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Renovierungsarbeiten in einer Ehewohnung – Mitverpflichtung des anderen Ehegatten

OLG Karlsruhe, Az.: 14 U 71/14, Urteil vom 15.07.2015

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 27.03.2014 (6 O 117/13) im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 19.016,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.06.2013 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtstreits im ersten Rechtszug tragen die Beklagten als Gesamtschuldner, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte Ziff. 2.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte Ziff. 2 kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Beschluss: Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 19.016,20 €.

Gründe

A.

Renovierungsarbeiten in einer Ehewohnung - Mitverpflichtung des anderen Ehegatten
Symbolfoto: Von zlikovec /Shutterstock.com

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Verurteilung der Beklagten Ziff. 2 weiter. Er ist der Auffassung, die Beklagte Ziff. 2 sei neben dem Beklagten Ziff. 1 Vertragspartnerin des Klägers geworden. Dies ergebe sich daraus, dass sie Alleineigentümerin des Hausgrundstücks sei, an dem die Arbeiten durchgeführt worden seien; außerdem sei sie bei Gesprächen mit dem Kläger mitunter anwesend gewesen und an der Auswahl der Materialien bzw. Farbtöne beteiligt gewesen. Sie sei gegenüber dem Kläger als Bauherrin aufgetreten, insbesondere sei das Baugenehmigungsverfahren allein über sie gelaufen. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass die Beklagte Ziff. 2 in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des § 1357 BGB haften müsse, da es sich um Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gehandelt habe.

Die Beklagte Ziff. 2 verweist darauf, dass die Rechnungen, die der Kläger erstellt habe, lediglich an den Beklagten Ziff. 1 adressiert gewesen seien. Die Beklagte Ziff. 2 sei der deutschen Sprache nur unzureichend mächtig. Es handle sich nicht um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie, denn ein großer Bestandteil des Auftrags habe Gewerberäume betroffen.

Hilfsweise trägt die Beklagte Ziff. 2 vor, dass der Anspruch in Höhe von 9.000,00 € erloschen sei. Die Zahlung dieses Betrages habe der Kläger auf der Rechnung vom 19.03.2013 (Anlage B 2) quittiert.

B.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Ziff. 2 gemäß §§ 631Abs. 1, 1357 Abs. 1 S. 2 BGB Anspruch auf Zahlung von 19.016,20 €.

1. Durch den unstreitig zwischen dem Kläger und dem Beklagten Ziff. 1 geschlossenen Vertrag über die Arbeiten in der Privatwohnung der Beklagten wurde die Beklagte Ziff. 2 gemäß § 1357 Abs. 1 BGB mitverpflichtet.

Durch Geschäfte, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie getätigt werden, wird außer dem Handelnden auch der andere Ehegatte berechtigt und verpflichtet. Mit dem Begriff des Lebensbedarfs knüpft das Gesetz an einen unterhaltsrechtlichen Begriff an (vgl. BGHZ 94, 1 Rz 26). Da die Instandsetzung der Wohnräume im Obergeschoß des Anwesens dem elementaren Bedürfnis des Wohnens diente, sind insofern die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2000, 21 U 68/00, zitiert nach Juris).

Wie weit der angemessene Lebensbedarf der Familie reicht, bestimmt sich individuell nach den Verhältnissen der Ehegatten. Die Vorschrift des § 1357 BGB ist nicht restriktiv dahingehend auszulegen, dass ein Ehegatte nur aus solchen Geschäften des anderen mit verpflichtet wird, über deren Abschluss eine vorherige Verständigung zwischen den Ehegatten gewöhnlich nicht als notwendig angesehen wird. Wenn ein abgeschlossenes Geschäft erkennbar auf einer im Einzelfall erfolgten Abstimmung beider Ehegatten beruht, besteht vielmehr kein Anlass, an der Angemessenheit des Geschäfts zur Deckung des Lebensbedarfs zu zweifeln (vgl. BGHZ 94, 1, RZ 24, 34).

Wer Arbeiten zur Herstellung oder Wiederherstellung von Wohnräumen in einem Hausanwesen in Auftrag gibt, dessen Eigentümer einer der Eheleute ist, handelt im Rahmen der Angemessenheit im Sinne der Vorschrift. Aus der Sicht des Vertragspartners ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sich Arbeiten, die sich auf diese Räume beziehen, im Rahmen des Lebenszuschnitts der Familie befinden. Im vorliegenden Fall ergibt sich außerdem daraus, dass die Beklagte Ziff. 2 Eigentümerin des Anwesens ist und erkennbar mit den vom Beklagten Ziff. 1 erteilten Aufträgen, die sich auf das Anwesen bezogen, einverstanden war, dass eine vorher getroffene Absprache vorlag.

Die Voraussetzungen einer Mithaftung der Beklagten Ziff. 2 gemäß § 1357 BGB lagen daher vor.

2. Die Forderung ist nicht in Höhe von 9.000,00 € durch Zahlung erloschen. Es ist unstreitig, dass die Rechnung vom 19.03.2013 über 9.001,00 € bezahlt wurde; überdies hat der Kläger diese Zahlung auf der Rechnung quittiert (Anlage B 2). Diese Rechnung bezieht sich jedoch ausdrücklich auf Arbeiten im Erdgeschoß; die streitgegenständliche Rechnung vom 01.05.2013 – deren Summe den vorausgegangenen Rechnungen vom 21.03. und 23.03.2013 entspricht – bezieht sich auf Malerarbeiten in der Privatwohnung bzw. dem Obergeschoß.

3. Der Beklagten stehen keine aufrechenbaren Gegenansprüche gegen den Kläger zu. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Vortrag der Beklagten zu Mängeln der Werkleistung vollkommen unsubstantiiert ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit wirft keine Fragen auf, die nicht bereits in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt wären; es besteht deshalb kein Anlass zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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