Bundesgerichtshof
Az: IX ZB 288/08
Beschluss vom 24.09.2009
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. September 2009 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 1. Dezember 2008 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem am 25. Februar 2002 eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das Insolvenzgericht dem Schuldner mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 die Restschuldbefreiung an. Während des Laufs der Wohlverhaltensphase arbeitete der Schuldner aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 1. März 2007 als Geschäftsführer eines Logistikunternehmens. Für diese Tätigkeit erhielt er einen monatlichen Bruttoverdienst von 1.376,77 EUR. Dies ergab nach Abzug von Steuern und Versicherungen exakt den Betrag, den er pfändungsfrei vereinnahmen konnte. Ein ebenfalls bei dem Unternehmen als Geschäftsführer tätiger guter Bekannter des Schuldners, der einen wortgleichen Geschäftsführervertrag geschlossen hatte, erhielt demgegenüber eine Vergütung von monatlich 2.226,72 EUR. Bei Vereinbarung entsprechender Bezüge hätten auch an den Treuhänder des Schuldners aufgrund der Abtretung pfändbare Beträge abgeführt werden müssen.
Im Rahmen der abschließenden Anhörung zu dem Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners hat der weitere Beteiligte beantragt, diesem die Restschuldbefreiung wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit zu versagen.
Diesem Antrag hat das Insolvenzgericht entsprochen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Schuldners hatte keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 300 Abs. 3 Satz 2 InsO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.
1.
Die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu versagen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Voraussetzung für die Versagung der Restschuldbefreiung bei der abschließenden Anhörung gemäß § 300 Abs. 1 InsO ist nach § 300 Abs. 2 InsO das Vorliegen der Voraussetzungen des § 296 Abs. 1 InsO, der wiederum auf die Verletzung einer Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 InsO verweist. Die Vorinstanzen sind entsprechend diesen Vorschriften verfahren. Der Versagungsantrag ist im Rahmen der Anhörung nach § 300 Abs. 1 InsO gestellt worden.
2.
Der vom weiteren Beteiligten zu 1 unter Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders und die bei den Akten befindlichen Geschäftsführerverträge des Schuldners und seines Bekannten gestellte Versagungsantrag war zulässig. Mit dem Hinweis auf die erheblich höhere Vergütung des anderen Geschäftsführers bei ansonsten gleich lautenden Anstellungsverträgen und Beschäftigungsbedingungen, hatte der weitere Beteiligte eine konkret messbare Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger im Sinne der Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 – IX ZB 50/05, NZI 2006, 413; v. 8. Februar 2007 – IX ZB 88/06, ZInsO 2007, 322, 323 Rn. 5; v. 12. Juni 2008 – IX ZB 91/06, VuR 2008, 434) glaubhaft gemacht.
Die Glaubhaftmachung einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung durch den antragstellenden Gläubiger ist entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 296 Rn. 7; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 296 Rn. 26; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 296 Rn. 10; Hess, InsO § 296 Rn. 23; Smid, Grundzüge des Insolvenzrechts, 4. Aufl. § 31 Rn. 32; Preuss, Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung, 2. Aufl. Rn. 298) nicht erforderlich. Entsprechend der Verpflichtung des Schuldners, sich gemäß § 296 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz InsO von einem vermuteten Verschulden zu entlasten, hat der Schuldner den Entlastungsbeweis ungeachtet einer vorhergehenden Glaubhaftmachung des Gläubigers zu führen (AG Duisburg ZInsO 2002, 383, 384 ; AG Göttingen NZI 2008, 696; Andres/Leithaus, InsO § 296 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl., § 296 Rn. 8; HK-InsO/ Landfermann, 5. Aufl. § 296 Rn. 5; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 296 Rn. 7; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 296 Rn. 3; Römermann in Nerlich/ Römermann, InsO § 296 Rn. 21; Smid/Haarmeyer, InsO 2. Aufl. § 296 Rn. 2; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 296 Rn. 10; Fuchs in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 1748 Rn. 200; Mäusezahl in Bork/Koschmieder, Fachanwaltshandbuch Insolvenzrecht, Rn. 14.140). Es kann nicht zunächst dem Antragsteller auferlegt werden, das Verschulden des Schuldners glaubhaft zu machen, und es hernach dem Schuldner überlassen bleiben, ob er sich exkulpieren kann. Der Antragsteller kann nicht mehr als die Tatsachen vortragen, die bei objektiver Betrachtung einen Versagungsgrund ergeben. Die Gesetzgebungsgeschichte besagt nichts Gegenteiliges. Dass die Verschuldensregelung mit der Beweislastumkehr (nunmehr § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO) und das Erfordernis der Glaubhaftmachung (nunmehr § 296 Abs. 1 Satz 3 InsO) gleichzeitig in den Referentenentwurf aufgenommen wurden, bedeutet nicht, dass die Glaubhaftmachungslast „zielgerichtet auch auf das Verschuldenserfordernis erstreckt“ wurde (so jedoch FK-InsO/Ahrens aaO). Den ihm obliegenden Entlastungsbeweis hat der Schuldner nicht geführt.
3.
Die Versagung darf zwar nicht von Amts wegen auf andere Gründe gestützt werden, als vom Antragsteller glaubhaft gemacht (BGH, Beschl. v. 8. Februar 2007 aaO Rn. 8). Dagegen ist hier aber nicht verstoßen worden. Der Gläubiger hat die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt, weil der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe. Aus eben diesem Grund ist die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgt.