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Rechtsschutzversicherung – Versicherungsschutz für Überprüfung eines gerichtlichen Gutachtens

AG Kirchhain, Az.: 7 C 522/14 (1), Urteil vom 30.04.2015

Die Beklagte wird verurteilt, Herrn … von der Rechnung der … Rechnung Nr. … vom … in Höhe von … Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2013 freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten eines im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eingeholten Privatgutachtens in Höhe von 333,20 Euro gemäß der Rechnung der … vom 29.05.2013 und den seit dem 27.06.2013 angefallenen Verzugszinsen zu. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen ihnen unter der Versicherungsschein-Nr. … ein Rechtsschutzversicherungsvertrag besteht, in den die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der … Rechtsschutz-Versicherung …, nämlich deren ARB 75, einbezogen worden sind. Unstreitig ist ferner, dass unter diesen Vertrag grundsätzlich auch Gutachterkosten fallen, die in dem verfahrensgegenständlichen Bußgeldverfahren (Az.:…) angefallen sind. Nach § 2 Abs. 2 e) ARB 75 trägt der Versicherer die Kosten des für die Verteidigung erforderlichen Gutachtens eines öffentlich bestellten technischen Sachverständigen in Verfahren wegen Verletzung einer verkehrsrechtlichen Vorschrift des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts. Die im Tenor näher bezeichnete Rechnung hat derartige Kosten zum Gegenstand. Auch eine Gutachtenprüfung durch einen Sachverständigen ist unzweifelhaft ein Gutachten im Sinne der Versicherungsbedingungen. Der Kostentragungspflicht der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie bereits die Kosten für 2 weitere in demselben Verfahren erstattete Gutachten, nämlich für das Gutachten der … vom … und das vom Gericht eingeholte Gutachten der DEKRA übernommen hat. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. u.a. BGH NJW 2012, 3023 – 3031), der das Gericht folgt, sind Allgemeine Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind.

Unter Anwendung der dargelegten Grundsätze gilt:

Der Wortlaut der maßgeblichen Versicherungsbedingung sieht keine zahlenmäßige Beschränkung auf nur ein Gutachten vor. Somit kommt es entscheidend nur noch darauf an, ob die Gutachtenüberprüfung vom 29.05.2013 für die Verteidigung erforderlich war. Auch bei der Beurteilung dieser Frage ist auf eine verständige Würdigung des Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung seiner Interessen abzustellen. Danach muss die erfolgte Gutachtenüberprüfung als zur Verteidigung in dem genannten Bußgeldverfahren erforderlich angesehen werden. Aus der beigezogenen Bußgeldakte ergibt sich, dass dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Erstattung seines schriftlichen Gutachtens vom … das Privatgutachten vom … nicht vorlag, er sich folglich damit auch nicht auseinandersetzen konnte. Ohne Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen wurde die Verhandlung vom 13.05.2013 unterbrochen und neuer Termin auf den 31.05.2013 bestimmt. In diesem Termin, der mit dem Erlass eines Urteils endete, stellte der Verteidiger nach Vernehmung des Sachverständigen … von der DEKRA und gestützt auf die zwischenzeitlich erfolgte „Gutachtenüberprüfung“ vom … diverse Beweisanträge. Auch wenn diesen letztlich nicht nachgegangen wurde, kann bei der aufgezeigten Sachlage keine Rede davon sein, das Gutachten vom …  sei zur Verteidigung nicht erforderlich gewesen. Auch ein vom Gericht eingeholtes Gutachten kann Fehler aufweisen. Die Aufdeckung eventueller Mängel liegt im erheblichen Interesse des Versicherungsnehmers und muss deshalb auch das Ziel der Verteidigung sein.

Nach alledem musste der Klage stattgegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708Ziffer 11, 711,713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 ZPO).

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

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