LG Bochum – Az.: I-12 O 4/19 – Urteil vom 26.03.2019
Die Klage wird unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids vom 21.12.2018 abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 20.04.2018, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, mahnte der Beklagte die Klägerin wegen Verletzung von Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr ab. Zugleich forderte er Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 500,00 Euro bis zum 04.05.2018, Diese Schreiben übersandte die Klägerin am 29.04.2018 per E-Mail ihrem heutigen Prozessbevollmächtigten. Den Auftrag, sie gegen die Abmahnung zu verteidigen, erteilte sie am Folgetag. Am 30.10.2018 ging der Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheides, mit dem Kosten für die Abwehr einer für rechtsmissbräuchlich gehaltenen Abmahnung geltend gemacht werden, bei dem zuständigen Amtsgericht ein. Gegen den im weiteren Verlauf des Mahnverfahrens ergangenen Vollstreckungsbescheid hat der Verfügungsbeklagte fristgerecht Einspruch eingelegt. Er erhebt insbesondere die Einrede der Verjährung. Seinen mit der Abmahnung verfolgten Unterlassungsanspruch hat er gerichtlich nicht geltend gemacht.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Abmahnung vom 20.04.2018 sei von einer rechtsmissbräuchlichen Motivation getragen gewesen. Auf ihren diesbezüglichen Vortrag wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Verjährung sei nicht eingetreten, weil der Lauf der Verjährung erst mit Entstehen des Anspruchs beginne. Hierzu sei erforderlich, dass der Klägerin tatsächlich Aufwendungen entstanden seien.
Die Klägerin beantragt, den Vollstreckungsbescheid vom 21.12.2018 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt, die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides abzuweisen.
Der Beklagte wendet sich gegen den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Insbesondere könne eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ansatzweise nachvollzogen werden. Jedenfalls aber sei der Anspruch der Klägerin verjährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Denn der geltend gemachte Anspruch ist verjährt. Gemäß § 11 UWG verjähren Ansprüche unter anderem aus § 8 UWG in 6 Monaten. Ein Anspruch aus § 8 UWG ist auch der Aufwendungsersatzanspruch des rechtsmissbräuchlich Abgemahnten aus § 8 Abs. 4 S. 2 UWG. Der Wortlaut des § 11 ist eindeutig und damit – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht auslegungsfähig. Gemäß § 11 Abs. 2 UWG beginnt die Verjährungsfrist, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die erforderliche Kenntnis von den Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat. Zweifelhaft ist insoweit hier nur, wann der streitgegenständliche Aufwendungsersatzanspruch entsteht. Zu dieser Frage liegen – soweit ersichtlich – bislang keine Stellungnahmen aus Rechtsprechung und Literatur vor. Trotz der beachtlichen entgegenstehenden Argumente geht die Kammer im Ergebnis davon aus, dass der Anspruch entstanden ist, sobald das Abmahnschreiben zugegangen ist. Dafür spricht zunächst die Erwägung, dass es ansonsten der Abgemahnte in der Hand hätte, wann er Aufwendungen, z.B. in Form der Beauftragung eines Rechtsanwalts, entstehen lassen will. Er könnte möglicherweise erst nach Monaten das Abmahnschreiben einem Rechtsanwalt vorlegen. Erst dann die Verjährungsfrist beginnen zu lassen, dürfte sich kaum mit dem Gedanken des § 11 UWG, möglichst schnell Klarheit zu schaffen, vereinbaren. Dementsprechend wird auch bei dem nahezu spiegelbildlich formulierten Aufwendungsersatzanspruch des berechtigt Abmahnenden (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) angenommen, dass für den Beginn der Verjährung nicht erforderlich ist, dass bereits Aufwendungen entstanden sind (Köhler in Köhler / Bornkamm / Feddersen, UWG, § 11 Rn. 1.19).
Da die Klägerin bereits am 29.04.2018 per E-Mail ihren Bevollmächtigten informiert hat, lag ihr spätestens zu diesem Zeitpunkt das Abmahnschreiben vor. Da es sich bei diesem Tag um einen Sonntag handelt und die Abmahnung offenbar per Post übersandt worden ist, dürfte sie sogar noch mindestens einen Tag früher zugegangen sein. Der Lauf der Verjährung begann daher spätestens am 29.04.2018. Bei Beantragung des Mahnbescheides am 30.10.2018 war daher bereits Verjährung eingetreten.
Bei dieser Sachlage kam es nicht mehr darauf an, ob – wozu die Kammer im Hinblick auf die Höhe des geforderten Aufwendungsersatzes und die Nichtweiterverfolgung des Anspruchs allerdings neigt – überhaupt einen Anspruch aus § 8 Abs. 4 S. 2 UWG entstanden ist. Die Klage war vielmehr wegen der eingetretenen Verjährung mit der gesetzlichen Kostenfolge abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.