Skip to content

Reiseveranstalter – Hinweispflicht über negative Umstände der gebuchten Reiseunterkunft

OLG Celle – Az.: 11 U 175/19 – Urteil vom 15.10.2020

Auf die Berufung des Klägers wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – das Urteil der 8. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Hannover vom 24. Oktober 2019 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. November 2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19. Juli 2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 72 % und die Beklagte 28 %; von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen der Kläger 79 % und die Beklagte 21 %.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit mit diesem Urteil die Beklagte zur Zahlung im Hinblick auf den Reisemangel „Fluglärm“ verurteilt wird (Gliederungspunkt B. II. der Entscheidungsgründe), sowie, soweit mit diesem Urteil die Berufung des Klägers in Bezug auf den geltend gemachten Reisemangel „Umzug innerhalb des Hotels“ (Gliederungspunkt B. III. der Entscheidungsgründe) zurückgewiesen wird. Im Übrigen, also in Bezug auf die mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche, die in den nachfolgenden Entscheidungsgründen unter Gliederungspunkten B. IV. – VI. abgehandelt werden, wird die Revision nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte als Veranstalterin einer Flugpauschalreise nach Kos auf Rückzahlung des vollständigen Reisepreises in Anspruch.

Reiseveranstalter – Hinweispflicht über negative Umstände der gebuchten Reiseunterkunft
Symbolfoto: Von Friends Stock/Shutterstock.com

Der Kläger buchte für sich sowie seine Ehefrau und ein Kind für die Zeit vom 30. Mai bis 13. Juni 2018 eine Reise auf die Insel K. mit Unterbringung im Hotel A. P. B. R., nach der Kategorie der Beklagten ein 5-Sterne-Haus. In dem der Reise zugrunde liegenden Reisekatalog ist die Transferzeit zum und vom Flughafen mit 30 Minuten angegeben sowie die Entfernung vom Hotel zum Flughafen mit 9 km. Ferner finden sich in dem Katalog die Angaben „Lage: Durch Straße vom Strand getrennt, ruhig“ sowie, dass man in dem Hotel einen erholsamen Urlaub verbringen könne.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Minderungsansprüche in Höhe von 100 % geltend. Diese werden darauf gestützt, dass das dem Kläger und seiner Familie zunächst zur Verfügung gestellte Zimmer mit Mängeln behaftet gewesen sei, auf die infolge des Umzugs von diesem in ein anderes im Hotel befindliches Zimmer verbundenen Unannehmlichkeiten, den schlechten Allgemeinzustand des Hotels sowie nächtlichen Fluglärm.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie auf den Inhalt der erstinstanzlich bei Gericht eingereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache in Höhe von 492,43 € stattgegeben. Damit hat das Landgericht dem Begehren des Klägers in Bezug auf den Reisemangel „Mängel des zur Verfügung gestellten Zimmers“ in vollem Umfang entsprochen. Weitergehende Minderungsansprüche würden nicht bestehen. Das beruhe zum einen bereits darauf, dass der Kläger nicht mit Substanz vorgetragen habe, eine Mangelanzeige auch hinsichtlich der weiteren behaupteten Mängel gegenüber der örtlichen Reiseleitung vorgenommen zu haben. Zudem genüge auch der Vortrag zu den Mängeln den Anforderungen an Substantiierungserfordernisse nicht. An welchen Stellen und in welchem Umfang sich bauliche Mängel bzw. ein als ungepflegt bewerteter Zustand der Hotelanlage zeigten, werde nicht deutlich. Das genaue Ausmaß einer Beeinträchtigung durch nächtlichen Fluglärm lasse sich nicht nachvollziehen, wenn vorgetragen werde, es seien mehrere Flugzeuge pro Stunde über das Hotel hinweggeflogen. Wegen der weiteren Argumentation des Landgerichts wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt, soweit das Landgericht diesem nicht stattgegeben hat. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens im Einzelnen wird auf die in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze des Klägers Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 24. Oktober 2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Aktenzeichen: 8 O 19/19 die Beklagte zur Bezahlung weiterer 4.783,57 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19. Juli 2018 und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2018 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug sowie ergänzendem Vortrag. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens im Einzelnen wird auf die in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze der Beklagten Bezug genommen.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.

B.

Die Berufung hat zum Teil Erfolg. Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts stehen dem Kläger Minderungsansprüche nach § 651 d Abs. 1, 638

Abs. 3 BGB a. F. auch in Bezug auf den geltend gemachten Reisemangel „Fluglärm“ zu. Unter Einbeziehung des bereits vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Minderungsanspruchs in Höhe von 492,43 € wegen des Reisemangels „mangelhafter Zustand des zur Verfügung gestellten Zimmers“ erachtet der Senat insgesamt einen Minderungsanspruch in Höhe von 1.500,00 € als angemessen.

I.

Auf den am 8. Februar 2018 geschlossenen Reisevertrag finden gem. Art. 229 § 42 EGBGB die Vorschriften des Reisevertragsrechts in der bis zum 30. Juni 2018 geltenden Fassung (nachfolgend: BGB a. F.) Anwendung.

II.

In Bezug auf den Aspekt „nächtlicher Fluglärm“ war die Reise mit einem Reisemangel i. S. v. § 651 c Abs. 1 BGB a. F. behaftet. Unter Berücksichtigung des bereits vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Minderungsanspruchs in Höhe von 492,43 € ergibt sich daraus ein Minderungsanspruch des Klägers gem. §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3 BGB a. F. in Höhe von 1.500,00 €.

1. In Bezug auf den Aspekt „nächtlicher Fluglärm“ lag ein Reisemangel i. S. v. § 651 c Abs. 1 BGB a. F. vor.

a) Der Reiseveranstalter ist gem. § 651 c Abs. 1 BGB a. F. verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften aufweist und nicht mit Fehlern behaftet ist, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Ein Reisemangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reiseleistungen von derjenigen abweicht, die die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam, auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, sofern dies den Nutzen der Reise für den Reisenden beeinträchtigt. Der Reiseveranstalter hat unabhängig von einem Verschulden für den Erfolg und die Fehlerfreiheit der Gesamtheit der Reiseleistungen einzustehen (z. B. BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 – X ZR 166/18, juris Rn. 10). Maßgeblich für die Leistungspflicht ist danach das Leistungsversprechen im Katalog und bei der Buchung, und zwar im Allgemeinverständnis des nicht auslandserfahrenen Reiseinteressenten (BGH, Urteil vom 12. März 1987 – VII ZR 37/86, juris Rn. 60).

b) Gemessen daran gilt Folgendes:

aa) Der Entscheidung zugrunde zu legen ist der Sachvortrag, den der Kläger in Bezug auf diesen Aspekt in seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen gehalten hat.

(1) Vorgetragen hat der Kläger insoweit Folgendes:

Seite 3 der Klageschrift (Bl. 3 d. A.):

„Außerdem flogen auch nachts mehrere Flugzeuge pro Stunde in niedrigerem Abstand über die Hotelanlage, sodass der Kläger und insbesondere das mitreisende Kleinkind erheblich in ihrer Nachtruhe gestört wurden.“

Seite 2 des Schriftsatzes vom 22. März 2019 (Bl. 18 d. A.):

„Insgesamt wurde der Urlaub durch den massiven Fluglärm gestört, auf den der Kläger bei Buchung nicht hingewiesen worden war. Die Flugzeuge flogen auch nachts in geringem Abstand über die Hotelanlage und störten somit massiv den Schlaf der gesamten Familie des Klägers.“

Können wir Ihnen helfen? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

Schriftsatz vom 19. August 2019 (Bl. 34 d. A.):

„Dass das Hotel, wie ebenfalls bereits vorgetragen und unter Beweis gestellt, direkt in der Einflugschneise des Flughafens liegt, wurde von der Beklagten verschwiegen und war auch auf andere Weise nicht ersichtlich.“

(2) Erstinstanzlich ist dieses Vorbringen bezüglich der Art und Weise des Fluglärms sowie der Vernehmbarkeit in dem zur Verfügung gestellten Zimmer unstreitig geblieben (§ 138 Abs. 3 ZPO). Soweit die Beklagte das genannte Vorbringen des Klägers in zweiter Instanz – pauschal – bestreitet, ist dieses Bestreiten prozessual unbeachtlich.

(a) Ausweislich der erstinstanzlich bei Gericht eingereichten Schriftsätze ist die Beklagte auf den Aspekt „nächtlicher Fluglärm“ lediglich in dem letzten Absatz auf Seite 2 der Klageerwiderung vom 28. Februar 2019 (Bl. 14 d. A.) sowie in dem Schriftsatz vom 15. Juli 2019 (Bl. 33 d. A.) eingegangen. Der jeweilige – knappe – Vortrag befasst sich nicht mit dem Vortrag des Klägers zu der Art und Weise der Lärmemissionen sowie deren Wahrnehmbarkeit durch den Kläger und seiner Familie in den ihnen zur Verfügung gestellten Hotelzimmern.

(b) Soweit die Beklagte in diesem Rahmen in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 7. April 2020 (Bl. 117 d. A.) mit der Vorschrift des § 314 Satz 1 ZPO argumentiert, greift das im Ergebnis nicht durch.

(aa) Dahinstehen kann, ob sich aus dem Umstand, dass das Landgericht einen Auszug des vorgenannten schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers in dem Tatbestand seines angefochtenen Urteils im „Streitigen“ des Klägers aufgeführt hat, ergibt, dass im Sinne der Vorschrift des § 314 Satz 1 ZPO fingiert wird, dass die Beklagte dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. September 2019 streitig gestellt hat (was die Beklagte im Übrigen auch nicht behauptet).

(bb) Jedenfalls würde nach Maßgabe der Vorschrift des § 314 Satz 1 ZPO lediglich fingiert werden, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. September 2019 das eingangs genannte schriftsätzliche Vorbringen des Klägers einfach bestritten hat. Dieses einfache Bestreiten wäre indes prozessual unbeachtlich, da es nicht den Anforderungen an ein sogenanntes „substantiiertes Bestreiten“ (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2014 – V ZR 275/12, juris Rn. 11,12; speziell zum Reiserecht: BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 – X ZR 87/06, juris Rn. 46) entspricht. Die Beklagte hätte vielmehr konkret darlegen müssen, in welchen Intervallen Flugzeuge nachts über das streitgegenständliche Hotel geflogen sind und wie intensiv der hieraus resultierende Lärm in den dem Kläger zur Verfügung gestellten Zimmern wahrzunehmen war:

(cc) Grundsätzlich ist eine Partei nach § 139 Abs. 1 und 2 ZPO durch das erkennende Gericht darauf hinzuweisen, dass ihr Vortrag den vorgenannten Grundsätzen des „substantiierten Bestreitens“ nicht genügt (und in dem Fall dann – selbstverständlich – auch diesbezüglich ergänzender Vortrag zuzulassen).

(dd) Zu erwägen wäre, ob es vorliegend eines solchen rechtlichen Hinweises durch das Landgericht darauf, dass das – fingierte – einfache Bestreiten der Beklagten nicht hinreichend ist, ausnahmsweise nicht bedurft hätte, weil der Beklagten dieser Grundsatz und die daraus resultierende Frage, in welcher Art und Weise sie auf Vortrag des jeweiligen klagenden Reisenden zu behaupteten Mängeln der jeweiligen Reise Stellung zu nehmen hat, bekannt sind: Der – für Reisevertragssachen beim Oberlandesgericht Celle spezialzuständige – Senat weist die Beklagte seit inzwischen schon längerer Zeit in inzwischen diversen Verfahren – auch schon längere Zeit vor Schluss der hiesigen mündlichen Verhandlung in erster Instanz – darauf hin, dass sie Tatsachenvortrag des jeweiligen klagenden Reisenden nicht einfach pauschal bestreiten kann, sondern sie vielmehr gehalten ist, sich bei ihren jeweiligen Leistungserbringern vor Ort über die Richtigkeit der entsprechenden Tatsachenbehauptung zu informieren und ggf. konkret darzulegen, dass und aus welchen Gründen der jeweilige Tatsachenvortrag des klagenden Reisenden im Einzelnen nicht richtig ist (vgl. z. B. Seite 9 des Beschlusses vom 16. November 2018 – 11 U 117/18; Seite 3 des Beschlusses vom 3. Dezember 2018 – 11 U 91/18; Seite 5 des Beschlusses vom 6. Mai 2019 – 11 U 21/19; vgl. ferner zu den veröffentlichten Entscheidungen – wobei diese allerdings zeitlich nach dem hiesigen Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz datieren: Beschlüsse vom 19. Mai 2020 – 11 U 20/20, juris Rn. 23, 25; vom 30. März 2020 – 11 U 167/19, juris Rn. 18; vom 24. Oktober 2019 – 11 U 132/19, juris Rn. 12, 13).

(c) Dies kann indes dahinstehen, denn Vorgenanntes gilt jedenfalls entsprechend, soweit sich die Beklagte nunmehr zweitinstanzlich auch schriftsätzlich (insbesondere in dem vom 9. Juni 2020, Bl. 135 f. d. A.) – nachdem der Senat auf die Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Fluglärms hingewiesen hat – mit der hier erörterten Thematik befasst:

– Dass es Flugzeugsverkehr über der streitgegenständlichen Hotelanlage gegeben hat, nimmt die Beklagte nicht (mehr) in Abrede.

– Die Beklagte bestreitet vielmehr pauschal die von den Flugbewegungen ausgehende Lärmintensität, wobei sie sich in diesem Rahmen allein auf die von dem Kläger vorgelegten Videoaufnahmen stützt. Das ist in diesem Rahmen unzureichend. Wie vorstehend unter (bb) ausgeführt, wäre die Beklagte gehalten gewesen, sich durch Befragen ihrer Leistungserbringer vor Ort (z. B. die örtliche Reiseleitung und/oder der Hotelbetreiber) darüber zu informieren, in welchen Intervallen konkret Flugzeuge nachts über das streitgegenständliche Hotel fliegen und wie intensiv der hieraus resultierende Lärm in den dem Kläger zur Verfügung gestellten Zimmern wahrzunehmen ist, und Derartiges dann vorzutragen. Die stattdessen allein von der Beklagten in Bezug genommenen Videoaufnahmen des Klägers sind nicht geeignet, solchen Vortrag zu ersetzen. Auf diesen sind lediglich – unscharf – Silhouetten von Flugzeugen in der Nacht zu erkennen. Auf die Häufigkeit der (nächtlichen) Flugbewegungen sowie die hieraus resultierende Lärmbelästigung innerhalb der dem Kläger zur Verfügung gestellten Zimmern lassen diese Aufnahmen keine Rückschlüsse zu.

bb) Der vorstehend unter Gliederungspunkt aa) (1) dargestellte Vortrag des Klägers ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch hinreichend substantiiert. Soweit das Landgericht meint, dass „das genaue Ausmaß einer Beeinträchtigung durch nächtlichen Fluglärm sich nicht nachvollziehen lasse, wenn vorgetragen werde, es seien mehrere Flugzeuge pro Stunde über das Hotel hinweggeflogen“, ist dies nur bedingt richtig. „Mehrere Flugzeuge pro Stunde“ bedeutet im Mindestmaß, dass zwei Flugzeuge pro Stunde über das Hotel hinweg geflogen sind. Dies legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde.

cc) Ein Minderungsanspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil dem Kläger bei Vertragsschluss der hier erörterte Umstand des nächtlichen Fluglärms bekannt gewesen ist.

(1) Auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 28. Februar 2019 (Bl. 14 d. A.) hat die Beklagte die Behauptung aufgestellt, dass „es sich bei dem Kläger um einen Stammgast der Anlage“ handele (noch einmal wiederholt auf Seite 2 der Berufungserwiderung vom 12. März 2020, Bl. 101 d. A.). Das hat der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 22. März 2019 (Bl. 17 d. A.) in Abrede genommen. Weiteren diesbezüglichen Vortrag hat die – in diesem Punkt darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte nicht gehalten, insbesondere hat sie ihre Behauptung nicht weiter konkretisiert bzw. gar belegt, insbesondere durch Vortrag, zu welchem konkreten früheren Zeitpunkt der Kläger bereits einmal einen Urlaub in der streitgegenständlichen Anlage verbracht haben soll. Derartigen Vortrag hat die Beklagte auch nicht in Reaktion auf den Senatsbeschluss vom 27. März 2020 gehalten, in dem der Senat ausdrücklich auf diesen Aspekt hingewiesen hat.

(2) Eine (negative) Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit der Reiseleistung der Beklagten von derjenigen, die die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam, auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, hätte allerdings dann nicht vorgelegen, wenn in dem der Reise zugrunde liegenden Reiseprospekt (vgl. § 4 BGB-InfoV) hinreichend darauf hingewiesen worden wäre, dass in dem streitgegenständlichen Hotel (nachts) mit Fluglärm zu rechnen ist. Davon ist indes nicht auszugehen.

(a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in dem (von keiner der Parteien vorgelegten) Reiseprospekt nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass in dem streitgegenständlichen Hotel mit Fluglärm zu rechnen ist, sei es tagsüber, sei es nachts.

(b) Nach einem Teil der Instanzrechtsprechung (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. September 1997 – 11 C 2140/97, RRa 1998, 3; AG München, Urteil vom 23. Mai 1997 – 231 C 4946/97, RRa 1997, 159) sowie einem Teil der Literatur (MünchKommBGB/Tonner, 8. Aufl., § 651 i Rn. 82; Steinrötter in jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 651 i Rn. 58) soll es indes nicht erforderlich sein, dass der Reiseveranstalter in dem Reiseprospekt konkret die Beeinträchtigung durch Fluglärm benennt, vielmehr soll es ausreichend sein, dass der Reisende aus mittelbaren Angaben im Katalog, wie z. B. der Angabe der Entfernung des gebuchten Hotels zum Flughafen, für sich selbst den Rückschluss ziehen kann, dass in dem Hotel Fluglärm zu vernehmen ist.

Unter Zugrundelegung dieser Auffassung hätte vorliegend der Kläger nach einer Gesamtwürdigung der diesbezüglichen Prospektangaben, wonach die Transferzeit zum und vom Flughafen 30 Minuten sowie die Entfernung vom Hotel zum Flughafen 9 km beträgt, dass man in dem Hotel einen erholsamen Urlaub verbringen könne sowie der Angabe „Lage, durch Straße vom Strand getrennt, ruhig“, davon ausgehen müssen, dass in dem gebuchten Hotel mit Fluglärm zu rechnen ist. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen unter Ziffer IV. 3. b) seines Hinweisbeschlusses vom 27. März 2020, wo er die Rechtslage noch anders beurteilt hat als nunmehr. Jedenfalls unter Zugrundelegung der zitierten Fundstellen hätte der Kläger hieraus zugleich auch den Schluss ziehen müssen, dass ggf. auch mit diesbezüglichen nächtlichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist (vgl. AG Frankfurt sowie Steinrötter, jeweils a. a. O.).

(c) Der Senat erachtet die vorgenannte Auffassung als nicht zutreffend. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach erforderlich, dass der Reiseveranstalter den Reisenden vor Vertragsschluss ausdrücklich auf eine Beeinträchtigung in der gebuchten Unterkunft durch Fluglärm hinweist (so auch ausdrücklich Führich, Reiserecht, 7. Aufl., § 7 Rn. 85 a. E.; die dort zitierte Entscheidung AG Hannover, Urteil vom 11. April 2003 – 535 C 190/02, RRa 2004,189 gibt aus Sicht des Senats für diese Auffassung allerdings nicht zwingend etwas her: In dem der Entscheidung des AG Hannover zugrunde liegenden Fall hatte der Reiseveranstalter ausdrücklich auf eine mögliche Beeinträchtigung durch Fluglärm hingewiesen; eine darüber hinausgehende Aussage enthält die Entscheidung nicht).

Für seine Auffassung spricht aus Sicht des Senats Folgendes: Bereits der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12. März 1987 (VII ZR 37/86, juris Rn. 59, 60) in Bezug auf Abweichungen der Reiseleistungen vom inländischen Standard ausgeführt, dass der Reiseveranstalter diese möglichst konkret zu schildern habe (Hervorhebung durch den Senat). Auch wenn es vorliegend nicht unmittelbar um „Abweichungen vom inländischen Standard“ geht, muss dies nach dem Verständnis des Senats für die hier erörterte Problematik gleichermaßen gelten. Auch Teile der Literatur (vgl. insbes. Führich, Reiserecht, 7. Aufl., § 7 Rn. 86 f. m. w. N.) sowie der Instanzrechtsprechung (vgl. z. B. LG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 1986 – 2/24 S 284/85, NJW-RR 1986, 1173) vertreten die Auffassung, dass der Prospekt richtig, klar und vollständig zu sein habe. Nach dieser Maßgabe obliegt es nach Auffassung des Senats dem Reiseveranstalter, vor Vertragsschluss ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in der gebuchten Unterkunft mit Fluglärm zu rechnen ist. Nicht vertretbar ist es hingegen, dem Reisenden die Obliegenheit aufzuerlegen, aus bloßen mittelbaren Indizien, die der Reiseveranstalter in seinem Prospekt angelegt hat (hier: räumliche Entfernung des Hotels zum Flughafen sowie Transferzeit), eigenständig den Schluss auf das Vorliegen der – vom Reiseveranstalter aus welchen Gründen auch immer im Prospekt nicht ausdrücklich genannten – Haupttatsache (hier: Wahrnehmbarkeit von Fluglärm im Bereich des gebuchten Hotels) zu ziehen. Der Senat vermag auch keinen durchgreifenden rechtlichen Grund dafür zu erkennen, es einem Reiseveranstalter zu ermöglichen, negative Umstände der gebuchten Unterkunft vor Vertragsschluss nicht ausdrücklich anzusprechen, sondern sich insoweit mit „Andeutungen“, der Benennung von mittelbaren Umständen oder mit Euphemismen (vgl. dazu die Übersicht bei Führich, a. a. O., § 7 Rn. 88) zu begnügen.

Selbst wenn Vorstehendes nicht richtig wäre, könnte es nach Auffassung des Senats entgegen der vorstehend unter (b) dargestellten Auffassung nicht darauf ankommen, ob die von der Beklagten in dem Reiseprospekt angelegten Indizien für den Kläger hinreichend waren, um zu erkennen, dass in dem Hotel mit Fluglärm zu rechnen ist. Denn jedenfalls in Bezug auf den Mangel „Fluglärm“ ist nach Auffassung des Senats eine derartige Herangehensweise von vornherein untauglich. Denn die bloße Entfernung des Hotels zum Flughafen bzw. die daraus resultierende Transferzeit besagt noch nicht zwingend, dass dann in der gebuchten Unterkunft auch tatsächlich Fluglärm zu vernehmen ist. Denn je nach Lage des betreffenden Hotels, insbesondere außerhalb des Einflugbereiches des Flughafens, muss auch eine relativ nahe Entfernung der Unterkunft zum Flughafen nicht zwingend zur Konsequenz haben, dass in der gebuchten Unterkunft mit Fluglärm zu rechnen ist (vgl. dazu als solches AG Frankfurt, a. a. O., das indes aus Sicht des Senats hieraus nicht die richtigen Schlüsse zieht). Soweit das AG Frankfurt in der genannten Entscheidung meint, dass der Reisende bei seinem Reiseveranstalter doch hätte nachfragen können, ob in der gebuchten Unterkunft mit Fluglärm zu rechnen ist, werden damit aus Sicht des Senats die Verpflichtungen von Reiseveranstalter einerseits und Obliegenheiten von Reisekunden andererseits vertauscht. Gleiches – in allerdings noch verschärfter Form – gilt, soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz (S. 4 des Schriftsatzes vom 9. Juni 2020, Bl. 138 d. A.) vorträgt, dass „die Reisenden im Zeitalter des Internets doch die Möglichkeit haben, sich eigenständig über die betreffende Unterkunft zu informieren“.

2. Die Vorschrift des § 651 d Abs. 2 BGB a. F. kann dem Minderungsanspruch des Klägers nicht entgegengehalten werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es einer Mangelanzeige nicht, wenn dem Reiseveranstalter eine Abhilfe nicht möglich ist (BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – X ZR 123/15, juris Rn. 16). Dass die Beklagte auf den Flugverkehr als solchen keinen Einfluss nehmen konnte, ist zwangsläufig. Mindestens theoretisch hätte zwar dann noch in Erwägung gezogen werden können, dass die Beklagte dem Kläger ein Ausweichquartier in einer anderweitigen Hotelanlage auf der Insel K. hätte anbieten können, wo der Fluglärm nicht zu hören gewesen wäre. Unstreitig war dies vorliegend jedoch nicht möglich (vgl. Seite 2 unten des Schriftsatzes des Klägers vom 22. März 2019, Bl. 18 d. A.; seitens der Beklagten nicht bestritten, § 138 Abs. 3 ZPO).

3. Wie vorstehend ausgeführt, ist der Bemessung des Minderungsanspruchs nach § 651 d Abs. 1.638, Abs. 3 BGB das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers zugrunde zu legen, das der Senat vorstehend unter Gliederungspunkt 1. b) aa) dargestellt hat. Bei der Bemessung des Minderungsbetrages geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei mehreren Mängeln keine bloße Addition von Mängelquoten zu erfolgen hat, vielmehr dieser durch eine wertende Betrachtung aller festgestellten Mangelpositionen zu erfolgen hat (vgl. auch

Führich, a. a. O., § 8 Rn. 27). Allerdings meint der Senat, dass er in diesem Rahmen insoweit an das – soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist – rechtskräftige Urteil des Landgerichts Hannover gebunden ist, als dieses dem Kläger hinsichtlich der Mangelposition „mangelhafter Zustand des zur Verfügung gestellten Zimmers“ einen Minderungsanspruch in Höhe von 492,43 € zugesprochen hat. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie der vorstehend dargestellten Umstände hinsichtlich des Aspektes „nächtlicher Fluglärm“ sieht der Senat einen Gesamtminderungsbetrag in Höhe von 1.500,00 € als angemessen an. Insoweit hat der Senat – u. a. – berücksichtigt, dass gerade Lärm in besonderem Maße geeignet ist, die mit einem Urlaub in aller Regel beabsichtigte Erholung zu beeinträchtigen. Berücksichtigt hat der Senat insoweit aber auch, dass der Kläger mit der vorliegenden Klage allein die nächtlichen Lärmbeeinträchtigungen geltend macht, nicht hingegen diejenigen, die tagsüber zu vernehmen gewesen sind.

III.

In Bezug auf den Aspekt „Unannehmlichkeiten in Bezug auf den Umzug von dem mangelbehafteten Zimmer in ein anderes Zimmer desselben Hotels“ vermag der Senat nach Maßgabe des Vortrags des Klägers nicht von einem Reisemangel  i. S. v. § 651c Abs. 1 BGB a. F. auszugehen.

1. Unstreitig ist zwischen den Parteien allerdings, dass der Kläger und seine Familie, nachdem sie das ihr von Seiten der Beklagten zur Verfügung gestellte Zimmer als mangelhaft gerügt hatten, innerhalb des Hotels in ein anderes Zimmer umgezogen sind.

2. Nach Maßgabe des wohl überwiegenden Teils der Instanzrechtsprechung und der Literatur hätte dieser Umstand bereits als solcher, mithin ohne Berücksichtigung der näheren Umstände des jeweiligen Einzelfalles, zur Rechtsfolge, dass dem Kläger ein Minderungsanspruch zuzusprechen ist. Insoweit werden bei einem Umzug innerhalb desselben Hotels pauschal entweder der volle Reisepreis für einen Tag (AG Bad Homburg, Urteil vom 8. Februar 2003 – 2 C 3907/02, NJW-RR 2003, 1140 – die dortige Beschränkung im Ergebnis auf einen hälftigen Tagesreisepreis beruhte lediglich auf einer Anwendung von § 254 BGB), der anteilige Reisepreis für einen halben Tag (AG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 1998 – 29 C 16301/97, juris Rn. 7; Staudinger/Staudinger, BGB (2016), § 651 c Rn. 91) bzw. 20 % des Tagesreisepreises zuerkannt (LG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 1996 – 22 S 654/94, RRa 1997, 13), beim Umzug in ein anderes Hotel pauschal entweder der volle Reisepreis für einen Tag (AG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 1997 – 38 C 17568/96, RRa 1997, 101, 102) bzw. 50 % des Tagesreisepreises (AG Köln, Urteil vom 5. September 2002 – 122 C 263/02, juris Rn. 13; AG Köln, Urteil vom 6. März 2008 – 134 C 419/07, juris Rn. 21; LG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 1996 – 22 S 654/94, RRa 1997, 13).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung wären dem Kläger mithin pauschal entweder 20 %, 50 % oder 100 % des Tagesreisepreises als Minderungsbetrag zuzusprechen.

3. Der Senat erachtet diese Auffassung als nicht zutreffend. Entscheidend müssen aus Sicht des Senats immer die Umstände des Einzelfalles sein (so offenbar auch AG Köln, Urteil vom 3. November 2005 – 122 C 235/05, juris Rn. 35; AG Hannover, Urteil vom 25. September 1996 – 542 C 19761/95, juris Rn. 1; AG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 1995 – 41 C 12609/95, RRa 1996, 78, die jeweils die konkrete Minderungsquote anhand der dortigen Umstände des Einzelfalles begründet haben). Eine pauschale Bemessung von Minderungsquoten orientiert an allgemeinen Fallgruppen mag zwar die Fallbearbeitung erleichtern, entspricht aber nicht der im Zivilprozess geltenden Maxime der Einzelfallbetrachtung (vgl. dazu z. B. auch Senat, Urteil vom 17. Juni 2004 – 11 U 1/04, juris Rn. 21).

Nach dieser Maßgabe vermag der Senat auf Grundlage des Vortrags des Klägers nicht zu erkennen, dass vorliegend bereits die Grenze von einer bloßen „Unannehmlichkeit“ zum Vorliegen eines Reisemangels i. S. v. § 651 c Abs. 1 BGB a. F. überschritten ist.

a) Auf den Hinweis des Senats mit Beschluss vom 27. März 2020 (Ziff. II., Bl. 113 R f. d. A.) hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27. April 2020 (Seite 1, Bl. 119 d. A.) vorgetragen, dass „insbesondere aufgrund des mitreisenden Kleinkindes der Umzug in ein anderes Zimmer am vierten Tag mit erheblichen Aufwand verbunden war und nach Erinnerung des Klägers etwa eine Stunde dauerte“. Dieser Vortrag ist als solcher der Entscheidung zugrunde zu legen. Denn die Beklagte hat dieses Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom 9. Juni 2020 (Seite 5, Bl. 139 d. A.) lediglich mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen der Beklagten ist gem. § 138 Abs. 4 ZPO prozessual unbeachtlich. Die Beklagte war vielmehr gehalten, sich hinsichtlich der damaligen Vorgänge bei ihrem Leistungserbringer vor Ort, mit dem sie in (nach-)vertraglichen Beziehungen steht, über die Richtigkeit der Behauptung des Klägers zu informieren (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2019

– VI ZR 337/18, juris Rn. 10). Dass auch dieser ihr gegenüber nicht zu detaillierteren Angaben in der Lage war, beispielsweise, weil der Kläger und seine Familie ihren Umzug „allein“ und mithin nicht unter Begleitung von Hotelangestellten durchgeführt haben, macht die Beklagte nicht geltend.

b) Indes vermag der Senat aus dem – knappen – Vorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 27. April 2020 nicht zu seiner hinreichenden Überzeugung zu entnehmen, dass der Zimmerwechsel tatsächlich mit Beeinträchtigungen in einem Ausmaß verbunden war, das es rechtfertigen würde, hier nicht lediglich von einer bloßen „Unannehmlichkeit“ auszugehen, sondern vom Vorliegen eines Reisemangels i. S. v. § 651 c Abs. 1 BGB a. F.. Dabei hat der Senat durchaus zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass der Umzug hier nicht am Anreisetag erfolgte, an dem nach der Lebenserfahrung der Urlaubsgenuss eines Reisenden in aller Regel sowieso noch nicht richtig begonnen hat, sondern mitten im Urlaub. Andererseits hat der Kläger nicht dargelegt, zu welchem konkreten Zeitpunkt des vierten Reisetages der Umzug erfolgte. Wäre dies beispielsweise unmittelbar nach dem Frühstück erfolgt, wäre eine Belastung für den Kläger (deutlich) geringer gewesen, als wenn dies mitten am Tag erfolgt wäre, da in diesem Fall der Reisetag nicht „zerschnitten“ gewesen wäre. Auch fehlt es an Darlegungen dazu, wie weit das neue Zimmer von dem alten räumlich entfernt gewesen ist. Hätte es sich insoweit beispielsweise um das angrenzende Zimmer gehandelt, dürfte sich nach der Lebenserfahrung der Aufwand für den Transport des Reisegepäcks von dem einen zum anderen Zimmer in Grenzen gehalten haben. Ferner hat der Kläger auch den Aspekt „mitreisendes Kleinkind“ (ausweislich der Anlage K 1 war das Kind zum Zeitpunkt der Reise vier Jahre alt) nicht näher erläutert. Schließlich ist auch eine Umzugszeit von „ca. einer Stunde“ nicht dergestalt, dass allein deshalb, ohne Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalles, von einem Reisemangel auszugehen sein müsste (vgl. dazu auch AG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 1995 – 41 C 12609/95, RRa 1996, 78, wonach „10 – 30 Minuten unerheblich“ seien).

Der Senat musste den – anwaltlich vertretenen – Kläger auch nicht (erneut) auf seinen nicht hinreichenden Vortrag hinweisen (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 16. April 2008 – XII ZB 192/06, juris Rn. 21). Unter Ziff. II. seines Beschlusses vom 27. März 2020 hat der Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich Vortrag dazu gehalten hat, welche Unannehmlichkeiten die Zimmerwechsel mit sich gebracht haben. Spätestens damit musste für einen Rechtsanwalt ersichtlich sein, welchen konkretisierenden Vortrag er namens seines Mandanten noch zu halten hat.

IV.

Kein Minderungsanspruch des Klägers besteht hinsichtlich des gerügten Mangelpunktes „schlechter baulicher Zustand der gesamten Hotelanlage“.

1. Unter Ziff. III. seines Hinweisbeschlusses vom 27. März 2020 hat der Senat insoweit – auszugsweise – Folgendes ausgeführt:

„1. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unsubstantiiert, weshalb es bereits aus diesem Grund nicht in Betracht kommt, dem Kläger insoweit Ansprüche zuzugestehen.

In erster Instanz hat der Kläger diesbezüglich lediglich Folgendes vorgetragen:

Klageschrift Seite 3:

„Leider entsprach das Hotel auch sonst weder den Prospektangaben noch den Anforderungen, die üblicherweise an ein Fünf-Sterne-Hotel gestellt werden können. An vielen Stellen zeigten sich bauliche Mängel, wie Schimmel, abblätternder Putz o. ä., insgesamt machte die Anlage einen sehr ungepflegten Eindruck. Im Badezimmerfußboden steckte ein rostiger Bolzen. Die Fernseher waren teils defekt. Im Speisesaal waren mehrere Katzen unterwegs und der Pool war unsauber.“

 

Schriftsatz vom 22. März 2019 (Bl. 17 f. d. A.):

„… Angesichts des desolaten baulichen Zustands der Anlage …“.

und

„… rügte er am 31. Mai 2018 gegenüber der Reiseleiterin den schlechten baulichen Zustand der gesamten Hotelanlage …“.

Dieser Vortrag – bei dem sogar noch (angebliche) Mängel der Hotelzimmer mit denen der Hotelanlage miteinander vermengt werden – ist derartig allgemein, vage und unpräzise gehalten, dass danach nicht beurteilt werden kann, ob und ggf. in welchem Maße insoweit ein Reisemangel gegeben ist. Zwar ist nach § 139 Abs. 1 und 2 ZPO auf derartige Mängel des Prozessvortrages grundsätzlich ein Hinweis zu erteilen. Ein solcher Hinweis kann aber grundsätzlich aber auch durch den Gegner erfolgen (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2017 – IX ZR 79/16, juris Rn. 29; BGH, Beschluss vom 23. April 2009 – IX ZR 95/06, juris Rn. 6; BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – IX ZR 89/06, juris Rn. 21). So liegt es hier. Die Beklagte hat auf Seite 2 ihrer Klageerwiderung (Bl. 14 d. A.) darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Klägers zu diesem Aspekt unsubstantiiert ist. Zwar erfolgte auch dieser Hinweis nur eher knapp. Angesichts dessen, dass die genannten Defizite in dem klägerischen Vortrag für einen Rechtsanwalt (der Kläger war auch schon erstinstanzlich anwaltlich vertreten) offensichtlich sein mussten, reichten diese Hinweise aber aus. Unabhängig davon hat das Landgericht unter Ziff. 3 der Entscheidungsgründe seines angefochtenen Urteils seine klageabweisende Entscheidung zu diesem Aspekt mit der fehlenden Substanz des klägerischen Vortrags begründet. Zwar erfolgte dieser rechtliche Hinweis durch das Landgericht zu spät, nämlich entgegen der Vorschrift des § 139 Abs. 4 ZPO nicht schon rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung, sondern – wie ausgeführt – erst in dem instanzabschließenden Urteil. Dennoch wäre der Kläger – allein bezogen auf diesen gerichtlichen Hinweis – gehalten gewesen, nunmehr spätestens mit der Berufungsbegründung seinen bislang unzureichenden Vortrag zu präzisieren (§ 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO). Das hat der Kläger nicht gemacht. Unter Ziff. III. seiner Berufungsbegründung wird insoweit lediglich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag verwiesen.“

2. Hierauf hat der Kläger in der Folgezeit keinen ergänzenden Vortrag gehalten, sondern mit Schriftsatz vom 27. April 2020 lediglich geltend gemacht, nicht erkennen zu können, was an seinem Vortrag unsubstantiiert sei (Ziff. II., Bl. 119 f. d. A.). Nach dieser Maßgabe kommt es auf etwaige Zulassungsfragen bezüglich etwaigen neuen Vortrags in der Berufungsinstanz nicht an. Denn jedenfalls hat der Kläger auch nach dem erfolgten Hinweis des Senats keinen ergänzenden Vortrag gehalten. Nach nochmaliger Überprüfung des erstinstanzlichen Vortrags des Klägers hält der Senat an seiner in dem Hinweisbeschluss vom 27. März 2020 dargelegten Rechtsauffassung fest.

V. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das vorgerichtliche anwaltliche Schreiben des Klägers vom 3. Juli 2018 (Anl. K 4).

VI.

Einen Anspruch auf Rückzahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat der Kläger auch nach dem entsprechenden Hinweis unter Ziff. V. des Beschlusses vom 27. März 2020 (der nach § 139 Abs. 2 ZPO insoweit gar nicht hätte erfolgen müssen, da es sich insoweit um eine Nebenforderung handelt) nicht schlüssig vorgetragen. Denn jedenfalls behauptet der Kläger auch weiterhin nicht, dass ihm sein Prozessbevollmächtigter eine ordnungsgemäße anwaltliche Vergütungsberechnung gem. § 10 RVG erteilt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dies aber Voraussetzung für den hier erörterten Anspruch. Denn ein Schaden des Klägers in Form der Belastung mit Rechtsanwaltskosten ist erst dann entstanden, wenn der Mandant einem einforderbaren Zahlungsanspruch seines Prozessbevollmächtigten ausgesetzt ist. Dies setzt aber voraus, dass dem Mandanten eine ordnungsgemäße anwaltliche Vergütungsberechnung gem. § 10 RVG mitgeteilt worden ist (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., § 10 Rn. 12). Ohne eine solche Berechnung ist der Auftraggeber nicht zur Zahlung gegenüber seinem Rechtsanwalt verpflichtet (Burhoff in Gerold/Schmidt, a. a. O.).

C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Der Senat lässt gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Revision zu, soweit er die Beklagte über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus zur Zahlung in Bezug auf den Aspekt „nächtlicher Fluglärm“ verurteilt (Gliederungspunkt B. II.), sowie, soweit er die Berufung des Klägers in Bezug auf den Aspekt „Umzug von einem Zimmer in das andere“ zurückweist (Gliederungspunkt B. III.). Insoweit setzt sich der Senat mit seinen jeweiligen Entscheidungsbegründungen in Widerspruch zu Teilen von Literatur und (Instanz-)Rechtsprechung. Auch wenn es sich insoweit – zumindest ganz überwiegend – nicht um obergerichtliche Rechtsprechung handelt (vgl. zu diesem Aspekt z. B. BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – XII ZR 159/12, juris Rn. 4), sieht der Senat insoweit eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) als geboten an, da die diesbezüglichen Rechtsfragen sich aus Sicht des Senats in der täglichen Praxis der Instanzgerichte in Reisevertragssachen (sehr) häufig stellen dürften.

Im Übrigen bedarf es einer Zulassung der Revision nicht. Zulassungsgründe i. S. v. § 543 Abs. 2 ZPO sind in diesem Rahmen nicht ersichtlich.

Der Senat meint auch, dass er eine Beschränkung in dem vorstehend genannten Sinn vornehmen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision zwar nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente beschränkt werden, indes auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtretbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte (z. B. BGH, Urteil vom 13. August 2020 – III ZR 148/19, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 45/19, juris Rn. 27). Um derartige „tatsächlich und rechtlich selbständige und abtretbare Teile des Gesamtstreitstoffs“ handelt es sich nach Auffassung des Senats bei den vorstehend unter Gliederungspunkt B. II. und III. abgehandelten Mangelpositionen, auch wenn diese nur Teil eines einheitlichen Minderungsanspruches sind.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos