AMTSGERICHT BERGISCH GLADBACH
Az.: 61 C 300/02
Urteil vom 22.06.2001
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach, Abt. 61, auf die mündliche Verhandlung vom 22.0 6.2001 für Recht erkannt:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 12.09.2000 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch den Vollstreckungsbescheid entstandenen besonderen Kosten. Diese trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von einer Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 495 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Offenbleiben kann dabei, ob – wovon aber das Gericht auf der Grundlage der Beweisaufnahme vom 22.06.2001 ausgeht – der in der Wohnung der Klägerin entstandene Schaden dadurch ausgelöst worden ist, dass in der Wohnung der Beklagten bewusst oder versehentlich bei Reinigungsarbeiten in der Küche Wasser auf den Boden gegossen worden ist.
Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin setzt zunächst ein schuldhaftes, das heißt fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten der Beklagten voraus. Die Beklagte müsste also gegen mietvertragliche Fürsorgepflichten verstoßen haben. Dies ist indessen nicht zu erkennen.
Zweifelhaft ist zunächst, ob das Verschütten bzw. Ausgießen von Wasser auf dem Küchenboden zum Zwecke der Reinigung einen Verstoß gegen mietvertragliche Fürsorgepflichten darstellt. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es absolut üblich ist, gerade Küchenböden „nass“ zu reinigen, was schon den Einsatz einer bestimmten Menge von Wasser voraussetzt. Die Statuierung einer mietvertraglichen Fürsorgepflicht, wonach der Mieter verpflichtet ist, den Boden seiner Wohnung, konkret der Küche, entweder überhaupt nicht oder aber zumindest nur mit einer geringfügigen Menge Wasser zu reinigen, setzt voraus, dass dem Vermieter im Falle pflichtwidrigen Verhaltens ein Schaden droht. Dies wiederum bedeutet gerade für „Fürsorgepflichten“, die nicht ausdrücklich mietvertraglich festgelegt werden, dass ein etwaiger bzw. wahrscheinlicher Schaden des Vermieters für den Mieter erkennbar sein muss, weil sich nur aus einer derartigen Erkennbarkeit von möglichen Schäden die (ungeschriebene) Fürsorgepflicht ergeben kann, derartige Schäden zu vermeiden.
Vorliegend ist festzustellen, dass sich zumindest im streitigen Küchenbereich ein PVC-Boden befindet. Ein derartiger Boden ist regelmäßig wasserundurchlässig mit der Folge, dass Reinigungswasser weder am Boden selbst noch am Unterboden irgendwelche Schäden anrichten kann. Die Verwendung von „zu viel Wasser“ oder versehentlich verschüttetes Wasser kann also regelmäßig nur dem Mieter selbst Schaden zufügen. Hinzukommt, dass der Mieter dann, wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auch davon ausgehen kann und muss, dass – jedenfalls bei Wassermengen der in Rede stehenden Art – Schäden an einem Betonboden bzw. Zementestrich ohnehin nicht auftreten können. Insbesondere muss – vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte – kein Mieter damit rechnen, dass trotz des Vorhandenseins einer Betondecke die Zwischendecke zur unteren Wohnung derartig konstruiert bzw. schlecht abgedichtet ist, dass Wasser, was unter den Oberboden (PVC) gelangt, sogleich in die untere Wohnung durchdringt. Eine derartige Konsequenz mag bei einem reinen Holzboden oder einer gleichartigen „Leichtbaudecke“ vorhersehbar sein; zumindest bei einer Betondecke ist dies zu verneinen.
Nach allem ergibt sich, dass schon wegen der fehlenden Vorhersehbarkeit eines etwaigen Schadens des Vermieters eine entsprechende Fürsorgepflicht der Beklagten im Hinblick auf die Verwendung von Putzwasser nicht bestanden hat. Ob der eingetretene Schaden daher noch adäquat oder aber schon „so entfernt“ ist, dass er nach der Erfahrung des Lebens vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden konnte (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, 60. Auflage, vor § 249 Rn 59) bedarf daher keiner Vertiefung mehr.
Aus den gleichen Erwägungen ergibt sich, dass eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten auch nicht dadurch zu begründen ist, dass sie das „stehende Putzwasser“ nicht sofort aufgewischt hat. Zum einen gelten auch für diesen Fall die vorstehenden Erwägungen zur Vorhersehbarkeit eines etwaigen Schadens des Vermieters. Zum anderen ergibt sich aus den bekundeten Feststellungen der Zeugen Winterschladen eindeutig, dass Ursache für den Wasserschaden allein dasjenige Wasser gewesen ist, das – vermutlich schwallartig – gegen die Wand gelaufen und dann unter den PVC-Boden gelangt ist. Von demjenigen Putzwasser aber, was danach auf dem PVC-Boden noch gestanden haben mag, kann aber nach den Feststellungen der Zeugen Winterschladen keine weitere Gefahr ausgegangen sein.
Klarzustellen bleibt lediglich, dass jedenfalls nunmehr für die Beklagte die besondere Schadensanfälligkeit des Deckenaufbaus bei der Verwendung von Putzwasser bekannt ist. Daraus folgt nicht etwa, dass die Klägerin verpflichtet wäre, den Schadensanfälligen Deckenaufbau zu ändern. Vielmehr ist es der Beklagten zumutbar, für die Zukunft ihr Verhalten – konkret ihre Reinigungstätigkeit unter Verwendung von Wasser – auf diesen ihr bekannten Umstand einzustellen und den Boden nur noch mittels eines feuchten Aufnehmers oder dergleichen „feucht zu wischen“.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. l, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: 824,18 DM