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Prostitutionsverbot – Wirksamkeit

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz

Az.: 12 C 11023/05.OVG

Urteil vom 10.10.2005


Leitsätze:

Das Prostitutionsverbot innerhalb des gesamten Gebietes der Verbandsgemeinde Puderbach (Landkreis Neuwied) nach § 2 Abs. 7 Nr. 1.4 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 ist unwirksam.


In dem Normenkontrollverfahren wegen Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz (Normenkontrolle) hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2005, für Recht erkannt:

§ 2 Abs. 7 Nr. 1.4 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 ist unwirksam.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen das in der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 geregelte Prostitutionsverbot für das gesamte Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach.

Der Antragsteller zu 1) hat sein in Raubach (Verbandsgemeinde Puderbach, Landkreis Neuwied) gelegenes Anwesen an die R…-D…-V…-Vermietungsgesellschaft GmbH, deren Geschäftsführer er ist, vermietet. Diese wiederum überlässt die Wohnungen gegen Entgelt an Prostituierte. Die Antragstellerin zu 2) geht in einer der Wohnungen der Prostitution nach.

Mit der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 – im Folgenden Verordnung genannt – erließ die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in § 2 Abs. 7 Nr. 1.4 ein Prostitutionsverbot innerhalb des gesamten Gebietes der Verbandsgemeinde Puderbach. Zuvor war die Prostitution dort lediglich in den Ortsgemeinden Dernbach, Urbach und Linkenbach verboten. Dies beruhte auf der Rechtsverordnung der Bezirksregierung Koblenz über das Verbot der Gewerbsunzucht in Gemeinden der Landkreise Altenkirchen und Neuwied vom 28. Dezember 1968.

Zur Vorbereitung der Verordnung wandte sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mit Schreiben vom 22. März 2004 an die Kreisverwaltungen, die Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte sowie an die Polizeipräsidien in Rheinland-Pfalz. Darin wurde um Mitteilung gebeten, ob ein Änderungs- bzw. neuer Regelungsbedarf hinsichtlich bereits vorhandener Prostitutionsverbote bestehe und ob neue Prostitutionsverbote geschaffen werden sollten. In einer Dienstbesprechung mit den Kreisordnungsbehörden wurden die rechtlichen Maßstäbe für den Erlass von Prostitutionsverboten erörtert. Daraufhin teilte die Kreisverwaltung Neuwied unter Hinweis auf ein Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach vom 3. Juni 2004 mit, dass eine Erweiterung der bestehenden Prostitutionsverbote auf den gesamten Verbandsgemeindebereich befürwortet werde. Insoweit hatte die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach dargelegt, es sei für sie nicht nachvollziehbar, warum die bisherige Rechtsverordnung vom 28. Dezember 1968 auf einzelne Ortsgemeinden beschränkt sei; sie regte an, die (neue) Verordnung auf das gesamte Gebiet der Verbandsgemeinde auszudehnen.

Mit ihren am 22. Juli 2005 gestellten Normenkontrollanträgen machen die Antragsteller geltend, das Prostitutionsverbot stelle sich als ein von heute auf morgen erlassenes Berufsverbot dar. Dies habe für sie unerwartete finanzielle Verluste zur Folge. Abgesehen davon, dass die Mieteinnahmen des Antragstellers zu 1) entfielen, sei ein aufwändiger und kostspieliger Umbau der an Prostituierte vermieteten Räume notwendig, um diese wieder einer normalen Wohnnutzung zuführen zu können. Gegenüber der Antragstellerin zu 2) sei die ohne Übergangsregelung erlassene Verordnung unverhältnismäßig, zumal sie wegen ihres neunjährigen Sohnes ortsgebunden sei. Überdies bestünden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Regelung, weil bezogen auf das Land Rheinland-Pfalz weite Teile unter das Prostitutionsverbot fielen, andere Bereiche hiervon aber nicht betroffen seien.

Die Antragsteller beantragen, § 2 Abs. 7 Nr. 1.4 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er vertritt die Auffassung, den Antragstellern fehle bereits die erforderliche Antragsbefugnis. Der Bordellbetrieb des Antragstellers zu 1) sei gewerbe- und baurechtlich unzulässig. Die Antragstellerin zu 2) habe nicht konkret und plausibel dargelegt, dass sie der Prostitution nachgehe. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Beim Erlass der angegriffenen Verordnung seien keine Ermessensgrenzen überschritten worden. Die Kreisverwaltungen, Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte und Polizeipräsidien hätten die Problematik der Prostitutionsausübung jeweils für ihren Bereich bewertet. Auf die aus den Erkenntnissen vor Ort gewonnenen Bewertungen habe sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion verlassen dürfen; sie habe sich diese zu eigen gemacht. Schließlich sei auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu erkennen. Die differenzierten Regelungen der Verordnung trügen den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen in den einzelnen Kommunen Rechnung.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten, den weiteren zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen sowie den Normsetzungsvorgängen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Sie waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Die Antragsteller sind antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Den Normenkontrollantrag kann jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei reicht die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte aus. Das ist hier ungeachtet der gewerbe- und baurechtlichen Beurteilung der Nutzung des im Eigentum des Antragstellers zu 1) stehenden Anwesens der Fall. Er kann sich als Geschäftsführer der R…-D…-V…-Vermietungsgesellschaft GmbH einer Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution nach § 184d des Strafgesetzbuches strafbar machen. Das Risiko, zum Beschuldigten eines Strafverfahrens zu werden, muss der Antragsteller zu 1) jedoch nicht auf sich nehmen. Gleiches gilt für die Antragstellerin zu 2), die der Prostitution nachgeht.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

Allerdings ist die Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), zuletzt geändert durch Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160), – EGStGB -, mit höherrangigem Recht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 – BVerwG 4 C 6.02 -, NVwZ 2004, 743). Sie ist geltendes Recht. Nach ihr kann für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu 50.000 Einwohnern durch Rechtsverordnung verboten werden, der Prostitution nachzugehen. Die Möglichkeit, die Prostitution unter bestimmten Voraussetzungen gänzlich zu verbieten, ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG -) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) nicht beseitigt worden; vielmehr wurde dem Vorschlag, Art. 297 EGStGB ersatzlos zu streichen (BT-Drs. 14/4456, S. 3), nicht gefolgt. Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB stellt sich – unabhängig davon, ob hiermit Einschränkungen der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG oder lediglich Art. 2 Abs. 1 GG verbunden sind – als eine von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragene Regelung dar. Als solche vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls nennt Art. 297 EGStGB den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes. Beide sind legitime Gemeinwohlzwecke, die eine verhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungs- bzw. allgemeinen Handlungsfreiheit darstellen.

Dennoch ist das in § 2 Abs. 7 Nr. 1.4 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 (Staatsanzeiger vom 2. Mai 2005, Seite 582) – im Folgenden Verordnung genannt – ausgesprochene Prostitutionsverbot für den gesamten Bereich der Verbandsgemeinde Puderbach unwirksam. Die Entscheidung des Verordnungsgebers ist wegen nicht ausreichender Sachverhaltsermittlung und einem Abwägungsdefizit ermessensfehlerhaft.

Die Ermächtigung zum generellen Prostitutionsverbot für das Gebiet kleinerer Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB geht typisierend davon aus, dass Art und Überschaubarkeit der dort vorhandenen Sozialstrukturen zu einer erhöhten sozialen Wahrnehmbarkeit der Prostitution führen und damit stärker als in größeren Gemeinden Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes beeinträchtigen können. Ein weiterer Grund, für kleinere Gemeinden ein flächendeckendes Prostitutionsverbot zu ermöglichen, besteht in der typischen Nutzungsstruktur der dort vorhandenen Bebauung. Regelmäßig finden sich hier nur wenige und räumlich eng begrenzte Gebiete, in denen die Prostitution mangels in der Umgebung vorherrschender Wohnnutzung ohne Gefahr für die Jugend und den öffentlichen Anstand toleriert werden kann. Vor diesem Hintergrund führt die Ausweisung von Sperrbezirken wegen des geringen Umfangs verbleibender Toleranzzonen leicht zu einem Verstoß gegen das so genannte Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB (vgl. zum Ganzen, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Juli 2002 – 8 A 10692/02.OVG -, DÖV 2003, 36).

Die damit umrissene typisierende Betrachtungsweise trifft hinsichtlich der Sozialstruktur und der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich auch auf die Verbandsgemeinde Puderbach zu. Sie ist stark ländlich geprägt und durch kleinere Ortsgemeinden gekennzeichnet. Damit sind aber die gesetzlichen Anforderungen an ein flächendeckendes Prostitutionsverbot nicht abschließend erfüllt; die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als Verordnungsgeber ist insbesondere nicht von weiteren Ermessenserwägungen entbunden. Sie hat dabei auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung in den von den beabsichtigten Prostitutionsverboten betroffenen Kommunen auch in den Blick zu nehmen, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Prostitution in der Bundesrepublik Deutschland erheblich gewandelt haben. Dies macht insbesondere das Prostitutionsgesetz deutlich. Zwar ist dieses Gesetz seinem wesentlichen Inhalt nach darauf gerichtet, die Benachteiligung von Prostituierten im zivil- und sozialrechtlichen Bereich zu beseitigen. Es bringt aber unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Bewertung der Prostitution als gemeinschaftsschädlich nicht mehr der heutigen Zeit entspricht und von weiten Teilen der Bevölkerung nicht geteilt wird. In einer dimap-Umfrage aus dem Jahr 1999 sprachen sich 68 % der Befragten dafür aus, die Prostitution rechtlich anzuerkennen (vgl. hierzu BT-Drs. 14/5958, S. 4). Zudem ist die Prostitution, das heißt die gewerbsmäßige Ausübung sexueller Handlungen, in der Bundesrepublik Deutschland eine rechtlich zulässige Tätigkeit. Das ist beim Erlass von Prostitutionsverboten vom Verordnungsgeber zu berücksichtigen. Er hat deshalb insbesondere auch die Rechtspositionen der betroffenen Prostituierten sowie derjenigen, die legal im Umfeld der Prostitution, zum Beispiel als Vermieter von Räumlichkeiten, tätig werden, im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB in die Abwägung einzubeziehen. Daran fehlt es hier.

Es bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach auf Anforderung der Kreisverwaltung Neuwied die von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion selbst für erforderlich erachtete örtliche Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB durchgeführt hat. Insofern ist den Normsetzungsvorgängen lediglich zu entnehmen, dass es die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach als sinnvoll erachtet, die bereits bestehenden Prostitutionsverbote aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wird es aber als nicht nachvollziehbar angesehen, warum das Verbot bislang nur auf einzelne Ortsgemeinden beschränkt war. Deshalb wird lediglich angeregt, die Verordnung auf das gesamte Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach auszudehnen (vgl. Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach vom 3. Juni 2004; Bl. 113 der Normsetzungsvorgänge). Eine auf die Schutzgüter des Art. 297 Abs. 1 EGStGB bezogene Bewertung ist hierin jedoch nicht enthalten.

Selbst wenn die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sich tatsächlich das Ergebnis einer örtlichen Überprüfung durch die Kreisverwaltung Neuwied und die Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach zu eigen gemacht haben sollte, durfte sie es hiermit aber nicht bewenden lassen. Insoweit ist ihr entgegen zu halten, dass sie die ihr seitens der Kreisverwaltung Neuwied mit Schreiben vom 13. September 2004 (Bl. 108 der Normsetzungsvorgänge) übermittelte „Anregung“, ein umfassendes Prostitutionsverbot für das Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach zu erlassen, als abschließend betrachtet und ohne weitere eigene Prüfung in die Verordnung übernommen hat. Hierfür spricht das Schreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 4. März 2005 (Bl. 47 der Normsetzungsvorgänge). Darin ist unter anderem ausgeführt, dass die Frage, wo und in welchem Umfang die Prostitution verboten werden solle, durch die erhaltenen Behördeneingaben als geklärt gelte; es solle lediglich darauf geachtet werden, ob der neue Verordnungstext die ausgesprochenen Begehren vollständig beinhalte und den angegebenen Wünschen entspreche. Überdies fällt in diesem Zusammenhang auf, dass trotz der gewandelten gesellschaftlichen und rechtlichen Bewertung der Prostitution eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage erhebliche Ausweitung der Prostitutionsverbote in Rheinland-Pfalz stattgefunden hat. Das ist geeignet, zusätzliche Zweifel an einer vollständigen Prüfung der Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu begründen. Die äußerst knappe Mitteilung der Kreisverwaltung Neuwied und die bloße Anregung der Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach enthielten keine nachvollziehbare Begründung für die Ausdehnung des Prostitutionsverbotes. Hinzu kommt, dass die Kreisverwaltungen anderer Landkreise mit vergleichbaren ländlichen Strukturen (zum Beispiel der Landkreis Altenkirchen und der Rhein-Hunsrück-Kreis) keinen Bedarf für Prostitutionsverbote angemeldet hatten. Unter diesen Umständen hätte sich der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Notwendigkeit gezielter Nachfragen sowie einer vertiefenden weiteren Sachverhaltsermittlung aufdrängen müssen.

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Darüber hinaus lassen sich den Normsetzungsvorgängen in Bezug auf das nunmehr für das gesamte Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach angeordnete Prostitutionsverbot keinerlei Anhaltspunkte für eine Abwägung der gegenseitigen Rechtspositionen entnehmen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat nicht berücksichtigt, dass die Ortsgemeinde Raubach, in der die Antragsteller ihrer Tätigkeit nachgehen, bisher im Unterschied zu anderen Ortsgemeinden in der Verbandsgemeinde Puderbach von keinem Prostitutionsverbot erfasst war. Mit dem Betrieb des Antragstellers zu 1) war und ist in Raubach aber eine Einrichtung vorhanden, in der seit Mitte der 1980er Jahre der Prostitution nachgegangen wird. Die dort erzielten Einnahmen stellen regelmäßig die wirtschaftliche Grundlage sowohl für die Prostituierten selbst als auch für solche Personen dar, die – etwa wie hier durch die Vermietung von Wohnungen – legal in deren Umfeld tätig werden. Dass es zu Beeinträchtigungen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes gekommen wäre, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf die erheblich gewandelte gesellschaftliche und rechtliche Bewertung der Prostitution hätte es nahe gelegen, eine Regelung in die Verordnung aufzunehmen, die den berechtigten Interessen solcher Personen Rechnung trägt, die bislang unter anderem in Raubach der Prostitution nachgegangen sind. Eine solche wie auch immer ausgestaltete Übergangsvorschrift hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu keiner Zeit erwogen, was sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Dies belegt nachdrücklich, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als Verordnungsgeber insoweit keine eigenständige Prüfung der Voraussetzungen des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB mehr vorgenommen hat. Demgegenüber kann sie sich nicht darauf berufen, sie sei nicht über vorhandene Einrichtungen, in denen der Prostitution nachgegangen werde, unterrichtet worden. Eine unzureichende Information muss sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zurechnen lassen. Zudem hätte sich bei dieser Sachlage die Frage aufdrängen müssen, ob die Regelung eines Prostitutionsverbotes überhaupt erforderlich ist.

Schließlich hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vor Erlass des hier in Rede stehenden Prostitutionsverbotes keine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Sie hat nicht erwogen, ob gegenüber dem ausnahmslosen Verbot der Prostitution eine weniger einschneidende Regelung in Betracht gekommen wäre. Eine solche ist grundsätzlich sowohl hinsichtlich des räumlichen Umfangs als auch der Art der Prostitution möglich. In diesem Sinne sind in der Verordnung für andere Bereiche des Landes Rheinland-Pfalz differenzierte Regelungen getroffen, die sich bis auf die Ebene einzelner Kommunen erstrecken. Solche waren auch hier möglicherweise angezeigt. Das macht gerade der vorliegende Fall deutlich. Der Antragsteller zu 1) vermietet seit Jahren Wohnungen an Prostituierte. Obwohl die baurechtliche Situation schon seit längerem ungeklärt ist, hat die zuständige Kreisverwaltung Neuwied keine abschließenden Maßnahmen gegen die Nutzung des Anwesens des Antragstellers zu 1) zu Zwecken der Prostitution ergriffen. Die Antragstellerin zu 2) geht bereits mehrere Jahre in Raubach der Prostitution nach; sie ist wegen eines Kindes ortsgebunden. Zu Beeinträchtigungen der durch Art. 297 Abs. 1 Nr. 1 EGStGB geschützten Rechtsgüter ist es nicht gekommen. Weder die ehemalige Bezirksregierung Koblenz noch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hatten bisher Handlungsbedarf gesehen. Dass vor diesem Hintergrund ein Prostitutionsverbot für das gesamte Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach erforderlich war, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Zudem ist es der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion unbenommen, bestimmten Arten der Prostitution, etwa der Straßen- und Wohnmobilprostitution, mit hierauf gerichteten Verboten zu begegnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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