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Reiseabbruchversicherung – zusätzliche Rückreisekosten

LG Düsseldorf – Az.: 9 S 25/15 – Urteil vom 28.04.2016

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2015 – 29 C 24/25 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Versicherungsansprüche nach dem vorzeitigen Abbruch einer Reise geltend.

Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann bei der Firma A im Zeitraum vom 12. bis 26.04.2014 eine Ayurvedakur in Nepal mit Unterbringung in einem „Premier Room“ und Vollpension zu einem Gesamtpreis von 4.810,00 EUR für zwei Personen zuzüglich Transferkosten von 125,00 EUR und Kreditkartenkosten i.H.v. 49,35 EUR. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf die Reisebestätigung/Rechnung auf Bl. 7, 8 der Gerichtsakte verwiesen. Die Klägerin und ihr Ehemann wurden in einem eigenständigen Haus untergebracht. Den Hin- und Rückflug buchte die Klägerin separat über ihre U Credit Card. Emittentin dieser Kreditkarte ist die B, die mit der Beklagten einen Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen hatte. In den Erläuterungen zum Versicherungspaket für die U Credit Card (Anlage K2) heißt es unter anderem:

§ 6 Sonderbedingungen für gemietete Ferienwohnungen/Mietobjekte

Dieser Abschnitt findet bei Abschluss von Mietverträgen für Ferienwohnungen Ferienhäuser, Ferienappartements, Hotelzimmer mit Hotelverpflegung, Wohnwagen, Wohnmobile, gemietete Personenkraftwagen sowie Schiffscharter (Mietobjekte) Anwendung.

Der Versicherer leistet Entschädigung:

a) bei Nichtbenutzung der gemieteten Ferienwohnung/Mietobjekte aus einem der in § 7 Abs. 2 genannten wichtigen Gründe für die dem Vermieter oder einem anderen vom Versicherten vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten/Stornokosten;

b) bei vorzeitiger Aufgabe der Ferienwohnung, des Ferienhauses oder des Ferienappartements im Hotel aus einem der in § 7 Abs. 2 genannten wichtigen Gründe für den nicht abgewohnten Teil der Mietkosten, falls eine Weitervermietung nicht gelungen ist.

§ 7 Versicherungsumfang

1. Der Versicherer leistet Entschädigung:

a) bei Nichtantritt der Reise für die dem Reiseunternehmen oder einem anderen vom Versicherten vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten/Stornokosten;

b) bei Abbruch der Reise für die nachweislich entstandenen zusätzlichen Rückreisekosten und hierdurch unmittelbar verursachten sonstigen Mehrkosten des Versicherten, vorausgesetzt, dass An- und Abreise in den versicherten Arrangements enthalten sind; dies gilt auch im Falle nachträglicher Rückkehr.

Der Vertrag enthält eine Selbstbeteiligung i.H.v. 10 %.

Aufgrund des Todes des Vaters der Klägerin brachen die Klägerin und ihr Ehemann die Reise am 19.04.2014 ab. Die Beklagte erstattete der Klägerin die Kosten für den nicht planmäßigen Rückflug abzüglich der Selbstbeteiligung i.H.v. 1.920,42 EUR.

Die Klägerin begehrt in erster und zweiter Instanz von der Beklagten die Erstattung der Kosten für den aufgrund des Versicherungsfalls nicht in Anspruch genommenen Teil der Reise für den Zeitraum von sieben Tagen, also die Hälfte des Reisepreises sowie eines nicht in Anspruch genommenen Tageszimmers „Summerhill House“, jeweils abzüglich der Selbstbeteiligung. Vorgerichtlich lehnte die Beklagte eine Leistungspflicht wiederholt ab.

Die Klägerin hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, bei dem gebuchten „Premier Room“ handele es sich um ein Ferienhaus, so dass sich ein Leistungsanspruch aus § 6 der Versicherungsbedingungen ergebe. Dieser komme neben § 7 zur Anwendung. Andernfalls würde es sich bei § 7 um eine überraschende Klausel handeln, wenn sich daraus keine anteilige Entschädigungspflicht ergäbe, da der Sinn einer Reiseabbruchversicherung gerade darin bestehe, den Versicherungsnehmer bei vorzeitigem Abbruch der Reise gegen einen Schaden in Gestalt nutzloser Aufwendungen abzusichern.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.208,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2014 zu zahlen und sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v 334,75 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Aufenthalt der Klägerin in Nepal falle nicht unter § 6. Die entsprechenden Klauseln in den Versicherungsbedingungen seien auch wirksam.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Als Begründung hat es ausgeführt, dass die begehrte Leistung nicht vom Versicherungsumfang gedeckt sei, weil § 6 der Bedingungen nicht zur Anwendung komme. § 6 setze den Abschluss eines Mietvertrags voraus, der hier nicht vorliege. Die Klägerin habe keinen Mietvertrag, sondern einen Reisevertrag abgeschlossen, da neben der Gebrauchsüberlassung weitere Hauptleistungen in Anspruch genommen worden seien. Diese Differenzierung sei gerechtfertigt, denn ohne diese Klausel könne der Mieter eines Ferienhauses regelmäßig überhaupt keine Versicherungsleistung wegen Abbruchs einer Reise verlangen.

Aus § 7 ergebe sich der von der Klägerin verfolgte Anspruch ebenfalls nicht, da die Klägerin mit der Klage keine zusätzlichen, durch den Abbruch der Reise verursachten Kosten geltend mache. Leistungen wegen nutzlos aufgewandter Reisekosten könnten nach § 7 nicht verlangt werden. Damit würde auch der Versicherungsschutz nicht ausgehöhlt. Ferner könne die Klägerin den Betrag i.H.v. 49,35 EUR nicht ersetzt verlangen, weil es sich hierbei eindeutig um ein Transaktionsentgelt handele. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche weiter. Sie meint, dass § 7 Ziffer 1 b) überraschend sei und den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige. Denn nach dem maßgeblichen Sinn und Zweck sichere eine Reiseabbruchversicherung den Versicherungsnehmer gegen den Schaden in Gestalt nutzloser Aufwendungen ab. Mit der Argumentation des Amtsgerichts könne ein Versicherungsnehmer diese Kosten niemals ersetzt verlangen. Bei dem Betrag i.H.v. 49,35 EUR handele es sich um in Folge des Reiseabbruchs entstandene Leistungen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2015, 29 C 24/15 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass Hotelleistungen bei Reiseabbruch grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien. Die Klägerin habe entgegen ihren Behauptungen in einem Hotel und nicht in einem Ferienhaus gewohnt. Ein Ferienhaus oder ein Ferienappartement werde ohne jegliche weiteren Leistungen gebucht, wohingegen die Klägerin unter anderem Leistungen wie Vollpension, Beförderung und Ayurvedakur in Anspruch genommen habe. Aus § 7 ergebe sich eindeutig, dass danach nur zusätzliche Kosten erstattet würden, Kosten für nicht genutzte Unterkünfte würden nur im Umfang von § 6 ersetzt. Diese Differenzierung sei auch nicht als überraschend zu qualifizieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Versicherungsschutz nur als Zugabe zum Kreditkartenvertrag erhalte. Sie müsse daher damit rechnen, dass dieser Versicherungsschutz geringer ausfalle als bei einer normalen S. Ein Anspruch auf Zahlung von 49,35 EUR bestehe, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe, nicht.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, sodass sie zurückzuweisen ist.

I.

Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Ein Anspruch auf Leistung in Höhe des anteiligen Reisepreises ab Abbruch der Reise ergibt sich nicht aus § 7 der Versicherungsbedingungen. Nach dem eindeutigen Wortlaut werden nach § 7 Ziffer 1 b) nur die nachweislich entstandenen zusätzlichen Rückreisekosten und die hierdurch unmittelbar verursachten sonstigen Mehrkosten erstattet. Die zusätzlichen Kosten für die vorzeitige Rückreise hat die Beklagte – abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts von 10% – unstreitig zu Auszahlung gebracht; sie sind nicht Gegenstand der Klage.

Für die Erstattung des Kostenanteils, der auf den nicht wahrgenommenen Teil der Reise entfällt, stellt § 7 keine Grundlage dar. Die Klausel ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unwirksam. Sie ist aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers weder überraschend noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung dar. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel bezieht sich die diesbezügliche Versicherungsleistung allein auf zusätzliche Kosten. Allein der Umstand, dass weitere Kosten, wie insbesondere nicht abgewohnte Anteile der Mietkosten, hiervon nicht umfasst sind, stellten keine unangemessene Benachteiligung dar. Auch ist diese Regelung aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers nicht überraschend. Anders als die Beklagte meint, kann zwar nicht allgemein angenommen werden, dass ein Versicherungsnehmer, der im Rahmen eines Kreditkartenvertrags zusätzlich versicherte Person einer S wird, damit rechnen müsse, dass der Versicherungsumfang hinter demjenigen einer „normalen“ S zurückbleiben würde. Gleichwohl erweist sich die maßgebliche Regelung in § 7 nicht als unwirksam. Denn es steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin versicherte Person einer Reiseabbruchversicherung ist.

Dabei berücksichtigt die Kammer (wie auch z.B. das Landgericht Düsseldorf im Urteil vom 25.07.2012 – 11 O 40/12), dass ein Versicherungsnehmer, der neben einer Reiserücktrittsversicherung eine Reiseabbruchversicherung abschließt, grundsätzlich davon ausgehen darf, dass damit nicht nur die zusätzlichen Kosten einer vorzeitigen Beendigung der Reise ausgeglichen werden, sondern dass er auch eine Entschädigung für infolge des Abbruchs nicht in Anspruch genommene Reiseleistungen erhält, weil die Reiseabbruchversicherung den Versicherungsnehmer gegen einen Schaden in Gestalt nutzloser Aufwendungen absichern soll, der ihm entsteht, wenn er die Reise aus einem der versicherten Gründe abbrechen muss.

Nach Auffassung der Kammer unterscheidet sich die vorliegende Konstellation jedoch entscheidend von der Situation, die dem vorstehend zitierten Urteil zugrunde lag. Dort war ausweislich der Urteilsgründe durch Zahlung des Reisepreises mit der Kreditkarte des Klägers ausdrücklich eine Reiserücktrittskostenversicherung sowie eine Reiseabbruchversicherung zwischen den dortigen Parteien zustande gekommen. Demgegenüber fehlt es hier an dem ausdrücklichen Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung. Es besteht vorliegend unabhängig von der Zahlung einer Reise mit der Miles & More Kreditkarte ein Versicherungsvertrag zwischen der Emittentin der Kreditkarte und der Beklagten. Die Klägerin ist insoweit als versicherte Person hinsichtlich des in Anlage K2 näher beschriebenen Versicherungspakets anzusehen. Die Parteien haben nicht vorgetragen, dass explizit eine Reiseabbruchversicherung abgeschlossen worden wäre. Soweit die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 24.03.2016 darauf verweist, dass die Beklagte selbst in der nach Abbruch der Reise geführten Korrespondenz von einer Reiseabbruchversicherung ausgegangen ist, ergibt sich daraus nicht automatisch, dass ex ante neben einer Reiserücktrittsversicherung eine Reiseabbruchversicherung abgeschlossen war. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die in dem Versicherungspaket enthaltenen Leistungen im Vorfeld (etwa im Rahmen der Bewerbung der U Kreditkarte) ausdrücklich als Reiseabbruchversicherung bezeichnet worden wären. Insbesondere die Bezeichnung der Anlage K2 (Erläuterungen zum Versicherungspaket für die U Credit Card) lässt nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Klägerin bei Abschluss des Kreditkartenvertrags vom Abschluss einer Reiseabbruchversicherung ausgegangen wäre.

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Vielmehr muss die Kammer angesichts des Vortrags der Parteien davon ausgehen, dass ein Versicherungspaket Bestandteil des Kreditkartenvertrags geworden ist, dessen Inhalt in der Anlage K2 näher dargestellt ist. Wird ein Kreditkartenkunde mit Abschluss eines Kreditkartenvertrags versicherte Person eines Versicherungsvertrags, der nicht ausdrücklich als Reiseabbruchversicherung bezeichnet ist, wird – anders als bei einer explizit bezeichneten Reiseabbruchversicherung – beim Versicherungsnehmer nicht das berechtigte Vertrauen begründet, dass er im Falle eines frühzeitigen Abbruchs der Reise auch eine Entschädigung für infolge des Abbruchs nicht in Anspruch genommene Reiseleistungen erhalte. Denn es handelt sich gerade nicht explizit um eine Reiseabbruchversicherung, sondern vielmehr um ein Versicherungspaket, das Elemente einer Reiserücktritts- und -abbruchversicherung enthält.

Diese Unterscheidung zeigt, dass die sich als nutzlos herausstellenden Kosten nicht stets von sämtlichen Versicherungen, die Reiserisiken absichern, abgedeckt sein müssten. Eine entsprechende berechtigte Erwartungshaltung eines Versicherungsnehmers (oder einer versicherten Person) wird gerade nicht bei jeder Versicherung betreffend Reiserisiken hervorgerufen. Dem stehen auch die seitens der Klägerin zitierten Entscheidungen nicht entgegen. Denn – wie das Amtsgericht zutreffend ausführt – beziehen sich diese Entscheidungen beziehen andere Sachverhalte und Versicherungsbedingungen. Allein der Umstand, dass die Versicherungsbedingungen der Beklagten von aktuellen Musterbedingungen abweichen mögen, führt nicht dazu, dass abweichende Klauseln als unwirksam anzusehen wären. Entsprechend führt der BGH in der von der Klägerin zitierten Entscheidung in Bezug auf die Berechnung des Werts des nicht genutzten Teils einer Reiseleistung (einer Pauschalreise) auch ausdrücklich aus, dass dann, wenn der Versicherer die Erstattung des Werts der nicht genutzten Reiseleistung verspricht, der Pauschalpreis für die Berechnung maßgeblich ist (BGH VersR 2004, 600). Damit bestätigt der BGH aber, dass dies nur dann gilt, wenn eine entsprechende Leistung versprochen wird. Die Beklagte hat in § 7 jedoch keine Erstattung der Kosten, die auf nicht genutzte Reisezeiten entfallen, versprochen und auch nicht eine solche Erwartung versicherter Personen geweckt.

2. Ein Anspruch auf Zahlung der anteiligen Kosten für die Reise ergibt sich auch nicht aus § 6 b) der Versicherungsbedingungen. Diese Klausel mag zwar grundsätzlich neben § 7 zur Anwendung kommen. Sie setzt jedoch den Abschluss eines Mietvertrags (für Ferienwohnungen, Ferienhäuser, Ferienappartements, Hotelzimmer mit Hotelverpflegung, Wohnwagen etc.) voraus. Daran fehlt es hier. Denn zwischen der Klägerin und dem Resort existierte ein Reisevertrag. Darauf, ob die Klägerin und ihr Ehemann in einem Hotel oder einem (zu einem Resort gehörenden) Ferienappartement gewohnt haben, kommt es danach – wie das Amtsgericht zutreffend ausführt – nicht an.

Anders als beim Mietvertrag, der auf die entgeltliche Gebrauchsüberlassung gerichtet ist, liegt ein Reisevertrag vor, wenn Vertragsgegenstand eine Gesamtheit an Reiseleistungen ist, vgl. § 651a Abs. 1 BGB. Das setzt voraus, dass mindestens zwei einzelne Reiseleistungen gebündelt erbracht werden (vgl. Tonner in: Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, § 651a Rn. 13). Im Gegenzug entrichtet der Reisende ein einheitliches Entgelt für die gebündelten Leistungen. Einen solchen Reisevertrag hatte die Klägerin mit dem Reiseveranstalter abgeschlossen. Neben dem „Premier Room“ (mit Vollverpflegung) buchte die Klägerin weitere Leistungen, insbesondere Beförderung, individuelle Aryuveda-Anwendungen, mehrere Arztkonsultationen, Massagen, Kräuterbäder etc., also ein Gesamtpaket an Leistungen, für welche die Klägerin eine einheitliche Gegenleistung erbrachte. In dieser Konstellation liegt unabhängig von der Frage, ob die Verpflegung als unselbständige Nebenleistung zur Hotelunterkunft anzusehen ist, zweifelsfrei ein Reisevertrag vor.

Der Umstand, dass ein Anspruch nach § 6 den Abschluss eines Mietvertrags – im Gegensatz zu einem Reisevertrag – voraussetzt, steht der Wirksamkeit dieser Klausel nicht entgegen. Weder ist diese Klausel überraschend, noch benachteiligt sie eine versicherte Person unangemessen. Zwar ließe sich dem entgegenhalten, dass sich eine versicherte Person, die neben der reinen Gebrauchsüberlassung auch weitere Leistungen in einem Paket bucht, hinsichtlich der Kosten für die Unterkunft in einer vergleichbaren Situation befindet wie jemand, der sämtliche Leistungen separat bucht und bezüglich der Unterkunft einen reinen Mietvertrag abschließt. Insoweit meint die Klägerin auch, dass für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ersichtlich sei, dass § 6 auf einen Reisevertrag keine Anwendung finde, zumal dort u.a. Mietverträge für „Hotelzimmer mit Hotelverpflegung“ genannt seien.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass für das Reiserecht in §§ 651a ff. BGB Sonderregelungen existieren, die allein dann gelten, wenn eine Gesamtheit an Reiseleistungen gebucht wird. Damit ist das gesamte Individualreiserecht vom Anwendungsbereich der §§ 651a ff. BGB ausgeschlossen (Tonner in: Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, § 651a Rn. 12). Es finden also unterschiedliche Regelungen Anwendung in Abhängigkeit davon, ob eine Gesamtheit an Reiseleistungen gebucht wird oder der Reisende hinsichtlich der Bestandteile einer Reise jeweils separate Verträge abschließt. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit vielfach Sonderbedingungen betreffend die Anmietung von Ferienwohnungen vereinbart waren und diesbezüglich sogar Musterbedingungen des GDV existierten (Staudinger in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 41 Rn. 64). Diese Sonderbedingungen für Ferienwohnungen kamen nicht zur Anwendung, wenn der Reiseveranstalter neben dem Stellen der Unterkunft weitere Leistungen, wie z.B. die Beförderung der Reisenden, übernahm (vgl. AG München VersR 1990, 852). Dabei wurden die Sonderbedingungen auch nicht als unzulässig angesehen, weil sie eindeutig nur für den Abschluss von Mietverträgen galten (AG München VersR 1990, 852). Zwar werden diese Sonderbedingungen hinsichtlich der heutigen Musterbedingungen nicht mehr für erforderlich gehalten, weil in den neueren ARBV bereits unmittelbar entsprechende Öffnungsklauseln enthalten sind (Ziffer 1.1.2 VB-Reiseabbruch 2008, Musterbedingungen des GDV; vgl. hierzu auch Staudinger in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 41 Rn. 64). Das bedeutet aber nicht, dass derartige Sonderbedingungen heute als unwirksam anzusehen wären. Demgemäß weist der GDV in den Musterbedingungen ausdrücklich darauf hin, dass diese unverbindliche und abweichende Vereinbarungen möglich sind. Grund für die Sonderbedingungen für Ferienwohnungen war, dass erweiterte Musterbedingungen – nachdem sich die Reiserücktrittskostenversicherung ursprünglich nur mit den Rücktrittskosten bei Nichtantritt der Reise befassten – zusätzlich die Mehrkosten für An- und Abreise bei nicht planmäßiger frühzeitiger Beendigung der Reise erfassten. Da diese Leistungsart für die Versicherung von Mietverträgen über Ferienwohnungen nicht in Betracht kam, wurde in den Sonderbedingungen der Ersatz des Mietpreises für die nicht genutzte Mietdauer bei vorzeitiger Aufgabe des Mietobjekts bestimmt (Nies, Die neuen Klauseln zu den ABRV, VersR 1989, 126). Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Amtsgerichts, dass Ferienhausmieter ohne entsprechende Klauseln i.d.R. überhaupt keine Versicherungsleistungen beanspruchen könnten, zu verstehen und nicht zu beanstanden.

Unklarheiten für eine versicherte Person ergeben sich auch nicht daraus, dass sie ermitteln müsste, ob ein Mietvertrag oder ein aus einem Leistungspaket bestehender Reisevertrag vorliegt. Dass maßgebliche Unterschiede zwischen den Anwendungsbereichen von § 6 und § 7 bestehen, ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer unmittelbar ersichtlich. Indem § 6 auf den Abschluss von Mietverträgen abstellt, ist ersichtlich, dass die Überlassung der Unterkunft im Vordergrund steht. Daran ändert – anders als die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 24.3.2016 meint – auch der Umstand nichts, dass Hotelzimmer mit Verpflegung in § 6 genannt sind. Der Zusatz „mit Hotelverpflegung“ lässt sich aus Sicht des Versicherungsnehmers dahingehend verstehen, dass bei der Buchung eines reinen Hotelaufenthalts auch die auf die Verpflegung entfallenden Kosten nach § 6 b) erstattungsfähig sind. Denn insoweit handelt es sich um unbedeutende Nebenleistungen, die den reinen Hotelaufenthalt auch mit Halb- oder Vollpension nicht zu einem Reisevertrag machen (Tonner in: Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, § 651a Rn. 26). In gleicher Weise wie die Buchung einer reinen Hotelunterkunft auch durch Halb- oder Vollpension nicht zu einem Reisevertrag wird, eröffnet die Hotelverpflegung den Anwendungsbereich von § 6 nicht für Reiseverträge i.S.v. §§ 651a ff. BGB.

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ergibt sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass der Anwendungsbereich von § 6 bei Buchung einer Gesamtheit von Reiseleistungen i.S.v. § 651a Abs. 1 BGB nicht eröffnet ist. Unschädlich ist, dass der Begriff „Reise“ in § 6 nicht erscheint. Schließlich ist der Anwendungsbereich positiv definiert, sodass nicht sämtliche Konstellationen, in denen die Klausel nicht zur Anwendung gelangt, explizit zu benennen wären.

Da der Reiseveranstalter – wie bereits dargestellt – unstreitig ein Paket von Leistungen angeboten hat, sodass der Vertrag mit dem Unternehmen A als Reisevertrag, nicht aber als Mietvertrag anzusehen ist, kann die Klägerin die anteilige Erstattung des Reisepreises in Bezug auf die nicht abgewohnte Zeit auch nicht gemäß § 6 b) verlangen. Eine unangemessene Benachteiligung oder gar eine Aushöhlung des Versicherungsschutzes ist darin nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu sehen. Durch Abbruch der Reise entstehende Zusatzkosten aufgrund des Abbruchs einer Reise i.S.v. §§ 651a ff. BGB kann die Klägerin – wie geschehen – nach § 7 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen beanspruchen. Auch Mietkosten müsste die Beklagte unter den – hier nicht erfüllten – Voraussetzungen von § 6 ersetzen.

Die Klägerin konnte in der konkreten Konstellation nicht davon ausgehen, dass sie versicherte Person einer Reiseabbruchversicherung sei. Es handelt sich mangels entgegenstehender Hinweise bei der Versicherung vielmehr um ein Paket, welches Element einer Reiserücktritts- und -abbruchversicherung enthält. Es hätte der Klägerin in dieser Konstellation oblegen, sich um weitergehenden Versicherungsschutz zu bemühen. Dies wäre ihr, da die Versicherungsbedingungen insoweit klar formuliert sind, auch möglich gewesen.

Die Kammer muss nicht entscheiden, ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn die zusammen mit der U Kreditkarte angebotene Versicherung explizit als Reiseabbruchversicherung beworben worden wäre. Hierzu hat die Klägerin auch auf entsprechenden Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen.

3. Die Klägerin kann auch nicht die Zahlung des weiteren Betrags i.H.v. 49,35 EUR beanspruchen. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich hierbei um ein Zahlungstransaktionsentgelt i.H.v. 1% des gesamten Reisepreises. Dies ergibt sich eindeutig aus der Aufstellung auf Seite 2 der Reisebestätigung/Rechnung (Anlage K1, Bl. 8 d.A.). Die Reisebestätigung/Rechnung wurde zudem am 23.01.2014 ausgestellt, also bereits vor Antritt der Reise, als noch von der plangemäßen Durchführung ausgegangen werden musste.

II.

Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen basieren auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist eine Zulassung nicht zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die Kammer weicht nicht von einer (obergerichtlichen) Rechtsprechung ab. Die in Bezug genommenen Entscheidungen betreffend Reiseabbruchversicherungen beziehen sich auf abweichende Konstellationen.

IV.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.208,92 EUR festgesetzt.

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