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Prostitutionsverbot – ungültige Rechtsverordnung

Oberverwaltungsgericht Koblenz

Az.: 12 C 11236/05.OVG

Urteil vom 10.10.2005


In dem Normenkontrollverfahren wegen Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz (Normenkontrolle) hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2005 für Recht erkannt:

§ 1 Nr. 09 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 ist unwirksam.

Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht jeweils die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005.

Die Antragstellerin vermietet in ihrem in Diez (Rhein-Lahn-Kreis) gelegenen Anwesen Wohnungen an Prostituierte. Mit der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005  – im Folgenden Verordnung genannt – erließ die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in § 1 Nr. 09 ein flächendeckendes Prostitutionsverbot innerhalb des Rhein-Lahn-Kreises. Bis zu diesem Zeitpunkt galt in dem Landkreis kein Prostitutionsverbot.

Zur Vorbereitung der Verordnung wandte sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mit Schreiben vom 22. März 2004 an die Kreisverwaltungen, die Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte sowie an die Polizeipräsidien in Rheinland-Pfalz. Darin wurde um Mitteilung gebeten, ob ein Änderungs- bzw. neuer Regelungsbedarf hinsichtlich bereits vorhandener Prostitutionsverbote bestehe und ob neue Prostitutionsverbote geschaffen werden sollten. In einer Dienstbesprechung mit den Kreisordnungsbehörden wurden die rechtlichen Maßstäbe für den Erlass von Prostitutionsverboten erörtert. Daraufhin bat die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises mit E-Mail vom 29. März 2005, den Rhein-Lahn-Kreis als Landkreis mit flächendeckendem Prostitutionsverbot in die Verordnung aufzunehmen.

Am 29. August 2005 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Angesichts der Liberalisierung der Prostitution seien der Erlass und der Vollzug von Prostitutionsverboten nicht mehr gerechtfertigt. Das auch für die Stadt Diez geltende Prostitutionsverbot habe für sie unerwartete finanzielle Einbußen und den Verlust ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage zur Folge. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion habe keine eigene Prüfung der Voraussetzungen eines Prostitutionsverbotes vorgenommen, sondern sich „blind“ der Anregung der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises angeschlossen.

Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – für unwirksam zu erklären, hilfsweise § 1 Nr. 09 der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er vertritt die Auffassung, der Antragstellerin fehle bereits die erforderliche Antragsbefugnis. Sie könne sich als Vermieterin von Wohnungen, in denen der Prostitution nachgegangen werde, nicht auf eine Verletzung eigener Rechte berufen. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Beim Erlass der angegriffenen Rechtsverordnung seien keine Ermessensgrenzen überschritten worden. Die Kreisverwaltungen, Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte und Polizeipräsidien hätten die Problematik der Prostitutionsausübung jeweils für ihren Bereich bewertet. Auf die aus den Erkenntnissen vor Ort gewonnenen Bewertungen habe  sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion verlassen dürfen; sie habe sich diese zu eigen gemacht. Schließlich sei auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu erkennen. Die differenzierten Regelungen der Verordnung trügen den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen in den einzelnen Kommunen Rechnung.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten, den weiteren zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen sowie den Normsetzungsvorgängen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Sie waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist mit seinem Hauptantrag teilweise unzulässig.

Die Antragstellerin ist nicht in vollem Umfange antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Den Normenkontrollantrag kann zwar jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei reicht die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte aus. Diese hat die Antragstellerin aber mit Blick auf die von ihr begehrte vollständige Aufhebung der Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz – Prostitutionsverbote – vom 19. April 2005 (Staatsanzeiger vom 2. Mai 2005, Seite 582) – im Folgenden Verordnung genannt – nicht dargetan. Sie vermietet lediglich im Rhein-Lahn-Kreis Wohnungen an Prostituierte; für eine darüber hinaus gehende Anfechtung der Verordnung fehlt ihr die notwendige Antragsbefugnis. Diese ist allerdings hinsichtlich des Prostitutionsverbotes im Rhein-Lahn-Kreis gegeben. Das ist ungeachtet der gewerbe- und baurechtlichen Beurteilung der Nutzung der von der Antragstellerin zum Zwecke der Prostitution vermieteten Wohnungen der Fall. Sie kann sich nämlich einer Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution nach § 184d des Strafgesetzbuches strafbar machen. Das Risiko, zur Beschuldigten eines Strafverfahrens zu werden, muss die Antragstellerin jedoch nicht auf sich nehmen.

Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet.

Allerdings ist die Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), zuletzt geändert durch Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160), – EGStGB -, mit höherrangigem Recht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 – BVerwG 4 C 6.02 -, NVwZ 2004, 743). Sie ist geltendes Recht. Nach ihr kann für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu 50.000 Einwohnern durch Rechtsverordnung verboten werden, der Prostitution nachzugehen. Die Möglichkeit, die Prostitution unter bestimmten Voraussetzungen gänzlich zu verbieten, ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG -) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) nicht beseitigt worden; vielmehr wurde dem Vorschlag, Art. 297 EGStGB ersatzlos zu streichen (BT-Drs. 14/4456, S. 3), nicht gefolgt. Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB stellt sich – unabhängig davon, ob hiermit Einschränkungen der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG oder lediglich Art. 2 Abs. 1 GG verbunden sind – als eine von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragene Regelung dar. Als solche vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls nennt Art. 297 EGStGB den Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes. Beide sind legitime Gemeinwohlzwecke, die eine verhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungs- bzw. allgemeinen Handlungsfreiheit darstellen.

Dennoch ist das in § 1 Nr. 09 der Verordnung ausgesprochene Prostitutionsverbot für den Rhein-Lahn-Kreis unwirksam. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, im gesamten Landkreis die Prostitution zu verbieten, ist wegen nicht ausreichender Sachverhaltsermittlung und einem Abwägungsdefizit ermessensfehlerhaft.

Die Ermächtigung zum generellen Prostitutionsverbot für das Gebiet kleinerer Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB geht typisierend davon aus, dass Art und Überschaubarkeit der dort vorhandenen Sozialstrukturen zu einer erhöhten sozialen Wahrnehmbarkeit der Prostitution führen und damit stärker als in größeren Gemeinden Belange des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes beeinträchtigen können. Ein weiterer Grund, für kleinere Gemeinden ein flächendeckendes Prostitutionsverbot zu ermöglichen, besteht in der typischen Nutzungsstruktur der dort vorhandenen Bebauung. Regelmäßig finden sich hier nur wenige und räumlich eng begrenzte Gebiete, in denen die Prostitution mangels in der Umgebung vorherrschender Wohnnutzung ohne Gefahr für die Jugend und den öffentlichen Anstand toleriert werden kann. Vor diesem Hintergrund führt die Ausweisung von Sperrbezirken wegen des geringen Umfangs verbleibender Toleranzzonen leicht zu einem Verstoß gegen das so genannte Kasernierungsverbot des Art. 297 Abs. 3 EGStGB (vgl. zum Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Juli 2002 – 8 A 10692/02.OVG -, DÖV 2003, 36).

Die damit umrissene typisierende Betrachtungsweise trifft hinsichtlich der Sozialstruktur und der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich auch auf den Rhein-Lahn-Kreis zu. Dessen Gebiet ist stark ländlich geprägt und durch kleinere Gemeinden gekennzeichnet. Damit sind aber die gesetzlichen Anforderungen an ein flächendeckendes Prostitutionsverbot nicht abschließend erfüllt; der Verordnungsgeber ist insbesondere nicht von weiteren Ermessenserwägungen entbunden. Er hat dabei auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung in den von den beabsichtigten Prostitutionsverboten betroffenen Kommunen auch in den Blick zu nehmen, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Prostitution in der Bundesrepublik Deutschland erheblich gewandelt haben. Dies macht insbesondere das Prostitutionsgesetz deutlich. Zwar ist dieses Gesetz seinem wesentlichen Inhalt nach darauf gerichtet, die Benachteiligung von Prostituierten im zivil- und sozialrechtlichen Bereich zu beseitigen. Es bringt aber unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Bewertung der Prostitution als gemeinschaftsschädlich nicht mehr der heutigen Zeit entspricht und von weiten Teilen der Bevölkerung nicht geteilt wird. In einer dimap-Umfrage aus dem Jahr 1999 sprachen sich 68 % der Befragten dafür aus, die Prostitution rechtlich anzuerkennen (vgl. hierzu BT-Drs. 14/5958, S. 4). Zudem ist die Prostitution, das heißt die gewerbsmäßige Ausübung sexueller Handlungen, in der Bundesrepublik Deutschland eine rechtlich zulässige Tätigkeit. Das ist beim Erlass von Prostitutionsverboten vom Verordnungsgeber zu berücksichtigen. Er hat deshalb insbesondere auch die Rechtspositionen der betroffenen Prostituierten sowie derjenigen, die legal im Umfeld der Prostitution, zum Beispiel als Vermieter von Räumlichkeiten, tätig werden, im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB in die Abwägung einzubeziehen. Daran fehlt es hier.

Selbst wenn sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die örtliche Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB durch die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises zu eigen gemacht haben sollte, durfte sie es hiermit nicht bewenden lassen. Insoweit ist ihr zunächst entgegen zu halten, dass sie die ihr seitens der Kreisverwaltung per E-Mail vom 29. März 2005 übermittelte Bitte, „den Rhein-Lahn-Kreis in § 1 der Rechtsverordnung als Landkreis mit flächendeckendem Prostitutionsverbot aufzunehmen“ (Bl. 119 der Normsetzungsvorgänge), als abschließend betrachtet und ohne weitere eigene Prüfung in die Verordnung übernommen hat. Hierfür spricht das Schreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 4. März 2005 (Bl. 47 der Normsetzungsvorgänge). Darin ist unter anderem ausgeführt, dass die Frage, wo und in welchem Umfang die Prostitution verboten werden solle, durch die erhaltenen Behördeneingaben als geklärt gelte; es solle lediglich darauf geachtet werden, ob der neue Verordnungstext die ausgesprochenen Begehren vollständig beinhalte und den angegebenen Wünschen entspreche. Überdies fällt in diesem Zusammenhang auf, dass trotz der gewandelten gesellschaftlichen und rechtlichen Bewertung der Prostitution eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage erhebliche Ausweitung der Prostitutionsverbote in Rheinland-Pfalz stattgefunden hat. Das ist geeignet, gerade in Bezug auf den Rhein-Lahn-Kreis, der zuvor noch nicht von einem Prostitutionsverbot erfasst war, zusätzliche Zweifel an einer vollständigen Prüfung der Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu begründen. Die äußerst knappe Mitteilung der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises enthielt keine Begründung für die Einführung des Prostitutionsverbotes. Hinzu kommt, dass die Kreisverwaltungen anderer Landkreise mit vergleichbaren ländlichen Strukturen (zum Beispiel der Landkreis Altenkirchen und der Rhein-Hunsrück-Kreis) keinen Bedarf für Prostitutionsverbote angemeldet hatten. Unter diesen Umständen hätte sich der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Notwendigkeit gezielter Nachfragen sowie einer weiteren Sachverhaltsermittlung aufdrängen müssen.

Darüber hinaus lassen sich den Normsetzungsvorgängen in Bezug auf das für den Rhein-Lahn-Kreis flächendeckend angeordnete Prostitutionsverbot keinerlei Anhaltspunkte für eine Abwägung der gegenseitigen Rechtspositionen entnehmen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat nicht berücksichtigt, dass der Rhein-Lahn-Kreis bisher im Unterschied zu anderen Kommunen im ehemaligen Regierungsbezirk Koblenz von keinem Prostitutionsverbot erfasst war. Im Rhein-Lahn-Kreis waren und sind aber Einrichtungen vorhanden, in denen der Prostitution nachgegangen wird. Die dort erzielten Einnahmen stellen regelmäßig die wirtschaftliche Grundlage sowohl für die Prostituierten selbst als auch für solche Personen dar, die – etwa durch die Vermietung von Wohnungen – legal in deren Umfeld tätig werden. Dass es zu nennenswerten Beeinträchtigungen des Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes gekommen wäre, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Solche lassen sich auch den im Normenkontrollverfahren eingereichten Stellungnahmen der Verbandsgemeindeverwaltung Diez vom 7. September 2005 (Bl. 53 f. der Gerichtsakte) sowie der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises vom 8. September 2005 (Bl. 55 f. der Gerichtsakte) nicht entnehmen. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf die erheblich gewandelte gesellschaftliche und rechtliche Bewertung der Prostitution hätte es zumindest nahe gelegen, eine Regelung in die Verordnung aufzunehmen, die den berechtigten Interessen solcher Personen Rechnung trägt, die bislang im Rhein-Lahn-Kreis der Prostitution nachgegangen sind. Eine solche wie auch immer ausgestaltete Übergangsvorschrift hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu keiner Zeit erwogen, was sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Dies belegt nachdrücklich, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als Verordnungsgeber insoweit keine eigenständige Prüfung der Voraussetzungen des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGStGB mehr vorgenommen hat. Demgegenüber kann sie sich nicht darauf berufen, die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises habe sie nicht über vorhandene Einrichtungen, in denen der Prostitution nachgegangen werde, unterrichtet. Eine unzureichende Information muss sich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zurechnen lassen. Zudem hätte sich bei dieser Sachlage die Frage aufdrängen müssen, ob die Regelung eines Prostitutionsverbotes überhaupt erforderlich ist.

Schließlich hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vor Erlass des flächendeckenden Prostitutionsverbotes im Rhein-Lahn-Kreis keine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Sie hat nicht erwogen, ob gegenüber dem ausnahmslosen Verbot der Prostitution eine weniger einschneidende Regelung in Betracht gekommen wäre. Eine solche ist grundsätzlich sowohl hinsichtlich des räumlichen Umfangs als auch der Art der Prostitution möglich. In diesem Sinne sind in der Verordnung für andere Bereiche des Landes Rheinland-Pfalz differenzierte Regelungen getroffen. Solche waren auch hier möglicherweise angezeigt. Das macht gerade der vorliegende Fall deutlich. Die Antragstellerin vermietet in Diez Wohnungen an Prostituierte. Sie ist bereits mehrere Jahre in dieser Weise tätig. Zu Beeinträchtigungen der durch Art. 297 Abs. 1 Nr. 1 EGStGB geschützten Rechtsgüter ist es nicht gekommen. Weder die ehemalige Bezirksregierung Koblenz noch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hatte bisher Handlungsbedarf gesehen. Das Gebiet der Stadt Diez geht fast nahtlos in die in Hessen gelegene Stadt Limburg mit rund 36.000 Einwohnern über, wo kein Prostitutionsverbot besteht. Zudem liegt Diez wie andere Gemeinden vergleichbarer Größe und Struktur, in denen keine Prostitutionsverbote gelten, unmittelbar an einer Bundesautobahn. Von einem typisch kleinstädtischen Gepräge ist deshalb nicht ohne weiteres auszugehen. Zudem ist es der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion unbenommen, bestimmten Arten der Prostitution, etwa der Straßen- und Wohnmobilprostitution, mit hierauf gerichteten Verboten zu begegnen.

Da das hilfsweise beantragte Begehren bereits im Hauptantrag enthalten ist und Erfolg hat, bedurfte es hierüber keiner Entscheidung mehr.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Deinhardplatz 4, 56068 Koblenz, E-Mail-Adresse: gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de, schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist ebenfalls bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004, S. 36) i.d.F. der Landesverordnung vom 7. Dezember 2004 (GVBl. 2004, S. 542) entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist.

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Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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