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Restschuldbefreiung – Antrag auf Versagung

BGH

Az: IX ZB 260/10

Beschluss vom 01.12.2011


Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2011 beschlossen:

Dem Schuldner wird für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 18. November 2010 Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt S. beigeordnet. Ratenzahlungen oder Zahlungen aus dem Vermögen werden nicht festgesetzt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 18. November 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Am 12. Juli 2002 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, in dem dieser Restschuldbefreiung beantragte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gab der zum Insolvenzverwalter bestellte weitere Beteiligte zu 3 die mit Darlehensmitteln der weiteren Beteiligten zu 1 finanzierte Wohnimmobilie des Schuldners frei. Zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen schlossen der Schuldner und seine Ehefrau mit der weiteren Beteiligten zu 1 im März 2005 eine Vereinbarung, nach der sie sich verpflichteten, monatlich 150 € an sie zu zahlen. Entsprechende Zahlungen blieben aus. Am 23. Juni 2005 widerrief die weitere Beteiligte zu 1 die Vereinbarung. Im Juni 2006 erhielt sie eine Einmalzahlung von 300 € von einem Konto der vom Schuldner getrennt lebenden Ehefrau, auf das dieser keinen Zugriff hatte. Zum Jahresende 2006 ließ der Schuldner im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 22 SGB II bei der A. (im Folgenden: A. ) einen Auszug betreffend das Konto seiner Ehefrau vorlegen, der für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Dezember 2006 Zahlungen in Höhe von 2.400 € an die weitere Beteiligte zu 1 auswies. Diesen Auszug, bei dem es sich um eine Totalfälschung handelte, hatte die Rechtsanwältin des Schuldners von dessen Ehefrau erhalten.

Im Schlusstermin am 28. Mai 2010 haben die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Diesen Anträgen hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 25. Juni 2010 entsprochen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung weiter.

II.

Dem Schuldner war für das Rechtsbeschwerdeverfahren schon wegen der zur Klärung anstehenden Grundsatzfrage Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO in Verbindung mit Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt: Jedenfalls die weitere Beteiligte zu 1 habe einen wirksamen und begründeten Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestellt. Indem der Schuldner es zugelassen habe, dass seine Rechtsanwältin der A. einen gefälschten Kontoauszug vorgelegt habe, um Leistungen nach § 22 SGB II zu erhalten, habe er grob fahrlässig schriftlich unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, um Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen. Durch die Anweisung an seine Anwältin, etwaige von seiner getrennt lebenden Ehefrau zugeleitete Papiere direkt an die A. weiterzugeben, ohne ihm diese zuvor zur Prüfung vorzulegen, habe er mit einem Grad von Fahrlässigkeit gehandelt, der weit über eine einfache oder durchschnittliche Fahrlässigkeit hinausgehe. Er habe sich damit jeglicher Kontrollmöglichkeiten über die Unterlagen, die in seinem Namen in dem von ihm geführten Widerspruchsverfahren bei der A. eingereicht wurden, beraubt.

2.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bisherigen Feststellungen des Beschwerdegerichts reichen nicht aus, um den Vorwurf einer grob fahrlässigen Verletzung des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu tragen.

a)

Gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn dies im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt worden ist und wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden. Grundsätzlich sind die Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO auch einschlägig, wenn es darum geht, ob dem Schuldner in einem nach Ablauf von sechs Jahren noch nicht abgeschlossenen Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung zu erteilen ist (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 – IX ZB 247/08, ZInsO 2010, 102 Rn. 23 ff). Eine Wohlverhaltensphase, in welcher der Schuldner die Obliegenheiten des § 295 InsO zu erfüllen hätte, findet in diesen Fällen nicht statt.

b)

Die Voraussetzungen des Versagungsgrundes des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind in objektiver Hinsicht gegeben. Zwar haben sich Insolvenz- und Beschwerdegericht nicht mit der vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschiedenen Frage befasst, ob dem Schuldner die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers im Schlusstermin auch dann versagt versagen darf, wenn dieser Versagungsgrund erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht wird. Diese Frage ist aber im Ergebnis zu bejahen.

aa)

Ob der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch eingreifen kann, wird in der Literatur uneinheitlich beantwortet. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, der Versagungsgrund könne bis zum Schlusstermin geltend gemacht werden (vgl. FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 290 Rn. 27; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, 2. Aufl., § 290 Rn. 14; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl., § 290 Rn. 18; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, 2008, § 290 Rn. 13a; Kiesbye in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 290 Rn. 18; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl., § 290 Rn. 42; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 290 Rn. 39), weil eine zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit dem Gesetz nicht zu entnehmen sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Vorschrift nach Eröffnung aufgrund der Publizität des Verfahrens ihre Bedeutung verliere (Uhlenbruck/Vallender, aaO). Erst nach Eintritt in die Wohlverhaltensphase könne ein Versagungsantrag nicht mehr auf § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützt werden (Wenzel, aaO).

Demgegenüber wird vereinzelt die Ansicht vertreten, die Anwendbarkeit der Vorschrift sei auf den Zeitraum bis zur Verfahrenseröffnung beschränkt (HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl., § 290 Rn. 10). Inkorrekte Angaben, die der Schuldner gegenüber Dritten mache, wirkten sich regelmäßig nicht mehr zum Nachteil der Insolvenzgläubiger aus. Verletzungen der Auskunfts- und Informationspflichten des Schuldners gegenüber den Insolvenzgläubigern blieben nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO erheblich.

bb)

§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist so zu verstehen, dass Falschangaben des Schuldners, die dieser macht, um einen Kredit zu erlangen oder öffentliche Leistungen zu beziehen oder zu vermeiden, auch über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus bis zum Schlusstermin erheblich sind. Zwar enthält der Wortlaut der Vorschrift keine ausdrückliche Regelung der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt unrichtige schriftliche Angaben zur Erlangung eines Kredits oder von Leistungen aus öffentlichen Mitteln oder zur Vermeidung von Leistungen an öffentliche Kassen für den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung schädlich sein können. Von dem Wortlaut werden sowohl Angaben bis zur Verfahrenseröffnung als auch solche bis zur Einstellung des Verfahrens oder sogar darüber hinaus während des Laufs der Wohlverhaltensphase erfasst. Nach der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Regelung muss aber davon ausgegangen werden, dass der Schuldner bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Versagungsgrund geltend gemacht werden muss, sich redlich im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu verhalten hat. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Schlusstermin oder aber eine im schriftlichen Verfahren an dessen Stelle tretende Frist, innerhalb derer Versagungsanträge nach § 290 InsO zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2003 – IX ZB 388/02, ZInsO 2003, 413, 414 f; vom 12. Mai 2011 – IX ZB 229/10, ZInsO 2011, 1126 Rn. 8).

(1)

Nach der Entstehungsgeschichte des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO wollte der Gesetzgeber den zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung jedenfalls über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus erweitern. Während die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfs in § 239 Abs. 1 Nr. 2 RegEInsO (BT-Drucks. 12/2443, S. 47) nur die zeitliche Angabe: „…nicht früher als drei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens … “ enthielt, hat der Gesetzgeber auf Vorschlag des Bundesrates (BT-Drucks. 12/2443, S. 256) die Formulierung: „…nicht früher als drei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag… “ in das Gesetz aufgenommen (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 12/2443, S. 267). Hieraus folgt, dass die Ahndung eines unredlichen Verhaltens sich jedenfalls nicht auf einen Drei-Jahres-Zeitraum vor Antragstellung beschränken sollte.

(2)

Grund für die Aufnahme des Versagungstatbestandes des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO war es, dass ein Schuldner, der die in der genannten Vorschrift näher konkretisierten Falschangaben tätigt, ebenso wenig wie in den Fällen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO als redlich angesehen werden kann (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 190, Begründung zu § 239 RegEInsO). Dieser Grund besteht auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort. Auch während des eröffneten Verfahrens ist von einem redlichen Schuldner zu erwarten, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig unrichtige schriftliche Angaben macht, um entsprechende Leistungen zu erhalten oder Zahlungen zu vermeiden. Lediglich in der Wohlverhaltensphase kann der Versagungsgrund wegen der zwingenden Geltendmachung der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO im Schlusstermin nicht mehr zum Tragen kommen. In diesem Verfahrensabschnitt gelten die Obliegenheiten des § 295 InsO, die dem Schuldner besondere Verhaltenspflichten auferlegen.

Der Anwendbarkeit des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO während des eröffneten Verfahrens steht nicht entgegen, dass Gläubiger, die von dem unredlichen Verhalten des Schuldners nach Verfahrenseröffnung unmittelbar betroffen sind, wegen der sich hieraus ergebenden Forderung als Neugläubiger nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen. Der antragstellende Gläubiger muss nicht selbst Opfer des unredlichen Verhaltens des Schuldners gewesen sein (Uhlenbruck/ Vallender, InsO, 13. Aufl., § 290 Rn. 15a; Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 17 Rn. 53). Folgerichtig kann der Versagungsantrag des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO von jedem Gläubiger geltend gemacht werden, der eine Forderung angemeldet hat, ohne dass es darauf ankommt, ob der Antragsteller durch die unvollständigen Angaben des Schuldners betroffen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2007 – IX ZB 120/05, ZInsO 2007, 446 Rn. 2 f; OLG Celle, ZInsO 2000, 456, 457; Nerlich/Römermann, InsO, § 290 Rn. 17; Uhlenbruck/Vallender, aaO; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 290 Rn. 5; Pape, in Mohrbutter/Ringstmeier, aaO). Die vereinzelt vertretene Gegenauffassung (vgl. Ahrens, NZI 2001, 113, 118; FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 290 Rn. 56) lehnt der Bundesgerichtshof jedenfalls für den Fall des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ausdrücklich ab, weil eine einengende Betrachtungsweise zu Gunsten des unredlichen Schuldners mit dem Normzweck des § 290 Abs. 1 InsO, darauf hinzuwirken, dass der Schuldner die im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens vorzulegenden Verzeichnisse sorgfältig erstellt und insbesondere seine Gläubiger richtig und vollständig angibt, nicht zu vereinbaren ist (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2007, aaO Rn. 3). Nichts anderes gilt für den Fall des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Auch hier ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, bei der es nicht darauf ankommt, ob der den Versagungsantrag stellende Gläubiger von den Falschangaben des Schuldners selbst betroffen ist.

Ob die unrichtigen Schuldnerangaben Bedeutung für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger haben, ist ebenfalls unerheblich (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2004 – IX ZB 174/03, ZInsO 2004, 920, 921; vom 17. März 2005 – IX ZB 260/03, ZVI 2005, 641; vom 8. Januar 2009 – IX ZB 73/08, ZInsO 2009, 395 Rn. 10, für die Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO). Maßgeblich ist, dass es dem Schuldner auch während des eröffneten Verfahrens nicht gestattet werden darf, sich durch unrichtige oder unvollständige Angaben vermögensrechtliche Vorteile zu verschaffen.

(4)

Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist durch die zeitlich befristete Anwendung des Versagungsgrundes Rechnung getragen. Hinsichtlich des Beginns der Frist hat der Gesetzgeber eine klare und eindeutige Regelung getroffen. Über den Drei-Jahres-Zeitraum vor Antragstellung darf nicht hinausgegangen werden (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2003 – IX ZB 456/02, ZInsO 2003, 610, 611). Hat ein Schuldner früher als drei Jahre vor der Insolvenzeröffnung vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, um Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen, und ist er gesetzlich verpflichtet, diese Angaben innerhalb der Dreijahresfrist zu berichtigen oder zu ergänzen, rechtfertigt dies allein die Versagung der Restschuldbefreiung gleichwohl nicht, weil der Schuldner die Falschangaben nicht innerhalb des Dreijahreszeitraums gemacht hat. Der Schlusstermin stellt den – ebenfalls klaren und eindeutigen – Endzeitpunkt dar. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Schuldner damit rechnen, im Fall einer Krediterschleichung im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Erteilung der Restschuldbefreiung zu gefährden. Seine Pflicht, sich redlich zu verhalten, endet nicht mit der Verfahrenseröffnung. Deshalb ist ihm dieser Endzeitpunkt selbst dann zuzumuten, wenn sich die Aufhebung des Insolvenzverfahrens – aus welchen Gründen auch immer – hinzieht und über sie erst nach Ablauf des Abtretungszeitraums (vgl. § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO) entschieden werden kann.

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cc)

Vorliegend betreffen die dem Schuldner zur Last gelegten Falschangaben gegenüber der A. einen Vorgang, der sich während des eröffneten Verfahrens ereignet hat. Die objektiven Voraussetzungen für die Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind gegeben.

c)

Die Feststellungen des Landgerichts reichen jedoch nicht aus, um dem Schuldner subjektiv eine Verletzung des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO anzulasten. Das Beschwerdegericht hat nicht festgestellt, dass der Schuldner selbst den Kontoauszug gefälscht hat oder dessen Fälschung durch seine getrennt lebende Ehefrau oder einen Dritten veranlasst hat. Ein vorsätzliches Verhalten scheidet damit aus. Gleiches gilt nach dem derzeitigen Verfahrensstand für die Annahme des Beschwerdegerichts, der Schuldner habe grob fahrlässig gehandelt.

aa)

Der Begriff der groben Fahrlässigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006 – IX ZB 218/04, ZInsO 2006, 370 Rn. 9 mwN; vom 19. März 2009 – IX ZB 212/08, ZInsO 2009, 786 Rn. 7; vom 2. Juli 2009 – IX ZB 63/08, NZI 2009, 562 Rn. 13; vom 17. März 2011 – IX ZB 174/08, ZInsO 2011, 836 Rn. 9) ist ein Rechtsbegriff. Die Feststellung der Voraussetzungen ist zwar tatrichterliche Würdigung und mit der Rechtsbeschwerde nur beschränkt anfechtbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006, aaO). So liegt der Fall hier.

bb)

Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass der Schuldner keinen Zugriff auf die Konten seiner damals schon von ihm getrennt lebenden Ehefrau hatte und deswegen nicht in der Lage war, die inhaltliche Richtigkeit des von dieser unmittelbar seiner Anwältin zugeleiteten Kontoauszugs für das Jahr 2006 zu überprüfen. Obwohl der Schuldner damit keine Möglichkeit hatte, die inhaltliche Richtigkeit des von der Ehefrau an seine Anwältin übersandten Kontoauszugs zu überprüfen, hat das Beschwerdegericht in der Anweisung, etwaige von der Ehefrau übersandte Unterlagen an die A. weiterzuleiten, ohne sie ihm zuvor zur Prüfung vorzulegen, ein Verhalten gesehen, das über eine einfache oder durchschnittliche Fahrlässigkeit weit hinausgeht und schon als grob fahrlässig anzusehen ist. Diese Würdigung überspannt den Pflichtenkreis eines Insolvenzschuldners im Rechtsverkehr.

Wenn der Schuldner nicht im Stande war, die inhaltliche Richtigkeit des von seiner Ehefrau der Anwältin übersandten Kontoauszuges zu kontrollieren, war die Anweisung an seine Anwältin, etwaige von der Ehefrau übersandte Unterlagen an die A. weiterzuleiten, nur dann grob fahrlässig, wenn es sich ihm – unterhalb der Schwelle eines im Streitfall verneinten kollusiven Zusammenwirkens mit seiner Ehefrau – aufgrund konkreter Verdachtsmomente aufdrängen musste, seine Ehefrau werde gegenüber der A. unredlich vorgehen. Auch hierzu hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen.

IV.

Die angefochtene Entscheidung ist damit aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 InsO). Eine eigene Sachentscheidung des Senats kommt nicht in Betracht, weil das Beschwerdegericht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats weitere Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen des Versagungsgrundes zu treffen hat. Außerdem steht noch eine Entscheidung über den Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 2 aus.

V.

Der Senat hat den Wert des Verfahrens gemäß seiner ständigen Rechtsprechung auf ein geschätztes Interesse des Schuldners an der Restschuldbefreiung von 5.000 € festgesetzt. Bezüglich der Festsetzung des Beschwerdegerichts, das seinen Wert nach dem Betrag aller im Insolvenzverfahren anerkannten Forderungen (409.466 €) bemessen hat, ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass eine derartige Festsetzung nur in Betracht käme, wenn sämtliche Forderungen in vollem Umfang werthaltig wären. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier der Fall sein könnte, gibt es nicht.

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