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Übersicht:
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Lärmbelästigung durch Innenhof-Parkplätze: Wann Gutachterkosten erstattungsfähig sind
- ✔ Der Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Wann sind die Kosten für ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten in einem Gerichtsverfahren erstattungsfähig?
- Welche Kriterien legt das Gericht an, um über die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten zu entscheiden?
- Spielt es eine Rolle für die Kostenerstattung, ob das Privatgutachten in einem frühen Verfahrensstadium oder erst später, z.B. zur mündlichen Verhandlung, eingeholt wurde?
- Kann ich die Kosten auch dann erstattet bekommen, wenn mein Privatgutachten sich im Nachhinein als nicht entscheidungserheblich erwiesen hat?
- Was ist der Unterschied zwischen ex-ante- und ex-post Betrachtung?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob die Kosten eines privat beauftragten Gutachters, der an einer Beweisaufnahme teilgenommen hat, erstattungsfähig sind.
- Die Beigeladene erhielt zunächst eine Baugenehmigung, die jedoch wegen Lärmbelästigungen durch Anwohner angefochten wurde.
- Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Errichtung der Stellplätze unzumutbare Lärm- und Abgasbelastungen verursachen würde.
- Das Oberverwaltungsgericht änderte diese Entscheidung und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück an das Verwaltungsgericht Halle.
- Das Gericht erkannte, dass der private Gutachter der Beigeladenen an der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung teilgenommen hatte.
- Der Antrag auf Kostenerstattung für die Teilnahme des Gutachters wurde jedoch zunächst abgelehnt.
- Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass die Kosten für die Teilnahme des privat beauftragten Gutachters an der Beweisaufnahme unter bestimmten Bedingungen erstattungsfähig sein können.
- Die Beauftragung eines privaten Gutachters kann gerechtfertigt sein, wenn sie zur Vorbereitung des Verfahrens oder zur Erlangung der notwendigen Sachkunde notwendig war.
- Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass die Beigeladene durch die Prozesssituation herausgefordert war, den Sachverständigen zur Beweisaufnahme mitzubringen.
- Die Entscheidung hat Auswirkungen auf zukünftige Fälle, da sie klärt, unter welchen Voraussetzungen die Kosten für private Gutachter erstattungsfähig sind.
Lärmbelästigung durch Innenhof-Parkplätze: Wann Gutachterkosten erstattungsfähig sind

Wenn jemand vor Gericht eine Streitfrage klären muss, können Gutachten eine wichtige Rolle spielen. Oft bringen die Beteiligten eigene Sachverständige mit, um ihre Position zu unterstützen. Die Frage, ob die Kosten für solche Privatgutachten erstattet werden müssen, ist jedoch nicht immer eindeutig geklärt.
Das Gerichtssystem soll Bürgern den Zugang zu Recht und Gerechtigkeit ermöglichen. Deshalb ist es wichtig, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Gutachterkosten fair und verständlich sind. Nur so können Bürger ihr Recht effektiv wahrnehmen, ohne unverhältnismäßige finanzielle Belastungen fürchten zu müssen.
Der folgende Beitrag befasst sich mit einer aktuellen Gerichtsentscheidung zu diesem Thema. Er soll einen Überblick über die Rechtslage geben und anhand eines konkreten Falls erläutern, unter welchen Voraussetzungen Privatgutachterkosten erstattet werden müssen.
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✔ Der Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Stellplatzanlage im Innenhof – Streit um Lärmbelastung der Anwohner
In einem Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt ging es um eine genehmigte Stellplatzanlage mit 26 Stellplätzen im Innenhof eines Wohngebäudes. Ein Nachbar klagte gegen die Baugenehmigung, da er eine unzumutbare Lärmbelastung durch die Stellplätze befürchtete.
Die Baugenehmigung wurde im August 2019 erteilt, nachdem eine vorgelegte Immissionsprognose zu dem Ergebnis kam, dass die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete eingehalten werden. Im Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht zunächst die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des klagenden Nachbarn gegen die Baugenehmigung hinsichtlich der Stellplätze angeordnet. Es sah eine im Vergleich zu vorher deutlich erhöhte Lärm- und Abgasentwicklung, die auch bei Einhaltung der TA Lärm-Werte in dem rückwärtigen Ruhebereich nicht sozialadäquat sei.
Auf die Beschwerde der beigeladenen Bauherrin änderte der Senat des OVG diese Entscheidung und lehnte den vorläufigen Rechtsschutzantrag ab. Er sah die genehmigte Stellplatzanlage als mit der Baunutzungsverordnung vereinbar an. Die Stellplätze dienten dem Bedarf des Grundstücks. Eine Vorprägung sei durch die frühere Nutzung zum Abstellen von Fahrzeugen sowie Stellplätze auf Nachbargrundstücken gegeben. Dass es zu Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für kurzzeitige Geräuschspitzen komme, sei unerheblich, da die TA Lärm bei notwendigen Stellplätzen eines Wohnvorhabens in der Regel keine Anwendung finde.
Verwaltungsgericht weist Klage gegen Baugenehmigung ab
Im Hauptsacheverfahren wies das Verwaltungsgericht die Klage des Nachbarn schließlich ab. Es schloss sich den Wertungen des OVG an und sah die Baugenehmigung als rechtmäßig an. Ergänzend führte es aus, dass durchgeführte Maßnahmen wie schallabsorbierende Carports und die Verwendung eines lärmoptimiertes Pflasters zu einer Lärmminderung führten. Der vom Kläger angeführte „Echoeffekt“ durch die umliegende Bebauung sei laut Gutachter der Beigeladenen bei der Berechnung berücksichtigt worden. Etwaige verbleibende Lärmspitzen seien hinzunehmen.
Das Gericht sah es zwar als gegeben an, dass sich die Situation für den klagenden Nachbarn durch die Realisierung der Stellplatzanlage verschlechtere. Die entstehenden Beeinträchtigungen bewegten sich aber noch im Rahmen des Zumutbaren. Ausschlaggebend waren die bauliche Vorprägung, die durchgeführten lärmmindernden Maßnahmen sowie die grundsätzliche Zulässigkeit der notwendigen Stellplätze für die genehmigte Wohnnutzung.
Erfolgreiche Beschwerde zu Privatgutachterkosten
Einen Teilerfolg erzielte die Beigeladene hingegen mit ihrer Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren. Sie begehrte vom unterliegenden Kläger auch die Erstattung ihrer Aufwendungen für die Teilnahme eines privat beauftragten Gutachters an einem gerichtlichen Ortstermin und der mündlichen Verhandlung. Während das Verwaltungsgericht diese Kosten insgesamt als nicht erstattungsfähig ansah, gab das OVG der Beschwerde hinsichtlich der Teilnahme des Gutachters an der mündlichen Verhandlung statt.
Maßgeblich war, ob die Hinzuziehung des privaten Sachverständigen aus damaliger Sicht aufgrund der Prozesssituation für eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung notwendig war. Dies verneinte der Senat für den Ortstermin, da dieser nur der allgemeinen Einführung in den Streitstoff diente und eine umfassende Erörterung der Sach- und Rechtslage der mündlichen Verhandlung vorbehalten war.
Hinsichtlich dieser Verhandlung habe sich die Beigeladene aber aufgrund der streitigen fachlichen Fragen, insbesondere zum „Echoeffekt“ und der Wirksamkeit der lärmmindernden Maßnahmen, zu Recht veranlasst sehen dürfen, dass sich der mit dem Vorhaben vertraute Sachverständige hierzu äußert. Die diesbezüglichen Aufwendungen waren daher als erstattungsfähig anzusehen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung zeigt, dass bei der Frage der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen durch Stellplatzanlagen eine Gesamtabwägung erforderlich ist. Maßgeblich sind dabei insbesondere die konkrete bauliche Situation und Vorprägung, die Notwendigkeit der Stellplätze für die genehmigte Nutzung sowie durchgeführte Lärmminderungsmaßnahmen. Die Anwendbarkeit der TA Lärm kann bei notwendigen Stellplätzen eines Wohnvorhabens ausscheiden. Privatgutachterkosten sind erstattungsfähig, wenn sich deren Einholung aufgrund der Prozesssituation für eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung als notwendig darstellt.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Privatgutachterkosten wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
Wann sind die Kosten für ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten in einem Gerichtsverfahren erstattungsfähig?
Die Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein selbst in Auftrag gegebenes Privatgutachten in einem Gerichtsverfahren hängt von mehreren Voraussetzungen ab.
Entscheidend ist, ob das Gutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Dies beurteilt sich aus der Sicht zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachtens. Maßgeblich ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Gutachtens als sachdienlich ansehen durfte.
Die Notwendigkeit wird von der Rechtsprechung insbesondere dann bejaht, wenn die Partei aufgrund fehlender Sachkunde ohne das Privatgutachten nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage gewesen wäre. Ein Beispiel hierfür ist, wenn die Partei nur mithilfe des Gutachtens die Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nachvollziehen und gegebenenfalls erschüttern kann.
Ferner müssen die Kosten des Gutachtens in einem angemessenen Verhältnis zum Streitwert stehen. Die Gerichte orientieren sich dabei häufig an den Honorarsätzen für Gerichtssachverständige. Überhöhte Kosten werden nur anteilig erstattet.
Für die Erstattungsfähigkeit spielt es hingegen keine Rolle, ob das Privatgutachten das Gericht letztlich überzeugt hat. Auch ein Gutachten, das im Ergebnis keinen Erfolg hatte, kann ersatzfähig sein, sofern es aus der maßgeblichen Ex-ante-Sicht als erforderlich erschien.
Keine Erstattung erfolgt dagegen, wenn das Gutachten lediglich „ins Blaue hinein“ eingeholt wurde, ohne konkrete Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit. Auch rein vorsorglich oder nur zur Vorbereitung eines Prozesses eingeholte Gutachten sind in der Regel nicht erstattungsfähig.
Im Ergebnis kommt es also auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls an. Die Partei darf die aus ihrer Sicht zur vollen Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlichen Schritte ergreifen. Sie muss dabei aber stets auch die Kosten und die Erfolgsaussichten im Blick haben.
Welche Kriterien legt das Gericht an, um über die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten zu entscheiden?
Bei der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten legen Gerichte folgende wesentliche Kriterien an:
- Prozessstand: Die Einholung eines Privatgutachtens muss zum Zeitpunkt der Beauftragung aus Sicht der Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich gewesen sein. Maßgeblich ist die Sicht bei Auftragserteilung, nicht bei Vorlage des Gutachtens.
- Erforderlichkeit: Das Privatgutachten muss notwendig gewesen sein, um den eigenen Prozessstandpunkt zu untermauern oder substantiiert auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen erwidern zu können. Es darf kein Ausforschungsgutachten sein.
- Förderung des Verfahrens: Durch das Privatgutachten muss das Verfahren gefördert worden sein, indem es zur Aufklärung des Streitstoffs beigetragen hat. Privatgutachten, die sich als unbrauchbar erweisen oder nur den Standpunkt des gerichtlichen Gutachtens bestätigen, sind nicht erstattungsfähig.
Grundsätzlich sind Privatgutachterkosten nur erstattungsfähig, wenn sie zur Vorbereitung des eigenen Vortrags in einem gerichtlichen Verfahren dienen. Gutachten zur bloßen Überprüfung der Erfolgsaussichten im Vorfeld eines Prozesses fallen nicht darunter. Auch nach Teilnahme an der Beweisaufnahme können Privatgutachterkosten noch erstattungsfähig sein, wenn sie aufgrund des bisherigen Verfahrensgangs aus Sicht der Partei erforderlich waren.
Spielt es eine Rolle für die Kostenerstattung, ob das Privatgutachten in einem frühen Verfahrensstadium oder erst später, z.B. zur mündlichen Verhandlung, eingeholt wurde?
Der Zeitpunkt, zu dem ein Privatgutachten in Auftrag gegeben wird, kann entscheidend sein für die Frage der Kostenerstattung.
In frühen Verfahrensstadien wie zum Beispiel vor oder während eines Ortstermins steht oft zunächst die allgemeine Klärung des Streitstoffs im Vordergrund. Hier geht es darum, sich einen Überblick über die Sachlage zu verschaffen und die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage zu prüfen. Ein in diesem Stadium eingeholtes Privatgutachten dient eher der eigenen Orientierung und Entscheidungsfindung. Die Kosten dafür sind daher in der Regel nicht erstattungsfähig.
Anders sieht es aus, wenn das Privatgutachten in einem späteren Stadium wie etwa zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung beauftragt wird. Jetzt geht es um die konkrete Aufarbeitung spezieller Sach- oder Rechtsfragen, die für den Prozessausgang von Bedeutung sind. Ein Privatgutachten, das in diesem Zusammenhang zur sachgerechten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich ist, kann durchaus erstattungsfähig sein. Voraussetzung ist aber stets, dass die Beauftragung aus der Sicht einer verständigen und wirtschaftlich denkenden Partei zum Zeitpunkt der Auftragserteilung als sachdienlich angesehen werden durfte.
Entscheidend für die Kostenerstattung ist also nicht allein der Zeitpunkt, sondern vor allem der Zweck der Begutachtung. Je konkreter sich der Gutachtenauftrag auf die entscheidungserheblichen Punkte des Rechtsstreits bezieht, desto eher kommt eine Kostenerstattung in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob das Gutachten letztlich prozessentscheidend war oder nicht.
Kann ich die Kosten auch dann erstattet bekommen, wenn mein Privatgutachten sich im Nachhinein als nicht entscheidungserheblich erwiesen hat?
Ob die Kosten für ein Privatgutachten im Prozess erstattet werden, hängt nicht davon ab, ob sich das Gutachten im Nachhinein als entscheidungserheblich erwiesen hat. Maßgeblich ist vielmehr eine Ex-ante-Betrachtung, also die Sicht zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachtens.
Es kommt darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Gutachtens zum Zeitpunkt der Beauftragung als sachdienlich ansehen durfte. Stellt sich später heraus, dass das Gutachten für die Entscheidung des Gerichts nicht erforderlich war, führt dies nicht automatisch dazu, dass die Kosten nicht erstattet werden.
Für die Frage der Erstattungsfähigkeit spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle, wie etwa die voraussichtliche Eignung des Gutachtens zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung, die Erfolgsaussichten unter Berücksichtigung vorhandener Anknüpfungstatsachen sowie die Möglichkeit, den Prozesserfolg mit anderen Darlegungs- und Beweismitteln zu fördern.
Auch wenn sich im Prozess herausstellt, dass das Privatgutachten die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflusst hat, kann es dennoch erstattungsfähig sein. Entscheidend ist, ob die Partei die Beauftragung aus ihrer Sicht und mit den ihr zum Zeitpunkt der Auftragserteilung zur Verfügung stehenden Informationen für erforderlich halten durfte.
Ein Beispiel wäre der Fall, dass eine Partei ein Privatgutachten einholt, um die Feststellungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen zu erschüttern, weil sie diese für unzutreffend hält. Gelingt ihr dies mit dem Privatgutachten nicht, kann sie die Kosten dennoch ersetzt verlangen, wenn die Beauftragung aus Ex-ante-Sicht nachvollziehbar und vertretbar war.
Was ist der Unterschied zwischen ex-ante- und ex-post Betrachtung?
Der zentrale Unterschied zwischen der ex-ante- und ex-post-Betrachtung liegt im Zeitpunkt und der Perspektive, aus der ein Ereignis, eine Entscheidung oder eine Situation beurteilt wird:
Die <strong>ex-ante-Betrachtung</strong> erfolgt aus einer vorausschauenden Perspektive, bevor ein Ereignis eintritt oder eine Entscheidung getroffen wird. Dabei werden nur die Informationen berücksichtigt, die zu diesem Zeitpunkt bekannt sind. Es handelt sich um eine zukunftsgerichtete Sichtweise, die auf Annahmen und Prognosen basiert.
Ein Beispiel für die ex-ante-Betrachtung wäre die Einschätzung der Erfolgschancen eines geplanten Projekts anhand der vorliegenden Daten und Erfahrungswerte, bevor das Projekt tatsächlich gestartet wird.
Im Gegensatz dazu erfolgt die <strong>ex-post-Betrachtung</strong> rückblickend, nachdem ein Ereignis bereits eingetreten ist oder eine Entscheidung getroffen wurde. Hier werden alle Fakten und Informationen einbezogen, die im Nachhinein bekannt geworden sind. Die ex-post-Betrachtung ermöglicht eine Bewertung auf Basis der tatsächlichen Ergebnisse und Auswirkungen.
Ein Beispiel für die ex-post-Betrachtung wäre die nachträgliche Analyse eines abgeschlossenen Projekts, bei der die erreichten Ergebnisse mit den ursprünglichen Zielen und Erwartungen verglichen werden.
<strong>Zusammengefasst</strong> betrachtet die ex-ante-Perspektive eine Situation vorausschauend und unter Unsicherheit, während die ex-post-Perspektive rückblickend und mit vollständigem Wissen erfolgt. Beide Betrachtungsweisen sind wichtig, um Entscheidungen fundiert zu treffen, Risiken einzuschätzen und aus Erfahrungen zu lernen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 162 Abs. 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Regelt die Erstattung der Kosten, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob die Kosten für die Teilnahme privater Sachverständiger als notwendig angesehen werden können.
- § 34 Abs. 2 BauGB (Baugesetzbuch): Bestimmt, dass im unbeplanten Innenbereich ein Bauvorhaben zulässig ist, wenn es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Im Fall geht es um die Zulässigkeit der Stellplatzanlage und deren Auswirkungen auf die Umgebung.
- § 12 Abs. 2 BauNVO (Baunutzungsverordnung): Stellt klar, dass notwendige Stellplätze grundsätzlich zulässig sind, wenn sie dem Bedarf des Baugrundstücks dienen. Im Fall ist relevant, ob die genehmigten Stellplätze dem Bedarf entsprechen und keine unzumutbaren Störungen verursachen.
- § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (Baunutzungsverordnung): Regelt, dass Nutzungen unzulässig sind, wenn sie in der Umgebung unzumutbare Störungen hervorrufen. Hier geht es darum, ob die Stellplatzanlage unzumutbare Lärmbelästigungen für die Nachbarn darstellt.
- TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm): Enthält Immissionsrichtwerte für verschiedene Gebiete, die als Maßstab für die Beurteilung der Lärmbelastung dienen. Im vorliegenden Fall wird diskutiert, ob die Richtwerte eingehalten werden und ob diese für die Beurteilung der Zumutbarkeit maßgeblich sind.
- Erlass des Verwaltungsgerichtes zur aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO): Hier wird geprüft, ob die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine Baugenehmigung angeordnet werden kann. Im Fall wurde die aufschiebende Wirkung zunächst angeordnet, um unzumutbare Belästigungen zu vermeiden.
- Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 164 VwGO): Legt fest, welche Kosten im Verwaltungsverfahren erstattet werden. Im Fall wird entschieden, ob die Kosten für die Teilnahme eines privat beauftragten Gutachters erstattungsfähig sind.
- Gutachterkosten und Notwendigkeit privater Gutachten: Die Beauftragung privater Gutachter kann notwendig sein, um spezifische Sachkunde zu erlangen. Dies ist im vorliegenden Fall relevant, da die Beigeladene einen privaten Sachverständigen zur Unterstützung herangezogen hat, dessen Kosten sie erstattet haben möchte.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
OVG Sachsen-Anhalt – Az.: 2 O 142/23 – Beschluss vom 07.05.2024
Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle – 2. Kammer – vom 27. November 2023 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 25. März 2024 geändert.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23. August 2023 wird aufgehoben, soweit darin die Festsetzung der Kosten der Beigeladenen für die Teilnahme des Sachverständigen Dr. ### an der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 2. Dezember 2022 abgelehnt wird. Insoweit wird das Verfahren zur Entscheidung über den erweiterten Kostenfestsetzungsantrag der Beigeladenen vom 14. Dezember 2022 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats an die Halle-Stadt zurückverwiesen.
Die Erinnerung im Übrigen und die weitergehende Beschwerde der Beigeladenen werden zurückgewiesen.
Der Kläger und die Beigeladene tragen die Kosten der Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde je zur Hälfte.
Gründe
I.
Auf den Antrag vom 8. März 2019 erteilte die Beklagte der Beigeladenen am 19. August 2019 eine Baugenehmigung zur Umnutzung und Sanierung eines Gebäudes, die auch die Herstellung von 26 Stellplätzen auf dem Baugrundstück im dortigen Innenhof umfasste. Eine von der Beigeladenen vorgelegte Immissionsprognose des Ingenieurbüros ### vom 26. Juni 2019 kam zu dem Ergebnis, dass bei allen Varianten der Anordnung der Stellplätze die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete für den Tageszeitbereich von 55 dB(A) bzw. 85 dB(A) für kurzzeitige Geräuschspitzen unterschritten würden. Im Nachtzeitbereich werde der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) bei den Varianten „Bauantrag“ und „Zentrale Anordnung“ überschritten, bei der Variante „Bauantrag mit Carports“ hingegen unterschritten.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2020 (2 B 94/20 HAL) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des vom Kläger erhobenen Widerspruchs gegen die Baugenehmigung hinsichtlich der Errichtung des Stellplatzhofs mit 26 Stellplätzen an und führte zur Begründung u.a. aus: Die Errichtung von 26 Stellplätzen (einschließlich drei Carports) führe zu einer gegenüber dem vorherigen Zustand deutlich erhöhten Lärm- und Abgasentwicklung, die der Kläger nicht hinnehmen müsse. Aus der Immissionsprognose vom 26. Juni 2019 folge nichts Gegenteiliges. Dabei könne offenbleiben, ob dieses Gutachten überhaupt belastbar sei, woran die Beklagte offenbar Zweifel habe. Unzumutbare Belästigungen seien jedenfalls dann auch bei Einhaltung der TA Lärm-Werte nicht ausgeschlossen, wenn Stellplätze im Blockinnenbereich errichtet werden sollen. Die mögliche Einhaltung der Immissionsrichtwerte vermöge nichts daran zu ändern, dass eine derartige Massierung von Stellplätzen in dem rückwärtigen Ruhebereich in der konkreten Örtlichkeit nicht sozialadäquat sei. Hier bestehende Vorbelastungen wirkten sich nicht dergestalt aus, dass der Kläger nunmehr 26 Zu- und Abfahrten und Rangiermanöver mit entsprechenden typischen Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen hinzunehmen habe. Es sei mit einem regelmäßigen Zu- und Abgangsverkehr im gesamten rückwärtigen Bereich zu rechnen. Durch den Ein- und Ausparkvorgang werde ein Rangierverkehr ausgelöst, der eine weitere erhebliche Lärm- und Abgasentwicklung auslöse. Verkehr durch Ausweichmanöver bei gleichzeitigem Zu- und Abgangsverkehr sei bei 26 Stellplätzen mehrfach täglich anzunehmen. Dies wirke sich auch wegen der Schallwirkung unzumutbar auf den Kläger aus, weil der Hofbereich von drei Seiten durch hohe, geschlossene Bebauung eingefasst sei („Echoeffekt“). Die Einhausung der Carports könne keinen ausreichenden Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen bieten.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 (2 M 72/20) änderte der Senat auf die Beschwerde der Beigeladenen den erstinstanzlichen Beschluss und lehnte den vorläufigen Rechtsschutzantrag ab. Zur Begründung führte er u.a. aus, die Baugenehmigung dürfte mit dem gemäß § 34 Abs. 2 BauGB anwendbaren § 12 Abs. 2 BauNVO vereinbar sein. Die genehmigten 28 Stellplätze, einschließlich der 26 Stellplätze im Innenhof dürften dem Bedarf des Grundstücks dienen, auf dem sie errichtet werden sollen. Die genehmigte Stellplatzanlage dürfte auch nicht nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig sein. Insoweit sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Innenhof schon in der Vergangenheit zum Abstellen von Kraftfahrzeugen genutzt worden sein dürfte. Unstreitig habe sich im Innenhof eine Garage befunden. Darüber hinaus habe die Beigeladene durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen glaubhaft gemacht, dass jedenfalls ab dem Jahr 2004 regelmäßig etwa sechs bis sieben Fahrzeuge – während der Dienstzeiten des Jugendamtes – im Innenhof abgestellt worden seien. Eine weitere Vorprägung des Vorhabengrundstücks sowie der angrenzenden Nachbargrundstücke, insbesondere in der ###-Straße, dürfte durch die auf dem Gelände der Poliklinik ### befindlichen 28 oberirdischen Stellplätze an der ###-Straße sowie die weiteren 14 Stellplätze im rückwärtigen Bereich hinter dem Haus bewirkt werden. Die Nutzung der Stellplätze durch die Bewohner des Hauses lasse, lege man die Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zugrunde, keine allzu große Bewegungshäufigkeit erwarten. Die Stellplätze und Fahrgassen dürften auch ausreichend breit sein und – jedenfalls hinter der Toreinfahrt – einen Begegnungsverkehr zulassen. Im Übrigen hätten die Nachbarn des Grundstücks ###-Straße ### in der Vergangenheit mit weit mehr Stellplätzen auf dem Vorhabengrundstück rechnen müssen, als tatsächlich dort angelegt gewesen seien. Unerheblich sei, dass es nach den Ergebnissen der Immissionsprognose vom 26. Juni 2019 auch bei der genehmigten Variante „Bauantrag mit Carport“ zu Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete gemäß Nr. 6.1 Buchst. e) TA Lärm für kurzzeitige Geräuschspitzen von 60 dB(A) nachts komme. Um Wertungswidersprüche zu § 12 Abs. 2 BauNVO zu vermeiden, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass Garagen und Stellplätze, deren Zahl dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf entspreche, auch in einem von Wohnbebauung geprägten Bereich keine erheblichen, billigerweise unzumutbaren Störungen hervorrufen. Daher finde die TA Lärm mit ihren Immissionsrichtwerten, dem Spitzenpegelkriterium und der von ihr definierten Vorbelastung bei der Beurteilung von Immissionen, die durch die Nutzung zugelassener notwendiger Stellplätze eines Wohnvorhabens verursacht werden, in der Regel keine Anwendung. Soweit das Verwaltungsgericht zur Begründung der Unzumutbarkeit der Stellplatzanlage auf einen „Echoeffekt“ verweise, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der von der Beigeladenen beauftragte Sachverständige Dr. ### habe in seiner Stellungnahme von 14. Juli 2020 plausibel ausgeführt, dass der Hinweis auf einen eventuell vorhandenen „Echoeffekt“ fachlich irrelevant sei.
Noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2021 hat der Kläger Klage erhoben (2 A 231/20 HAL). Zu einem am 13. Oktober 2022 vor Ort durchgeführten Termin zur Beweisaufnahme (Einnahme eines Augenscheins) erschien für die Beigeladene der Lärmgutachter ### vom Ingenieurbüro ###. An der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2022 nahm der Sachverständige ### teil, der die schalltechnische Stellungnahme vom 14. Juli 2020 verfasst hatte. In beiden Termine ging es auch um die Klage eines weiteren Nachbarn gegen die genehmigte Stellplatzanlage. Mit Urteil vom 2. Dezember 2022 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt. Zur Begründung hat es sich in weiten Teilen auf die Gründe im Beschluss des Senats vom 20. Oktober 2020 gestützt. Ergänzend hat es u.a. ausgeführt, bei der im konkreten Fall zu berücksichtigenden Vorbelastung sei zu berücksichtigen, dass der vormalige Baumbestand, der nach der Baugenehmigung habe entfernt werden dürfen, nach den Angaben des Gutachters ###, der für die Beigeladene an der Erstellung des Schallgutachtens beteiligt gewesen sei und am Ortstermin teilgenommen habe, sich nicht nennenswert schallmindernd ausgewirkt habe. Das Gericht sehe keinen Anlass, an diesem von der Beigeladenenseite vorgetragenen, fachlich untermauerten Vortrag zu zweifeln. Zwar erfolge eine zahlenmäßig höhere Nutzungsintensität durch den Stellplatzhof, da die Stellplätze nunmehr der Dauerwohnnutzung dienten, was zu einer höheren Lärmbelastung an Wochenenden und auch zu Nachtzeiten führe. Hierbei sei aber zu berücksichtigen, dass die Beigeladene Maßnahmen zur Lärmminimierung durchgeführt habe, insbesondere stelle das Gericht auf die vier mit schallabsorbierendem Material verkleideten Carports ab, die insgesamt neun Stellplätze erfassten. Von dem entsprechenden Vortrag der Beigeladenenseite, der im Ortstermin von dem Sachverständigen ### untermauert worden sei, habe sich die Berichterstatterin im Ortstermin überzeugen können. Zudem habe die Beigeladene in dem Innenhofbereich (teilweise) ein Pflaster verlegt, das wegen seiner engen und abgerundeten Fugen immissionsschonend sei. Das Gericht habe keinen Anlass, an der Richtigkeit dieses vom Kläger bestrittenen Vortrages zu zweifeln, da er sich mit der Aussage des von der Beigeladenen beauftragten Gutachters ### decke, an dessen Fachkunde keine Zweifel bestünden. Das Gericht verkenne nicht, dass sich die Grundstückssituation für die Klägerseite durch die Realisierung des Stellplatzhofs deutlich verschlechtert habe, was auch für den Echoeffekt, insbesondere bei dem Knallen von Autotüren gelte, den auch der in der mündlichen Verhandlung anwesende Gutachter Dr. ### eingeräumt habe. Dieser Effekt sei, so der Sachverständige, bei der Berechnung in sein Gutachten eingeflossen, da die umliegenden Gebäude als im „Wesentlichen reflektierende Fläche“ gewertet würden. Derartige vorhandene Lärmspitzen seien aber von den Nachbarn hinzunehmen. Auch entfalteten die Carports und die neu errichteten und genehmigten Wandscheiben ihrerseits – jedenfalls für den Erdgeschossbereich der Wohngebäude entlang der ###-Straße – eine gewisse lärmmindernde Wirkung (so das Gutachten und der Gutachter in der mündlichen Verhandlung).
Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2022 hat die Beigeladene beantragt, gegenüber dem Kläger die Kosten in Höhe von 1.207,17 Euro festzusetzen, und mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2022 hat sie den Kostenfestsetzungsantrag dahingehend erweitert, dass auch die Aufwendungen für die Teilnahme der beiden Sachverständigen am Ortstermin in Höhe von 869,65 Euro und an der mündlichen Verhandlung in Höhe von 676,50 Euro jeweils zur Hälfte sowie die Umsatzsteuer festzusetzen seien.
Mit Beschluss vom 22. August 2023, berichtigt durch Beschluss vom 5. September 2023 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom Kläger an die Beigeladene zu erstattenden Kosten der ersten Instanz auf 1.207,17 Euro festgesetzt, und mit weiterem Beschluss vom 23. August 2023 hat sie den Antrag auf Festsetzung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen vom 14. Dezember 2022 abgelehnt.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. November 2023 hat das Verwaltungsgericht die gegen den Beschluss vom 23. August 2023 eingelegte Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Soweit die Beigeladene rüge, dass die Mehrwertsteuer nicht festgesetzt worden sei, sei die Erinnerung unzulässig; im Übrigen sei sie unbegründet. Der Beigeladenen stehe ein Anspruch auf Festsetzung der Kosten für die Teilnahme der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung und im Ortstermin nicht zu. Bei der Frage, ob die Aufwendungen einer Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nach § 162 Abs. 1 VwGO notwendig seien, sei ex ante auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlungen abzustellen; ohne Belang sei, ob sich diese im Nachhinein als erforderlich oder unnötig herausstellten. Die Kosten für private, nicht vom Gericht beauftragte Gutachten, könnten nur ausnahmsweise dann erstattungsfähig sein, wenn deren Beauftragung – etwa zur Vorbereitung des Verfahrens oder zur Erlangung der erforderlichen Sachkunde – geboten gewesen sei. Zudem müsse die Prozesssituation die Vorlage eines Privatgutachtens herausfordern und dessen Inhalt auf Förderung des Verfahrens zugeschnitten sein. Die Beigeladene habe sich nicht durch den im Eilverfahren ergangenen Beschluss vom 3. Juli 2020 herausgefordert sehen müssen, die Sachverständigen zum Termin mitzubringen. Das Gericht hätte die Gutachter von Amts wegen geladen, wenn es die Notwendigkeit hierfür gesehen hätte. In dem im Eilverfahren ergangenen Beschluss habe es im Ergebnis darauf abgestellt, dass selbst bei Einhaltung der Werte nach der TA Lärm die Massierung von Stellplätzen im rückwärtigen Ruhebereich in der konkreten Örtlichkeit nicht sozialadäquat sei. Es habe gerade nicht auf die Berechnungen der Prognose abgestellt, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zur Schutzbedürftigkeit der Nachbarschaft. Die Prozesssituation zur Schutzbedürftigkeit der Nachbarschaft habe sich zudem durch den im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts entscheidend verändert. Es sei um die Schutzbedürftigkeit des Gebiets gegangen und nicht um die genauen Lärmwerte, die prognostisch von den PKWs ausgingen. Die mündlichen Erläuterungen der in den Bauvorlagen befindlichen Schallimmissionsprognose der Sachverständigen im Ortstermin und in der mündlichen Verhandlung seien zwar durchaus informativ gewesen. Dass das Gericht den Gutachtern Gelegenheit gegeben habe, sich zu äußern, bedeute aber nicht, dass dies zum Zweck einer notwendigen Sachverhaltsaufklärung geboten gewesen sei. Auch aus dem Umstand, dass das Gericht in seiner Entscheidung die Ausführungen als Untermauerung des Abwägungsergebnisses berücksichtigt habe, folge kein anderes rechtliches Ergebnis. Tragend seien diese Ausführungen nicht. Das Gericht habe sich im Ergebnis den Wertungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt im Eilverfahren zu der Würdigung der örtlichen Verhältnisse (insbesondere fehlende Riegelwirkung durch das Gelände der Poliklinik ### und der damit anzunehmenden erheblichen Vorbelastung) und zur Schutzbedürftigkeit der Nachbarschaft („zu erwartende“ Belastung) angeschlossen.
Mit Beschluss vom 25. März 2024 hat das Verwaltungsgericht der von der Beigeladenen erhobenen Beschwerde in Bezug auf die Mehrwertsteuer abgeholfen und die vom Kläger an die Beigeladene zu erstattenden Kosten auf 1.436,53 Euro festgesetzt.
II.
1. Die Beschwerde der Beigeladenen, die sie auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren stützt, hat über die vom Verwaltungsgericht beschlossene Teilabhilfe hinaus teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung hinsichtlich der Aufwendungen der Beigeladenen für die Teilnahme des Sachverständigen ### an dem Termin zur Beweisaufnahme am 13. Oktober 2022 zu Recht, hinsichtlich der Aufwendungen der Beigeladenen für die Teilnahme des Sachverständigen ### an der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2022 hingegen zu Unrecht zu Recht zurückgewiesen.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind Aufwendungen für private, d.h. nicht vom Gericht bestellte Sachverständige gemäß § 162 Abs. 1 VwGO nur dann erstattungsfähig, wenn diese Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Auffassung der Beteiligten, sondern danach, wie eine verständige Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage ihre Interessen wahrgenommen hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dem gemäß § 86 VwGO von der Untersuchungsmaxime beherrschten verwaltungsgerichtlichen Verfahren von Amts wegen der Sachverhalt zu erforschen und der Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen ist. In diesem Verfahren sind daher zwangsläufig der Erstattungsfähigkeit der Kosten für private Sachverständige engere Grenzen gesetzt als in dem von der Verhandlungsmaxime beherrschten Zivilprozess, so dass die dort entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres zu übernehmen sind. Die Einholung eines Privatgutachtens durch eine Partei ist hiernach nur – ausnahmsweise – dann als notwendig anzuerkennen, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde ihr Begehren tragende Behauptungen nur mit Hilfe des eingeholten Gutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann. Außerdem ist der jeweilige Verfahrensstand zu berücksichtigen: Die Prozesssituation muss das Gutachten herausfordern, und dessen Inhalt muss auf die Verfahrensförderung zugeschnitten sein (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 11. April 2001 – 9 KSt 2/01 -, m.w.N.). Da stets auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlung abgestellt werden muss, ist einerseits ohne Belang, wenn sich diese Handlung im Nachhinein als unnötig herausstellt, andererseits sind die Aufwendungen für ein Privatgutachten, das ohne das Bestehen einer „prozessualen Notlage“ eingeholt und in den Prozess eingeführt wurde, auch dann nicht erstattungsfähig, wenn der Prozessgegner und das Gericht auf das Gutachten eingehen, es sich also nachträglich als nützlich erweist oder gar weitere Beweiserhebungen erübrigt (NdsOVG, Beschluss vom 12. September 2016 – 12 OA 54/16 -, m.w.N.). War das Erscheinen der Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung nicht durch eine entsprechende Aufforderung des Gerichts veranlasst worden, sind die entstandenen Kosten nur nach Maßgabe der Voraussetzungen erstattungsfähig, unter denen Aufwendungen für private, also nicht vom Gericht bestellte Sachverständige erstattet werden können (BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 2008 – 4 KSt 2000/08, 4 A 2001/06 -). Allerdings ist es auch einem beigeladenen Vorhabenträger nicht von vornherein und aus grundsätzlichen Erwägungen verwehrt, im Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit einer Planungsentscheidung zu ihrer Verteidigung private Sachverständigengutachten vorzulegen und die hierfür entstandenen Kosten in das Kostenfestsetzungsverfahren einzubringen (zur Bauleitplanung: OVG Rh-Pf, Beschluss vom 9. Januar 2012 – 8 E 11451/11 -; zur Planfeststellung: BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 – 4 KSt 1010/07 -; NdsOVG, Beschluss vom 26. März 2015 – 7 OB 62/14 -). Entsprechendes gilt, wenn es um die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung geht. Fordert die Prozesssituation die Teilnahme des Sachverständigen an der mündlichen Verhandlung heraus, können die dafür entstehenden Kosten selbst dann erstattungsfähig sein, wenn die Kosten desselben Sachverständigen für das zuvor von diesem schriftlich erstellte Gutachten als nicht erstattungsfähig angesehen werden (NdsOVG, Beschluss vom 26. März 2015, a.a.O.).
a) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht die Aufwendungen der Beigeladenen für die Teilnahme des Sachverständigen ### im Termin zur Beweisaufnahme am 13. Oktober 2022 zu Recht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig angesehen. Bei einem Termin zur Einnahme eines Augenscheins geht es dem Gericht in der Regel nur darum, sich einen allgemeinen Überblick über die Sache, insbesondere auch die Örtlichkeit zu verschaffen und sich die mit dem Vorhaben verbundenen Probleme aus der Sicht der Beteiligten erläutern zu lassen; zu dieser allgemeinen Einführung in den Streitstoff und zu der notwendigen Veranschaulichung ist die Beiziehung des privaten Sachverständigen in der Regel nicht erforderlich (vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. März 2010 – 8 M 09.40065 -). Eine andere Beurteilung ist auch im vorliegenden Fall nicht geboten. Der Beweisbeschluss vom 19. September 2022, mit dem auch die Ladung zum Ortstermin erfolgte, enthielt keinen Hinweis darauf, dass der Termin auch der Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) dienen sollte. Der Umstand, dass die Berichterstatterin dem Sachverständigen Gelegenheit gab, sich zu bestimmten Aspekten der Lärmentwicklung und Schalldämmung zu äußern, und das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 2. Dezember 2022 auch auf Äußerungen des Sachverständigen im Ortstermin Bezug genommen hat, genügt nach den oben dargelegten Grundsätzen (ex ante-Sicht) nicht, um die Notwendigkeit seiner Teilnahme an dem Termin zu rechtfertigen. Es war erkennbar, dass die Sach- und Rechtslage, insbesondere auch Fragen zu der Lärmausbreitung und Schalldämmung in der am 12. Oktober 2022 für den 2. Dezember 2022 anberaumten mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer umfassend und abschließend erörtert werden sollte und die Sachverständigen dort noch Gelegenheit haben würden, sich zu diesen Fragen fachlich zu äußern. Daher greift auch nicht der Einwand der Beigeladenen, die Beklagte habe es trotz eindringlicher Bitten abgelehnt, einen Mitarbeiter mit den erforderlichen Fachkenntnissen im Immissionsschutz zu dem Ortstermin zu entsenden.
b) Anders liegt es hingegen bei den Aufwendungen für die Teilnahme des Sachverständigen Dr. ### an der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2022. Diese hat die Vorinstanz zu Unrecht nicht als erstattungsfähig angesehen. Denn die Beigeladene durfte sich aufgrund der damaligen Prozesslage herausgefordert sehen, dass sich ein mit dem Vorhaben vertrauten Sachverständiger des Ingenieurbüros ### in der mündlichen Verhandlung zu streitigen fachlichen Fragen äußert. Zwar hatte das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 3. Juli 2020 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren offengelassen, ob die von diesem Ingenieurbüro gefertigten Immissionsprognose vom 26. Juni 2019 überhaupt belastbar sei, weil selbst bei Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm sich nichts daran ändere, dass eine derartige Massierung von Stellplätzen in dem rückwärtigen Ruhebereich in der konkreten Örtlichkeit nicht sozialadäquat sei. Auch der Senat war in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2020 davon ausgegangen, dass die TA Lärm mit ihren Immissionsrichtwerten, dem Spitzenpegelkriterium und der von ihr definierten Vorbelastung bei der Beurteilung von Immissionen, die durch die Nutzung zugelassener notwendiger Stellplätze eines Wohnvorhabens verursacht werden, in der Regel keine Anwendung finde. Die Unzumutbarkeit der durch die Stellplätze entstehenden Lärmimmissionen für die Nachbarschaft hat das Verwaltungsgericht aber u.a. damit begründet, dass aufgrund der umliegenden Bebauung ein „Echoeffekt“ eintrete. Aufgrund der im Beschluss des Senats vom 20. Oktober 2020 dargelegten Rechtsauffassung und der vom Kläger in der Klagebegründung hiergegen erhobenen Einwände zu diesem Gesichtspunkt musste die Beigeladene damit rechnen, dass die – streitige – Frage, inwieweit der „Echoeffekt“ bei der Berechnung der Lärmimmissionen berücksichtigt wurde, für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Hauptsacheverfahren von Bedeutung sein könnte und ggf. der fachlichen Untermauerung in der mündlichen Verhandlung bedarf. Der Senat hatte in seinem Beschluss ausgeführt, der von der Beigeladenen beauftragte Sachverständige ### habe in seiner Stellungnahme von 14. Juli 2020 plausibel ausgeführt, dass der Hinweis auf einen eventuell vorhandenen „Echoeffekt“ fachlich irrelevant sei. In der Klagebegründung (S. 5, letzter Absatz, Bl. 69 der VG-Akte) hat der Kläger diese Einschätzung angegriffen und beanstandet, die diesbezüglichen Ausführungen seien von derartiger Allgemeinheit, dass gerade nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung gefunden hätten. Auch im Ortstermin am 13. Oktober 2022 hat der Kläger nochmals auf den „Echoeffekt“ verwiesen. Darüber hinaus musste die Beigeladene davon ausgehen, dass die im Ortstermin angesprochene Frage, inwieweit die Verwendung schallabsorbierender Materialien bei der Errichtung der Carports und von „Flüstersteinen“ bei der Pflasterung des Innenhofs zu einer relevanten Lärmminderung führt, möglicherweise der (weiteren) Erläuterung durch einen Sachverständigen bedarf. Denn diese Wirkungen hatte der Kläger im Ortstermin in Zweifel gezogen bzw. bestritten (vgl. S. 5 des Protokolls des Beweisaufnahmetermins, 3. und 5. Absatz, Bl. 257 der VG-Akte). Im Hinblick auf die Vorbelastung streitig geblieben und daher aus der Sicht der Beigeladenen möglicherweise fachlich erläuterungsbedürftig war auch die Frage, inwieweit der ursprünglich vorhandene Baumbestand auf dem Grundstück eine schalldämmende Wirkung hatte. Dem diesbezüglichen Einwand des Klägers hat der Sachverständige ### entgegengehalten, dass der Bewuchs keine nennenswerte bzw. messbare Auswirkung auf die Schallausbreitung habe (vgl. S. 9 des Protokolls, erster und letzter Absatz, Bl. 259 der VG-Akte).
2. Die Zurückverweisung der Rechtssache um Umfang der erfolgreichen Beschwerde an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beruht auf § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 573 Abs. 1 Satz 3 und § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. zur Möglichkeit der (Teil-)Aufhebung und Zurückverweisung: NdsOVG, Beschluss vom 12. September 2016, a.a.O.; Beschluss vom 28. März 2023 – 12 OA 136/22 -; HessVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 – 6 E 2035/08 -; Neumann, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 165 Rn. 27 und 35, m.w.N.; Kunze, in: BeckOK Posser/Wolff, 68. Ed.; § 165 Rn. 20b, m.w.N).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit die Beschwerde Erfolg hat, sind dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, obwohl er dem Rechtsmittel nicht entgegengetreten ist (NdsOVG, Beschluss vom 28. März 2023, a.a.O., m.w.N.). Von der Möglichkeit, die Gerichtsgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) herabzusetzen oder ihre Nichterhebung anzuordnen, macht der Senat keinen Gebrauch.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).