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Polsterverfärbungen durch Schonbezüge – Wer haftet?

Amtsgericht Lichtenfels

Az.: 1 C 412/00

Verkündet am 20.6.2001


Das Amtsgericht Lichtenfels erläßt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.5.2001 folgendes Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.003,41 DM zu bezahlen, nebst 4 % Zinsen hieraus seit 18. Juli 2000. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/20, die Beklagte zu 17/20.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,– DM. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt mit der am 13. Juli 2000 eingegangenen Klage, die am 18. Juli 2000 zugestellt worden ist, Schadenersatz wegen Verfärbung einer Polstergarnitur.

Im Haushalt des Klägers befindet sich eine Polstergarnitur, bestehend aus Zweisitzer, Dreisitzer, Sessel und einem Hocker, die im Oktober 1999 für 4.452,08 DM mit hellem Stoff neu bezogen wurde. Im November 1999 lieferte die Beklagte an den Haushalt des Klägers gelbe Schonbezüge für Zweisitzer, Dreisitzer und Sessel. Spätestens Anfang März 2000 rügte die Ehefrau des Klägers gegenüber einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten, die Polstergarnitur habe sich durch die gelben Schonbezüge gelblich verfärbt. Der Außendienstmitarbeiter besichtigte daraufhin die Polstergarnitur. Erteilte der Ehefrau des Klägers mit, er werde den Sachverhalt und die Schadenersatzforderung an die Beklagte bekannt gegeben und die Beklagte werde unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen. Unter dem 13. März 2000 teilte der Außendienstmitarbeiter den Sachverhalt der Beklagten mit. Mit Schreiben vom 23. Mai 2000 an die Ehefrau des Klägers lehnte die Haftpflichtversicherung der Beklagten die Schadensregulierung ab. Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 forderten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers die Haftpflichtversicherung unter Fristsetzung bis 13. Juni 2000 zur Zahlung der Schadenersatzforderung auf.

Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer der Polstergarnitur. Er habe die Schonbezüge bei der Beklagten gekauft, um den neuen Bezugsstoff zu schonen. Die Schonbezüge hätten diesen Zweck aber nicht erfüllt, sondern eine gelbliche Verfärbung der Polstergarnitur bewirkt. Die Verfärbung lasse sich nur durch Neubezug der Polstergarnitur beseitigen, was Kosten in Höhe von 4.452,08 DM verursache. Der Kläger meint, die Beklagte sei ihm zum Schadenersatz verpflichtet, denn wer „Schonbezüge“ verkaufe, sichere konkludent zu, daß diese Bezüge schonen und nicht abfärben. Außerdem will der Kläger das Geld für die Schonbezüge zurück, und er macht eine allgemeine Unkostenpauschale von 50,– DM geltend.

Der Kläger beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.722,61 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 14. Juli 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung. Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Sie behauptet, die gelieferten Schonbezüge seien mangelfrei und würden insbesondere hinreichende Reibechtheit aufweisen. Von einer Eigenschaftszusicherung könne.keine Rede sein. Wenn die Polstergarnitur tatsächlich verfärbt sei, müsse dies darauf zurückzuführen sein, daß beim Neubezug irgendwelche verfärbenden Chemikalien Verwendung gefunden hätten. Im übrigen lasse sich die Verfärbung – zumindest an Zweisitzer und Dreisitzer – auch durch eine Reinigung beseitigen. In jedem Fall sei kein erneutes Aufpolstern der Garnitur erforderlich.

Der Kläger behauptet demgegenüber, der seinerzeit verwendete Bezugsstoff sei nicht mehr erhältlich, so daß schon aus diesem Grund alles neu bezogen werden müsse. Der Außendienstmitarbeiter der Beklagten habe nach Besichtigung der Polstergarnitur bestätigt, daß die Schonbezüge Verfärbungen bewirkt hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen bezug genommen.

Es ist Beweis erhoben. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Wagner wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist weitgehend begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 463 Satz 1 BGB Schadenersatz wegen der Verfärbung der Polstergarnitur in Höhe von 3.732,88 DM; außerdem stehen ihm im Rahmen seines Schadenersatzanspruchs die Rückzahlung des Kaufpreises sowie.eine Unkostenpauschale von 50,– DM zu, so daß sich der ausgeurteilte Betrag ergibt.

Der Kläger ist Inhaber des Gewährleistungsanspruchs, §§ 1357, 428 BGB. Auf die Frage, wer Eigentümer der Polstergarnitur ist, kommt es nicht an, im übrigen wird Miteigentum des Klägers gemäß § 1006 BGB vermutet.

Wer Schonbezüge für Polstermöbel anbietet und verkauft, sichert damit auch ohne ausdrückliche Erklärung konkludent zu, daß die Schonbezüge aufgrund ihrer Beschaffenheit keine Schäden an den Polstermöbeln verursachen, auf denen sie Verwendung finden.

Eine Eigenschaftszusicherung liegt vor, wenn der Verkäufer durch eine Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Käufer zu erkennen gibt, daß er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will. Nach herrschender Meinung bedarf es dafür keiner ausdrücklichen Erklärung, vielmehr kann eine Eigenschaft der Kaufsache auch stillschweigend oder durch schlüssiges Verhalten zugesichert werden (vgl. BGHZ 59, 158, 160). Dazu genügt zwar weder eine allgemeine Anpreisung, noch der bloße Hinweis auf die Eignung für den vertragsgemäß vorausgesetzten Gebrauch (BGH a.a.O.); auch ist bei der Annahme einer stillschweigenden Zusicherung wegen der weitreichenden Folgen für den Verkäufer allgemein Zurückhaltung geboten (Palandt-Putzo, 60: Auflage, § 459 BGB Rz. 17 m.w.N.). Andererseits ist nicht in erster Linie der Wille des Verkäufers maßgebend; vielmehr kommt es darauf an, wie der Käufer die Äußerungen des Verkäufers unter Berücksichtigung seines sonstigen Verhaltens und der Umstände, die zum Vertragsschluß geführt haben, nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auffassen durfte (BGH a.a.O.).

Dient die gekaufte Sache einem ganz bestimmten Zweck, der von beiden Parteien vorausgesetzt wird, so kann den Umständen nach eine stillschweigende Zusicherung zumindest dahingehend gegeben sein, daß die Kaufsache nicht das krasse Gegenteil ihres vertraglich vorausgesetzten Zwecks bewirkt. Vorliegend hat die Beklagte Schonbezüge für Polstermöbel verkauft. Schonbezüge dienen – wie ihre Bezeichnung sagt – dazu, Polstermöbel zu schonen. Auch bei Berücksichtigung der gebotenen Zurückhaltung hinsichlich der Annahme von stillschweigenden Eigenschaftszusicherungen des Verkäufers darf daher der Käufer von Textilüberwürfen, die als Schonbezüge gehandelt werden, davon ausgehen, daß die Überwürfe als solche bei bestimmungsgemäßer Verwendung zumindest keine Verfärbungen an den zu schonenden Polstermöbeln verursachen, und daß der Verkäufer dafür einsteht, wenn diese berechtigte Erwartung nicht erfüllt wird.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Wagner haben die Schonbezüge die Verfärbungen am Bezugsstoff der Polstergarnitur bewirkt. Daß die Verfärbung auf besonderen Eigenschaften des Bezugsstoffes beruht, konnte der Sachverständige ausschließen. Auf die Frage, ob die Schonbezüge einschlägigen DINVorschriften entsprechen und welche Reibechtheitsnoten sie im einzelnen erreichen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend an, denn nach dem Gutachten des Sachverständigen steht jedenfalls fest, daß die Schonbezüge für die Verfärbung der Polstergarnitur ursächlich sind. Die Haftung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften tritt unabhängig von Kenntnis oder Verschulden des Verkäufers ein.

Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Klage ist zwar erst am 13. Juli 2000 bei Gericht eingegangen. Die Schonbezüge wurden unstreitig im November 1999 geliefert, mit der Folge, daß die Verjährungsfrist regelmäßig spätestens mit Ablauf des Monats Mai vollendet gewesen wäre. Entsprechend § 693 Abs. 2 BGB war aber die Verjährung von dem Besuch des Außendienstmitarbeiters der Beklagten an (spätestens 13. März 2000) bis zum Zugang des Schreibens der Haftpflichtversicherung vom 23. Mai 2000_(frühestens 24. Mai 2000) gehemmt, mit der Folge, daß Verjährung am 13. Juli (Klageeingang) und auch am 18. Juli 2000 (Klagezustellung) noch nicht eingetreten war. Prüfung im Sinn von § 639 Abs. 2 BGB liegt auch vor, wenn der Unternehmer die Mangelanzeige zur weiteren Veranlassung seiner Haftpflichtversicherung zuleitet (vgl. Palandt-Sprau, § 639 Rz. 4 m.w.N.). Die Vorschrift ist im Rahmen von § 477 BGB entsprechend anwendbar (Palandt-Putzo, § 477 BGB Rz. 17). Darauf, ob der Außendienstmitarbeiter bei seinem Besuch abgesehen von der Ankündigung, er werde der Beklagten den Sachverhalt mitteilen und diese werde auf die Angelegenheit zurückkommen, irgendwelche Zusagen gemacht hat, kommt es mithin nicht an.

Im übrigen verhält sich die Beklagte, indem sie sich auf die Verjährung beruft, auch arglistig. Die Mängelrüge erfolgte spätestens Anfang März 2000, also weit vor Fristablauf. Ihrer Ankündigung, sie werde auf die Angelegenheit zurückkommen, ist die Beklagte erst-mit dem Schreiben ihrer Haftpflichtversicherung vom 23. Mai 2000 nachgekommen, also unmittelbar vor Ablauf der Verjährungsfrist. Das Verhalten ihres Außendienstmitarbeiters und ihrer Haftpflichtversicherung muß sich die Beklagte zurechnen lassen (vgl. Palandt-Heinrichs, Überbl. v. § 194 Rz. 10).

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Neubezug der gesamten Polstergarnitur, jedoch ohne Kosten für die Polsterwatte. Der Sachverständige hat zwar festgestellt, daß bei den beiden Sofas der Originalfarbton bei einer Grundreinigung, durch einen anerkannten Polsterreinigungsbetrieb wieder hergestellt werden könnte und lediglich der Sessel neu bezogen werden müßte. Eine Wiederherstellung durch Neubezug des Sessels und Reinigen der beiden Sofas ist aber nicht möglich, weil der im Oktober 1999 verwendete Bezugsstoff nicht mehr erhältlich ist, was der Kläger durch Vorlage der Bestätigung der Fa. K. nachgewiesen hat. Dem Kläger ist nicht zuzumuten, seine Polstergarnitur mit unterschiedlichen Bezugsstoffen zu verwenden, denn die Eigenheit von Polstergarnituren besteht gerade in der Einheitlichkeit von Bezugsstoff und Machart.

Kosten für Polsterwatte kann der Kläger nicht beanspruchen, denn er hat den ihm obliegenden Nachweis nicht geführt, daß Polsterwatte beim Neubezug erforderlich ist. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, daß erst nach Entfernung des alten Bezugsstoffes erkennbar werde, ob Polsterwatte benötigt wird.

Die zum Neubezug erforderlichen Kosten hat das Gericht unter Heranziehung der Rechnung der Fa. K. vom 22 Oktober 1999 und unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf 3.732,88 DM geschätzt (18 Meter Stoff zu je 101,– DM, Arbeitsaufwand unter Berücksichtigung des Umstands, daß keine Polsterwatte eingebracht werden muß 1.300,– DM, Transportkosten 100,– DM).

Der Ausspruch wegen der Zinsen beruht auf § 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92. 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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