt einen Sachmangel dar, der dem Verbraucher das Recht zum Rücktritt vom Vertrag einräumt.

  • Vertragsart entscheidet über Gewährleistung: Wenn die Lieferung von serienmäßigen Komponenten wie Solarmodulen und Akkus den überwiegenden Teil der Gesamtleistung ausmacht, stuft man den Vorgang rechtlich als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung ein, nicht als Werkvertrag.
  • Leistungseinbuße gilt als Sachmangel: Ein Akkuspeicher, dessen nutzbare Kapazität durch eine Ferndrosselung dauerhaft unter die vertraglich vereinbarte Grenze sinkt, entspricht nicht der zugesicherten Beschaffenheit.
  • Nutzungsentschädigung mindert Rückzahlungssumme: Tritt der Käufer erfolgreich vom Vertrag über das mangelhafte Teil zurück, muss er dem Verkäufer eine Entschädigung für die bisherige Nutzung zahlen, die sich nach der geschätzten Gesamtlaufzeit des Produkts berechnet.

Das Gericht etabliert damit klare Regeln für die Abgrenzung der Vertragstypen bei komplexen PV-Anlagen und stärkt die Rechte von Verbrauchern, deren gekaufte Leistung nachträglich reduziert wird.


Benötigen Sie Hilfe?


Erachten Sie die reduzierte Speicherkapazität Ihrer PV-Anlage als Sachmangel? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche rechtliche Einschätzung Ihrer individuellen Situation.


Experten Kommentar

Sicherheit geht vor, das leuchtet jedem ein. Aber wer bezahlt die Zeche, wenn der Hersteller zur Sicherheit die versprochene Speicherkapazität per Fernzugriff dauerhaft reduziert? Das Landgericht Magdeburg zieht hier eine klare rote Linie: Die Ferndrosselung, selbst wenn sie zur Brandprävention dient, ist ein Sachmangel, der zum Rücktritt berechtigt. Entscheidend ist die juristische Einordnung der PV-Anlage als reiner Kaufvertrag, da sie dem privaten Kunden die vollen Vorteile des Verbraucherschutzes zuspricht. Für alle Betroffenen bedeutet dieses Urteil: Der Weg zur Erstattung des Kaufpreises für den gedrosselten Akkuspeicher ist damit konsequent geöffnet.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist eine dauerhafte Drosselung meines Solarspeichers ein Sachmangel?

Ja, eine dauerhafte Reduzierung der Speicherkapazität stellt einen klaren Sachmangel dar. Entscheidend ist das Kaufrecht. Wenn Ihr Speicher permanent weniger Leistung liefert, als vertraglich vereinbart, weicht er von der vereinbarten Beschaffenheit ab. Die Begründung des Herstellers, die Drosselung diene der Sicherheit (etwa wegen Brandgefahr), ändert an dieser Tatsache nichts. Sie haben das Produkt mit voller Leistung bezahlt und müssen diese auch erhalten.

Gemäß § 434 BGB liegt ein Sachmangel vor, sobald die tatsächliche Leistung eines Geräts von der vertraglich zugesicherten Leistung abweicht. Wenn der Kaufvertrag 10 kWh versprach, der Speicher aber nur noch 7 kWh erreicht, ist die Ware mangelhaft. Die Leistungsminderung muss zudem dauerhaft sein, nicht nur vorübergehend. Die Funktion des Speichers ist nur noch teilweise gegeben, was im kaufrechtlichen Sinne Ansprüche auf Mangelbeseitigung oder Rücktritt auslöst.

Die juristische Betrachtung konzentriert sich strikt auf die Differenz zwischen Versprechen und Realität. Wenn ein Hersteller per Fernzugriff die Kapazität drosselt, um einer Brandgefahr vorzubeugen, bleibt der Speicherkunde auf der reduzierten Leistung sitzen. Diese Sicherheitsmaßnahme beseitigt den Sachmangel des verkauften Produkts nicht. Als Käufer haben Sie Anspruch auf die Nutzung des Speichers in der ursprünglich beworbenen und bezahlten Spezifikation, selbst wenn das Risiko einer vollen Nutzung hoch wäre.

Dokumentieren Sie umgehend die aktuell maximal erreichbare Kapazität Ihres Speichers, etwa durch einen Screenshot der Monitoring-App, und vergleichen diese mit den Daten Ihres Kaufvertrages.


Zurück zur FAQ Übersicht

Welche Rechte habe ich, wenn mein PV-Speicher dauerhaft gedrosselt wird?

Wenn Ihr Solarspeicher dauerhaft gedrosselt wird, liegt ein klarer Sachmangel vor, weil die vertraglich vereinbarte Speicherkapazität nicht erbracht wird. Zuerst haben Sie Anspruch auf Nacherfüllung. Sie müssen dem Verkäufer eine angemessene Frist einräumen, um diesen Mangel zu beheben, entweder durch Reparatur oder durch die Lieferung eines mangelfreien Ersatzspeichers.

Dieses Primärrecht auf Nacherfüllung steht im Kaufrecht immer an erster Stelle. Da die Reduzierung der Leistung bei einer Herstellerdrosselung oftmals systembedingt und technisch nicht umkehrbar ist, scheitert die Wiederherstellung der vollen Kapazität oft. Scheitert die Reparatur oder liefert die Installationsfirma keinen funktionierenden Ersatz, wechseln Ihre Rechte zur nächsten Stufe, den sogenannten sekundären Mängelrechten.

Sie können dann den teilweisen Rücktritt vom Kaufvertrag erklären, der sich ausschließlich auf den mangelhaften Akkuspeicher beschränkt. Dadurch wird die vertragliche Vereinbarung über den Speicher rückabgewickelt. Sie erhalten den Kaufpreis für den Speicher, einschließlich anteiliger Montagekosten, zurück. Davon muss lediglich eine Nutzungsentschädigung abgezogen werden, da Sie das Gerät bereits verwendet haben, selbst wenn nur mit reduzierter Leistung.

Setzen Sie der Installationsfirma schriftlich, am besten per Einschreiben, eine Frist von 14 Tagen zur Nacherfüllung, indem Sie sich explizit auf den festgestellten Sachmangel berufen.


Zurück zur FAQ Übersicht

Wie wird die Nutzungsentschädigung für meinen gedrosselten Akkuspeicher berechnet?

Der Abzug für die Nutzungsentschädigung ist ein fester Bestandteil bei einem Rücktritt nach erfolgter Gerätenutzung. Gerichte nutzen eine klare Schätzformel, um den Wertverlust transparent zu berechnen. Dafür dividieren sie den Brutto-Kaufpreis durch die geschätzte Gesamtlebensdauer des Speichers in Monaten. Das Ergebnis multiplizieren sie mit der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gerätes.

Als Berechnungsgrundlage dient nicht nur der reine Speicherpreis, sondern der fiktive Gesamtpreis des mangelhaften Gerätes. Dieser umfasst den Nettopreis, anteilige Kosten für die Montage und zusätzliche Aufwendungen wie eine Garantieverlängerung. Im Fall eines gedrosselten Akkuspeichers addierte das Gericht Magdeburg diese Kosten auf einen Brutto-Gesamtwert von 17.076,50 Euro. Zusätzlich muss eine realistische Lebenserwartung festgelegt werden, die den Wertverlust pro Monat definiert.

Für den Akkuspeicher legte das Gericht eine Lebensdauer von 20 Jahren, also 240 Monate, zugrunde. Der gesamte Bruttowert wird durch diese 240 Monate geteilt, um den monatlichen Wertverlust zu erhalten. War das Gerät bereits 23 Monate in Betrieb, ergibt die Multiplikation dieser Werte den Betrag, der vom Rückzahlungsanspruch des Käufers abgezogen wird. Trotz der Drosselung und der reduzierten Kapazität war diese Nutzung entschädigungspflichtig; der Abzug betrug 1.375,21 Euro.

Erstellen Sie eine detaillierte Aufstellung aller direkt dem Akkuspeicher zuzuordnenden Kosten, um Ihren eigenen Brutto-Gesamtwert festzulegen.


Zurück zur FAQ Übersicht

Wann gilt die Beweislastumkehr bei einem Mangel an meiner PV-Anlage?

Die Beweislastumkehr dient als wichtiges juristisches Schutzschild für Verbraucher beim Kauf komplexer Technik wie Photovoltaikanlagen. Diese Regelung greift, wenn zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt sind: Der Kauf muss ein Verbrauchsgüterkauf sein, bei dem Sie als Privatperson von einem Unternehmer kaufen, und der Mangel muss sich innerhalb einer bestimmten Frist zeigen. Die Regel verschiebt die Beweislast weg vom Kunden hin zur Verkäuferin.

Zeigt sich bei einem solchen Kauf ein Sachmangel innerhalb von einem Jahr nach der Übergabe der Ware, vermutet das Gesetz automatisch, dass dieser Fehler bereits von Anfang an existierte (§ 477 BGB). Dieser große Vorteil bedeutet, dass Sie nicht nachweisen müssen, wann der Mangel entstanden ist. Stattdessen trägt die Installationsfirma die Beweispflicht, dass die PV-Anlage oder der Speicher zum Zeitpunkt der Übergabe einwandfrei war. Diesen Beweis können Verkäufer bei versteckten oder systembedingten Mängeln oft nicht erbringen.

Bei installierten PV-Anlagen legen Gerichte den Beginn der Frist meist auf das Datum der Inbetriebnahme der funktionierenden Anlage fest, nicht auf die bloße Anlieferung der Komponenten. Nehmen wir an, die Drosselung Ihres Solarspeichers tritt erst im zehnten Monat nach diesem Datum auf; dann muss die Verkäuferin beweisen, dass die Ware mangelfrei war. Läuft die 12-Monats-Frist jedoch ab, fällt die Beweislast an Sie zurück, und Sie müssten nachweisen, dass der Fehler von Anfang an vorlag.

Überprüfen Sie das Protokoll der Inbetriebnahme exakt, da dieses Datum den genauen Startpunkt für die einjährige Frist der Beweislastumkehr markiert.


Zurück zur FAQ Übersicht

Gilt für meine installierte Photovoltaikanlage Kauf- oder Werkvertragsrecht?

Die rechtliche Einordnung Ihres Vertrages hängt maßgeblich vom Leistungsschwerpunkt der Vereinbarung ab. Bei Standard-PV-Anlagen, die aus seriell gefertigten Komponenten wie Solarmodulen, Wechselrichtern und Speichern bestehen, gilt meistens das Kaufvertragsrecht, selbst wenn eine Montage vereinbart wurde. Juristisch wird die Installation in diesen Fällen oft nur als Nebenpflicht des Verkäufers betrachtet. Diese Abgrenzung ist für Sie als Kunde entscheidend, da sie bestimmt, welche Verbraucherschutzrechte Sie im Falle eines Mangels nutzen können.

Gerichte prüfen, ob die Lieferung der Bauteile oder die individuelle Herstellung beziehungsweise Installation im Vordergrund steht. Überwiegen die Kosten für die serienmäßigen Komponenten den Gesamtpreis deutlich, spricht dies für einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung. In einem aktuellen Fall machten die reinen Montagekosten nur einen Bruchteil des Gesamtpreises von über 42.000 Euro aus, was die Einstufung als Kaufvertrag stützte.

Die Anwendung des Kaufrechts ist für private Käufer vorteilhaft, weil sie den wichtigen Schutz der Beweislastumkehr nach § 477 BGB einschließt. Zeigt sich ein Mangel innerhalb eines Jahres nach der Inbetriebnahme, muss die Installationsfirma beweisen, dass das Produkt bei der Übergabe einwandfrei war. Müssten Sie stattdessen einen reinen Werkvertrag nachweisen, läge die Beweislast von Anfang an bei Ihnen als Kunde.

Überprüfen Sie in Ihrem Vertrag den Kostenanteil der reinen Montageleistung; liegt dieser Anteil an den Gesamtkosten sehr niedrig, können Sie von Kaufvertragsrecht ausgehen.


Zurück zur FAQ Übersicht

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Beweislastumkehr

Die Beweislastumkehr ist eine zentrale Regelung im Verbraucherschutz, die die Pflicht zur Beweisführung bei einem Mangel zeitlich befristet vom privaten Käufer auf den gewerblichen Verkäufer verschiebt.
Dieses Gesetz (§ 477 BGB) soll verhindern, dass Verbraucher bei komplexen technischen Gütern nachweisen müssen, wann genau ein Mangel entstand; stattdessen muss der Verkäufer das Gegenteil beweisen, was oft unmöglich ist.

Beispiel: Da sich die Drosselung des Solarspeichers innerhalb eines Jahres nach der Inbetriebnahme zeigte, musste die Installationsfirma im vorliegenden Fall beweisen, dass der Speicher zum Zeitpunkt der Übergabe einwandfrei funktionierte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Kaufvertrag mit Montageverpflichtung

Juristen nennen einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung eine Vereinbarung, bei der der Vertragspartner zwar seriell gefertigte Produkte liefert (z.B. Solarmodule), aber zusätzlich deren Installation als unselbstständige Nebenleistung übernimmt.
Die juristische Einordnung hängt maßgeblich vom Leistungsschwerpunkt ab: Überwiegt der Wert der gelieferten Ware, gilt das vorteilhaftere Kaufrecht, nicht das Werkvertragsrecht, was dem privaten Käufer stärkere Gewährleistungsrechte sichert.

Beispiel: Das Landgericht Magdeburg stufte das Geschäft als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung ein, weil die Kosten für die Lieferung des Akkuspeichers und der Solarmodule den Anteil für die reine Montageleistung deutlich überstiegen.

Zurück zur Glossar Übersicht

Nutzungsentschädigung

Die Nutzungsentschädigung ist ein Betrag, der dem Käufer bei einem wirksamen Rücktritt vom Vertrag vom erstatteten Kaufpreis abgezogen werden muss, weil er die mangelhafte Sache über einen bestimmten Zeitraum bereits tatsächlich genutzt hat.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 346 BGB) sorgt für einen fairen Ausgleich zwischen den Parteien, sodass der Käufer keinen ungerechtfertigten Vorteil durch die kostenlose Nutzung des Gerätes zieht; die Berechnung erfolgt anhand des Gesamtpreises geteilt durch die geschätzte Lebensdauer in Monaten.

Beispiel: Obwohl der Akkuspeicher wegen des Fernzugriffs gedrosselt war, musste der Hausbesitzer eine Nutzungsentschädigung von 1.375,21 Euro für die 23 Monate lange Verwendung des Gerätes entrichten.

Zurück zur Glossar Übersicht

Rücktritt vom Vertrag (teilweiser)

Als Rücktritt vom Vertrag bezeichnen wir die rechtliche Erklärung des Käufers, dass er sich von der vertraglichen Bindung löst, wodurch alle beiderseits erbrachten Leistungen rückabgewickelt werden müssen.
Dieses sekundäre Mängelrecht wird relevant, wenn die primäre Nacherfüllung, also die Reparatur oder Ersatzlieferung durch den Verkäufer, scheitert; ein teilweiser Rücktritt beschränkt die Rückabwicklung nur auf den mangelhaften Teil der Kaufsache, beispielsweise nur auf den Solarspeicher.

Beispiel: Nachdem die Installationsfirma den Mangel nicht beheben konnte, erklärte der Hausbesitzer den teilweisen Rücktritt, um lediglich den Kaufpreis für den gedrosselten Akkuspeicher erstattet zu bekommen, nicht aber für die gesamte Photovoltaikanlage.

Zurück zur Glossar Übersicht

Sachmangel

Ein Sachmangel liegt vor, wenn eine gekaufte Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, also von der Leistung, Qualität oder Funktion abweicht, die im Kaufvertrag festgelegt wurde (§ 434 BGB).
Das Kaufrecht gibt dem Käufer bei solchen Abweichungen klare Gewährleistungsrechte, denn die tatsächlich gelieferte Leistung muss stets der Erwartung entsprechen, die der Verkäufer vertraglich zugesichert hat.

Beispiel: Die dauerhafte Reduzierung des Akkuspeichers von 10 kWh auf nur 7 kWh stellte einen klaren Sachmangel dar, weil das Gerät die vertraglich zugesicherte Speicherkapazität permanent unterschritt.

Zurück zur Glossar Übersicht

Verbrauchsgüterkauf

Ein Verbrauchsgüterkauf ist eine juristische Konstellation, bei der zwingend eine Privatperson (der Verbraucher) eine bewegliche Sache von einem Unternehmer (einem gewerblichen Verkäufer) erwirbt.
Für diese Geschäfte hat der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch besondere Schutzvorschriften implementiert, die darauf abzielen, das Machtgefälle zwischen Konsument und Unternehmer auszugleichen und die Beweislastumkehr zu aktivieren.

Beispiel: Da der Hausbesitzer als Privatperson die PV-Anlage von der Installationsfirma erwarb, lag ein Verbrauchsgüterkauf vor, weshalb er automatisch vom starken Verbraucherschutz der Beweislastumkehr profitierte.

Zurück zur Glossar Übersicht



Das vorliegende Urteil


LG Magdeburg – Az.: 10 O 563/24 – Urteil vom 28.11.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Ersteinschätzung anfragen: Person tippt auf Smartphone für digitale Anwalts-Ersthilfe.

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle rechtliche Beratung, die die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, nicht ersetzen. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch neue Urteile und Gesetze geändert haben. Teile dieses Beitrags könnten mithilfe von KI-Unterstützung erstellt worden sein, um eine effiziente und präzise Darstellung der Informationen zu gewährleisten. Trotz umfassender Kontrolle können Irrtümer enthalten sein. Für eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(telefonisch werden keine juristischen Auskünfte erteilt!)

Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage >>> per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Hinweis: Telefonisch können leider keine Erstanfragen beantwortet werden. Anfragen auf Ersteinschätzung bitte nur über unser Anfrageformular stellen. 

Aktuelle Jobangebote

Jobangebote in der Kanzlei Kotz
Rechtsanwaltsfach-angestellte(r) und Notarfachangestellte(r) (m/w/d)

jetzt bewerben