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Mietminderung aufgrund starken Rauchens einer Mitmieterin

Amtsgericht Wennigsen

Az.: 9 C 156/01

Urteil verkündet am 14.09.2001


In dem Rechtsstreit wegen Mietzinsforderung hat das Amtsgericht Wennigsen auf die mündliche Verhandlung vom 30.08.2001 für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.585,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 1 DUG auf jeweils 317,00 DM seit dem 04.03., 04.04., 04.05., 04.06. und 04.07.2001 zu zahlen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Klägerin fallen die durch die Anrufung des unzuständigen AG Hannover entstandenen Mehrkosten zur Last.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht Zahlung rückständigen Mietzinses.

Mit Vertrag vom 27.06.1994 mietete die Beklagte von der Klägerin deren im Hause, gelegene Wohnung. Die Beklagte erhielt am 01.07.1994 den vertragsgemäßen Mietbesitz, zahlte indes seit Feburar 2001 nicht mehr den vereinbarten Mietzins, sondern minderte diesen um die Hälfte der monatlichen Kaltmiete, d.h. monatlich um jeweils 317,00 DM. Die aufgelaufenen Mietrückstände stellen die Klagforderung dar.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.585,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 1 DÜG auf jeweils 317,00 DM seit dem 04.03., 04.04., 04.05, 04.06. und 04.07.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte behauptet, die vermietete Wohnung nicht (mehr) vertragsgemäß nutzen zu können. Hierzu trägt die Beklagte vor, daß aufgrund eines exzessiven Rauchgenusses der schräg unterhalb wohnenden Mitmieterin weder ein Aufenthalt auf dem eigenen Balkon, noch hinreichendes Lüften der Wohnung möglich sei. Die Beklagte ist der Ansicht, daß die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung ein Einwirken auf die Mitmieterin zu Unrecht unterlassen habe, sie daher zur Mietminderung berechtigt sei.

Unter dem 11.06.2001 erklärt sich das im Mahnbescheid vom 03.04.2001 angegebene Amtsgericht Hannover für unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf nunmehrigen Antrag der Parteien an das örtlich zuständige Amtsgericht Wennigsen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung des rückständigen Mietzinses aus § 535 Satz 2 BGB in Verbindung mit den Festlegungen des Mietvertrages vom 27.06.1994 (B1.8 ff. der Akte) verlangen.

Zwischen den Parteien besteht ein wirksamer Mietvertrag, aus dem die Beklagte verpflichtet ist, monatlichen Mietzins an die Klägerin zu entrichten. Die Minderung der monatlichen Raten um 50 % hat die Beklagte demgegenüber zu Unrecht vorgenommen, da die Mietsache an keinem Fehler leidet. Ein solcher liegt gemäß § 537 Abs. 1 BGB vor, wenn der vertraglich bestimmte Gebrauch der Mietsache nicht unerheblich beeinträchtigt wird.

Zwar ist der Vermieter aus dem Mietvertrag nicht nur verpflichtet, den Gebrauch der Mietsache an sich zu ermöglichen; vielmehr muß er den Mieter gegen Störungen im Gebrauch, insbesondere auch durch andere Mieter, im möglichen und zumutbaren Umfange schützen (Palandt-Putzo, BGB, 60.Aufl.2001, § 535 Rand-Nr. 8 BayObLG MDR 1999, 1314). Daher nimmt die Beklagte die Klägerin vom rechtlichen Ansatz her zutreffend auf ihrer gesetzlich normierten Einstandspflicht für den mangelfreien Gebrauch der Mietsache in Anspruch (Vgl. § 536 BGB).

Gleichwohl wird die Beklagte im vorliegenden Fall die durch den aufgehenden Rauch registrierten Unannehmlichkeiten hinzunehmen haben. Dabei wird nicht verkannt, daß mit einem exzessiven Rauchgenuß eine nicht ohne Schwierigkeiten wegzulüftende Geruchsbeeinträchtigung auftritt, die durchaus sehr lästig sein kann. Darüber hinaus ist heute allgemein anerkannt, daß auch das sogenannte Passivrauchen gesundheitsschädlich sein kann (Vgl. etwa Jahn MedR 1989, 227 (228) BayVerfGH 40, 58 (63), sodaß beispielsweise ein Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz (BAG NJW 199, 162) sowie auf Unterlassen des Rauchens durch einen Wohnungseigentümer gern. § 15 WEG (Amtsgericht Hannover NZM 2000, 520) besteht.

Andererseits gehört das Rauchen trotz aller medizinisch begründeten Ratschlage und Warnungen zu den verbreiteten und gesellschaftlich weithin akzeptierten menschlichen Verhaltensformen, die ihrerseits unter den Grundrechtsschutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit nach Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz fallen (Vgl.von Mangoldt-Klein-Starck, Grundgesetz, 3.Aufl. Art. 2 Rd.Nr.159, Jahn MedR 189, 227 (231), vgl. auch BGHZ 79, 111 (115). Es gibt bislang keine gesetzlichen Bestimmungen, die das Rauchen zum Schutz nichtrauchender Mieter generell verbieten und es kann nicht Aufgabe der Zivilgerichte sein, hier anstelle des Gesetz- oder Verordnungsgebers tätig zu werden.

Soweit die Mitmieterin auf dem Balkon ihrer Wohnung, damit praktisch „im Freien“ raucht, bewegt sie sich somit im Rahmen der ihr von der Verfassung eröffneten Freiräume (Amtsgericht Bonn WM 1999, 452). Sowie die Beklagte es nicht verhindern kann, daß ein Spaziergänger von dem Haus stehen bleibt und sich dort eine Zigarette anzündet, deren aufsteigender Rauch u.a. auch in ihre Räumlichkeiten dringt, dass Kraftfahrzeuge vor der Wohnung der Beklagten verkehren, deren Abgase u.a. auch in ihre Wohnung dringen, hat sie aus Rechtsgründen den Rauchgenuß der Mitmieterin auf dem Balkon ihrer Wohnung hinzunehmen. Das bedeutet, daß die Beklagte selbst dafür Sorge tragen muß, durch geeignete Maßnahmen das Eindringen von Tabakrauch in ihre Wohnung zu verhindern.

Anders als bei Immissionen aufgrund der biophysikalischen Bauweise eines Gebäudes (hierzu LG Stuttgart WM 1998, 724) hat die Beklagte auch verschiedene Möglichkeiten, der Belästigung zu entgehen. So können Fenster zeitweise geschlossen und in rauchfreien Zeiten zur Lüftung geöffnet werden. Auch aufgrund der Tatsache, daß sich die Windrichtung hin und wieder dreht und damit eine permanente Belästigung besteht, ist die vorliegende Situation nicht mit einem Passivrauchen in einem gemeinsamen, geschlossenen Raum, etwa am Arbeitsplatz, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in einem Gasthaus, vergleichbar.

Es liegt damit kein erheblicher Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB, sonder nur eine – ärgerliche – Belästigung vor.

Die Beklagte ist daher zur Zahlung des vollen, ungeminderten Mietzinses seit Februar 2001 verpflichtet.

Der eingeklagte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, Satz 1, Halbs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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