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Rechtsschutz gegen Infektionsschutzrechtliche Verordnung –  Hochzeitsfeiern – mehr als 50 Personen

OVG Lüneburg – Az.: 13 MN 280/20 – Beschluss vom 29.07.2020

Der Antrag wird verworfen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin verwaltet ein Anwesen, das sie für festliche Veranstaltungen wie etwa Hochzeitsfeiern vermietet. Sie wendet sich gegen eine Beschränkung der Teilnehmerzahl derartiger Veranstaltungen durch die (6.) Niedersächsische Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 – Nds. Corona-Verordnung – vom 10. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 226), berichtigt am 15. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 257).

II. Der sinngemäß gestellte Antrag, § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Nds. Corona-Verordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit dadurch eine Teilnahme an Hochzeitsfeiern und standesamtlichen Trauungen sowie entsprechenden Jubiläen mit nicht mehr als 50 Personen für zulässig erklärt wird, bleibt ohne Erfolg.

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

Der Antrag ist unzulässig.

Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die Nds. Corona-Verordnung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).

Rechtsschutz gegen Infektionsschutzrechtliche Verordnung -  Hochzeitsfeiern - mehr als 50 Personen
Symbolfoto: Von Donenko Oleksii/Shutterstock.com

Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

Die Antragstellerin ist aber nicht antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

1. Die Antragsbefugnis scheitert nicht daran, dass sie selbst keine Teilnehmerin an entsprechenden Feiern ist.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 – BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 – BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 – BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 – BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 20.12.2017 – 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).

Nach diesem Maßstab ist die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Verletzung der Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 Abs. 1 GG gegeben.

Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz dieses Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, wie die Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung zeigt. Andererseits schützt es aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Das ist bei vielen Normen der Fall. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Norm, auf die die Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Das heißt allerdings nicht, dass die Berufstätigkeit unmittelbar betroffen sein muss. Es kann vielmehr auch vorkommen, dass eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen er ausgeübt werden kann. In diesem Fall ist der Berufsbezug ebenfalls gegeben. Das gilt auch für durch Verordnungen auferlegte Teilnahmebeschränkungen. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfG, Urt. v. 8.4.1997 – 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, juris Rn. 135).

Die hier streitgegenständliche Teilnahmebeschränkung bei Hochzeiten und ähnlichen Veranstaltungen verändert nach der Behauptung der Antragstellerin die Rahmenbedingungen, unter denen sie das Anwesen vermieten kann. Teilnehmerbeschränkungen stehen in engem Zusammenhang mit den Möglichkeiten, Räumlichkeiten, die mehr als die beschränkte Teilnehmerzahl zulässt, am Markt anzubieten und regeln damit objektiv, wofür diese Räumlichkeiten nicht genutzt werden können.

2. Die Antragsbefugnis scheitert indes daran, dass die Teilnahme an entsprechenden Feiern, zu welchen die Antragstellerin das Anwesen vermietet, nicht durch § 1 Abs. 5 Nr. 1 der Nds. Corona-Verordnung eingeschränkt ist.

§ 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung schränkt die Teilnehmeranzahl für Hochzeitsfeiern, die in privat angemieteten Räumlichkeiten mit geladenen und namentlich bekannten Gästen stattfinden, nicht ein.

Der Regelungsinhalt des § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung ist im Zusammenhang mit den vorstehenden Absätzen 2 bis 4 zu bewerten:

(2) Physische Kontakte einer Person außerhalb der eigenen Wohnung sind nur erlaubt, wenn die in den Absätzen 3 und 4 genannten Bedingungen eingehalten werden.

(3) 1In der Öffentlichkeit sowie in den für die Öffentlichkeit zugänglichen und für einen Besuchs- oder Kundenverkehr geöffneten Einrichtungen jeglicher Art hat jede Person soweit möglich einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten (Abstandsgebot). […]

(4) 1Zusammenkünfte und Ansammlungen von Menschen im öffentlichen Raum dürfen nicht mehr als 10 Personen umfassen. 2Abweichend von Satz 1 sind mehr als 10 Personen zulässig, wenn […]

3. dies in den nachfolgenden Regelungen dieser Verordnung ausdrücklich zugelassen ist.

(5) Unter Einhaltung der Anforderungen nach Absatz 3 Sätze 1 und 2 ist die Teilnahme an

1. Hochzeitsfeiern und standesamtlichen Trauungen sowie entsprechenden Jubiläen […]

zulässig, jedoch mit jeweils nicht mehr als 50 Personen.

a) Nach dieser Regelungssystematik ist § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung allein eine Lockerung der in § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung festgesetzten Beschränkungen zu entnehmen.

Die Corona-Verordnungen des Antragsgegners haben von jeher eine Privilegierung für Hochzeitsfeiern und ähnliche Feiern gegenüber sonstigen feierlichen Anlässen vorgesehen. So gestatteten bereits die (1.) Niedersächsische Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 (Nds. GVBl. S. 48) und die (2.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 2. April 2020 (Nds. GVBl. S. 55) die Teilnahme an Hochzeitsfeiern „im engsten Familienkreis“ (§ 3 Nr. 10 bzw. 11), während die Ansammlung im öffentlichen Raum grundsätzlich auf zwei Personen beschränkt war (§ 2 Abs. 3). Während letztgenannte Beschränkung unverändert bestehen blieb, eröffneten die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 (Nds. GVBl. S. 63), geändert durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 9. April 2020 (Nds. GVBl. S. 70), und die (4.) Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 (Nds. GVBl. S. 74), geändert durch Verordnungen zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 24. April 2020 (Nds. GVBl. S. 84) und vom 5. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 90), die Möglichkeit der Teilnahme an Hochzeitsfeiern für „höchstens insgesamt zehn Personen“ (§ 3 Nr. 11). Während der Verordnungsgeber an der Beschränkung der Ansammlung im öffentlichen Raum auf grundsätzlich zwei Personen auch in der Folge festhielt, erweiterte er die Möglichkeit der Teilnahme an Hochzeitsfeiern durch die (5.) Niedersächsische Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 97) zunächst auf „höchstens insgesamt 20 Personen“ (§ 3 Nr. 11) und durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 5. Juni 2020 (Nds. GVBl. S. 147) auf „nicht mehr als 50 Personen“ (§ 3 Nr. 11). Erst durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 19. Juni 2020 (Nds. GVBl. S. 155) wurde auch die Beschränkung der Ansammlung im öffentlichen Raum auf grundsätzlich zehn Personen gelockert (§ 2 Abs. 3). Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner durch die Neufassung der Nds. Corona-Verordnung vom 10. Juli 2020 nicht mehr an diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis festhalten und nunmehr stattdessen eine Schlechterstellung von Hochzeitsfeiern gegenüber anderen, unbenannten festlichen Anlässen festschreiben wollte. Der Antragsgegner hat vielmehr im vorliegenden Verfahren ausdrücklich erklärt, § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung sei (weiterhin) als Ausnahme der Personenbegrenzung für Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum nach § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung zu sehen.

b) § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung enthält keine Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Zusammenkünften im privaten Raum.

aa) Die Auffassung des Antragsgegners, § 1 Abs. 3 und 4 der Nds. Corona-Verordnung würden Abstandsgebote und Ansammlungsverbote für jegliche physischen Kontakte außerhalb der eigenen Wohnung (§ 1 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung) festsetzen, trifft nach dem Wortlaut und der Systematik der Verordnung ersichtlich nicht zu.

Hiergegen spricht zunächst die Verwendung unterschiedlicher Begriffe in § 1 Abs. 2 bis 4 der Nds. Corona-Verordnung. § 1 Abs. 2 knüpft an einen Bereich „außerhalb der eigenen Wohnung“ an. Das Abstandsgebot nach § 1 Abs. 3 gilt hingegen nur „in der Öffentlichkeit sowie in den für die Öffentlichkeit zugänglichen und für einen Besuchs- oder Kundenverkehr geöffneten Einrichtungen jeglicher Art“. Das Ansammlungsverbot nach § 1 Abs. 4 ist gar auf den „öffentlichen Raum“ beschränkt. Insgesamt stellt die Verordnung somit fünf Bereiche (1. außerhalb der eigenen Wohnung, 2. in der Öffentlichkeit, 3. in für die Öffentlichkeit zugänglichen Einrichtungen, 4. in für einen Besuchs-oder Kundenverkehr geöffneten Einrichtungen, 5. im öffentlichen Raum) nebeneinander, ohne sie allerdings in Beziehung zueinander zu setzen. Der vermeintliche Willen des Normgebers, einen einheitlichen (Anwendungs-)Bereich bestimmen zu wollen, hat jedenfalls in der Nds. Corona-Verordnung keinen Niederschlag gefunden.

Aus der Systematik der Norm ergibt sich die vom Antragsgegner behauptete einheitliche Bereichsbestimmung ebenfalls nicht. Zwar setzt § 1 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung fest, dass physische Kontakte außerhalb der eigenen Wohnung nur erlaubt sind, wenn § 1 Abs. 3 und 4 eingehalten werden. Für diejenigen Bereiche, für die § 1 Abs. 3 und Abs. 4 keine Regelungen trifft, führt dies aber nicht dazu, dass überhaupt kein physischer Kontakt erlaubt ist, sondern dazu, dass keine Bedingungen für diesen Kontakt einzuhalten sind.

Zuletzt dürfte eine derart einheitliche Bereichsbestimmung (außerhalb/innerhalb der eigenen Wohnung) vom Normgeber auch kaum beabsichtigt worden sein. Würde man etwa das Ansammlungsverbot des § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung auf alle Lebensbereiche „außerhalb der eigenen Wohnung“ anwenden, so wären damit auch Zusammenkünfte von mehr als 10 Personen zu beruflichen Zwecken untersagt, was weite Teile des Berufslebens zum Erliegen bringen würde. § 6 der Nds. Corona-Verordnung, der Regelungen zur Berufsausübung trifft, sieht keine Abweichung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 der Nds. Corona-Verordnung vor. Auch Mitglieder des Landtages dürften sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben allenfalls zu zehnt treffen (vgl. § 6 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung, der ebenfalls keine Abweichung i.S.v. § 1 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 der Nds. Corona-Verordnung vorsieht). Vielmehr betrifft das Ansammlungsverbot nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der Nds. Corona-Verordnung mit dem Begriff „öffentlicher Raum“ einen Bereich, der ersichtlich weniger umfassen soll als alle Lebensbereiche außerhalb der eigenen Wohnung.

bb) Ansammlungen und Zusammenkünfte geladener und namentlich bekannter Gäste in privat angemieteten Räumlichkeiten unterfallen nicht dem Ansammlungsverbot „im öffentlichen Raum“ nach § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung.

Die meisten Bundesländer verwenden den Begriff des „öffentlichen Raums“ in ihren jeweiligen Corona-Verordnungen. Die Sechste Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 19. Juni 2020 (zuletzt geändert durch V. v. 14.7.2020, BayMBl. Nr. 403) setzt in ihrem § 2 Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum fest und regelt dann in ihrem § 3 Kontaktbeschränkungen im privaten Raum: „Der Teilnehmerkreis einer Zusammenkunft in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken ist unter Berücksichtigung von § 1 Abs. 1 zu begrenzen.“. Somit erfolgt dort eine Abgrenzung zwischen privat genutzten Räumen und Grundstücken einerseits und dem öffentlichen Raum anderseits. § 2 Abs. 4 Satz 1 der Schleswig-Holsteinischen Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 26. Juni 2020 (zuletzt geändert durch LVO v. 10.7.2020) sieht ein Kontaktverbot für „Ansammlungen im öffentlichen Raum und Zusammenkünfte zu privaten Zwecken“ vor und unterscheidet damit ebenfalls zwischen Öffentlichem und Privatem.

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Der Senat hat im Rahmen eines Normenkontrolleilverfahrens zur Überprüfung des Ansammlungsverbots nach § 2 Abs. 3 der (5.) Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 8. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 97) angenommen, dass „öffentlich“ jeder Raum ist, der für die Öffentlichkeit frei zugänglich, für den also ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (Senatsbeschl. v. 11.6.2020 – 13 MN 192/20 -, juris Rn. 35 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 10.12.2010 – 1 BvR 1402/06 -, juris Rn. 19). Dieser Begriffsbestimmung ist der Verordnungsgeber in der (6.) Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 226), berichtigt am 15. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 257), nicht entgegengetreten. Sie beansprucht daher weiterhin Geltung. Der „Öffentliche Raum“ im Sinne des § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung dürfte damit die ersten beiden Fallvarianten des § 1 Abs. 3 der Nds. Corona-Verordnung „Öffentlichkeit“ und „für die Öffentlichkeit zugängliche … Einrichtungen jeglicher Art“ umfassen. Hieraus folgt, dass privat angemietete Räumlichkeiten für geladene und namentlich bekannte Gäste ersichtlich keinen „öffentlichen Raum“ darstellen.

c) Da § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung als Lockerung bzw. Privilegierung gegenüber § 1 Abs. 4 der Nds. Corona-Verordnung zu verstehen ist und § 1 Abs. 4 jedenfalls keine Regelung für derartige Veranstaltungen trifft, findet die Teilnehmerbeschränkung nach § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung für die dort benannten Feiern dann keine Anwendung, wenn sie in privat angemieteten Räumlichkeiten für geladene und namentlich bekannte Gäste erfolgen.

III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens nach dem Rechtsgedanken des § 155 Abs. 4 VwGO zu tragen. Danach können einem Beteiligten Kosten auferlegt werden, die durch dessen Verschulden entstanden sind. So liegt es hier.

Der Antragsgegner hat sich dezidiert dahin geäußert, er sei – als Verordnungsgeber – der Auffassung, mit § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung eine Teilnehmerbegrenzung für die dort aufgezählten Feiern festgesetzt zu haben, soweit diese außerhalb der eigenen Wohnung stattfinden. Mit derartigen Äußerungen – die die wahre Verordnungslage unzutreffend wiedergeben – hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass sich auch bei der Antragstellerin die irrige Ansicht bildete, Hochzeitsfeiern in privat angemieteten Räumlichkeiten für geladene und namentlich bekannte Gäste seien entsprechend begrenzt. Der von dieser Prämisse ausgehend gebildete Standpunkt der Antragstellerin, sie sei betroffen, halte diese Begrenzung aber für rechtswidrig und daher unwirksam, hat die Antragstellerin zu dem hier gestellten unzulässigen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Norm nach § 47 Abs. 6 VwGO veranlasst. Die Existenz dieses Verfahrens muss sich der Antragsgegner zurechnen lassen.

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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