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Unfallrente (private) – 15-Monatsfrist

Oberlandesgericht Koblenz

Az: 10 U 230/11

Urteil vom 18.11.2011


Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2011 für R e c h t erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 26. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Unfallversicherung mit Dynamik. Zu den versicherten Leistungen gehören unter anderem eine Invaliditätsleistung und eine monatliche Unfallrente. Dem Vertragsverhältnis liegen die AUB 94 sowie die Besonderen Bedingungen U 556 07 (1997) zugrunde.

Am 14. Oktober 2007 rutschte der Kläger auf einer nassen Fliese im Bad aus und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Dabei erlitt er eine Schädelbasisfraktur mit Einbeziehung des Felsenbeines, eine Subarachnoidblutung links frontal und ein subdurales Hämatom rechts frontal. Am 19. Oktober 2007 wurde der Kläger bei unauffälligen neurologischen Befunden und stabilen Vitalparametern aus der stationären Krankenhausbehandlung entlassen. Anschließend wurde er von seinem Hausarzt für eine Woche krankgeschrieben. Er erhielt von seinem Hausarzt die Auskunft, dass die Unfallfolgen ausgeheilt und auch keine unfallbedingten Dauerschäden verblieben seien. Bereits nach wenigen Tagen ging der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit wieder nach.

In der Folgezeit verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Klägers zusehends. Er war permanent müde, antriebsarm, vergesslich, gereizt und teilweise auch aggressiv. Bei geringer Belastung traten starke Kopfschmerzen und Übelkeit auf. Der berufliche Alltag überforderte den Kläger zusehends. Auch im familiären Bereich zog der Kläger sich von seiner Familie zurück und reagierte bei Kritik an seiner Person gereizt und uneinsichtig. Weder der Kläger noch seine Ehefrau brachten jedoch die Wesensveränderung des Klägers in einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall. Nachdem auch Rheumatologen, die der Kläger mehrfach aufsuchte, keinen rheumatologischen Krankheitsbefund finden konnten und auch keine Erklärung für die Beeinträchtigung hatten, betrachtete der Kläger den Zustand als vorübergehende Funktionsstörung. Am 18. August 2008 kam es zu einem völligen Zusammenbruch des Klägers. Die Ehefrau des Klägers brachte diesen zum Hausarzt, der ein Burn-Out-Syndrom diagnostizierte. Anschließend begab sich der Kläger in neuropsychologische Behandlung der psychologischen Psychotherapeutin Dr. rer. nat. A. Nach deren Feststellungen bestätigten die Testergebnisse eine hirnorganisch bedingte dissektive Funktionsstörung, eine leichte Persönlichkeitsveränderung mit vermehrter Reizbarkeit und Impulsivität in Überforderungssituationen sowie Veränderungen im Kommunikationsstil. Weiter wurden eine ausgeprägte Verlangsamung in der geistigen Verarbeitungsgeschwindigkeit, reduzierte Merk- und Lernleistungen sowie deutlich herabgesetzte Leistungen verschiedener Aufmerksamkeitsfunktionen diagnostiziert.

Der Kläger begab sich in der Zeit vom 7. Januar 2009 bis zum 4. Februar 2009 in Rehabilitation in die Neurologische Rehabilitationsklinik B.. Dort wurden ein unfallbedingtes Frontalhirnsyndrom mit Veränderungen im Verhalten, eine Leistungsminderung des problemlösenden Denkens und Planens sowie des organisierten und zielgerichteten Verhaltens, einhergehend mit Defiziten betreffend das Kurz- und Langzeitgedächtnis diagnostiziert (Rehabericht vom 3. Februar 2009).

Nach seiner Entlassung aus der Rehabilitationsklinik meldete der Kläger der Beklagten telefonisch den Unfall. Der Kläger wurde von der Sachbearbeiterin der Beklagten fernmündlich darauf hingewiesen, dass eine Leistung nicht in Betracht komme, da der Kläger die vertraglich vereinbarten Fristen nach § 7 Nr. I AUB 94 nicht eingehalten habe. Ungeachtet dessen übersandte die Beklagte dem Kläger ein Schadensformular, welches dieser am 2. März 2009 an die Beklagte zurücksandte. In diesem Schreiben heißt es wörtlich wie folgt: „Wie Sie diesen Ausführungen entnehmen können, habe ich bis zu der Diagnosestellung am 18.11.2008 überhaupt nicht gewusst, dass ich unter Folgen des Unfalls litt … Deshalb bitte ich die nicht eingehaltenen Fristen zu entschuldigen. Mir war überhaupt nicht bekannt, dass ich wegen des Unfalls erkrankt war.“. Mit Schreiben vom 13. März 2009 lehnte die Beklagte Leistungen mit der Begründung ab, der Unfall sei nicht unverzüglich angezeigt und der Anspruch auf Invaliditätsleistung nicht fristgerecht geltend gemacht worden.

Nach dem Zusammenbruch des Klägers am 18. August 2008 hatte sich die Ehefrau des Klägers an die Beklagte und bat um den Besuch eines Versicherungsvertreters gewandt. Daraufhin fand am 15. September 2008 ein Gespräch zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen ., im Haus des Klägers statt.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagten sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass die Frist der Invaliditätsfeststellung und der Geltendmachung nicht eingehalten worden sei. Die Frist sei allein wegen der unfallbedingt eingetretenen Funktionsbeeinträchtigungen bei dem Kläger nicht eingehalten worden. Darüber hinaus habe die Ehefrau des Klägers dem Zeugen C. im Rahmen des Gesprächs, das am 15. September 2008 stattgefunden habe, geschildert, dass er vor fast einem Jahr einen Unfall erlitten und sich seitdem sein Gesundheitszustand rapide verschlechtert habe. Der Zeuge C. habe seiner Ehefrau mitgeteilt, es sei allein wichtig, dass die Erwerbsunfähigkeit und die Invalidität ärztlich festgestellt würden. Wenn die Feststellung vorliege, habe er automatisch einen Anspruch auf die bei der Beklagten versicherten Leistungen. Auf die Frage seiner Frau, was sie tun müsse, habe der Zeuge C. erklärt, sie solle zunächst die Feststellung der Invaliditäts- und der Erwerbsminderungsrente durch die BfA/LVA abwarten und sich dann wieder bei der Beklagten melden. Vertrauend auf die Richtigkeit dieser Aussage habe der Kläger zunächst die Rehabilitation abgewartet.

Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Anzeigepflicht liege nicht vor. Er sei im Hinblick auf die Fristversäumnisse entschuldigt, weil es typisch für die bei ihm vorliegende Erkrankung sei, dass keine Krankheitseinsicht bestehe. Schließlich gelte die 15-Monats-Frist nur für die Invaliditätsentschädigung, nicht jedoch für die Unfallrente.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 62.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. März 2009 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2009 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn monatlich im Voraus ab Oktober 2009 aus der bei ihr bestehenden privaten Unfallversicherung zu Versicherungsscheinnummer ………eine monatliche Unfallrente in Höhe von 1.230 € zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.853,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.10.2009 zu zahlen,

hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den von ihm erlittenen Unfall vom 14. Oktober 2007 aus der bei der Beklagten bestehenden Unfallversicherung Versicherungsscheinnummer 32522783/698 ab Oktober 2009 bedingungsgemäß Rentenleistungen zu erbringen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie sei gemäß § 7 Nr. I AUB 94 leistungsfrei, da eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität nicht innerhalb der Frist erfolgt sei und damit eine Anspruchsvoraussetzung fehle. Der Zeuge C. sei zu dem Termin vom 15. September 2008 gebeten worden, um Unklarheiten und Fragen bezüglich der Vielzahl der bestehenden Verträge zu klären. Bei dem Gespräch sei dem Zeugen C. nicht von einem Unfall des Klägers berichtet worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass bei dem Kläger eine ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb einer Frist von 15 Monaten nicht erfolgt sei, so dass eine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung der vom Kläger begehrten Versicherungsleistungen nicht vorliege. Die Frist des § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 gelte nicht nur für die Invaliditätsentschädigung, sondern auch für die Unfallrente, wenn – wie hier – der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten von mindestens 50 % führe. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Beklagten das Abstellen auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzung der ärztlichen Feststellung der Invalidität innerhalb der 15-Monats-Frist nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt sei. Der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis dafür nicht erbracht, dass er durch einen Mitarbeiter der Beklagten über die Voraussetzungen für die Leistungen aus der Unfallversicherung falsch informiert und beraten worden sei und daher eine der Beklagten zuzurechnende Verletzung der Belehrungs- und Hinweispflicht vorliege, die ein Berufen der Beklagten auf fehlende Anspruchsvoraussetzung treuwidrig erscheinen lasse.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags geltend macht, die Regelung in § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 gelte nicht für die Unfallrente. Unabhängig davon könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht auf die Fristversäumung berufen. Der Zeuge C. habe die gebotene Belehrung unterlassen und die Eheleute D. unzutreffend beraten. Dabei sei der Kläger für die Beklagte erkennbar belehrungsbedürftig gewesen. Die Zeugin D. habe überzeugend dargelegt, dass sie den Zeugen C. unter Hinweis auf den Unfall im Vorjahr gefragt habe, was sie denn tun müsse, um gegebenenfalls Leistungen zu erhalten. Da es für den Zeugen C. erkennbar – zumindest auch – um die Frage gegangen sei, ob wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers auch Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen werden könnten, hätte er in diesem Zusammenhang unabhängig davon, ob er gewusst habe, wann der Unfall sich tatsächlich ereignet habe, auf die einzuhaltenden Fristen hinweisen müssen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mainz vom 26. Januar 2011 (4 O 296/09) die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn 62.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. März 2009 zu zahlen,

2. an ihn 29.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2009 zu zahlen,

3. an ihn monatlich im Voraus ab Oktober 2009 aus der bei ihr bestehen-den privaten Unfallversicherung zu Versicherungsscheinnummer ……..eine monatliche Unfallrente in Höhe von 1.230 € zu zahlen,

4. an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.853,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.10.2009 zu zahlen,

hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den von ihm erlittenen Unfall vom 14. Oktober 2007 aus der bei der Beklagten bestehenden Unfallversicherung Versicherungsscheinnummer 32522783/698 ab Oktober 2009 bedingungsgemäß Rentenleistungen zu erbringen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und bestreitet, dass der Kläger im Hinblick auf die einzuhaltenden Fristen erkennbar belehrungsbedürftig gewesen sei.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten die Erbringung von Versicherungsleistungen nicht verlangen, da eine ärztliche Feststellung der Invalidität des Klägers innerhalb einer Frist von 15 Monaten nicht erfolgt ist, so dass eine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung der vom Kläger begehrten Versicherungsleistung nicht vorliegt.

Gemäß § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 ist Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers auf Versicherungsleistung aus der zwischen den Parteien bestehenden privaten Unfallversicherung, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers gilt die Regelung des § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 auch für die Unfallrente. § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 sieht vor, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein muss. Durch die zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Bedingungen für die Versicherung einer monatlichen Unfallrente bei einem Invaliditätsgrad ab 50 % (Tandem) (U 544 07/97) wird § 7 Nr. I der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen dahin erweitert, dass dann, wenn der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten von mindestens 50 % führt, unabhängig vom Lebensalter des Versicherten zusätzlich die im Versicherungsschein festgelegte Unfallrente gezahlt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Besonderen Bedingungen (Bl. 118 GA) Bezug genommen. Der Invaliditätsgrad bemisst sich nach den Grundsätzen des § 7 Nr. I (2) und (3) AUB. Aus den Besonderen Bedingungen für die Unfallrente folgt somit, wie das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, dass die Regelungen des § 7 Nr. I AUB 94 auch für die Unfallrente Gültigkeit haben und hierauf anzuwenden sind. Dabei kann auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diesen Besonderen Bedingungen entnehmen, dass er auch hinsichtlich der Unfallrente die 15-Monats-Frist zu beachten hat.

Entgegen der Annahme des Klägers ist die Regelung in den Besonderen Bedingungen in Verbindung mit den AUB 94 auch nicht als unwirksam anzusehen. Die Besonderen Bedingungen erweitern den materiellen Anspruch des Versicherungsnehmers, entbinden diesen jedoch nicht von der Einhaltung der in § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 aufgeführten Fristen. Die Regelung, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten seit dem Unfall ärztlich festgestellt und der Anspruch geltend gemacht sein muss, benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Juni 1978, IV ZR 7/77; Senat, Beschluss vom 23. März 2001, 10 W 88/01).

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Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an einer ärztlichen Feststellung der Invalidität binnen 15 Monaten. Der Unfall fand am 14. Oktober 2007 statt, so dass die 15-Monats-Frist am 14. Januar 2008 ablief. Der Bericht der psychologischen Psycho- und Verhaltenstherapeutin und Neuropsychologin Dr. rer. nat. A. vom 18. November 2008 liegt zwar zeitlich innerhalb der Frist, stellt aber keine Invalidität fest. Zwar sind an die ärztliche Feststellung der Invalidität keine hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist aber, dass die schriftliche Feststellung die von ärztlicher Sachkunde und Erfahrung getragene Beurteilung enthält, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das Unfallereignis zurückzuführen sind und Dauercharakter haben. Diesen Anforderungen genügt der Bericht der Frau Dr. A. vom 18. November 2008 bereits deshalb nicht, weil die Neuropsychologin Dr. A. keine Ärztin ist. Darüber hinaus enthalten die Ausführungen auch nicht die konkrete Feststellung, dass der Unfall des Klägers für bestimmte bei ihm eingetretene Folgen ursächlich ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 200, 201 GA) Bezug genommen. Der Rehabericht der Ärzte Dr. E., Dr. F. und G. datiert vom 3. Februar 2009 und ist daher erst nach der 15-Monats-Frist erstellt worden, so dass die Anspruchsvoraussetzung hierdurch ebenfalls nicht erfüllt wird.

Da es an einer ärztlichen Feststellung der Invalidität binnen 15 Monaten vorliegend fehlt und es bei Überschreitung der Frist keinen Entschuldigungsbeweis gibt (vgl. nur BGH NJW 1998, 1069 – 1070), hat das Landgericht es zu Recht als unerheblich angesehen, dass der Kläger überdies die 15-monatige Frist zur Geltendmachung gemäß § 7 Nr. I (1) Abs. 2 AUB 94 versäumt hat. Dahingestellt bleiben kann daher auch, ob eine genügende Entschuldigung der Versäumung dieser Ausschlussfrist durch den Kläger gegeben ist.

Schließlich hat das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Beklagten das Berufen auf das Fehlen der ärztlichen Feststellung der Invalidität innerhalb der 15-Monats-Frist nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt ist.

Zwar macht der Kläger in der Berufungsbegründung zutreffend geltend, die Berufung auf den Fristenablauf könne im Einzelfall treuwidrig sein, wenn aufgrund der gegebenen Umstände eine Hinweis- und Belehrungspflicht des Versicherers bezüglich der einzuhaltenden Fristen zu bejahen ist, etwa wegen erkennbarer Belehrungsbedürftigkeit des Versicherten (Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AUB 1994, Rdnr. 2). Ist ein solcher Fall zu bejahen, dann muss der Versicherer seinerseits beweisen, dass er seinen Hinweis- und Belehrungspflichten nachgekommen ist.

Das Landgericht ist aber in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter ausführlicher Würdigung der Aussagen der Ehefrau des Klägers, der Zeugin D., und des Zeugen C. zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger weder den ihm obliegenden Nachweis dafür, dass der Zeuge C. die Zeugin D. und den Kläger falsch beraten hat, noch dass für ihn erkennbar war, dass der Kläger und die Zeugin D. im Hinblick auf ein konkretes Unfallereignis insbesondere über die einzuhaltenden Fristen im Unklaren waren, erbracht hat.

Soweit die Berufung die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils für den Senat im Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend sind. Nach neuem Berufungsrecht ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mehr vollumfängliche zweite Tatsacheninstanz. Vielmehr ist hinsichtlich der erstinstanzlich, auch aufgrund einer Beweiserhebung, getroffenen Feststellungen die Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich darauf beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nur insoweit überprüfbar, als konkrete Anhaltspunkte erkennbar sind, insbesondere mit der Berufung schlüssig aufgezeigt werden, die Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen dergestalt begründen, dass sich eine erneute Beweisaufnahme zur Ausräumung dieser Zweifel gebietet.

Vorliegend sind keine Fehler des Landgerichts bei der erfolgten Würdigung der erhobenen Beweise erkennbar. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist umfassend, in sich nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Sie verstößt weder gegen Denk-, Natur- noch Erfahrungssätze und ist insgesamt auch nach der eigenen Würdigung des Senats in der Sache zutreffend.

Entgegen der Annahme des Klägers hat das Landgericht auch nicht die Beweislast verkannt. Das Landgericht hat aufgrund der sich widersprechenden Zeugenaussagen nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit festzustellen vermocht, dass über den Unfall des Klägers gesprochen worden ist und der Kläger und seine Ehefrau von dem Zeugen C. falsch informiert und beraten worden sind. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht zu Recht die Tatsache, dass der Kläger zunächst selbst vorgetragen hat, dass er (erst) durch die Reha, die er in der Zeit vom 7. Januar 2009 bis 4. Februar 2009 durchgeführt hat, erkannt habe, dass es sich bei seinen Beschwerden um Folgen des Unfalls, den er am 14. Oktober 2007 erlitten habe, handele. Der Kläger hat der Versicherung gegenüber mit Schreiben vom 2. März 2009 (Anlage B 1) weiter ausgeführt, dass er bis zu der Diagnosestellung am 18. November 2008 über-haupt nicht gewusst habe, dass er unter Folgen des Unfalls gelitten habe. Ihm sei überhaupt nicht bekannt gewesen, dass er wegen des Unfalls erkrankt sei. Schließlich heißt es in dem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten der Gemeinschaftspraxis für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. und Dr. H. „Ziffer 1.2 Eigene Angaben“ auf Seite 11 (Bl. 63 GA) wie folgt:

„Diese Einschränkungen Ihrer Handlungsfähigkeit hätten Sie stark irritiert. Zu keinem Zeitpunkt hätten Sie jedoch einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis im Oktober 2007 erkannt.

Erst im Rahmen der neurologischen Rehabilitationsbehandlung seien Ihnen das Ausmaß und der Umfang der vorliegenden neuro-kognitiven und körperlichen Funktionseinbußen deutlich geworden. Erst jetzt hätten Sie erkannt, dass diese Funktionsstörungen Folge der Gehirnschädigung sein müssen“.

Unter „1.3 fremdanamnestische Angaben der Ehefrau“ heißt es auf Seite 12 des Gutachtens (Bl. 66 GA):

„Auch die Ehefrau habe die Krankheitszusammenhänge nicht erkannt“.

Dass mithin weder dem Kläger noch seiner Ehefrau – dem eigenen Vortrag des Klägers nach – vor dem 18. November 2008 bekannt war, dass er an den Folgen des Unfalls litt bzw. leidet, spricht dagegen, dass der Unfall in dem Gespräch, das der Kläger und seine Ehefrau mit dem Zeugen C. geführt haben, thematisiert worden ist; zumal in diesem Gespräch – unstreitig – alle Versicherungsverträge, die der Kläger bei der Beklagten unterhält, erörtert worden sind. Es ist vielmehr naheliegend, dass es dem Kläger bzw. dessen Ehefrau darum ging, zu erfahren, ob sich aus den gesundheitlichen Beschwerden des Klägers als solchen ohne Bezug auf ein Unfallereignis Ansprüche oder Auswirkungen auf die zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverträge ergeben könnten.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis dafür, dass für den Zeugen C. ein Beratungsbedarf des Klägers über einzuhaltende Fristen hinsichtlich eines konkreten Unfallgeschehens erkennbar war, nicht erbracht hat. Entgegen der Annahme des Klägers obliegt daher der Beklagten auch nicht der Nachweis dafür, dass sie ihren Hinweis- und Belehrungspflichten nachgekommen ist. Das Landgericht hat die Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt.

Die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 16. November 2011 geben keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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