Zusammenfassung:
Kann ein Bußgeldbescheid wirksam zugestellt werden, indem der Bedienstete des privaten Beförderungsdienstleisters, wenn er den Betroffenen nicht an seiner Wohnanschrift antrifft, eine Mitteilung in den Briefkasten einwirft, dass der Brief bei dem örtlichen Quelle-Shop abgeholt werden könne? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Rostock in dem anliegenden Beschluss auseinanderzusetzen. Dabei handelte es sich bei dem Quelle-Shop um eine als solche gekennzeichnete Abholstelle für Sendungen.
Oberlandesgericht Rostock
Az: 2 Ss (OWi) 144/01 I 157/01
Beschluss vom 12.03.2002
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG als unbegründet verworfen.
2. Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und seine ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG nach ihrer Zulassung statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. §§ 341, 344, 345 StPO), nach allem zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
1.
Die vom Senat auf die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin von Amts wegen im Freibeweisverfahren vorgenommene Prüfung der Prozesshindernisse (vgl. dazu Göhler, OWiG, 12. Aufl. vor § 59 Rdz. 37; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. Einleitung Rdz. 141 ff., 150 m. w. N.) hat ergeben, dass die Verfolgungsverjährung innerhalb der Fristen des § 26 Abs. 3 StVG vom Tattag am 9.8.2000 bis zur Verkündung des angefochtenen Urteils jeweils rechtzeitig unterbrochen worden ist. Insbesondere ist die Unterbrechung der Verjährung gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG durch wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides am 6.12.2000 an den Betroffenen gem. § 182 ZPO erfolgt.
a)
Der Wirksamkeit der Zustellung steht nicht entgegen, dass diese vorliegend durch einen Bediensteten des privaten Zustelldienstes RIDAS-GmbH vorgenommen worden ist.
Mit der Zustellung des Bußgeldbescheides (Zustellung mit Zustellungsurkunde) gem. § 51 OWiG i. V. m. §§ 94 ff. VwVerfG Mecklenburg-Vorpommern, § 3 VwZustG, §§ 180 – 186, 195 ZPO beauftragte die Bußgeldstelle den privaten Briefbeförderungsdienst der Firma RIDAS Sicherheits- und Handelsgesellschaft mbH.
Die RIDAS Sicherheits- und Handelsgesellschaft mbH ist Lizenznehmer im Sinne von § 33 Abs. 1 PostG n. F. vom 22.12.1997 (BGB1 I S. 3294, in Kraft seit 1.1.1998), Lizenz Nr. P 98/587 der gem. § 6 Abs. 1 PostG n.F. zuständigen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) und wird von verschiedenen Amts-, Stadt- und Kreisverwaltungen, u.a. dem Landkreis Bad Doberan, auch mit der Durchführung von Zustellungen betraut. Soweit es im Rahmen der Ersatzzustellung von Schriftstücken zu Niederlegungen (§ 182 ZPO) kommt, bedient sich die RIDAS-GmbH zahlreicher (z.Zt. insgesamt 55) unternehmensexterner Niederlegungsstellen bspw. in QUELLE- oder OTTO-Shops, Drogerien etc., die nach Ausgestaltung ihres Geschäftsbetriebes insbesondere auch möglichst ausgedehnte Ladenöffnungszeiten gewährleisten. Mit den jeweiligen Unternehmen werden schriftliche Verträge geschlossen, die den Umgang mit den anvertrauten Sendungen (Art und Weise der Aufbewahrung, Aushändigung an den Empfänger, Nachweisungen, Rückgabe an den Absender) und Entgeltfragen näher regeln. Diejenigen Personen, die in den Niederlegungsstellen mit der Bearbeitung der nachweispflichtigen Sendungen befaßt sind, werden – wie die Bediensteten der RIDAS-GmbH – schriftlich entsprechend einer von der RegTP vorgegebenen Verpflichtungserklärung auf die Wahrung des Postgeheimnisses und des Datengeheimnisses gemäß § 5 Bundesdatenschutzgesetz verpflichtet und erhalten ein Merkblatt „Postgeheimnis und Datenschutz“ ausgehändigt.
Da der zuständige Bedienstete der RIDAS-GmbH ausweislich der von ihm hierüber am 6.12.2000 gefertigten Zustellungsurkunde den Betroffenen an diesem Tage in seiner Wohnung nicht angetroffen hat und eine Ersatzzustellung nach §§ 181, 183 ZPO nicht möglich war, legte der Bedienstete der RIDAS-GmbH das ihm anvertraute Schriftstück am 6.12.2000 im QUELLE-Shop, Strandstr. la, 18230 Rerik, nieder. Dieser OUELLE-Shop dient der RIDAS-GmbH als eine der vorstehend bezeichneten Niederlegungsstellen; ein Schild (schwarze Schrift auf hellgelbem Grund) zur Größe von etwa 40 x 50 cm am Eingang des Shops weist hierauf deutlich sichtbar hin. Dort wurde die vorbezeichnete Sendung vom 6.12.2000 an zur Abholung durch den Betroffenen bereit gehalten.
Eine schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Ersatzzustellung durch Niederlegung legte der Bedienstete ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde, wie bei gewöhnlichen Briefen üblich, in den Hausbriefkasten der Wohnung des Betroffenen ein. Die Benachrichtigung enthielt u.a. einen Hinweis auf die Art des für den Betroffenen bestimmten Schreibens (Brief mit Zustellungsurkunde), den Ort der Bereithaltung sowie die Öffnungszeiten des QUELLE-Shops.
Der Betroffene erschien am 10.12.2000 am Ort der Niederlegung, verweigerte jedoch die Annahme der Sendung.
aa)
Nach § 33 Abs. 1 PostG n. F. ist ein Lizenznehmer, der Briefzustellungedienstleistungen erbringt, verpflichtet, Schriftstücke nach den Vorschriften der Prozessordnungen förmlich zuzustellen. Im Umfang dieser Verpflichtung ist der Lizenznehmer von Gesetzes wegen mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet (beliehener Unternehmer) und damit berechtigt, Zustellungen vorzunehmen.
Ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks 13/7774 S. 28) hat der Gesetzgeber bei der Fassung des § 33 Abs. 1 PostG n. F. jeden Lizenznehmer beliehen, der Briefzustelldienstleistungen erbringt. Zur Begründung wird auf die große Bedeutung hingewiesen, die die förmliche Zustellung für eine funktionierende Rechtspflege darstellt. Um die nach der derzeitigen Rechtslage erforderliche öffentliche Beurkundung vornehmen zu können, muss das beauftragte Unternehmen mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet sein und ist in diesem Umfang beliehener Unternehmer.
Zwar ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass die Vorschriften über die förmliche Zustellung von Schriftstücken vormals voraussetzten, dass es sich bei der „Post“ oder „Postanstalt“ um eine Dienststelle der Deutschen Bundespost handelte, also eine öffentliche Stelle der bundeseigenen Verwaltung. Mit der Privatisierung der Post ist diese Prämisse jedoch entfallen. Als zur Zustellung bereitstehende Post kommen nunmehr die Deutsche Post AG und die zu ihr in Konkurrenz stehenden privaten Anbieter von Postdienstleistungen in Frage (vgl. Badura in: Beckscher Kommentar zum PostG, § 33 Rdz. 2).
Dies folgt auch daraus, dass der Gesetzgeber im „Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren“ (Zustellungsreformgesetz – ZustRG – vom 25.6.2001 [BGB1 I S. 1206]), das am 1.8.2002 in Kraft treten wird, eine Harmonisierung der einschlägigen Vorschriften mit § 33 Abs. 1 PostG n. F. vorgenommen hat. Danach bestimmt u.a. § 168 Abs. 1 Satz 2 ZPO n. F., dass die Geschäftsstelle einen nach § 33 Abs. 1 PostG n.F. beliehenen Unternehmer (Post) mit der Ausführung der Zustellung beauftragen kann. Der Gesetzgeber hat in dieser Hinsicht aktuellen Handlungsbedarf für eine Reform des Zustellungsrechts der ZPO gesehen, der sich aus deren überalterter Struktur und insbesondere aus Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung einzelner Zustellungsvorschriften, insbesondere bei der Ersatzzustellung, ergeben hat. Die Reform des Zustellungsrechts berücksichtigt deshalb insbesondere die Auswirkungen der Poststrukturreform. Zur Begründung wird gerade darauf abgehoben, dass die Deutsche Post AG und weitere Unternehmen nunmehr aus § 33 Abs. 1 PostG n.F. berechtigt und verpflichtet sind (vgl. zu Vorstehendem BT-Drucks 14,/4554 S. 13).
bb)
Nach alledem hat zu gelten, dass nach der Privatisierung des Postverkehrs nunmehr jeder mit der Postbeförderung betraute Lizenznehmer nach dem PostG verpflichtet, aber auch berechtigt ist, Zustellungen durchzuführen. Soweit dies mittlerweile für die Deutsche Post AG allgemein anerkannt ist (vgl. BGH NJW 2001, 832; OLG Düsseldorf MDR 2000, 1451; VG Hannover, NJW 98, 920), kann für sogenannte private Zustelldienste als Lizenznehmer – wie vorliegend die RIDAS-GmbH – angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 33 Abs. 1 PostG n.F. und des ebenso eindeutigen Willens des Gesetzgebers nichts anderes gelten (so auch Badura a. a. O. § 33 Rdz. 2, 6, 12 f.; Wenzel in: Münchner Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. § 166 Rdz. 7, § 193).
b)
Die Zustellung des Bußgeldbescheides ist entgegen der Ansicht des Betroffenen auch nicht unwirksam, weil der Bußgeldbescheid vorliegend in einem „QUELLE-Shop“ niedergelegt worden ist.
aa)
Zu Recht hat bereits das Amtsgericht insoweit ausgeführt, dass im Hinblick auf die vom Bundesgerichtehof in der Entscheidung NJW 2001, 832 dargelegten Gründe unter dem Begriff „Postanstalt“ im Sinne des § 182 ZPO alle privatrechtlichen Organisationsformen der Postbeförderung zu verstehen sind. Dem tritt der Senat bei: Nach der Privatisierung des Postverkehrs kann und muss, wie dargelegt, jeder mit der Postbeförderung beauftragte Lizenznehmer grundsätzlich auch Zustellungen durchführen. Gem. § 482 ZPO kann diese Zustellung dadurch erfolgen, dass das zu übergebende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung gelegen ist oder an diesem Ort bei der Postanstalt niedergelegt wird. Dass damit nur Filialen der Deutschen Post AG gemeint sein können, ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht und würde auch der vom Gesetzgeber gewollten Neustrukturierung des Postwesens hin zu einem funktionsfähigen Wettbewerb (vgl. dazu BT-Drucks 13/7774 S. 2) nicht gerecht.
Jedes beliehene Unternehmen im Sinne des § 33 Abs. 1 PostG n. F. darf daher grundsätzlich in von ihm beauftragten Agenturen (z. B. in OTTO- oder QUELLE-Shops, Tankstellen usw.) gem. § 182 ZPO durch Niederlegung zustellen. Denn ein Lizenznehmer nach dem PostG n.F. darf sich – ohne dass dies gesondert lizenzpflichtig wäre – bei Ausübung seiner Tätigkeit sog. Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen bedienen. Eine solche Hilfsperson kann auch ein selbständiger Gewerbetreibender oder ein rechtsfähiges Unternehmen sein. Voraussetzung ist lediglich, dass die Art und Weise der Tätigkeit der Hilfsperson der Bestimmungsgewalt des Lizenznehmers unterworfen bleibt und die mit der Lizenzierung angestrebten Garantien für die zu erbringende Dienstleistung gesichert bleiben (vgl. Badura a.a.O. § 5 Rz. 16).
Dem entsprechen die vertraglichen Beziehungen der RIDAS-GmbH mit ihren Niederlegungsstellen und die förmlichen Verpflichtungen der Mitarbeiter.
Der vorbezeichneten Ansicht steht der Umstand, dass der Gesetzgeber (vorübergehend noch) den Begriff „Postanstalt“ (der an die öffentlich-rechtliche Struktur der Deutschen Bundespost anknüpfte) im Sinne des § 182 ZPO unverändert beibehalten hat, auch aus einem anderen Grund nicht entgegen. Denn schon nach früherem Recht fielen unter diesen Begriff auch die sogenannten „Poststellen II“, die von Privatpersonen – regelmäßig im Nebenerwerb und in eigenen Räumen – aufgrund eines privatrechtlichen Verhältnisses zur Deutschen Bundespost betrieben wurden. Nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost macht es keinen rechtserheblichen Unterschied, ob gem. § 182 ZPO niedergelegte Schriftstücke in Betrieberäumen der Deutschen Post AG, einer Postagentur, die aufgrund eines Agenturvertrages letztlich eine privatrechtliche Organisationseinheit dieser AG ist, oder in von anderen Lizenznehmern nach § 33 Abs. 1 PostG n. F. beauftragten Agenturbetrieben zur Abholung aufbewahrt werden. Im Übrigen gilt der post- und strafrechtliche Schutz des Postgeheimnisses gleichermaßen für Bedienstete der Deutschen Post AG und selbständige Agenturbetreiber (§ 5 Abs. 1 PostG a. F., § 39 Abs. 2 PostG n. F., § 206 StGB); nach § 133 StGB wird jede dienstliche Verwahrung von Schriftstücken geschützt (vgl. zu Vorstehendem BGH NJW 2001, 832 m. w. N.). Ein weiterer datenrechtlicher Strafrechtsschutz findet über §§ 43, 44 BDSG, 202a, 303a StGB statt.
Für die vorbezeichnete Auffassung spricht letztlich auch, dass der Gesetzgeber im Zustellungsreformgesetz neben der bereits erwähnten Legaldefinition des Begriffes „Post“ in § 181 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b ZPO n. F. bestimmt hat, dass ein zuzustellendes Schriftstuck an dem Ort der Zustellung, wenn die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt ist, bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niedergelegt werden kann.
Damit wird die durch die Poststrukturreform geschaffene neue Sach- und Rechtslage auch in der ZPO ausdrücklich umgesetzt.
bb)
Der Vorgang der Niederlegung an sich i.S.d. § 182 ZPO ist begrifflich die Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks in den Geschäftsgang der Niederlegungsstelle zwecks Aushändigung an den Adressaten (Vgl. BVerwG RPfl 92, 71). Sie steht vorliegend außer Frage.
c)
Auch die Mitteilung über die Niederlegung ist in vorliegender Sache ordnungsgemäß durchgeführt worden.
aa)
Eine solche Mitteilung bedeutet die schriftliche Anzeige an den Empfänger, dass das zu übergebende Schriftstück und die Zustellungsurkunde an dem bezeichneten Ort niedergelegt seien (Stein/Jonas-Roth, ZPO, 21. Aufl. § 182 Rz. 3). Sie kann dadurch erfolgen, dass die Zustellungsperson die Benachrichtigung in der Wohnung des Zustellungsadressaten „in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise“ abgibt, wenn dieser Weg Erfolg verspricht. Der Einwurf in den Hausbriefkasten reicht regelmäßig aus (vgl. Baumbauch/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. § 182 Rdz. 10).
Dies ist vorliegend ausweislich der hierüber gefertigten Zustellungsurkunde geschehen.
bb)
Auch der Inhalt der von der Firma RIDAS-GmbH verwendeten Benachrichtigungsscheine ist entgegen der Ansicht des Betroffenen letztlich nicht zu beanstanden. Denn der Inhalt des Benachrichtigungszettels ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Es muß sich lediglich zweifelsfrei ergeben, dass ein zuzustellendes Schriftstück für den Empfänger an einem bestimmten Ort zur Abholung bereit liegt (vgl. Stein/Jonas-Roth a.a.O.) Ausweislich der als Anlage zum Hauptverhandlungsprotokoll genommenen, von der RIDAS-GmbH verwendeten Musterbenachrichtigung wird der Empfänger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für ihn ein Brief mit Zustellungsurkunde zur Abholung bereit gelegt sei. Soweit sodann näher ausgeführt wird, die Sendung sei in der genannten Niederlegungsstelle „hinterlegt“, ist dieses nicht geeignet, bei dem Empfänger Irritationen hervorzurufen (vgl. i. U.. den bei Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl. § 182 Rz. 3 beispielhaft empfohlenen Benachrichtigungstext).
cc)
Soweit der Betroffene in Abrede stellt, einen Benachrichtigungsschein über eine erfolgte Niederlegung in seinem Hausbriefkasten überhaupt vorgefunden zu haben, beeinträchtigt dies die Wirksamkeit der Zustellung nicht. Denn die Postzustellungsurkunde über die Ersatzzustellung durch Niederlegung des zuzustellenden Schriftstücks bei der Postanstalt erbringt grundsätzlich vollen Beweis über die erfolgte Zustellung und darüber, dass der Postzusteller die schriftliche Benachrichtigung über die Niederlegung an dem genannten Tag in der bezeichneten Weise für den Zustellungsempfänger hinterlassen hat. Der zulässige Nachweis, dass die in der Postzustellungsurkunde bezeichneten Tatsachen nicht zutreffen, kann nur dann als geführt angesehen werden, wenn zur Überzeugung des Gerichts jede Möglichkeit der Richtigkeit der Urkunde ausgeschlossen ist (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2000, 2831; OLG Hamm VRs 101, 439; BFH NJW 2000, 1976).
Abgesehen davon, dass der Betroffene in seiner Antragsschrift vom 10.5.2001 einräumt, doch eine – von ihm angeblich missverstandene – Benachrichtigung erhalten zu haben, trägt er jedenfalls schon keine Umstände für eine Falschbeurkundung durch den Zustellungsbediensteten vor, noch erbringt er für solche Umstände Beweis. Auch muß sich der Betroffene fragen lassen, weshalb er, der nach seinem-Vortrag von einer Benachrichtigung durch die Fa. Quelle ausgegangen sein will, mit der er in keiner Geschäftsbeziehung stehe und für den deshalb kein Anlass bestanden habe, den QUELLE-Shop aufzusuchen, gleichwohl dort erschienen ist und dann die Annahme der Sendung verweigerte.
dd)
Die Beweiseigenschaft der Postzustellungsurkunde ist auch nicht durch § 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO tangiert, wonach § 418 ZPO für Zustellungsurkunden der Bediensteten der Deutschen Post AG entsprechend gilt. Dies ist nur ein Redaktionsversehen. Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks 13/9438 S. 10) sollte mit § 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO bestimmt werden, dass als Post im Sinne der §§ 193 ff. ZPO und § 3 VwZustG bis zur Neuordnung des Postwesens durch das Postgesetz allein das Nachfolgeunternehmen der früheren Deutschen Bundespost, die Deutsche Post AG, anzusehen ist. Nach dem zum 1.1.1998 erfolgten Inkrafttreten des Postgesetzes n. F. ist dieser gesetzgeberische Anlass mithin weggefallen, sodass hinsichtlich § 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO von einem offensichtlichen Redaktionsversehen auszugehen ist (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO a. a. O. § 195 Rdz. 4; so auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 418 Rdz. 4). Dementsprechend stellt auch § 182 Abs. 1 ZPO in der ab dem 1.8.2002 geltenden Fassung klar, dass für die über eine Zustellung durch die Post, also durch einen jeden Lizenznehmer nach dem Postgesetz, anzufertigende Urkunde § 418 ZPO gilt.
d)
Nach alledem ist gegen die in vorliegender Bußgeldsache vorgenommene Art und Weise der Zustellung des Bußgeldbescheides am 6.12.2000 nichts zu erinnern mit der Folge, dass eine Verjährung der verfahrensgegenständlichen Ordnungswidrigkeit nicht eingetreten ist.
Der Umstand, dass dem Betroffenen der Bußgeldbescheid am 18.12.2000 erneut zugestellt worden ist, ist insoweit unerheblich, da bei mehrfacher Zustellung an denselben Empfangsberechtigten nur die 1. Zustellung maßgebend ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner a. a. O. § 37 Rdz. 29).
2.
Im Übrigen hat die aufgrund der Beschwerderechtfertigung vorgenommene Nachprüfung des Urteils weder zum Schuldspruch noch zum Rechtsfolgenausspruch Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufgedeckt.
Da der Betroffene eingestanden hat, zum Vorfallszeitpunkt Führer des Kraftfahrzeuges gewesen zu sein und auch die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich nicht in Abrede stellt, waren hierzu weitere Feststellungen nicht veranlasst. Das Amtsgericht hat die darüber hinaus erforderlichen Feststellungen zur Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung getroffen. Diese erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Senats regelmäßig zumindest die Mitteilung der angewandten Messmethode und die Darlegung, ob und inwieweit möglichen Fehlerquellen durch Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung getragen worden ist (vgl. z. B. Beschluss vom 22.10.2000 – 2 Ss [OWi] 94/00 I 115/00 -). Diese Feststellungen hat das Amtsgericht getroffen. Auch im Übrigen sind die amtsgerichtlichen Feststellungen, die Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen und die Beweiswürdigung rechtlich einwandfrei, d. h. frei von Widersprüchen, Lücken, Unklarheiten und Verstößen gegen die Denkgesetze oder die gesicherte Lebenserfahrung (BGH NStZ 29, 18, 20 = NJW 1979, 2318).
Auch die Höhe der Geldbuße hält rechtlicher Überprüfung ohne Weiteres stand, da das Amtsgericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen als geregelt festgestellt und die Regelgeldbuße verhängt hat.
Die Rechtsbeschwerde war von daher gem. § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.
III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 1 StPO.
IV.
Diese Entscheidung des Senats ist nicht weiter anfechtbar, § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO.