Bundesarbeitsgericht
Az: 5 AZR 518/08
Urteil vom 23.09.2009
In Sachen hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2009 für Recht erkannt:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 30. April 2008 – 6 Sa 436/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger die Kosten der Berufung und die Beklagte die Kosten erster Instanz zu tragen haben.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger fordert in Prozessstandschaft für die Bundesagentur für Arbeit Zahlung von Arbeitsvergütung in Höhe des geleisteten Arbeitslosengeldes.
Der Kläger war seit 1989 als Tugmasterfahrer bei der B GmbH und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 26. Oktober 2000 mussten alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens drei Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Am 2. Mai 2005 beantragte die B GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 13. Mai 2005 (Freitag vor Pfingsten) schickte ihr Geschäftsführer den Kläger und die übrigen noch beschäftigten Arbeitnehmer bei Arbeitsschluss mit dem Bemerken nach Hause, man habe keine Arbeit mehr für sie, der Holzauftrag werde nicht mehr durchgeführt, die Arbeitnehmer seien freigestellt und bräuchten nicht wiederzukommen. Der operative Geschäftsbetrieb kam nach einem Schreiben des späteren Insolvenzverwalters an den Kläger zum 15. Mai 2005 zum Erliegen. Ab dem 17. Mai 2005 (Dienstag nach Pfingsten) arbeitete der Kläger nicht mehr. Am 20. Juni 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B GmbH eröffnet. Für die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 19. Juni 2005 bezog der Kläger Insolvenzgeld, anschließend Arbeitslosengeld.
Am 11. August 2005 erhob der Kläger gegen die Beklagte eine Klage mit dem Antrag festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis am 2. Mai 2005, hilfsweise am 17. Mai 2005 auf die Beklagte übergegangen sei. Er bot seine Arbeitsleistung der Beklagten wörtlich an. Die Beklagte bestritt das Vorliegen eines Betriebsübergangs und machte geltend, der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen. Mit Urteil vom 29. Juni 2006 stellte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein fest, dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 17. Mai 2005 auf die Beklagte übergegangen ist, und verurteilte die Beklagte, den Kläger als Tugmasterfahrer zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. Oktober 2000 zu beschäftigen.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. Juni 2006 fristlos. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Unter dem 26. Juli 2006 verlangte er von der Beklagten Zahlung der Annahmeverzugsvergütung ab dem 20. Juni 2005 bis zum 15. Juni 2006 iHv. 29.710,01 Euro brutto abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes iHv. 14.343,24 Euro. Der Kündigungsrechtsstreit endete am 21. August 2006 mit dem folgenden Prozessvergleich:
„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher fristgemäßer Kündigung seitens der Beklagten aus betrieblichen Gründen zum 31. August 2006 sein Ende finden wird.
2. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nicht tatsächlich angeboten hat und deshalb auch keine Annahmeverzugsvergütung zu leisten ist bis zum 15. Juni 2006. Für den Zeitraum 16. Juni 2006 bis 31. August 2006 besteht kein Annahmeverzugsanspruch auf Annahmeverzugsvergütung aufgrund anderweitigen Verdienstes des Klägers.
3. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass sämtlicher dem Kläger zustehender Urlaub in natura gewährt worden ist.
4. Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 13.500,00 Euro brutto.
5. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung zwischen den Parteien erledigt.
6. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
7. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Hiervon ausgenommen sind die Kosten des Vorprozesses.“
Der Kläger war bis zum 15. Juni 2006 arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit zahlte ihm für die Zeit vom 20. Juni 2005 bis zum 15. Juni 2006 Arbeitslosengeld iHv. insgesamt 14.343,24 Euro. Nachdem er vorübergehend bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war, wurde er erneut arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld vom 16. bis zum 19. Dezember 2006. Für die anschließende Zeit seiner Arbeitslosigkeit erhielt er kein Arbeitslosengeld mehr.
Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 machte die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Beklagten einen Anspruchsübergang wegen der Zahlung des Arbeitslosengeldes iHv. 14.343,24 Euro geltend. Die Beklagte bestritt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung angeboten habe, und machte unter Hinweis auf den Prozessvergleich vom 21. August 2006 geltend, Annahmeverzug habe nicht vorgelegen, ein Vergütungsanspruch sei ausgeschlossen. Daraufhin teilte die Bundesagentur dem Kläger mit Schreiben vom 21. März 2007 mit, ein Anspruchsübergang sei mangels Lohnanspruchs nicht eingetreten. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Widerspruch, den die Bundesagentur als unzulässig verwarf.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die B GmbH habe sich zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits im Annahmeverzug befunden. Der Verzug wirke auch gegenüber der Beklagten als Betriebserwerberin. Der Anspruch sei gegenüber der Beklagten rechtzeitig schriftlich geltend gemacht worden. Nach dem Anspruchsübergang auf die Bundesagentur sei ein Verzicht auf den Anspruch nicht mehr möglich gewesen. Im Gütetermin vom 9. Juli 2007 hat der Kläger eine „Einzugsermächtigung mit gewillkürter Prozessstandschaft“ der Bundesagentur vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Bundesagentur für Arbeit 14.343,24 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die gewillkürte Prozessstandschaft sei mangels eines berechtigten Eigeninteresses des Klägers unzulässig. Die B GmbH habe die Entgegennahme der Arbeitsleistung des Klägers nicht abgelehnt, sondern lediglich mitgeteilt, dass es keine Arbeit mehr gebe und sie ihn folglich nicht mehr beschäftigen könne. Der Betriebsübergang sei nicht verschleiert worden. Der Kläger habe gewusst, dass sich seine Arbeitskollegen bei der Beklagten beworben hätten. Er hätte seine Arbeit tatsächlich anbieten müssen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt.
1. Die Prozessführungsbefugnis ist als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Die gerichtliche Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen ist ein anerkanntes Institut des Prozessrechts. Neben der gesetzlichen Prozessstandschaft wird von der ständigen Rechtsprechung auch die Prozessstandschaft kraft Ermächtigung, die sog. gewillkürte Prozessstandschaft, anerkannt. Sie setzt neben der wirksamen Ermächtigung durch den Berechtigten ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Klägers voraus. Wirksamkeit und Bestand einer Prozess führungsermächtigung richten sich nach dem materiellen Recht. Die Ermächtigung ist unwirksam, wenn eine Abtretung der geltend gemachten Forderung an den Kläger unzulässig ist und eine Einziehungsermächtigung dem Zweck des Abtretungsverbots widerspricht. Sie kann nach Klageerhebung erfolgen und wirkt bei offengelegter Prozessstandschaft auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück. Ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung des Prozesses die eigene Rechtslage des Prozessführenden günstig beeinflusst (Senat 19. März 2008 – 5 AZR 432/07 – Rn. 10 mwN, AP SGB X § 115 Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 24).
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfalle erfüllt. Die anspruchsberechtigte Bundesagentur für Arbeit hat den Kläger wirksam zur gerichtlichen Geltendmachung der übergegangenen Vergütungsansprüche ermächtigt. Der Kläger hat ein eigenes rechtliches Interesse an der Geltendmachung.
a) Die Bundesagentur hat den Kläger mit Schreiben vom 2. Juli 2007 ermächtigt. Trotz der ungenauen Formulierung wird hinreichend deutlich, dass der Kläger zur gerichtlichen Geltendmachung (Zahlung an die Bundesagentur) im eigenen Namen befugt sein sollte. Die vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz in den Prozess eingeführte Ermächtigung wirkt auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück.
b) Die Ermächtigung ist wirksam. Ihr stehen weder ein Abtretungsverbot noch sozialrechtliche Gesichtspunkte entgegen. Die Rückabtretung des übergegangenen Vergütungsanspruchs wurde nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen und führt auch nicht zu einer Veränderung des Inhalts des arbeitsrechtlichen Anspruchs iSv. § 399 BGB (vgl. näher Senat 19. März 2008 – 5 AZR 432/07 – Rn. 13 f. mwN, AP SGB X § 115 Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 24).
c) Ein eigenes rechtliches Interesse des Klägers an der Geltendmachung der übergegangenen Forderung liegt vor.
aa) Der Bezug von Arbeitslosengeld nach § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III mindert gem. § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III die Anspruchsdauer des insgesamt zu gewährenden Arbeitslosengeldes, weil der Anspruch insoweit erfüllt worden ist. Die Nachzahlung des Arbeitgebers wirkt nicht auf den Zahlungszeitpunkt der Gleichwohlgewährung zurück. Allerdings entfällt die Minderung aus Billigkeitsgründen in dem Umfang, in dem die Bundesagentur für Arbeit Zahlungen des Arbeitgebers erhält. Die Bundesagentur ist aber nicht verpflichtet, die nach § 115 Abs. 1 SGB X übergegangene Vergütungsforderung gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Dem Arbeitnehmer steht kein Schadensersatzanspruch zu, wenn sie den übergegangenen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber nicht oder nicht rechtzeitig geltend macht. Mit der Erbringung des Arbeitslosengeldes hat sie ihre Pflicht gegenüber dem Versicherten erfüllt. Der Forderungsübergang erfolgt allein im Interesse der Versicherung (vgl. näher Senat 19. März 2008 – 5 AZR 432/07 – Rn. 16 mwN, AP SGB X § 115 Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 24).
bb) Danach ist das erforderliche schutzwürdige Interesse des Klägers gegeben. Die Zahlung der Vergütung an die Bundesagentur für Arbeit kommt ihm zugute, denn sie führt zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums für das Arbeitslosengeld und damit zu einer Verbesserung seiner Rechtsstellung (vgl. ausdrücklich BSG 29. November 1988 – 11/7 RAr 79/87 – BSGE 64, 199, 200 f.). Dem schutzwürdigen Interesse steht entgegen der Auffassung der Beklagten der Abschluss des Vergleichs vom 21. August 2006 nicht entgegen. Ob sich der Kläger auf Annahmeverzug berufen kann, betrifft nicht die Prozessführungsbefugnis, sondern die Frage, ob ein auf die Bundesagentur übergegangener Anspruch überhaupt noch besteht (dazu unten II). Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, die Beklagte habe kein berechtigtes Interesse daran, dass der Anspruch allein von der Bundesagentur geltend gemacht werde.
II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist zur Zahlung der Vergütung iHv. 14.343,24 Euro an die Bundesagentur für Arbeit gem. § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB iVm. § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 115 Abs. 1 SGB X verpflichtet.
1. Der Vergütungsanspruch ist entstanden.
a) Das Arbeitsverhältnis bestand nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 29. Juni 2006 ab dem 17. Mai 2005 zwischen den Parteien und endete aufgrund des Prozessvergleichs der Parteien vom 21. August 2006 zum 31. August 2006.
b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die B GmbH zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 17. Mai 2005 im Annahmeverzug befand. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärung des Geschäftsführers vom 13. Mai 2005 rechtsfehlerfrei als Freistellung von der Arbeit gewertet. Die Revision erhebt gegen diese Auslegung keine Rügen. Durch die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht tritt Annahmeverzug des Arbeitgebers ein, ohne dass es eines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedarf. Die Aufhebung der Arbeitspflicht bedeutet einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung (Senat 23. Januar 2008 – 5 AZR 393/07 – Rn. 13, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 22; 6. September 2006 – 5 AZR 703/05 – Rn. 20 f., BAGE 119, 232). Die Äußerung des Klägers am 29. Juni 2006 vor dem Landesarbeitsgericht, er habe noch bis zum 17. Mai 2005 weitergearbeitet und ab dem 17. Mai 2005 seien sie dann freigestellt worden, steht dem entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen. Der Kläger hat seine Aussage mit Schriftsatz vom 28. Februar 2008 dahin klargestellt, dass er am 17. Mai 2005 nicht mehr in dem übergegangenen Betrieb gearbeitet habe, sondern ab dem 17. Mai 2005 freigestellt gewesen sei. Demgegenüber hat die Beklagte weder in der Berufungserwiderung vom 14. Januar 2008 noch zu einem anderen Zeitpunkt in den Tatsacheninstanzen behauptet, der Kläger habe am 17. Mai 2005 noch gearbeitet. Sie hat lediglich auf angebliche Widersprüche zu Äußerungen in einem Vorprozess hingewiesen, Verspätung gerügt und das Fehlen eines tatsächlichen Arbeitsangebots beanstandet. Danach ist der Vortrag des Klägers zur Freistellung am 13. Mai 2005 (mit Wirkung ab dem 17. Mai 2005) als unstreitig zugrunde zu legen. Soweit die Beklagte in der Revision behaupten will, der Kläger habe noch am 17. Mai 2005 für die B GmbH gearbeitet, ist dieses neue Vorbringen nicht berücksichtigungsfähig (§ 559 Abs. 1 ZPO). Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht die den Annahmeverzug begründende Freistellung als vor dem Betriebsübergang liegend festgestellt. An diese Feststellung ist der Senat mangels einer erheblichen Rüge der Beklagten gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO).
c) Befand sich die Arbeitgeberin des Klägers danach am 17. Mai 2005 im Annahmeverzug, ist die Beklagte in das bestehende Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eingetreten, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Hierzu gehört auch der bei der früheren Betriebsinhaberin begründete Annahmeverzug (vgl. BAG 21. März 1991 – 2 AZR 577/90 – zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 49 = EzA BGB § 615 Nr. 68; 11. Dezember 2008 – 2 AZR 395/07 – Rn. 22 mwN, EzA SGB IX § 90 Nr. 5). Es bedurfte keines (tatsächlichen) Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten.
d) Die Beklagte hat den Annahmeverzug nicht bis zum 15. Juni 2006 beendet. Sie hat die Freistellung nicht zurückgenommen und den Kläger nicht zur Arbeitsleistung aufgefordert, sondern den Rechtsstreit um die Frage des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bis zum 29. Juni 2006 fortgeführt und an diesem Tag fristlos gekündigt.
e) Der Kläger hat für das Jahr 2005 unwidersprochen einen Monatslohn iHv. 2.243,82 Euro brutto und für das Jahr 2006 iHv. 2.286,72 Euro brutto geltend gemacht. Demnach ist der Vergütungsanspruch für den Streitzeitraum mindestens in der streitgegenständlichen Höhe entstanden.
2. Die Bundesagentur ist Inhaberin des Anspruchs geworden, soweit sie dem Kläger für den Zeitraum vom 20. Juni 2005 bis zum 15. Juni 2006 Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III gezahlt hat, § 115 Abs. 1 SGB X. Sie hat nicht auf die Geltendmachung gegenüber der Beklagten verzichtet, indem sie nach dem Februar 2007 von einer weiteren Rechtsverfolgung abgesehen hat. Das Schreiben vom 21. März 2007 enthält keine entsprechende Willenserklärung.
Der Kläger musste nicht selbst einen Nettolohn errechnen. Der Bruttolohn lässt vielmehr erkennen, dass der Lohnanspruch in der vollen Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf die Bundesagentur übergegangen ist.
3. Der Anspruch ist nicht aufgrund der einzelvertraglichen Ausschlussklausel verfallen.
a) Der Arbeitsvertrag des Klägers verlangt eine schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens drei Monate nach Fälligkeit und bestimmt, dass die Ansprüche nach Ablauf dieser Frist erloschen sind. Eine solche Regelung kann im Arbeitsvertrag, auch mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen, wirksam vereinbart werden (Senat 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – BAGE 116, 66).
b) Der Anspruchsübergang auf die Bundesagentur steht der Wirkung der Ausschlussklausel nicht entgegen. Der Anspruch geht so über, wie er besteht, §§ 398 ff., § 412 BGB. Auch im Verhältnis zur Bundesagentur gilt die Regelung des Verfalls.
c) Die Erhebung der Feststellungsklage am 11. August 2005 genügte als schriftliche Geltendmachung der Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug.
aa) Das Bundesarbeitsgericht hat hinsichtlich der Kündigungsschutzklage in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, diese beinhalte die wirksame Geltendmachung von Ansprüchen aus Annahmeverzug, wenn die Verfallklausel nur die Geltendmachung der Ansprüche fordere. Dabei wird nicht zwischen formlosem und schriftlichem Verlangen unterschieden. Das Gesamtziel der Kündigungsschutzklage ist in der Regel nicht auf den Erhalt des Arbeitsplatzes beschränkt, sondern zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust der Arbeitsstelle verlorengehen. Mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist der Arbeitgeber ausreichend vom Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung bedrohten Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten (vgl. nur Senat 26. April 2006 – 5 AZR 403/05 – Rn. 15 mwN, BAGE 118, 60; 28. November 2007 – 5 AZR 992/06 – Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30; 19. März 2008 – 5 AZR 429/07 – Rn. 21, AP BGB § 305 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 34). Darüber hinaus hat der Senat die Kündigungsschutzklage als ausreichend für die Wahrung einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten zweistufigen Ausschlussfrist angesehen (19. März 2008 – 5 AZR 432/07 – Rn. 22 f., AP SGB X § 115 Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 24).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die zur Kündigungsschutzklage entwickelten Grundsätze auf eine Klage übertragen werden können, mit der der Übergang und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht wird. Auch mit einer solchen Klage bringt der Kläger regelmäßig zum Ausdruck, dass er den Erhalt des Arbeitsplatzes und zugleich die damit verbundenen Vergütungsansprüche gegenüber dem neuen Arbeitgeber für sich sichern will. Folge des Übergangs des Arbeitsverhältnisses ist, dass ab dem Zeitpunkt des Übergangs nur noch der neue Arbeitgeber die laufende Vergütung schuldet, § 613a Abs. 2 BGB. Die Auffassung der Revision, die Klage gegen den Betriebserwerber besage nichts darüber, was der Kläger tatsächlich möchte, der Arbeitnehmer verfüge weiter über seine Arbeitsstelle beim vorherigen Arbeitgeber und wolle durch die Klage nur eine weitere Option hinzugewinnen, kann nicht überzeugen. Der Kläger hat zwar im Vorprozess seine Vergütungsansprüche nicht ausdrücklich geltend gemacht. Das Ziel der Klage war aber schon deswegen erkennbar auf den Erhalt des Arbeitsplatzes bei der Beklagten und die Sicherung der damit regelmäßig verbundenen Vergütungsansprüche gerichtet, weil der Kläger bei seinem insolvent gewordenen bisherigen Arbeitgeber nicht weiterbeschäftigt wurde. Demgemäß hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. November 2005 auch die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen bei der Beklagten beantragt.
d) Die Bundesagentur musste nicht ihrerseits eine neue Ausschlussfrist ab dem Anspruchsübergang einhalten. Vielmehr ging der Anspruch so über, wie er bestand. Die Geltendmachung durch den Kläger wirkte deshalb zugunsten der Bundesagentur fort.
4. Der Prozessvergleich vom 21. August 2006 steht der Klageforderung nicht entgegen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nur auf solche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verzichten konnte, die ihm noch zustanden. Über die mit der Zahlung von Arbeitslosengeld gem. § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche konnte der Kläger nicht mehr verfügen (vgl. Senat 23. September 1981 – 5 AZR 527/79 – zu 2 der Gründe, ZIP 1981, 1364). Der Gutglaubensschutz nach § 407 Abs. 1 iVm. § 412 BGB greift nicht ein, weil die Beklagte den Anspruchsübergang bei Abschluss des Prozessvergleichs nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kannte.
b) Der Kläger verhält sich auch nicht widersprüchlich, § 242 BGB. Ein widersprüchliches Verhalten käme in Betracht, falls die Parteien alle Ansprüche einschließlich der auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche ausgleichen und erledigen wollten. Die Beklagte durfte jedoch nicht davon ausgehen, dass der Kläger auf Ansprüche aus Annahmeverzug verzichten wollte, soweit diese Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen waren. Die Auslegung des Vergleichs ergibt eine Erledigung nur der dem Kläger noch zustehenden Ansprüche. Es ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien die bestehende Rechtslage (Anspruchsübergang) zugrunde legen und respektieren wollten. Die für ein widersprüchliches Verhalten des Klägers darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht schlüssig vorgetragen, die Parteien hätten bei dem Vergleichsabschluss auch die übergegangenen Ansprüche einbeziehen wollen. Insbesondere die Höhe der Abfindung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, der gesamte Vergütungsanspruch sei abgegolten worden. Sofern sich die Beklagte vorgestellt haben sollte, mit dem Prozessvergleich seien die Ansprüche aus Annahmeverzug insgesamt erledigt, befand sie sich in einem unbeachtlichen Irrtum.
c) Enthält der Prozessvergleich demgegenüber nur die deklaratorische Feststellung, mangels Angebots der Arbeitsleistung bestehe kein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung, war der Kläger nicht gehindert, etwas anderes darzulegen und zu beweisen. Das ist ihm im vorliegenden Rechtsstreit gelungen. Eine etwaige Unwirksamkeit des Vergleichs nach § 779 BGB stünde dem Anspruch nicht entgegen, sondern würde nur die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die Rückzahlung der Abfindung bedingen. Die Beklagte beruft sich auch nicht auf eine Unwirksamkeit des Vergleichs.
III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Soweit das Landesarbeitsgericht von § 97 Abs. 2 ZPO Gebrauch gemacht hat, hat es Kläger und Beklagte verwechselt. Das ist von Amts wegen zu berichtigen. Dagegen hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO im Ergebnis zutreffend angenommen, da der Kläger die überhaupt erst zum vollen Erfolg der Klage führende Freistellung vorwerfbar erstmals in zweiter Instanz vorgetragen hat.