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Reisekosten nicht im Gerichtsbezirk niedergelassener Anwalt

OLG Celle – Az.: 2 W 43/18 – Beschluss vom 09.03.2018

Die am 5. Januar 2018 vorab per Fax beim Landgericht Stade eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten vom selben Tage gegen den am 22. Dezember 2017 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 324,10 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Reisekosten und Abwesenheitsgeldern.

Der in S. ansässige Kläger erhob gegen die in S. und H. ansässigen Beklagten vor dem Landgericht Stade eine Klage, die u. a. auf die Feststellung gerichtet war, dass die Übertragung von Gesellschaftsanteilen unwirksam sei. Mit dem am 5. Oktober 2017 verkündeten Urteil wies das Landgericht Stade die Klage ab und erlegte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf. Die Beklagten, die durch ihren in C. ansässigen Prozessbevollmächtigten vertreten wurden, stellten im Kostenfestsetzungsantrag vom 10. Oktober 2017 (Bl. 454 f. d. A.) den Antrag, gegen den Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 15.608,99 € festzusetzen, wobei ein Betrag in Höhe von 518,40 € auf Fahrtkosten und 210,00 € auf Tage- und Abwesenheitsgelder entfielen. Soweit es den Fahrtkostenansatz betrifft, lag diesem eine Gesamtkilometerzahl von 1.728 zugrunde, wobei im Einzelnen die vollen Kilometer für Fahrten von C. nach S. und zurück nach C. in Ansatz gebracht wurden. Soweit es die Tage- und Abwesenheitsgelder betrifft, beantragten die Beklagten die Festsetzung von 40,00 €, weil die Wahrnehmung der Termine durch den Prozessbevollmächtigten mehr als vier Stunden gedauert habe. Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 10. Oktober 2017 (Bl. 454f. d. A.) Bezug genommen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2017 sind die von dem Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 14.953,78 € zuzüglich Zinsen festgesetzt worden. Zur Begründung hat der Rechtspfleger der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade ausgeführt, dass der Antrag hinsichtlich der geltend gemachten Reisekosten übersetzt sei. Beauftrage eine im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so seien dessen tatsächliche Reisekosten regelmäßig nicht bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig, sondern entsprechend der immer noch gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lediglich bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten. Dies bedeute, dass bei Einschaltung eines H. Prozessbevollmächtigten nur Fahrtkosten für 5 x 35 km x 0,30 € = 52,50 € bei 5 x 25 € Abwesenheitsgelder = 125 € angefallen wären, wobei die Abladung eines H. (oder gar S.) Anwalts am 10. September 2015 aufgrund der räumlichen Nähe zum Gerichtsort so rechtzeitig vor Fahrtbeginn erfolgt wäre, dass keine Reiseauslagen entstanden wären. Es seien mithin 655,21 € abzusetzen. Auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2017 (Bl. 456f. d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen diesen den Beklagten am 22. Dezember 2017 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 5. Januar 2018, vorab per Fax beim Landgericht Stade eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde wendet sich gegen die Absetzungen bei den Fahrtkosten und bei dem Abwesenheitsgeld. Zur Begründung haben die Beklagten geltend gemacht, dass richtigerweise die höchstmögliche Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks von N. nach S. und zurück für fünf stattgefundene und einen kurzfristig abgesagten Termin in Ansatz hätte gebracht werden müssen. Aus der Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO folge, dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts ohne Notwendigkeitsprüfung auch dann stets zu ersetzen seien, wenn er nicht am Ort des Gerichts ansässig sei, wohl aber innerhalb des Bezirks des Gerichts. Da mit dieser Regelung aber eine Schlechterstellung von außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwälten verbunden sei, die vom Gesetzgeber so nicht gewollt gewesen sei, sei das Kriterium der Notwendigkeit für nicht im Bezirk zugelassene Rechtsanwälte so auszulegen, dass zumindest die fiktiven Fahrtkosten des zur Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen sein. Dies entspreche auch der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle im Beschluss vom 20. Juni 2015 habe der Bundesgerichtshof die Frage, ob ein außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassener Rechtsanwalt Fahrtkosten bis zur Höhe der Reisekosten eines (irgendwo) innerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalts geltend machen kann, bisher nicht entschieden. Die vom Senat in seinem Beschluss vom 20. Juni 2015 zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes seien nicht einschlägig. Zudem weiche das Oberlandesgericht Celle von der ständigen Rechtsprechung zu § 121 Abs. 3 ZPO ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 5. Januar 2018 (Bl. 461 f. d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde. Denn im Kostenfestsetzungsverfahren steht das Beschwerderecht nur der beschwerten Partei, nicht aber deren Prozessbevollmächtigten zu. Wird Beschwerde eingelegt, so muss die Beschwerdeschrift daher die klare Bezeichnung desjenigen enthalten, für den der Prozessbevollmächtigte die Beschwerde einlegt, weil Klarheit über die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens bestehen muss (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 519 Rn. 30). Vorliegend ist angesichts der Formulierung „lege ich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss … sofortige Beschwerde ein“ (Hervorhebung durch den Senat) mitnichten klar, dass der Prozessbevollmächtigte die sofortige Beschwerde namens und in Vollmacht seiner Mandanten eingelegt hat. Dies gilt umso mehr, als die sofortige Beschwerde ersichtlich in erster Linie im Gebühreninteresse des Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingelegt worden ist.

Indessen lässt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allein die Verwendung der „Ich-Form“ in einem Rechtsbehelfsschriftsatz eines Rechtsanwalts grundsätzlich keine Zweifel daran aufkommen, dass der Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter seiner Partei für diese den Rechtsbehelf einlegen will (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 – VI ZR 257/08 –, juris). In der Regel sei davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt richtige Prozesserklärungen abgeben wolle. Daher geht der Senat von einer sofortigen Beschwerde der Beklagten aus. Die vorliegende sofortige Beschwerde ist mithin gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

a) Die Frage, ob bei der Einschaltung von Rechtsanwälten, die außerhalb des Gerichtsbezirkes ansässig sind, fiktive Reisekosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze erstattungsfähig sind, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet (verneinend: OLG Celle, Beschluss vom 22. Juni 2015 = NJW 2015, 2670; OLG Frankfurt JurBüro 2016, 203; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. April 2017, Az.: 20 WF 58/17 = FamRZ 2017, 1417; bejahend: u.a. OLG Schleswig NJW 2015, 3311; OLG Köln MDR 2016, 184).

Der Senat hat im Beschluss vom 22. Juni 2015 (Az.: 2 W 150/15) wie folgt ausgeführt:

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die unterbliebene Berücksichtigung der Reisekosten seines Prozessbevollmächtigten von H. nach H. bzw. H. nach C. in Höhe von mehr als 200 €. Die Rechtspflegerin hat die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Recht verneint. Auf die angefochtene Entscheidung und den Nichtabhilfebeschluss vom 11. Juni 2015 wird Bezug genommen. Die beantragte Festsetzung von fiktiven Reisekosten bis zur höchsten Entfernung innerhalb des Landgerichtsbezirks Hannover kommt nicht in Betracht.

Die Auffassung der Rechtspflegerin steht in Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort. Soweit der Kläger geltend macht, diese Rechtsprechung sei veraltet, verkennt er, dass eine richtige gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht deshalb veraltet ist, weil das LG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2014 (6 O 455/11, NJW 2015, 498) als Instanzgericht eine anderslautende falsche Entscheidung getroffen hat.

Der BGH vertritt seit Langem die Ansicht, dass wenn eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand verklagt wird, mit ihrer Vertretung aber einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt, es sich bei dem dadurch anfallenden Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten handele, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig seien (vgl. BGH NJW 2003, 901). Lediglich die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei habe, sei in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen. Wenn eine Partei daher am eigenen Gerichtsstand verklagt werde und gleichwohl einen Rechtsanwalt am dritten Ort einschalte, scheide die Erstattung von Reisekosten grundsätzlich aus. Mit dieser Begründung hat der BGH im damals entschiedenen Fall, in dem eine im Landgerichtsbezirk K. wohnhafte Partei von Rechtsanwälten aus S. vertreten worden war, nicht Reisekosten eines Rechtsanwalts am entferntesten Ort des Landgerichtsbezirks K. zugesprochen. Er hat vielmehr die Entscheidung des Landgerichts, die zu Gunsten des Beklagten lediglich die Kosten einer fiktiven Informationsreise von seinem Wohnort zu einem Rechtsanwalt am Gerichtsort in K. für erstattungsfähig angesehen hatte, gebilligt. Diese Entscheidung wäre falsch, wenn die Ansicht des Landgerichts Düsseldorf zuträfe.

Diese Grundsätze hat der BGH weiter vertieft. So hat der BGH im Jahre 2011 in einem Fall, in dem ein im Landgerichtsbezirk B. wohnhafter Kläger einen Beklagten vor dem Landgericht B. in Anspruch genommen hatte und sich durch Rechtsanwälte aus B. hat vertreten lassen, ausgeführt, erstattungsfähig seien auch hier nur diejenigen Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz einer Partei andererseits entstehen würden. Er hat ausdrücklich die Entscheidung des Beschwerdegerichts gebilligt, das lediglich die fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz des Klägers ansässigen Prozessbevollmächtigten festgesetzt hat. Auch diese Entscheidung wäre falsch, wenn fiktive Reisekosten eines an entferntester Stelle im Landgerichtsbezirk B. ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten wären.

Der BGH hat noch in seinem Beschluss vom 8. März 2012 (vgl. NJW-RR 2012, 698, 699) seine Rechtsprechung bekräftigt und insbesondere ausgeführt:

„a) Die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt allerdings im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen, die in aller Regel in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgt (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; vom 13. Juli 2004 – X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; vom 13. Juni 2006 – IX ZB 44/04, ZIP 2006, 1416 Rn. 4 f; vom 13. Dezember 2007 – IX ZB 112/05, WM 2008, 422 Rn. 7 je mwN).“

Obgleich daher die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Landgerichts Düsseldorf der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspricht, zeigt die Entscheidung keine Gründe auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Ansicht des Landgerichts sei richtig. Vielmehr verkennt das Landgericht die insoweit eindeutige gesetzliche Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO.

§ 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO bestimmt, dass Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig sind, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die insoweit eindeutige gesetzliche Regelung besagt in aller Klarheit, dass Reisekosten eines Rechtsanwalts am dritten Ort nur dann erstattungsfähig sind, wenn Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Ist, wie im Streitfall, die Zuziehung eines Rechtsanwalts am dritten Ort zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht notwendig, kommt nach der gesetzlichen Regelung die Erstattung von Reisekosten überhaupt nicht in Betracht.Randnummer11Die Ansicht des Landgerichts Düsseldorf, würde einem Rechtsanwalt innerhalb des Gerichtsbezirks Reisekosten bis zur Bezirksgrenze erstattet, einem Rechtsanwalt außerhalb des Gerichtsbezirks aber nicht einmal ein anteiliger Betrag, würde der Prozessbevollmächtigte am dritten Ort gegenüber dem Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk schlechter gestellt, ist schon im Ansatz verfehlt. Es geht im Kostenfestsetzungsverfahren nicht um die Kosten des Rechtsanwalts, sondern um die Kosten der Partei, die diese ihrem Rechtsanwalt zu zahlen hat und die sie vom Gegner erstatten verlangen kann. Da nicht zweifelhaft sein kann, dass der Rechtsanwalt am dritten Ort, der zu einer Prozessführung mandatiert werden soll, die Partei darauf hinzuweisen hat, dass selbst wenn sie obsiegt sie Reisekosten zu tragen haben wird, wenn sie ihn beauftragt, die nicht erstattet werden, ist es die freie Entscheidung der Partei, sich in Kenntnis ihrer Kostenlast des Rechtsanwalts am dritten Ort zu bedienen. Dass der Kläger im Streitfall nicht durch seine Anwälte auf die eintretende Kostenlast bei ihrer Mandatierung hingewiesen worden ist, macht der Kläger im Rechtsstreit nicht geltend. Es geht also nicht um das Verhältnis eines Rechtsanwalts am dritten Ort zu einem Rechtsanwalt im entferntesten Bereich eines Gerichtsbezirks. Es geht darum, dass sich eine Partei trotz der für sie hierdurch eingetretenen Kostenlast bewusst dafür entschieden hat, einen Rechtsanwalt am dritten Ort mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Rechtsstreit zu beauftragen. Dann hat die Partei aber die nach § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO gegebenen wirtschaftlichen Konsequenzen zu tragen und kann nicht mit Erfolg geltend zu machen, so behandelt zu werden, als hätte er einen Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.

Würden in einem solchen Fall dieser Partei die fiktiven eines an entferntester Stelle des Gerichtsbezirks residierenden Rechtsanwalts anfallenden Reisekosten zugesprochen, würde das der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO widersprechen, nach der schon dem Grunde nach Reisekosten eines am dritten Ort residierenden Rechtsanwalts nur unter engen Voraussetzungen zu erstatten sind.

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Im Übrigen hat das Landgericht Düsseldorf bei seiner Entscheidung den Sinn und Zweck des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO verkannt. Dieser dient ersichtlich dem Schutz einer Partei und der in einem Gerichtsbezirk tätigen oder wohnhaften Rechtsanwälte. Jede Partei soll grundsätzlich einen Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen. Tut sie das soll ihr nicht entgegengehalten werden können, sie hätte einen näher bei dem jeweiligen Gericht tätigen Rechtsanwalt beauftragen müssen, um Reisekosten zu sparen. Insofern soll die Regelung der Partei dienen, der es frei stehen soll, ohne wirtschaftliche Nachteile jeden Rechtsanwalt in einem Gerichtsbezirk beauftragen zu können. Andersherum soll jedem Rechtsanwalt die Möglichkeit gegeben werden, jedenfalls theoretisch von jeder Partei in einem Gerichtsbezirk beauftragt werden zu können, es soll kostenrechtlich nicht nur der Rechtsanwalt privilegiert werden, der seinen Kanzleisitz neben dem Gericht hat. Dieser Zweck der gesetzlichen Regelung würde aber zu Lasten der in einem Gerichtsbezirk tätigen Rechtsanwälte unterlaufen und der gesetzlichen Regelung widersprochen, wenn Reisekosten eines Rechtsanwalts am dritten Ort jedenfalls in Höhe der fiktiven Reisekosten des vom Gerichtsort am weitesten entfernt residierenden Rechtsanwalts eines Gerichtsbezirks erstattungsfähig wären. Dieses zu verhindern war gerade Sinn und Zweck des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO.

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO differenziert ersichtlich zwischen dem Fall der Einschaltung eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts und der Einschaltung eines Rechtsanwaltes, der außerhalb des Gerichtsbezirks ansässig ist. § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO regelt insoweit lediglich die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten der im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwälte (siehe auch Fölsch NZM 2016, 501, 515). Die Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung steht (de lege lata) einer Erstattungsfähigkeit der fiktiven Reisekosten zur Gerichtsbezirksgrenze bei der Einschaltung von Rechtsanwälten, die außerhalb des Bezirks ihren Sitz haben, entgegen (so auch dem Senat folgend OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. April 2017, Az.: 20 WF 58/17 = FamRZ 2017, 1417, zitiert nach juris Rn. 8).

Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten liegt auch keine ungerechtfertigte Schlechterstellung vor. Nach der Gesetzesbegründung trägt die Regelung der Ortsbezogenheit Rechnung und genau dieser Zweck rechtfertigt es, bei ähnlicher oder gar geringerer Entfernung die vom Gesetzgeber vorgenommen Unterscheidung zwischen Rechtsanwälten innerhalb und außerhalb eines Bezirks vorzunehmen (siehe auch OLG Karlsruhe, a.a.O.).

Erst recht spielt keine Rolle, ob in einem Verlag eine Reisekostentabelle erschienen ist, die es erlaubt, die größtmögliche Entfernung innerhalb eines Gerichtsbezirks schnell ablesen zu können.

Auch der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die Rechtsprechung zu § 121 Abs. 3 ZPO geht fehl. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten verkennt zunächst, dass es bei § 121 Abs. 3 ZPO um die Vergütung von Reisekosten durch die Staatskasse und bei § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO hingegen um die Erstattung von Reisekosten durch den Prozessgegner geht (siehe Fölsch, a.a.O., 516). Zudem verkennt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dass sich die Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO klar von den Regelungen für die Prozesskostenhilfe unterscheidet. Denn dort gilt gemäß § 121 Abs. 3 ZPO bezüglich bezirksfremder Rechtsanwälte lediglich ein Mehrkostenverbot (siehe OLG Karlsruhe, a.a.O.). Demgemäß differenziert der Senat zwischen Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren und Entscheidungen im Rahmen von § 55 RVG (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juni 2016 (Az.: 2 W 108/16 = NJOZ 2016, 1480).

Die vorstehenden Ausführungen zugrunde gelegt ist daher auch die Kürzung des Abwesenheitsgeldes zu Recht erfolgt.

b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Rechtspflegers, dass bei Einschaltung eines ortsansässigen Anwalts am 10. September 2015 keine Reisekosten angefallen wären, weil die Abladung eines H. (oder gar S.) Anwalts am 10. September 2015 aufgrund der räumlichen Nähe zum Gerichtsort so rechtzeitig vor Fahrtbeginn erfolgt wäre, dass keine Reiseauslagen entstanden wären. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in seiner sofortigen Beschwerde auch nichts erinnert.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

2. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 Abs. 1 und 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO. Angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zu der Frage, ob fiktive Reisekosten bis zur Bezirksgrenze erstattungsfähig sind (siehe die Ausführungen sub. II.) war die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dabei war ferner zu berücksichtigen, dass beim Bundesgerichtshof unter dem Az. I ZB 62/17 bereits eine Rechtsbeschwerde betreffend dieselbe Problematik anhängig ist.

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